Theologie muss das kirchliche Handeln reflektieren

Bischof Peter Kohlgraf im Gespräch mit Professor Georg Krausch

Mainz, 26. April 2022: Gesprächabend im Erbacher Hof (v.l.n.r.): Heike Schmoll, Bischof Peter Kohlgraf und Professor Georg Krausch. (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
Di. 26. Apr. 2022
Von:
tob (MBN)

Mainz. „Wir sind in der Theologie nie isoliert für uns, sondern stets im Austausch mit den anderen wissenschaftlichen Disziplinen. Und ich hoffe sehr, dass wir mit der Theologie auch neue Horizonte für andere Fächer eröffnen.“ Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Dienstagabend, 26. April, bei einer Veranstaltung in der Bistumsakademie Erbacher Hof in Mainz. 

Aufgabe der Theologie sei es auch, „das kirchliche Handeln mit Blick auf humanwissenschaftliche Erkenntnisse zu reflektieren“, sagte der Bischof. Theologie sei nicht nur Religionskunde, sondern Theologen reflektierten stets ihren eigenen Glauben und eröffneten so neue Perspektiven in den eigenen Glauben. Kohlgraf äußerte sich im Rahmen der Reihe „Gespräch mit dem Bischof“ der Bistumsakademie Erbacher Hof. Gesprächspartner war der Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Professor Dr. Georg Krausch.

„Die Universität ist der Ort in der Gesellschaft, wo alle grundlegenden Fragen frei diskutiert werden: Da gehört die Theologie dazu“, betonte Krausch. Er erwarte sich von der Theologie „saubere, wissenschaftliche Methoden und dass sie sich anderen Fächern gegenüber öffnet“. Allein die Zahl der Studierenden sei kein Kriterium für ein Studienfach, sagte Krausch. An einer Voll-Universität wie Mainz gelte es immer die Spannung auszuhalten zwischen Massenfächern und Fächern, die nicht so stark nachgefragt werden. Das sei kein spezifisches Problem der Theologie.

Bischof Kohlgraf wies darauf hin, dass die Gesellschaft ein großes Interesse an einer „soliden Theologie“ haben sollte. „Wir bewegen und zwar in eine säkulare Gesellschaft, aber auch die Politik unterschätzt sowohl die Sprengkraft als auch die positiven Effekte von Religion“, sagte Kohlgraf. Daher müsse dem Staat an einer kritischen Reflexion von Religion gelegen sein. Die Bedeutung von Religion zu unterschätzen, die ja gerade in den Flüchtlingsbewegungen der vergangenen Jahre deutlich geworden sei, werde der Wirklichkeit nicht gerecht.

Krausch hatte zu Beginn unter anderem darauf hingewiesen, dass in der Corona-Pandemie Fragen von notwendigen, wissenschaftlichen Weiterentwicklungen und Differenzierungen „nicht angemessen kommuniziert“ worden seien. Während der vergangenen zwei Jahre seien die Menschen „live Zeugen des Forschungsprozesses geworden“. Kohlgraf verwies darauf, dass die Politik die Hoffnung gehabt habe, „dass die sichere Wissenschaft ihr die Entscheidungen abnimmt. Das tut sie aber nicht.“ Er habe es als problematisch empfunden, dass in der Pandemie oft nur noch Naturwissenschaften als Wissenschaften wahrgenommen worden seien, Philosophie und Theologie aber kaum noch als wissenschaftsrelevant galten, sagte Kohlgraf.

Den Austausch moderierte Heike Schmoll von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Der Abend wurde als Hybrid-Veranstaltung durchgeführt - neben der Präsenz-Teilnahme im Ketteler-Saal des Erbacher Hofes war auch eine Teilnahme per Videokonferenz möglich. Der Direktor der Bistumsakademie Erbacher Hof, Professor Dr. Peter Reifenberg, hatte die Begrüßung übernommen.