„Wir werden den eingeschlagenen Weg weitergehen“

Podiumsdiskussion
Datum:
Mi. 14. Sept. 2022
Von:
hoff(MBN)

Nachdem in der vergangenen Woche die vierte Synodalversammlung in Frankfurt getagt hat, ging es bei einem Akademieabend in der Bistumsakademie Erbacher Hof in Mainz unter dem Titel „Der Synodale Weg auf dem Prüfstand“ um Erfahrungen, Hintergründe und Perspektiven. „Wir werden den eingeschlagenen Weg weitergehen“, versicherte Bischof Peter Kohlgraf im Hinblick auf die Frage, wie er mit dem Ergebnis der gescheiterten Abstimmung am Donnerstagabend umgehen wolle. Der Abend fand sowohl in Präsenz als auch online statt.

„Es sind zarte Pflänzchen des Miteinanders in unserem Bistum entstanden, die persönliche Begegnung hat dabei sehr geholfen“, sagte Bischof Kohlgraf. „Wir dürfen nicht vergessen, es geht bei den Debatten nicht um bloße Theorien, sondern wir reden über Lebensschicksale von Menschen. Deshalb werden wir weiterhin konkrete Ideen und Konzepte entwickeln, um eine Willkommenskultur in unserem Bistum zu etablieren, eine Kultur des Angenommenseins und der Wertschätzung aller Menschen.“ Er versicherte: „Wie schnell wir vorankommen auf diesem Weg, muss man sehen, aber es wird keine Rückschritte geben.“

Brigitte Oberle vom Netzwerk katholischer Lesben hatte sich zuvor an Bischof Kohlgraf gewandt und gesagt: „Ich bin Ihnen dankbar für Ihr Bekenntnis, dass die Zusammenarbeit weitergehen soll.“ Dies sagte Kohlgraf in einer Podiumsdiskussion, an der auch die beiden Mitglieder der Synodalversammlung Isabella Vergata Petrelli als Vertreterin Gemeinden anderer Muttersprachen und Martin Buhl vom Zentralkomittee der deutschen Katholiken teilnahmen. Moderiert wurde die Diskussion von Studienleiter Tobias Dera.

Vergata Petrelli: „Viele wollten einfach gehen“

Die Atmosphäre nach der gescheiterten Abstimmung zum Grundlagentext „Leben in gelingenden Beziehungen“ beschrieb Isabella Vergata Petrelli. Es sei die bislang emotionalste Synodalversammlung gewesen: „Man sah uns die Erschütterung und die Katastrophe des Momentes an“, sagte sie. „Es war ein Schlag ins Herz und ins Gesicht, nachdem ich voller Hoffnung und Zuversicht, aber auch mit etwas Angst zur Versammlung aufgebrochen war“, schilderte sie. „Viele wollten danach einfach gehen, sie hatten keine Kraft mehr.“ Erleichtert war sie, als die folgenden Texte erfolgreich verabschiedet wurden. „Es war schade, dass der Dissenz erst in der Abstimmung zutage trat. Und gut, dass die Versammlung danach noch einen positiven Verlauf genommen hat.“

Im Hinblick auf den gescheiterten Text sagte Martin Buhl vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken: „Ich sehe viele Gräben, aber ich sehe keine Brücken.“ Dazu merkte Bischof Kohlgraf an, dass es bei diesem Text um ein Menschenbild gehe, bei dem es nur „schwarz oder weiß“ gebe. „Da wird es inhaltlich keine Brücke geben“, räumte er ein. Die Frage sei, wie man mit dem Menschenbild des Menschen als Mann und Frau umgehe. „Die Bibel stellte sich viele Fragen nicht, die wir uns heute stellen“, erklärte er. Buhl äußerte die Erwartung, dass die Bischöfe die Positionen des Synodalen Weges einbringen in die Diskussionen auf Ebene der Weltkirche im kommenden Jahr.

Historischer Blick auf Veränderungen in der Kirche

Professor Dr. Philipp Müller, Pastoraltheologe an der katholischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (c) Bistum Mainz/Hoffmann

Zu Beginn des Abends hatte der kommissarische Leiter der Bistumsakademie Erbacher Hof, Dr. Norbert Witsch, die Anwesenden begrüßt. Anschließend warf Professor Dr. Philipp Müller, Pastoraltheologe an der katholischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, einen Blick in die Geschichte, wie Veränderungen in der Kirche in früheren Zeiten abliefen. Er sprach zum Beispiel über die Aufforderung zu „Zustimmung und Gehorsam“, die Papst Paul VI. im Hinblick auf sein Verbot der Empfängnisverhütung auf dem Katholikentag in Essen 1968 in einem Grußwort an die Gläubigen richtete. Der Stil, in dem sich Papst Franziskus heute zum Synodalen Weg äußere, sei deutlich ein anderer, stellte er fest.

Im Hinblick auf die aktuelle Diskussion sagte er: „Je mehr sich ein Diskurs auf ein Thema konzentriert, dessen Umsetzung in der Hand der Bischöfe liegt, desto größer ist die Chance, dass es auch umgesetzt wird. Alle Fragen, die auf Ebene der Weltkirche entschieden werden müssen, stehen hohen Hürden gegenüber, und sie haben eine hohe Wahrscheinlichkeit, Frustration hervorzurufen.“ Im Hinblick auf das Verbot der Empfängnisverhütung sagte er: „Fehlende inhaltliche Plausibilität lässt sich auf Dauer nur schwer durch Autorität ausgleichen.“ Als Perspektive für den Weltweiten Synodalen Weg sagte er, es sei wichtig, dass die deutsche Kirche nicht nur stur ihre eigene Agenda in die Weltsynode des Papstes einbringe, sondern auch auf andere Länder eingehe: „Ich hoffe, dass so eine gute Dynamik in Gang kommen wird.“