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Predigt Pfarrer Dr. Givens am 20.07.2025:Wissen Sie, was gut für Sie ist?

Wissen Sie, was für Sie gut ist
Der Herr sagt zu Abraham: „In einem Jahr komme ich wieder. Und dann hat Sara ein Kind.“ Das kann man durchaus auch als Aufforderung verstehen: Ein Jahr habt ihr miteinander Zeit, um sprachfähig zu werden, um zärtlich zu werden, um wieder Sex miteinander zu haben.
Datum:
20. Juli 2025
Von:
Vincent Gutscher

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn.

Maria hat den guten Teil gewählt. Wissen Sie, was für Sie gut ist, was für Sie der gute Teil ist? Können Sie heute Morgen sagen: „Das wäre für mich gut?“ Maria kann das. Sie tut es. Und die Tragik ist, dass Martha falsche Erwartungen hat. Sie hat Jesus eingeladen, wollte ihn bedienen – und jetzt hat sie Erwartungen an Maria, die diese nicht erfüllt. Geschwister sind unterschiedlich, Gott sei Dank, aber schwierig wird’s, wenn wir uns vergleichen. Wenn wir unausgesprochene Erwartungen haben – dann wird es schwierig.

Wissen Sie, was für Sie gut ist? Abraham und Sara wissen das scheinbar auch nicht mehr so ganz richtig, was für sie gut ist. Haben Sie irgendein Wort gehört in der Lesung von Sara? Die wird nur rumkommandiert: ‚Hol das Mehl, back Fladen, richte den Tisch.‘ Und dann stellt der Herr die eine entscheidende Frage: „Sag mal, Abraham, bei all dem, was du da rumwuselst und was du da machst, was du da bewirtest – sag mal, Abraham, wo ist eigentlich die Frau, die du liebst? Die Frau, mit der du aufgebrochen bist? Wo ist eigentlich Sara?“ „Oh, die ist im Zelt.“ Da haben zwei sich ganz schön aus dem Blick verloren. Da haben zwei ganz schön verlernt, was es bedeutet, die Bedürfnisse des anderen zu erfüllen. Kein Wunder, dass da kein Kind ist, wenn der eine draußen ist und die andere im Zelt ist - wie soll denn das gehen?

Das ist ein großes Kunststück, wenn man alt geworden ist, die Bedürfnisse des anderen noch zu sehen: Sprachfähig zu bleiben, zärtlich zu bleiben, miteinander eine Sprache zu finden, die altersgemäß ist und Leib und Seele erfüllt. Das ist ein großes Kunststück - nicht nur als junger Mensch, als junge Erwachsene, sondern ein ganzes Leben lang mit Leib und Seele sprachfähig zu bleiben. So, dass der eine sich nicht verkriechen muss oder herumkommandiert wird, sondern dass beide spüren: ‚Ich bin gemeint. Ich bin angeschaut. Ich bin geliebt. Ich bin berührt.‘

Und wie ist das bei Martha und Maria? Wie ist das, wenn Sie allein sind? Was ist der gute Teil für mich, wenn ich allein lebe? Muss ich dann alle bewirten und für alle da sein, um mich zu rechtfertigen, dass ich überhaupt noch da bin? Oder darf ich, wenn ich allein lebe, Witwe oder Witwer geworden bin, dann auch für mich gut sorgen und sagen: „Das ist für mich der gute Teil. So möchte ich leben. Das brauche ich zu meinem Leben.“ Oder erfülle ich die Erwartungen meiner Kinder und Enkel, meiner Nachbarn und der Jahrgangskollegen, wie man als Witwe, als Witwer, als Alleinstehender zu leben hat? Weiß ich, was für mich gut ist?

Der Herr sagt zu Abraham: „In einem Jahr komme ich wieder. Und dann hat Sara ein Kind.“ Das kann man durchaus auch als Aufforderung verstehen: Ein Jahr habt ihr miteinander Zeit, um sprachfähig zu werden, um zärtlich zu werden, um wieder Sex miteinander zu haben – denn anders wird der Isaak nicht gezeugt. Ein Jahr habt ihr Zeit, um Therapie miteinander zu machen, wie das geht im Alter: sprachfähig zu sein, zärtlich zu sein, liebevoll zu sein, miteinander durchs Leben zu gehen.

Was ist der gute Teil für Sie? Können Sie das für sich sagen? Und können Sie das auch leben? So wie Maria sich zu Füßen des Herrn setzt und sagt: „Heute ist für mich an diesem Tag, in dieser Stunde, da der richtige Platz. Es zählen nicht die Erwartungen von meiner Schwester, es zählen nicht die Erwartungen der Nachbarschaft - es zählt, was mir jetzt wichtig ist.“

Ich weiß schon – die Hälfte von Ihnen wird jetzt sagen: „Aber das ist nicht das Problem von ihr.“ Wenn Jesus mit der Situation nicht zufrieden gewesen wäre, hätte er sagen können: „Das hätte ich gern.“ Das sagt er nicht. Er sagt: „Für Maria ist das heute gut.“ Er sagt nicht: „Martha, was du machst, ist falsch.“ Sondern er sagt dir nur: „Du hast heute, an diesem Tag, das erwählt.“

Wissen Sie, was für Sie gut ist? Und wissen und spüren Sie auch noch, was für den Menschen, mit dem Sie gemeinsam unterwegs sind, gut ist? Und können Sie das einander auch noch sagen: „Du, ich hätte gern deine Nähe. Ich hätte gern deine Zärtlichkeit. Ich hätte gern deine Berührung.“ Und dann ist aber auch auszuhalten, dass der andere oder die andere sagt: „Es ist gut, dass du mir das jetzt sagst. Lass uns miteinander einen Weg finden. Lass uns miteinander eine Sprache finden, dass dein Bedürfnis und mein Bedürfnis erfüllt wird.“

Kann ich, wenn ich allein lebe, gut für mich sorgen? Weiß ich, wo ich mich hinsetzen muss, wo ich sein muss, damit mein Herz erfüllt ist? Gott wird Mensch in Jesus, und er zeigt uns, dass er gut für sich gesorgt hat. Er hat Freunde gehabt. Er hat Menschen gehabt, mit denen er alles geteilt hat. Er ist immer wieder auch in die Stille hineingegangen. Und wenn er jemanden gebraucht hat, dann hat er auch gesagt: „Du, bete jetzt für mich, ich habe Angst.“ Jesus wusste, was für ihn der gute Teil ist. Und er hat es vorgelebt. Was ist für jede und jeden von uns der gute Teil – heute, an diesem Tag? Amen.