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Predigt Pfarrer Dr. Givens am 18.05.2025:Wie entdecke ich das Gute?

Wie entdecke ich das Gute?
Es gibt in jeder Kirche einen Ort, wo das Allerheiligste zu finden ist, wo wir das Allerheiligste aufheben, das Brot Jesu. Und es gibt einen Schlüssel dazu, um ans Allerheiligste zu kommen.
Datum:
18. Mai 2025
Von:
Pfr. Dr. Ronald A. Givens

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn.

Es ist heiß, es ist Sommer, und zwei Jungs möchten Fußball spielen. Einen guten Platz haben sie schon, jetzt fehlt bloß noch ein Tor. Sie graben außerhalb von Rom zwei Löcher, um die Pfosten für das Fußballtor einzubetonieren, als der Spaten plötzlich auf etwas Festes stößt. Klug genug sind die beiden Jungs, um alles beiseitezuräumen, was da über dem Festen ist, und entdecken eine kleine Terrakottatafel. Sie sehen, dass da etwas draufsteht, und sind auch klug genug, um zu ihrem Pfarrer zu laufen und ihn zu fragen, ob er ihnen sagen könnte, was das sei, was Sie da gefunden hätten.

Der weiß es nicht, aber auch er läuft in diesem heißen Sommer in den Vatikan zu den Archäologen und zeigt ihnen diese Tafel. Die sind begeistert, fahren hinaus nach Alt-Ostia, legen behutsam alles andere frei und entdecken ein kleines Kästchen, ein Grab, und auf der Platte steht, wer in diesem Grab liegt: Eine Frau, eine Afrikanerin, eine, die eigentlich hinüberfahren wollte, vom Hafen in Ostia aus über das Meer in ihre Heimat nach Karthago, heutiges Tunesien. Aber dort in Ostia merkt sie, dass sie zu schwach ist - was hat sie auch für eine lange Reise hinter sich, welche Umwege ist sie mit ihren Kindern gegangen:

Da ist zuerst Navigius, der Erstgeborene, und dann ihr Augenstern Perpetua. Der Name ist kein Zufall, denn dort in Karthago, wo diese Frau geboren worden ist und ihre beiden Kinder, Avigius und Perpetua, zur Welt gebracht hat, sollte etwas Großartiges stattfinden für den Sohn des Kaisers.

In Karthago stand zu der Zeit nach dem Kolosseum die größte Arena im römischen Reich, und für den Geburtstag des Kaisersohnes sollte es ein riesiges Spektakel geben. Dafür hatte man die Christen gefangen genommen, die, die sich weigerten, den römischen Göttern zu opfern, und unter diesen Gefangenen war auch eine junge Frau, gerade mal 20 Jahre alt und überglücklich, weil sie ein Kind geboren hat.

Diese junge Mutter hörte von den Erzählungen in der Stadt, dass es da eine Gruppe gebe, die daran glaubt, dass uns Menschen nicht nur dieses Leben geschenkt wurde, dass wir nicht nur diese Lebenszeit miteinander verbringen können. Diese Gruppe glaubt tatsächlich daran, dass es ein Wiedersehen im Himmel gibt, dass es die Ewigkeit gibt, dass man mit seinen Kindern, mit den Menschen, die man liebt, auch die Ewigkeit verbringen kann. Da sagt sie: „Ich möchte Christin werden!“

Sie meldet sich zum Unterricht an, um Christin und getauft zu werden, aber mitten in diesem Unterricht wird sie verhaftet. Ihr Vater bestürmt sie: „Denk doch an dein Kind! Opfere den Göttern, du kannst doch später vielleicht noch Christin werden!“

Aber die junge Frau ist überzeugt: „Ich möchte getauft werden. Ich möchte für mich und mein Kind die Sicherheit haben, dass wir uns den Himmel teilen!“

Sie wird in die Arena geführt, zu den wilden Tieren, nachdem sie ihr Kind der Obhut der Eltern anvertraut hat, und steht mitten in dieser Arena. Die Bestien fallen über sie her, aber sie schreit nicht – sie betet. Da kippt das Schauspiel für den römischen Kaisersohn:

Alle hatten gedacht, es gibt Angst und Schreie, Verzweiflung und ein Ringen um den letzten Lebensatem. Aber da stehen ein paar Frauen und Männer, die aus- und durchhalten, die glauben, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Als die Heilige Monika die Geschichte von Perpetua und Felicitas, diesen beiden mutigen Frauen damals in der Arena von Karthago, hört, ist für sie völlig klar: „Wenn ich ein Mädchen zur Welt bringe, dann muss es Perpetua heißen, nach dieser mutigen Frau, die daran geglaubt hat, dass es einen Himmel und ein Wiedersehen im Himmel gibt, dass sie ihr Kind einmal wiedersehen wird!“

Und so nennt sie nach Navigius ihre Tochter Perpetua, und sie bekommt noch ein drittes Kind. Das ist ihr großes Sorgenkind. Was macht sie mit diesem Kind durch… Von Jesus will der Dritte gar nichts wissen, er macht sich lustig über seine Mutter, den Vater und ihren Jesusglauben, und getauft werden will er auf gar keinen Fall, das sagt er schon als kleiner Junge und hält es auch durch.

