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Pilgerfahrt:Krakau 3

Einschusslöcher an einer Fassade am Rande des Krakauer Ghettos
Datum:
17. März 2025
Von:
Pfr. Ronald A. Givens

Die einen sollten nichts sehen. Darum wurden ihnen die Fenster an der Grenze des Krakauer Ghettos von den deutschen Besatzern zugemauert.

Die anderen durften nicht sehen. Darum wurde auch ihnen der Blick auf das, was vor ihrer Haustüre passierte, dadurch verwehrt, dass man das Glas ihrer Fenster durch Ziegelsteine ersetzte.

Und als die kamen, die gekommen waren, um den Menschen in Krakau wieder eine Aussicht auf die Zukunft zu schenken, da wurde auf jeden geschossen, der sich zu weit aus dem Fenster lehnte. 

Eine eigene Sicht einnehmen

 

Es gab nur wenige, die nicht weggeschaut haben. Jan Karski gehörte zu ihnen.

Man kann sich heute neben ihn setzen, um seine Perspektive einzunehmen. Damals hat er sich unter Lebensgefahr ins Konzentrationslager hineinschmuggeln lassen, um anschließend zu berichten, was er gesehen hat.

Präsidenten, Premierminister und dem Papst hat er berichtet, was er gesehen hat. Seine Sichtweise haben sie nicht übernommen.

Nach dem Krieg hat er seinen Beruf und seine Heimat verloren, weil man nichts davon wissen wollte, dass einer schon sehr früh gesehen hat, was alle andern nicht sehen wollten oder nicht sehen konnten.

Eine eigene Sicht zu haben, ist mutig und kann mitunter gefährlich sein.

Häuserfassade im Krakauer Ghetto