Mainzer Bistumsnachrichten (MBN): Frau Stirner, wie war das erste Jahr?
Margarete Stirner: Wir blicken auf ein gutes erstes Jahr zurück. Am 2. Juli 2014 begrüßten wir im Hospiz Fanny de la Roche unsere ersten von bislang 104 Gästen, die von uns betreut und begleitet wurden. 91 davon sind verstorben, fünf haben wir in ihr häusliches Umfeld entlassen können und acht Gäste leben derzeit in unserer Einrichtung.
MBN: Wie lange wohnen die Gäste bei Ihnen?
Stirner: Der durchschnittliche Aufenthalt beträgt rund 27 Tage, wobei der kürzeste Aufenthalt ein Tag und der längste über fünf Monate war. Unser jüngster Gast war 18 Jahre alt, unser ältester Gast hatte das 90. Lebensjahr überschritten. Das Durchschnittsalter liegt bei etwa 72 Jahren.
MBN: Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind tagtäglich mit Krankheit, Sterben und Tod konfrontiert. Das ist sicher eine Grenzerfahrung ...
Stirner: ... ja, das ist sicherlich so. Aber: Bevor es los ging, konnten sich die Mitarbeiter einen Monat lang kennenlernen und als Team finden. Sie brachten Ideen für die anstehenden Aufgaben ein und bereiteten sich auf die neuen beruflichen Herausforderungen vor. Dies ermöglichte uns einen guten Einstieg in unsere Arbeit, denn wenige Tage nach der Eröffnung waren wir voll belegt.
MBN: Wie würden Sie die Atmosphäre im Hospiz beschreiben?
Stirner: Wir sind mit der Maßgabe angetreten, dass das Hospiz Fanny de la Roche ein Haus voller Leben sein soll. Hier ist ein würdevolles Leben bis zum Tod möglich. Und dieses Leben ist erfüllt von Freude und Leid, von Tränen, aber auch von Lachen, von Kennenlernen, von Abschiednehmen und von Loslassen. Das fast schon familiäre Zusammenleben führt zu wunderbaren Begegnungen, die wir als große Bereicherung erfahren. All unsere Gäste, aber auch ihre Angehörigen und Freunde sind Teil unseres gemeinsamen Hospizlebens.
MBN: Ist das Hospiz in Offenbach also „angekommen"?
Stirner: Ja, das kann ich bestätigen. Wir sind sowohl in der Stadt Offenbach als auch im Kreis Offenbach, aber auch über diese Grenzen hinaus ein fester Partner in der palliativen Versorgung von schwerstkranken und sterbenden Menschen. Es bestehen eine enge Zusammenarbeit und ein reger Austausch mit den ambulanten Hospizdiensten aus Stadt und Kreis, ebenso verhält sich das mit den benachbarten Krankenhäusern, mit den Teams der „Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung" und dem Palliativnetz Offenbach.
MBN: Bekommen Sie auch Rückmeldungen aus der Bevölkerung?
Stirner: Wir erfahren insgesamt großes Interesse und Unterstützung unserer Arbeit. So durften wir uns bei unterschiedlichen Veranstaltungen vorstellen und über unsere Arbeit berichten. Besonders schön ist es, dass auch junge Menschen sich mit dem Thema Sterben und Tod auseinandersetzen - sei es im Rahmen der Firmvorbereitung, im Religionsunterricht, im Rahmen einer Ausbildung zur Kranken- oder Altenpflegerin, sei es während eines Freiwilligen Sozialen Jahres. Dass das Hospiz gut angenommen ist, erfahren wir auch durch einen regelmäßigen Spendeneingang und die Übernahme von Patenschaften, ohne die die Realisierung der Hospizarbeit kaum möglich wäre.
MBN: Warum?
Stirner: Ein fester Teil der Kosten, zurzeit noch zehn Prozent, muss durch Spenden erbracht werden. Daher freuen wir uns, dass wir im Jahr 2014 einen Spendeneingang in Höhe von rund 120.000 Euro erhalten haben und 2015 bisher bereits etwa 80.000 Euro auf dem Spendenkonto eingegangen sind.
MBN: Welche Pläne haben Sie?
Stirner: Vor wenigen Wochen wurde eine Trauergruppe ins Leben gerufen, die von der zuständigen Seelsorgerin und einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin begleitet wird. Obwohl in der Stadt und dem Kreis vielfach ähnliche Angebote bestehen, sind wir gerne dem Wunsch von Angehörigen gefolgt, sie in ihrer Trauer weiter im Hospiz zu begleiten. Diese Arbeit möchten wir festigen und gegebenenfalls erweitern. Und für unsere weitere Arbeit wünschen wir uns die erforderliche Kraft und Gottes Segen, damit wir auch in Zukunft unsere Arbeit mit viel Engagement und Freude fortsetzen und so die uns anvertrauten Menschen unterstützen können.
Hinweis: www.hospiz-fanny-de-la-roche.de