Zukunftsdialog „Vertraute Orte - Neues Leben“:2. Runder Tisch zeigt vielfältige Nutzungsideen für Kirchenstandorte

Im Rahmen des Zukunftsdialogs „Vertraute Orte – Neues Leben“ der katholischen Kirchengemeinde Pfarrei Hl. Johannes XXIII. und der Stadt Viernheim gab es in den vergangenen Wochen viele neue Impulse und Entwicklungen. Am Mittwochabend (3. Dezember) kam der Runde Tisch erneut zusammen, um die bisherigen Ideen zu bündeln und weiterzudenken. Tags darauf informierten die Projektverantwortlichen bei einem Pressegespräch über die Ergebnisse und den weiteren Fahrplan.
Ziel des gemeinsamen Beteiligungsprozesses ist es, tragfähige und kreative Nutzungskonzepte für die Hildegardkirche, die Marienkirche und die Michaelskirche zu entwickeln – unter enger Einbindung der Bürgerschaft. Ein zentrales Element ist der Runde Tisch, der die verschiedenen Ideen und Vorschläge sortiert, bewertet und auf ihre Nachvollziehbarkeit, ihren Bedarf, die Vereinbarkeit mit dem Denkmalschutz sowie die städtebauliche Einbettung prüft.
Warum sich die Bürgerschaft beteiligt
Die intensive Beteiligung der Bürgerschaft zeigt, dass die Kirchengebäude für viele Menschen weit mehr sind als nur religiöse Orte – sie sind identitätsstiftende Bestandteile der Stadt, prägende Punkte im Stadtbild und emotionale Erinnerungsorte. Gleichzeitig besteht ein großes Interesse, diese Räume nicht dem Leerstand zu überlassen, sondern sie mit neuen Funktionen zu füllen, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern. Viele Teilnehmende bringen sich ein, weil sie die Chance sehen, das Zusammenleben in ihren Stadtteilen aktiv mitzugestalten – für sich selbst, für ihre Nachbarschaft und für kommende Generationen.
„Ich mache mit, weil es mir nicht egal ist, was mit diesen besonderen Orten passiert. Hier entsteht etwas für uns alle – und das sollte nicht im kleinen Kreis entschieden werden“, so ein Beitrag aus dem Kreis der Teilnehmenden.
Zweite Sitzung des Runden Tisches: Ideenvielfalt im Fokus
Eingeleitet wurde die zweite Sitzung des Runden Tisches von Pfarreikoordinatorin Angela Eckart und Pfarreiratsvorsitzender Ursula Scheidel, die die Teilnehmenden aus Kirche, Stadtgesellschaft, Politik, Verwaltung, Denkmalpflege und weiteren Gruppen begrüßten. Die Bürogemeinschaft Sippel | Buff, die den Beteiligungsprozess fachlich begleitet, nahm die Anwesenden anschließend mit auf einen Blick zurück: auf das „Kirchenwandeln“ im September, das Ideensammeln per Karte und Online-Plattform, aber auch auf direkte Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern – etwa bei Marktständen nahe der Hildegardkirche und in der Innenstadt.
Insgesamt wurden 281 Vorschläge im Rahmen der öffentlichen Beteiligung eingereicht – von kulturellen Räumen über soziale Treffpunkte, Vereins- und Bewegungsangebote bis hin zu Mischformen mit Wohn- oder Bildungsnutzung. Die Ideen wurden geordnet nach Standorten und Nutzungskategorien vorgestellt. „Die vielen Beiträge aus der Bürgerschaft machen deutlich: Hier wird nicht nur über die Zukunft gesprochen, sondern gemeinsam daran gearbeitet“, zeigen sich die Verantwortlichen der Kirchengemeinde beeindruckt. „Dafür danken wir allen, die sich engagieren – mit Ideen, Zeit und Herzblut.“
Auch Bürgermeister Matthias Baaß, der den kurzfristig erkrankten Ersten Stadtrat Jörg Scheidel entschuldigte, würdigte auch in dessen Namen das große Engagement: „Uns hat die Ernsthaftigkeit beeindruckt, mit der die Menschen hier mitarbeiten. Die vielen klugen, kreativen Vorschläge sind keine Wunschzettel, sondern sehr konkret – das verdient großen Respekt.“
Offenheit in alle Richtungen – auch für Unkonventionelles
Auch die kirchlichen Gremien haben sich intensiv mit der Frage der Nachnutzung befasst. Pfarrer Dr. Ronald Givens sowie Angela Eckart und Ursula Scheidel berichteten im Rahmen des Pressegesprächs von der Klausurtagung der Pfarreigremien. Dabei wurde deutlich: Alle eingereichten Ideen seien grundsätzlich denkbar - auch kleinere und unkonventionelle Vorschläge bieten wertvolle Anknüpfungspunkte. Die Konzepte sollen sich am Bedarf orientieren, zum jeweiligen Standort passen und einen spürbaren Mehrwert für die Stadtgesellschaft leisten.
Ein Punkt wurde dabei besonders hervorgehoben: Es bestehe eine grundsätzliche Bereitschaft, den Standort Marienkirche mit Pfarrhaus und Pfarrzentrum aufzugeben und die Angebote am Standort Apostelkirche zu bündeln, um ein umfassendes Gesamtkonzept für die Marienkirche zu ermöglichen.
