Himmel und Erde in den Blick nehmen:Zuspruch und Anspruch für uns im Jahr 2024
Blickt auf zum Himmel, und schaut auf die Erde unten.
Zunächst haben wir gesammelt. Im Dienstgespräch. Was beschäftigt unsere Gedanken? Krieg. Inflation. Demokratie. Migration. Glaubwürdigkeit der Kirche. Hilft Gott wirklich? Ängste um die eigene Familie. Angst um die Schöpfung. Was für eine Welt hinterlassen wir den Enkeln?
Nach drei Jahren Diskussion um die Form der Pfarrei, um Strukturen, möchten wir uns endlich wieder ganz der frohen Botschaft, dem Evangelium zuwenden. Wie kann man die Menschen, die unsere Pfarrei getragen haben und tragen, spirituell stärken? Nahrung für die Seele.
Jesus und sein Leben in den Vordergrund stellen. Ihn besser kennenlernen, uns selbst und den anderen Zugänge zu seinem Leben, seinem Denken und Handeln vermitteln. Freundschaft mit Jesus ermöglichen. Wie ging er mit Schwierigkeiten um? Was hat ihn getragen? Wie hat er die Frauen und Männer, die ihm nachgefolgt sind, gestärkt für Krisen, für Schwierigkeiten und Not?
Was könnte aus all dem eine Überschrift, ein Thema für unser kirchliches Handeln in diesem Jahr sein? Was könnte ein Satz sein, der all das oben Genannte, all das was wir zusammengetragen haben, bündelt? Wir haben uns die Gleichnisse in den Evangelien angeschaut. Die Losungen der evangelischen Kirche. Das Motto des Bistums und anderer Diözesen. Findet sich da ein Wort, ein Bild, ein griffiger Satz?
Beim Propheten Jesaja sind wir fündig geworden. Inmitten der großen Not seines Volkes, mitten im Krieg, nachdem der Tempel in Jerusalem zerstört war und viele sich fragten, warum hilft denn Gott nicht, da schreibt er denen, die mit ihm an Jahwe glauben:
Blickt auf zum Himmel,
und schaut auf die Erde unten.
Es gibt im Leben Jesu einen sehr eindrücklichen Moment, in dem dieser Satz des Propheten Jesaja ganz lebenspraktisch wird. Ein Taubstummer kommt zu Jesus. Eingesperrt in sich selbst gelingt es diesem Menschen, Jesus seine ganze Not entgegenzuschreien. Es werden Laute voller Verzweiflung gewesen sein. Jesus berührt und beruhigt ihn, dann schaut er hinauf zum Himmel und seufzt. Danach wendet er sich diesem taubstummen Menschen zu, schaut ihn an und sagt zu ihm: Effata! Übersetzt heißt das so viel: Öffne Dich! (Markus 7,34)
Jesus schaut zum Himmel hinauf, und sein Seufzen beim Hinaufschauen ist wie eine Übersetzung, wie ein Stoßgebet in all der Not, die ihm da gerade eben begegnet, die ihn anrührt und packt. Aus diesem Blick hinauf in den Himmel, durch dieses sich Sammeln vor dem Vater im Himmel, erwächst ihm der Mut mit beiden Füßen auf der Erde, wider alle Vernunft, aber voller Glauben zuzusprechen: Effata! Öffne Dich!
Blickt auf zum Himmel,
und schaut auf die Erde unten.
Wir freuen uns, mit Ihnen in diesem Jahr zu erkunden, was es als Pfarrei, als Gemeinschaft, als Einzelne bedeutet, den Himmel in den Blick zu nehmen, um nach der Erde zu schauen.
Ihr Pfarrer Dr. Ronald Ashley Givens