Predigt von Pfarrer Dr. Givens am 4.8.2024:Lebensbrot
Brot des Lebens
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn,
Zwei Bilder oder zwei Szenen. Das eine Bild haben Sie vielleicht alle gesehen und mitbekommen damals. Beim Beerdigungsgottesdienst für Papst Johannes Paul den zweiten. Der weite Petersplatz und da stand der Sarg aus Holz von Johannes Paul dem zweiten auf diesem Sarg. Das Evangeliar, in dem der Wind immer wieder geblättert hat. Und dann? Die Eucharistie mit der Kommunionsspendung. Und plötzlich stand unter all denen, die das heilige Brot, die Kommunion empfangen hatten. Plötzlich stand da ein Mönch. Der Gründer von Taizé, Frere Roger. Evangelisch. Er hat die Hand ausgestreckt um das Allerheiligste, um das Brot des Lebens, um die Kommunion zu empfangen. Damals Kardinal Ratzinger Benedikt, der 16. später. Reicht ihm ganz selbstverständlich das Brot des Lebens.
Die Diskussion ging sofort los. Ist das erlaubt? Darf man das? Darf ein evangelischer zum Gottesdienst zur Kommunion gehen. Vor einem Jahr hat die Albertus Magnus Schule angefragt, ob ich wieder bereit bin dort regelmäßig Eucharistie zu feiern. Und dann kam auch die Frage auf: Wie halten wir das an dieser katholischen Schule? Mit den Schülerinnen und Schülern die nicht katholisch sind, die aber am Gottesdienst teilnehmen.
Ich habe eine gute Erfahrung damit gemacht. Dass alle eingeladen sind, von diesen Schülerinnen und Schülern. Zur Kommunion. Es tut ihnen gut zu sehen, wie die katholischen Schüler das machen. Und diejenigen, von den nicht getauften oder einer anderen Konfession zugehörigen überlegen sich dann, ob sie das auch so machen. Und natürlich kichern die manchmal nach der Kommunion. Aber ich hab noch keine Schülerin und keinen Schüler erlebt, der in dem Augenblick nicht gespürt hätte: Da ist etwas Besonderes. Da ist etwas kostbares. Ich darf. Wenn ich möchte. Dieses Kostbare Empfangen, wie die anderen auch.
Vor vielen Jahren, als ich nach Viernheim gekommen bin, war ich schon einmal an der Albertus Magnus Schule. Damals hätte ich mir das so nicht vorstellen können, aber im Lauf meiner Zeit als Pfarrer habe ich begriffen. Wieviel Kraft in diesem Stück Brot liegt. Wie heilig tatsächlich die Kommunion ist. Und. Was dieses Brot bewirken kann. Ich bin davon überzeugt. Dass keine und keiner von uns. Mich eingeschlossen. Jemals so zur Kommunion gehen kann, jemals so das Brot des Lebens empfangen kann, dass wir sagen könnten. Alles ist in meinem Leben in Ordnung. Sondern es ist eher im Gegenteil so. Dass ich ganz oft staune. Dass Gott sich selbst, das Allerheiligste in meine Hände begibt. Obwohl er ganz genau weiß, wie ich bin, obwohl er ganz genau weiß, dass ich kurz davor noch jähzornig gewesen bin. Dass ich so vieles auch in meinem Leben falsch gemacht hab. Und trotzdem sagt er zu jeder und jedem Einzelnen von uns, ich möchte, dass du mich zum Fressen gern hast. Ich möchte, dass du begreifst, dass ich dir meine ganze Liebe schenken möchte. Ich möchte ganz in deinem Leben sein. Ich möchte heute mit dir durch diesen Tag gehen, ich möchte, dass du auf deinem Lebensweg von mir zehrst. In all den Momenten, in denen du meine Kraft brauchst, und die dir gut tut.
Es beschäftigt mich immer wieder, wenn ich sehe. Das einzelne von uns bei der Kommunion sitzen bleiben. Und nicht zur Kommunion gehen. Das mag verschiedene Gründe haben. Und jeder darf das auch in aller Freiheit für sich entscheiden. Aber. Es wäre schlimm, wenn eine oder einer denken würde. Ich bin nicht würdig. Dass ich zur Kommunion gehe. Wenn eine oder einer von uns denken würde, mein Leben passt nicht. Zum Allerheiligsten. Bei der Kommunion, beim Empfang des Heiligen Brotes geht es um den großen Liebesvorschuss Gottes an uns. Es ist die Einladung von Gott an uns, um zu sagen: Natürlich weiß ich, wie dein Leben ist. Aber ich möchte mit dir auf das Gute, auf das Heilige, auf das kostbare, auf das gelungene Hinschauen. Ich möchte mit meinem Heil das stärken und bestärken, ich geb dir einen Riesenvorschuss von meiner Liebe. Damit wir miteinander durchs Leben gehen.
