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Predigt Pfarrer Givens 17. Juli 2024:Bilder des Himmels

Bilder des Himmels
Jesus schenkt uns Bilder des Himmels
Datum:
18. Juli 2024
Von:
Herbert Kohl

Bilder, die das Leben fördern

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn,

Maria, die Mutter Jesu, konnte weder lesen noch schreiben. Sie war ein einfaches Mädchen. Schulbildung in Nazareth, in diesem kleinen Dorf, das nicht mehr als 40 bis 50 Menschen zählte, war undenkbar. Auch Josef konnte weder lesen noch schreiben. Er war ein Handwerker, jemand, der von frühester Jugend an mit seiner Hände Arbeit sein Geld verdiente. Jesus, der Sohn des Zimmermanns, war ebenfalls ein Handwerker und konnte nicht lesen und schreiben. Was er an Schrift kannte, hatte er auswendig gelernt, so wie es bis heute viele Juden durch das Hören und Wiederholen der Psalmen und der wichtigsten Texte der Tora tun. Andere lasen ihm vor, und er lernte es auswendig, als Kind und als Jugendlicher. Das war sein Schatz als Erwachsener.

Woher hat Jesus also die neuen Gottesbilder und Himmelvorstellungen, die er in die Welt brachte, dass selbst die Unmündigen und Weisen sagen: "Das berührt mein Herz, das verstehe ich"? Es sind keine einfachen Bilder oder Schlagworte. Er war kein Schwarz-Weiß-Mann, sondern unglaublich herausfordernd in dem, was er uns vom Himmel sagte und wie wir leben sollen. Die Seligpreisungen, die Bergpredigt, sind bis heute nicht einfach zu leben. Es ist kein einfaches Wahlprogramm oder Populismus, sondern bis heute herausfordernd.

Und bis heute sagen Menschen: "Ich möchte diesem Jesus nachfolgen. Ich möchte mir seine Bilder zu eigen machen. Ich möchte etwas von dem leben, was er in der Bergpredigt und in den Seligpreisungen über die Nächstenliebe und das Menschsein gesagt hat." Woher hat er das alles?

In dem äußerst lesenswerten Buch "Marseille 1940" wird beschrieben, wie der Maler Max Ernst auf der Flucht war. Das Vichy-Regime hatte ihm den Pass entzogen, er hatte keinen Ausreisestempel, und die Gestapo war ihm auf den Fersen. Das Vichy-Regime wollte ihn ausliefern, und die Gestapo wollte ihn ins Konzentrationslager bringen. Max Ernst nahm seine Bilder in einem Koffer mit, schnitt sie aus den Rahmen, rollte sie zusammen und packte sie ein. Kleidung und alles andere ließ er zurück. An der spanisch-französischen Grenze nahm ihm der französische Zöllner den Pass ab und schickte ihn zurück auf den Zug, was für Max Ernst einem Todesurteil gleichkam.

Da stellte er sich im Bahnhof hin und breitete seine Bilder auf dem Boden aus. Die spanischen Grenzer sahen das, und einer von ihnen half ihm, die Bilder auszubreiten. Menschen blieben stehen und waren fasziniert von dieser improvisierten Kunstausstellung. Auch der französische Zöllner kam heraus, sah diesen Auflauf und schritt die Bilder ab. Er ging auf Max Ernst zu und fragte: "Haben Sie das gemalt?" Max Ernst antwortete: "Ja, das ist alles, was ich habe. Das ist mein Herz, hier vor Ihnen ausgebreitet." Der Zöllner ging zurück in sein Büro, holte den Pass von Max Ernst, stempelte eine Ausreisegenehmigung hinein und sagte zu ihm: "Es gibt zwei Züge dort auf dem Bahnsteig. Der eine fährt zurück nach Frankreich, der bringt Sie in den Tod. Der andere fährt nach Spanien, der bringt Sie in die Freiheit. Besteigen Sie den Richtigen. Sie haben Talent. Sie haben mein Herz berührt."

Jesus ist durchlässig geworden für den Himmel. Dieser einfache Handwerker, dieser Mensch wie wir, hat vor den Menschen seiner Zeit die Bilder, die er als Kind bei Maria und Josef, als Jugendlicher in der Synagoge, in der Wüste, am Jordan und am See Genezareth in seinem Herzen sich von Gott ausgemalt hat, ausgebreitet. Und sie haben gespürt, dass es Bilder vom Himmel sind, die keine Angst machen, sondern den Himmel öffnen. Es sind Bilder von Gott, die eine Seite berühren: "So wünsche ich mir, dass wenigstens Gott so ist, wenn schon oft im Leben die Menschen so ganz anders sind."

Jesus hatte den Mut, von den guten Bildern zu erzählen und sie vor den Menschen auszubreiten. Er war Mensch wie wir. Jeder und jede von uns hat solche Bilder. Die Frage ist nur, ob wir den Mut haben, sie auszubreiten. Ob wir die Bilder weitergeben, von denen wir schon als Kinder gespürt haben: "Das macht mir Angst. So möchte ich nicht, dass Gott ist." Oder ob wir den Mut haben zu sagen: "Es gab Momente in meinem Leben, da habe ich in einem Lied, in einem Gottesdienst, in einer Kirche, draußen in der Natur gespürt: So ist Gott. So stelle ich mir den Himmel vor. So könnte es sein."

Die Frage ist, ob wir den Mut haben wie Max Ernst, diese Bilder auszubreiten. Und ich bin überzeugt, überall dort, wo solche Bilder ausgebreitet werden, da werden Menschen sagen: "Da ist Talent. Das überzeugt mich. Das ist schön. Das dient dem Leben." Wir brauchen in unserer Zeit, in der es so viele Bilder gibt, die uns Angst machen, in der es so viele Menschen mit Macht gibt, die Bilder an die Wand malen, die uns oder anderen Angst machen, die dunkel und voller Hass und Gewalt sind, dringend solche Bilder, die das Leben fördern und den Himmel öffnen.