Als er studiert hat und zu den ganz wichtigen Rednern des römischen Reiches gehört, kommt er zur Ausbildung nach Rom. Monika geht mit nach Rom, weil sie sich Sorgen macht um ihren Dritten mit seinen vielen Frauengeschichten, seinem unehelichen Kind und seinem Lotterleben. Sie macht sich Sorgen und weint viel um diesen Dritten.

Aber dort in Rom ändert sich etwas: Er forscht sein ganzes Leben lang bis dorthin immer nach der Frage: Woher kommt das Böse? Warum ist der Mensch zum Bösen fähig? Was ist dem Menschen böse?

Da hört er zum ersten Mal die Lesung des Apostels Paulus, von der gerade eben erzählt wurde: Wie er Antiochia verlässt und sich auf den Weg nach Rom macht. Wie er dort in Rom erzählt und auch aufschreibt: „Ich lebe aus der Gnade Gottes, und es gibt keinen Menschen, in dem die Gnade Gottes nicht wirken würde!“ Von da an fragt Paulus nicht mehr, woher das Böse kommt, sondern er fragt sich, woher das Gute kommt. Wie finde ich zum Guten hin, und wie entdecke ich das Gute?

Schließlich kommt er nach Mailand, und dort, bei Ambrosius von Mailand, hört er etwas ganz Entscheidendes. Ambrosius sagt ihm: "Das Gute findest du, indem du dich neben das Gute stellst, dich neben das Gute setzt. Das Gute färbt ab. Suche gute Menschen, dann wirst du vom Guten angesteckt!“ Und er sagt ihm: "Suche Gott, denn er will all das Gute, das er hat, mit dir teilen."

Da lässt sich der junge Mann taufen, er wird Christ und will das Gute suchen, und er kapiert, wie gut es ihm getan hat, dass seine Mutter Monika ihn in ihrem Gutsein begleitet und nicht allein gelassen hat, ihn nicht verurteilt hat, sondern immer und immer wieder mit ihrem Gutsein dagewesen ist. Und weil sie ihn dort in Ostia nicht mehr hinüber nach Afrika begleiten kann, ist ihm klar: ‚Ich muss eine Gemeinschaft von Guten um mich sammeln, damit ich nie mehr das verliere, was wichtig und heilig ist!‘

Monika hätte sich nie träumen lassen, dass ausgerechnet ihr Sohn in der Lateranbasilika in Rom gemalt ist – Augustinus. Er gründet eine Gemeinschaft, und dieser Gemeinschaft schreibt Augustinus in die Regel hinein:

Es gibt in jeder Kirche einen Ort, wo das Allerheiligste zu finden ist, wo wir das Allerheiligste aufheben, das Brot Jesu. Und es gibt einen Schlüssel dazu, um ans Allerheiligste zu kommen. Dann sagt Augustinus: Es gibt keinen Menschen, in dem nicht das Allerheiligste zu finden wäre. Es gibt in jedem Herzen ein Schloss, und es gibt keinen und keine, der nicht einen Schlüssel hätte - der Schlüssel ist die Liebe, und mit der Liebe findet sich in jeder und jedem das Allerheiligste. Es gibt keinen, der kein Schloss im Herzen hätte, und es gibt keinen ohne Schlüssel dazu, ohne Liebe.

Warum erzähle ich Ihnen das, von dieser Afrikanerin, von Monika, von dem Terrakotta-Plättchen und Augustinus, dem missratenen Sohn, den sie begleitet hat, der Bischof von Hippo geworden ist und eine Gemeinschaft gegründet hat?

Weil Papst Leo ein Augustiner ist, einer aus dem Orden der Augustiner. Als er Kardinal wurde, haben seine Mitbrüder ihm ein Brustkreuz geschenkt, das er jetzt auch trägt. Ein Kreuz aus billigem Blech, aber auf der Rückseite sind zwei Wachstropfen. In dem einen Wachstropfen ist ein kleines bisschen von der Terrakottatafel vom Grab der Heiligen Monika, und in dem anderen ist ein kleines bisschen Knochen des Heiligen Augustinus.

Das trägt er jetzt auf dem Herzen, als Papst, als Vorbild für uns:

Es ist gut, Menschen zu suchen, bei denen es gut ist, und sich von ihrem Gutsein anstecken zu lassen. Und es gibt keinen, bei dem nicht das Allerheiligste zu finden wäre mit dem Schlüssel der Liebe.

Amen.