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Predigt Pater Bernhard Haas am 10.08.2025:Seid wachsam

Glaube
Glaube ist Feststehen in dem, was man erhofft
Datum:
11. Aug. 2025
Von:
Herbert Kohl

Sorgt euch nicht um euer Leben

Liebe Schwestern und Brüder,

gerade in diesen Wochen des Urlaubs sind viele Menschen unterwegs. Für die meisten ist es wichtig, dass sich ihr Leben nicht im Alltagstrott vollzieht, sondern Veränderungen bewirken, die Dynamik des Lebens für sie erfahrbar wird. Auf dem Weg sein ist deshalb ein umfassendes Sinnbild für unser Leben.

Unterwegs sein bedeutete vor allem in der biblischen Zeit Gefahren, Mühsal und qualenlanger Wege, immer wieder in der Sorge und in der Ungewissheit, ob man überhaupt das Ziel erreichen wird. Die biblischen Texte des heutigen Sonntags sind ermutigende Zusagen und herausfordernde Aufgaben für unterwegs.

Es war bereits die zweite Generation nach Jesus, die der ermutigenden Zusage besonders bedurfte. Die Faszination des Anfangs war längst verflogen. Das Feuer der Naherwartung, das noch in den ersten Paulusbriefen brannte, war erloschen. Der Widerstand von außen und von innen war gewaltig gewachsen. Was die Menschen brauchten, war Ermutigung durchzuhalten, weiterzugehen, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.

Glaube ist Feststehen in dem, was man erhofft, heißt es im Hebräerbrief. Aber immer und immer wieder von Gott zu sprechen, den man nicht sieht, kann zermürbend sein – erst recht, wenn anstelle der verkündigten Erlösung und des mit Worten beschworenen Heils die Lebenswelt als dermaßen unerlöst und heillos erfahren wird. Die Autoren des Hebräerbriefs und des Lukasevangeliums wissen darum aus eigener Erfahrung. Aber gerade deswegen gilt umso mehr: Lasst euch von eurer Überzeugung, dass Gott ist und dass er mitten unter euch ist und zutiefst in euch wirkt, nicht abbringen. Haltet durch!

Als Mensch, als Christ brauche ich diese Ermutigungs- und Hoffnungstexte. Die Kirche hier bei uns braucht sie ganz sicher auch. Siegesgeschichten brauchen wir hingegen nicht. Zuversicht auf eine endgültig gute Zukunft, weil wir jetzt schon erlöst sind, weil Gott treu ist, weil er sich suchen und finden lässt, weil er der auf uns Wartende ist und längst schon der bei uns Angekommene. Sich davon wirklich glaubwürdig zu erzählen – das brauchen wir. Das brauchen wir als Kirche und das brauchen wir als Gemeinde.

Das Erste und das Wichtigste, was Menschen und erst recht Christen als glaubwürdige Zusage brauchen, lautet: Hab keine Angst. Du brauchst deine Angst nicht zu verdrängen. Aber du musst daran nicht zerbrechen, weil der alles tragende Grund deines Lebens Gott ist. Wer glaubt, der zittert nicht, heißt es. Treffender steht es im ersten Johannesbrief: Angst gibt es in der Liebe nicht, sondern die vollendete Liebe vertreibt die Angst.

Direkt vor dem heutigen Evangeliumstext ermutigt Jesus die Seinen, keine unnötigen Sorgen sich um ihr Leben zu machen. Sorgt euch nicht um euer Leben. Gott, der euch liebende Vater, weiß doch, was ihr alles braucht. Euch muss es vielmehr um das Reich Gottes gehen, das heißt: in die Nähe Gottes mitten unter den Menschen gehen, dann wird euch alles Übrige, was ihr zum Leben braucht, dazugegeben werden.

Darauf folgt der Anfang des heutigen Textes: Fürchte dich nicht, du kleine Herde, denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben. Heißt es kurz zuvor, uns soll es nur um das Reich Gottes gehen, so heißt es jetzt: Uns ist dieses Reich Gottes geschenkt. Welche Ermutigung für unser oft derart schweres Unterwegssein! Hab keine Angst, Gott weiß um euch. Ihr könnt eure Sorgen auf ihn werfen. Und das, was allein wichtig ist für euch – sein Kommen und sein Dasein – auch das ist euch geschenkt.

Mit unserer Angst fertig zu werden, gilt von Gott her genau das Gegenteil von dem, was in unserer Gesellschaft gilt, um mit den Lebensängsten fertig zu werden. Du brauchst nicht die dein Leben absichernde Sorge. Du brauchst nicht die Kraft der Angst verdrängenden eigenen Leistung. Die mit dem Leben mitgegebenen Sorgen brauchen mich nicht in Ängste zu stürzen, weil ich daran glauben kann, dass Gott um mich weiß und dass er mich liebt.

Das im Leben Notwendige tun und leisten kann und braucht mir nicht die tragende Sicherheit zu geben, weil ich fest daran glaube, nicht aus eigener Leistung zu leben, sondern aus dem Geschenk der Liebe.

Im Zusammenhang damit steht die zweite Ermutigung Jesu für unterwegs: Wirf den dich belastenden Ballast ab. An deinem Schatz hängst du dein Herz. Welche Freiheit zum Leben könnte mir mein Glaube an Gott schenken, wenn ich wirklich an den mitten in meinem Leben lebenden Gott glaubte. Woran hänge ich mein Herz? An meine Sehnsucht nach Gott, an meinen Glauben an ihn, an den Glauben, der fruchtbar ist in der Liebe.

Wo die Tiefe meines Lebens ist, da ist auch mein Schatz. Wo mein Schatz ist, da ist auch mein Herz. Wie viel Freiheit zum Leben könnte uns der Glauben an Gott schenken? Wie viel uns belastenden Ballast könnten wir dann einfach abwerfen? Wir würden erstaunt und beglückt erfahren, wie die mit den Jahren wachsende Last von Vergeblichkeit und Vergänglichkeit von uns abfiele und wir zum Leben befreit würden, weil wir im Verstehen, in der Liebe zueinander befreit würden.

Und das Dritte der Zusagen für unterwegs sei hier nur kurz genannt: Es ist Mahnung und Aufgabe: Seid wachsam und wartet auf den in Herrlichkeit Kommenden, den alle Verheißungen endgültig erfüllenden Herrn. Führt ein für die euch anvertrauten Aufgaben waches und verantwortungsvolles, ein auf den schenkenden und liebenden Gott Antwort gebendes Leben. Denkt daran: Ihr wisst weder den Tag noch die Stunde, wann er kommt.

Wer ihn erwartet, der hält fest an dem Ziel aller Wege. Er wartet voll Sehnsucht auf die Erfüllung des Lebens, auf die Fülle der Liebe, die stärker ist als der Tod. Wer ihn mit dem bewussten Wissen um die eigene Lebensgeschichte erwartet, der wartet auf ihn, dass er sich endlich zeige – er, der mich liebt und den ich liebe, dass wir uns endlich und für immer erkennen. Von Angesicht zu Angesicht.