Predigt Pfarrer Dr. Givens am 9.10.2024:Was ist unser Kernthema?
Wie kann der Wald gesunden? Wie kann unsere Gesellschaft gesunden?
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn. Sie, Herr Bläß, haben gerade eben vorgelesen, das ist mehr als zweitausend Jahre her, da wird erzählt davon, wie enttäuscht Paulus ist. Er, der gemeinsam mit Barnabas durch ganz Griechenland gezogen ist und einen Weg gefunden hat, wir er all denen, die keine Juden sind, von Jesus erzählen kann, wie er erzählen kann, wie wichtig es für ihn geworden ist, dass er trotz aller Schuld, die er auf sich geladen hat, geliebt ist und entscheidend für ihn, dass es eine Auferstehung gibt. Er findet einen Weg, wie er mit all denen ins Gespräch kommt, die anders leben als die Juden, er findet einen Weg, dass die Kirche sich bildet aus Juden und aus solchen, die keine Juden sind.
Und er bespricht das auch in Jerusalem mit den anderen Aposteln, und man beschließt: Ja, so machen wir das. Uns ist es wichtig, dass das Evangelium, dass die Liebe Jesu, dass die Botschaft von der Auferstehung nicht nur in Israel bekannt wird, sondern dass sie wirklich bis an die Grenzen der Erde, in die ganze Welt hinausgeht, und dann geht er gemeinsam mit Barnabas wieder hinunter nach Griechenland. Und eines Tages kommt Petrus, der Papst, der Chef. Ganz selbstverständlich sitzen sie beim Essen zusammen. Es gibt das, was die Griechen, was die Heiden essen, es gibt das, was ihr täglich Brot ist, und Petrus lässt es sich schmecken.
Aber dann kommt Jakobus, und Jakobus ist der Scharfmacher, der ganz Strenge, derjenige, der sagt, da darf nichts verändert werden, es muss alles so bleiben, wie es gewesen ist. Nichts darf sich verändern. Und weil Petrus Angst bekommt vor Jakobus, weil er Angst hat, was könnten die anderen über mich sagen, sagt er auf einmal zu den Heiden und zu den Griechen: Ach, heute komme ich nicht zum Abendessen. Und da sagt er auch: Ach, morgen komme ich nicht zum Abendessen, und übermorgen sagt er wieder: Ich komm nicht zum Abendessen. Da sagt ihm Paulus: Du hast Angst vor Jakobus, du hast Angst vor seiner Reaktion, du stehst nicht dazu, was wir ausgemacht haben, dass die Griechen, dass die Heiden genauso geliebt sind wie die Juden.
Aktueller geht es eigentlich nicht. Unsere Politik lässt sich treiben von der AfD. Alle Parteien sind nicht mehr in der Lage, ihr Kerngeschäft zu formulieren: die Grünen nicht über den Umweltschutz, die SPD nicht über die soziale Gerechtigkeit, die CDU nicht über die christlichen Werte und eine Gesellschaft, die daraus lebt. Alle reden nur noch über Migration, wir lassen uns treiben von der AfD aus Angst, wie stark sie sind, so wie Petrus sich hat treiben lassen aus Angst vor Jakobus. Gestern wurde der Waldschadensbericht vorgestellt, und die Wälder sind noch katastrophaler dran, als wir das wahrhaben wollen. Der Wald wird eher zum Problem, als dass er Probleme löst, und schuld daran ist zum einen eine Monokultur, dass man nur noch auf einen Baum gesetzt hat.
Eine Gesellschaft, die nur noch auf ein Thema setzt, ist anfällig für den geistigen Borkenkäfer, und der geistige Borkenkäfer, der ist längst angekommen. Der Wald wird nur gesunden, wenn eine Vielfalt in ihm ist und wenn er nicht nur unter einem Aspekt gesehen wird, nämlich der Wirtschaftlichkeit und der Schnelligkeit, sondern indem er als Wald gesehen wird. Wir brauchen ganz dringend Menschen wie Paulus, die den Mut haben zu sagen, was ist denn eigentlich unser Kernthema. Paulus erinnert Petrus daran, das ist Jesus, Jesus und sein Evangelium.
Es ist wichtig, dass wir uns in der Gesellschaft wieder daran erinnern, was ist denn unser Kernthema, dass wir miteinander als Gesellschaft die Zukunft gestalten, dass wir miteinander als Gesellschaft der Jugend eine Welt überlassen und übergeben, die nicht am Ende ist, dass wir miteinander als Menschen eine Welt gestalten, in der wir das teilen, was wir haben, das schützen, was uns heilig und wichtig ist.
Der Wald kann nur gesunden, wenn in den nächsten Jahren verschiedene Bäume hineingepflanzt werden. Unser Land kann nur gesunden, wenn es uns gelingt, dass nicht nur ein Thema und eine geistige Richtung uns beherrscht, und auch unsere Kirche wird nur überleben, wenn sie den Mut findet, einen Petrus und einen Paulus zuzulassen. Wenn sie nicht nur männliche Bäume pflanzt, sondern auch weibliche Bäume pflanzt, und wenn wir keine Angst davor haben vor denen, die frech und lautstark auftreten, aber denen man wie Paulus widerstehen muss und sagen muss: Ich habe ein anderes Evangelium, das ist von der Liebe und von der Auferstehung geprägt, und das ist der Maßstab meines Lebens. Amen.