Ich bin überzeugt, dass es viele Situationen im Leben gibt. Da braucht man ganz besonders dieses heilige Brot. Der Heilige Ireneus. Ein Bischof im zweiten Jahrhundert. Ist in Gefangenheit nach Rom transportiert worden, um dort hingerichtet zu werden. Und der schreibt seiner Gemeinde in einen dieser Briefe aus der Gefangenschaft. Ich beschwöre euch. Ich beschwöre euch, lasst Christus den Arzt in euer Leben. Empfängt die Arznei Gottes das heilige Brot, so oft ihr könnt? Ich bin überzeugt, gerade dort, wo in unserem Leben etwas zerbrochen ist, gerade dort, wo wir in eine Sackgasse gelaufen sind, gerade dort, wo wir sprachlos geworden sind, gerade dort, wo uns etwas niederdrückt, weil wir es nicht mehr in Ordnung bringen können, gerade dort ist es notwendig, die Arznei Gottes zu empfangen und zu sehen. Der Arzt selber, Gott selber kommt in mein Leben weil er heilen möchte. Weil er mit seiner Kraft, mit seiner Liebe, mit seinem Leben mein Leben umfangen und ergänzen möchte.
Ich selber mache es ganz oft so bei der Kommunion, dass ich diesen Moment nutze, wenn ich die Hostie in Händen halte. Wenn ich das heilige Brot in Händen halte. Dass ich mir überlege, mit wem möchte ich heute die Kommunion teilen? Ich such mir ganz bewusst einen Menschen aus, von dem ich sage: Wir beide brauchen dich. Das kann jemand sein von dem ich sage, ich weiß ganz genau, dass der oder diejenige nicht mehr in die Kirche kommt, weil ich der Pfarrer bin. Und dann möchte ich Herr, wenn ich dich jetzt empfange, dass du gute Wege für diesen Menschen suchst. Es kann sein, dass es jemand ist, den ich sehr vermisse, weil er oder sie gestorben ist. Und dann sag ich mir bei der Kommunion: Lass ihn jetzt in deinem Himmel, lass sie jetzt in deinem Himmel spüren das wir gemeinsam mal halten. Mach sie satt an Leben. Und Heile meine Traurigkeit. Ich glaube daran. Dass dieses heilige Brot tatsächlich heilt und stärkt und stützt und dass der Einladende nicht der Pfarrer ist. Nicht der Papst und nicht ein Bischof ist der Einladende, ist Jesus. Und im Abendmahlsaal, da lädt er diejenigen ein, von denen er weiß, die werden in dieser Nacht davonlaufen. Die werden einschlafen, wenn ich sie bitte, dass sie für mich beten. Die werden sagen, den kenn ich überhaupt nicht. Und für 30 Silberlinge werden sie mich dahin geben. Und trotzdem sagt Jesus, die brauchen in dieser Nacht alle meine Kraft, alle meinen Glauben, alle meine Liebe, die brauchen mich im heiligen Brot, damit es ein Ostern gibt, damit sie noch da sind, wenn das Leben gesiegt hat. Die Kommunion ist der Liebe Vorschuss Gottes. Die Kommunion ist die ganze Heiligkeit Gottes. Sie kommt in unser Leben, um es heil und heilend zu machen. Und es gibt keinen und keine von uns, die nicht sagen könnte oder der nicht sagen könnte, es tut mir gut, mit der Quelle des Heiligen, mit dem Allerheiligsten in Berührung zu kommen, für mein eigenes Leben. Ich wünsch Ihnen, dass Sie das glauben können. Das ist das Brot des Lebens, das ist die Arznei Gottes. Das ist die brotgewordene Liebe Gottes. Das ist der Vorschuss Gottes an uns, mit allem, was er an Leben und Lebendigkeit hat. Das ist die Chance, wo wir in uns gefangen sind, dass er uns über uns hinausführt und Wege eröffnet. Und das ist die Nahrung, die ich immer teilen kann, gerade mit denen, zu denen ich überhaupt keinen Zugang mehr habe. Ob das in unserer Familie ist, ob das im Beruf ist, ob das irgendwo anders ist. Die Kommunion, das heilige Brot, ist Lebensbrot, ist Einladung Gottes. Amen.