Zudem wurden Anfragen für temporäre Zwischennutzungen der Michaelskirche und Interessensbekundungen für die Machbarkeitsstudie im Rahmen des Projekts „Kletterkirche“ im Bistum Mainz diskutiert. Die Akteure des Runden Tisches betonen: „Es ist gut, dass selbst ungewöhnliche Ideen ernsthaft geprüft werden und Platz für Neues entsteht.“ Besonders bemerkbar wurde, dass sich im Prozess in kurzer Zeit viel bewegt hat: Was noch vor einem halben Jahr als nahezu unvorstellbar galt, ist heute Teil einer offenen, konstruktiven Diskussion, so die Erkenntnis der Gruppe des Runden Tisches. „Jetzt ist Bewegung drin und das Loslassen eröffnet neue Perspektiven.“
Sigrid Haas, Mitglied des Verwaltungsrats der Pfarrei, sagt: „Mich hat besonders beeindruckt, wie konkret und praxisnah viele Vorschläge bereits sind – das zeigt, dass hier echte Mitverantwortung übernommen wird.“ „Hier wird nicht nur diskutiert – hier entsteht wirklich etwas. Das ist motivierend und ich freue mich Teil dieser Entwicklung zu sein,“ ergänzt Wolfgang Kempf als Vertreter der Bürgerschaft.
Nutzungsideen für die drei Standorte

Im Kern des Abends arbeiteten die Teilnehmenden in vier Dialoggruppen an konkreten Nutzungsvorschlägen. Jede Gruppe konnte selbst entscheiden, ob sie sich auf eine, zwei oder alle drei Kirchen konzentrieren wollte. Diskutiert wurden insbesondere die Stärken der einzelnen Standorte:
- Hildegardkirche: Die Vorschläge reichten von einer Sozialkirche mit Vesperstube, Tafel, Second-Hand-Angeboten, Stadtteilbüro und Werkstätten bis hin zu einem Zentrum mit Beratungs- und Bewegungsangeboten, sowie einem Café. Besonders betont wurde die Öffnung in das Quartier (Quartierskirche) mit einem klaren Mehrwert für die Bewohnerschaft des Stadtteils. Auch Freiflächen und Nebengebäude wurden bewusst mitgedacht, ebenso wie der Tivoli-Park als angrenzender öffentlicher Raum mit Potenzial für Begegnung und Integration.
- Marienkirche: Die Marienkirche wurde als eher leiser Standort beschrieben, der sich für kulturelle und atmosphärische Nutzungen eignet. Diskutiert wurden unter anderem eine Eventlocation mit Gastronomie, Raum-im-Raum-Konzepte, ein Ort der Ruhe für besondere Anlässe sowie ein Veranstaltungsraum für Kunst, Kultur und Ausstellungen.
- Michaelskirche: Vorgeschlagen wurden ein multifunktionaler Veranstaltungsort, der von verschiedenen Akteuren bespielt wird, um eine optimale Auslastung zu gewährleisten. Eine Nutzung durch Vereine und Stadt, etwa als Sitzungssaal oder für temporäre Zwischennutzungen, wurde in Betracht gezogen. Auch die Nutzung als Ort für Sport- und Bewegungsangebote ist vorstellbar. Ziel ist eine Bespielung durch unterschiedliche Akteure, um eine gute Auslastung mit dem Ziel einer ganztägigen Nutzung, zu sichern.
Helga Schubert und Alina Seyfferle, Vertreterinnen der Bürgerschaft, resümierten: „Es war interessant zu sehen, welche Kombinationen der Nutzung an welchem Standort möglich sind. Die Hildegardkirche und die Michaelskirche wurden eher als aktive Standorte wahrgenommen, an denen man sich traut, neue Ideen umzusetzen – die Marienkirche hingegen als „leiser“ Ort mit besonderer Atmosphäre.“
Ausblick: Projektwerkstatt im Februar
Der Zukunftsdialog setzt auf breite Beteiligung und Transparenz. Die Vorschläge werden nun zusammenfasst und sollen mit der breiten Stadtöffentlichkeit rückgekoppelt werden. Hierzu findet am Donnerstag, 26. Februar 2026, eine öffentliche Projektwerkstatt im Bürgerhaus statt. Bis Sommer 2026 sollen konkrete Empfehlungen vorliegen, die als Grundlage für weitergehende Planungen dienen. Hierzu wird der Runde Tisch die Anregungen aus der Projektwerkstatt nochmal erörtern.
Zum Abschluss dankten die Verantwortlichen der Pfarrei Hl. Johannes XXIII. und der Stadt Viernheim allen Teilnehmenden: „Dieser Dialog lebt vom Engagement der Menschen in Viernheim. Gemeinsam schaffen wir es, vertraute Orte zu bewahren und ihnen ein neues, lebendiges Kapitel zu geben.“
Weitere Informationen und die Ideensammlungen zum Zukunftsdialog „Vertraute Orte – Neues Leben“ finden Interessierte der Internetseite der Pfarrei Hl. Johannes XXIII.