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Predigt GR Angela Eckart am 27.04.2025:Das Geheimnis des Brotes

Ähren und Sonne
Datum:
27. Apr. 2025
Von:
Gemeindereferentin Angela Eckart

Was macht ein einfaches Stück Brot zu etwas Besonderem?

In dem kleinen, unscheinbaren Stück Brot haben am Weißen Sonntag 57 Mädchen und Jungen aus unserer Pfarrei die lebendige Nähe Jesu im heiligen Brot empfangen - ein lebendiges Zeichen seiner Liebe, seiner Kraft, seines Mitgehen im Alltag.

Liebe Kinder und Jugendlichen, liebe Schwestern und Brüder,

der verlockende Duft von frischem Brot lag in der Luft, kitzelte die Dorfbewohner in der Nase und ließ ihnen das Wasser im Mund zusammenlaufen. Alle im Dorf wussten, was das bedeutete: Elias, der Bäcker, stand bereits seit Stunden in seiner kleinen Backstube. Er backte das beste Brot weit und breit – Außen goldbraun und knusprig, und innen weich und luftig, und es roch so herrlich warm und würzig und einladend, es roch herrlich nach Geborgenheit und Familie, nach Heimat und Leben. Jeden Morgen stand Elias vor Sonnenaufgang auf, machte Feuer im Ofen. Er knetete den Teig und sprach leise Worte, als würde er mit dem Brot reden. Die Leute im Dorf sagten manchmal zueinander: „Elias, der hat ein Geheimnis, das Geheimnis des Brotbackens.“ So vergingen die Jahre, Elias wurde älter, und eines Tages sagte er zu den Leuten: Bald werde ich aufhören zu backen. Aber mein Brot soll weiterleben. Ich werde euch mein Geheimnis verraten. Am nächsten Morgen versammelte sich das ganze Dorf lange vor dem Sonnenaufgang in seiner kleinen Backstube. Und sie kamen alle: die Kinder und Jugendliche, Mütter und Väter, Großeltern und Alleinlebende – alle wollten es wissen: Das Geheimnis vom Elias wunderbaren Brot. Doch was machte Elias? Er holte eine große Schüssel, füllte Mehl hinein, Wasser, etwas Hefe und eine Prise Salz. Eigentlich nichts Besonderes. Doch dann tat er etwas Überraschendes: Er nahm seine Hand ans Herz, lächelte und sagte:  „Das Wichtigste beim Brotbacken ist das, was man nicht sehen kann: Wenn ich den Teig knete, bringe ich die Geschichten meines Lebens mit, die Geschichten, die sich in meinem Herzen gesammelt haben, die Menschen, die mich geprägt und begleitet haben, die kleinen und großen Begegnungen, die jeder Tag mit sich bringt: Meine Gedanken schweifen zu dem Jungen, der gestern nach der Schule bei mir ein Brötchen kaufte. Er war ganz still, und in seinen Augen spiegelte sich der Kummer über eine verpatzte Klassenarbeit. Ich denke an die junge Mutter mit dem Neugeborenen auf dem Arm. Sie kommt oft vorbei, holt sich ein frisches Brot, lächelt tapfer – doch die dunklen Schatten unter ihren Augen erzählen von durchwachten Nächten und der zarten Unsicherheit, die die ersten Wochen mit einem Baby mit sich bringen. Auch der Mann fällt mir ein, der morgens auf dem Weg zur Arbeit hereinstürmt, und der schon in Hektik und unter Zeitdruck ist, bevor der Tag überhaupt richtig begonnen hat. Und dann ist da Frau Müller, die alte Dame. Jeder Schritt tut ihr weh, das sehe ich, aber wenn ich ihr ein warmes Brot über die Theke reiche, huscht ein dankbares Lächeln über ihr Gesicht – und sie freut so über das Gebäck. All das trage ich in meinen Händen, während ich den Teig forme. Denn das Wichtigste am Brot ist nicht, was man sehen oder schmecken kann. Und der alte Elias lässt die Kinder und die Eltern, die Jungen und Alten, die Familien und Alleinlebenden den Teig kneten. Er zeigt, wie ihnen, wie man das Feuer im Ofen entfacht – nicht nur mit Holz, sondern mit Hoffnung und Freude. Und als das Brot endlich aus dem Ofen kam, schneiden sie es auf und teilten es. Es schmeckt – fast wie immer. Aber doch ein bisschen anders. Denn jetzt hatte jeder im Dorf ein Stück Brot in sich – nicht als Geheimnis, sondern als Geschenk, um es mit anderen zu teilen – Tag für Tag neu.

Liebe Kommunionkinder,

nach vielen Wochen der Vorbereitung kommt nun gleich der besondere Moment: Ihr seid zum ersten Mal eingeladen, das heilige Brot – den Leib Christi – zu empfangen. Auf den ersten Blick sieht es nach wenig aus: ein kleines Stück Brot, eigentlich ganz unscheinbar.
Doch in diesem kleinen Stück Brot steckt so viel, das ganze Leben Jesu steckt darin: Seine Freude, seine Liebe, sein Mitfühlen mit den Menschen. Sein Mut, seine Traurigkeit, seine Hoffnung. Jesus weiß darum, was Leben heißt. Jesus weiß, was Leben für uns Menschen bedeutet. Er kennt die großen und kleinen Momente unseres Alltags.

Er weiß, wie es sich anfühlt, wenn ein Kind geboren wird, wenn wir zum ersten Mal dieses kleine Wunder in den Armen halten. Er kennt das Kribbeln beim ersten Kuss, das liebevolle Ja, das wir einem anderen Menschen sagen. Er weiß auch um unsere Grenzen, um unsere Verletzungen und Zweifel. Er kennt den unglaublichen Schmerz, wenn Freundschaft und Liebe uns mitunter herausfordern oder gar innerlich zerreißen drohen.

Jesus weiß, was Alltag bedeutet: Die Müdigkeit am frühen Morgen, die Sorgen um die Kinder, das endlose Üben für Klassenarbeiten, das Ringen um Hausaufgaben, den Streit am Küchentisch – und das Lachen danach, wenn wir uns wieder vertragen. All das kommt in diesem kleinen, in unscheinbares Brot zum Ausdruck, in dem er sich uns gleich schenkt.

Wenn er – Jesus – sich in eure Hand, liebe Kommunionkinder, und später auch in unsere Hände legt, sagt er in diesem kleinen Stückchen Brot: Ich weiß, was Leben heißt. Und ich bin da - in deinem Leben. Ich bin da – für dich. Du bist mir wichtig. Ich habe dich lieb. In diesem kleinen Stück Brot – unscheinbar, still – steckt meine ganze Kraft und meine ganze Liebe, mein ganzes Vertrauen und mein ganzer Mut in dich - für deinen Alltag, für dein Leben. Amen.