Der Basler Künstler Urs Graf der Ältere (um 1485-1527/1528) konnte sich im florierenden Buchgewerbe des beginnenden 16. Jahrhunderts im geographischen Raum um die Druckorte Basel, Straßburg, Konstanz und Freiburg einen bedeutenden Rang erarbeiten. Die zahlreichen Verleger und Drucker im Südwesten brauchten Entwürfe für Holzstöcke, die der Illustrierung ihrer Werke dienten. In der Ausstellung werden zahlreiche Illustrationsbeispiele aus den Beständen der Martinus-Bibliothek gezeigt. Die Ausstellung findet im Rahmen der Bibliothekstage Rheinland-Pfalz statt, die in diesem Jahr vom 24. Oktober bis 11. November stattfinden. Die Urs Graf-Ausstellung ist dabei Teil der Reihe „Buchkunst - Kunst in Bibliotheken“.
Die Kuratorin, Dr. Ute Obhof, Bibliotheksdirektorin an der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe, und der Direktor der Martinus-Bibliothek, Dr. Helmut Hinkel, stellten die Ausstellung am Montag, 17. September, im Rahmen eines Pressetermins vor. Graf hat ein überaus qualitätvolles zeichnerisches Werk hinterlassen, das durch günstige Überlieferungsumstände größtenteils zusammen blieb. Von den geschätzt 180 Blättern werden zwei Drittel im Kupferstichkabinett Basel aufbewahrt. Graf habe als einer der Künstler seiner Zeit Renaissanceformen für Druckorte im deutschsprachigen Südwesten geschaffen, hob Obhof hervor.
Eine originale Federzeichnung ist sogar in die Martinus-Bibliothek nach Mainz gelangt und dort vor einigen Jahren entdeckt worden. „Das war insofern eine kleine Sensation, als von diesem Künstler seit über 100 Jahren erstmals wieder etwas Neues entdeckt worden ist“, betonte Hinkel. Die Zeichnung fand sich in einem griechisch-lateinischen Wörterbuch aus dem 16. Jahrhundert. Bei der Mainzer Zeichnung handelt es sich um eine satirische Federzeichnung, bei der die Reittiere eines Turniers als hässliche Mischwesen und damit als Parodie auf teure Turnierpferde dargestellt sind, erläuterte Obhof. Zu sehen sind in der Ausstellung darüber hinaus auch Beispiele für Rollenstempel, Initialen und Randleisten oder Entwürfe für Glasmalerei von Urs Graf.
Das Werk von Urs Graf könne man nur verstehen, „wenn man seinen derben Lebenswandel“ kennt, sagte Obhof. Er habe sich häufig Kriegszügen angeschlossen und viele seiner Vergehen - von Schlägereien, Gelagen, Umgang mit Prostituierten und häuslicher Gewalt - sind in Basler Gerichtsakten festgehalten. Eine besondere Fähigkeit seiner Werke sei es gewesen, die alltägliche Gewalt seiner Zeit in Kunst umzusetzen, die uns auch heute noch zu Herzen geht“, sagte Obhof. Zur Vernissage am Dienstagabend, 18. September, um 18.15 Uhr wird Obhof einen einführenden Vortrag halten.
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