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Drei Kirchen im Fokus

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Beim öffentlichen Beteiligungsprozess zur künftigen Kirchennutzung geht es insgesamt um drei katholische Kirchengebäude in Viernheim, für die gemeinsam alternative Nutzungsmöglichkeiten gefunden werden sollen. Bei den Verantwortlichen der katholischen Pfarrgemeinde besteht große Offenheit für Vorschläge und Ideen. Denkverbote soll und darf es nicht geben. Gleichzeitig müssen auch bestimmte Rahmenbedingungen mitgedacht werden, z. B. der Denkmalschutz, die Finanzlage, die Akzeptanz in der Stadt und der kirchlichen Gemeinschaft sowie die bisherige Bedeutung der Kirchen für die Viernheimer Stadtteile.

Innenraum der Marienkirche
Die Marienkirche

Marienkirche

Die Viernheimer Marienkirche, im Volksmund auch „alte Kirch" genannt, steht seit 350 Jahren - und zwar an der Stelle, an der schon vor 1600 die Viernheimer Pfarrkirche stand. Sie bekam am 5. November 1660 in ihrem ersten (hinteren) Teil die bischöfliche Weihe und feiert daher am Sonntag vor Martini den Jahrestag ihrer Kirchweihe.

1753 war sie auf das Doppelte vergrößert worden ohne Änderung der Höhe, weshalb heute die rechte Proportion Länge-Höhe gestört erscheint. Am 13. September 1753 war die zweite Consecration. Die immer größer gewordene Pfarrei wurde 1900 nach der größer gebauten Apostelkirche verlegt; bei der 1940 doch notwendigen Teilung wurde die Marienkirche wieder Pfarrkirche.

Die Marienkirche ist erbaut im Stil des einfachen Landbarock. Handwerksmeister der Pfarrei haben sie 1960 renoviert und 1969/70 innen und außen etwas umgestaltet und erneuert. Zu dem künstlerischen Barock-Hochaltar mit der wertvollen Marienstatue aus der Werkstatt Paul Egell in Mannheim (18. Jahrhundert) bekam die Kirche einen einfachen Volksaltar (mit dem Titel der heiligsten Dreifaltigkeit). Die beiden (ebenfalls 1753 konsekrierten) abrundenden Seitenaltäre haben als Titel St. Joseph und St. Catharina. Die stilgemäße Kanzel wurde 1960 etwas nach vorn verlegt.

In das alte barocke Orgelgehäuse (Gegenstück zu der Altargruppe) wurde 1953 eine neue Orgel eingebaut (22 Register); der Turm erhielt 1956 fünf Glocken: Marienglocke (f), Franziskusglocke (g), Nikolausglocke (b), Johannesglocke (c), Georgsglocke (d).

Hildegardkirche

Dem nüchternen Betonbau der Hildegardkirche sieht man auf den ersten Blick nicht an, welche gestalterischen Probleme er dem Architekten stellte.

Einerseits sollte die Kirche nach Süden einen monumentalen Abschluss des Tivoliparks bieten und musste die Wohnblocks am Parkrand überragen, andererseits durften die Baumassen der Kirche nicht die Zweifamilienhäuser an ihrer Nordseite optisch erdrücken. Die Lösung war der breite, hohe gerundete Chor nach Süden, von dem aus die Seitenwände nach Norden zusammenliefen und das Dach sich senkte. Um den Raumverlust auszugleichen, wurden im nördlichen Teil der Kirche links und rechts ein sich nach hinten verbreiterndes kleines Seitenschiff angesetzt. Fertig geplant war auch ein Turm in beherrschender Stellung an der Ecke Beethovenstr./Johann-Sebastian-Bach-Str., der die städtebauliche Wirkung der Kirche abgerundet hätte. Aus Geldmangel konnte er aber nicht mehr ausgeführt werden.

Im Innern entstand durch diese Baugestaltung ein sogenannter „einläufiger Raum“ der sich in die Breite nach dem Altar zu weitet, dessen großgeschuppte Akkustikdecke zum Chor hin ansteigt während der Fußboden abfällt. Mit diesem architektonischen Kunstgriff scheinen die Gesetze der Perspektive aufgehoben zu sein, was dem Raum eine eigenartig schwebende Wirkung verleiht. Verstärkt wird diese Wirkung noch durch die in allen Farben glühenden Fenster aus französischen Gläsern, die großen Wandteppichen vergleichbar, dem Raum einen ungewöhnlich sakralen Eindruck verleihen. Die Fensterunterkante senkt sich in einem Bogen zum Altar hin, und die immer größer werdenden Fenster betonen die Rundung des Raumes, der den Altar umfängt. Die hinter dem Altar aufsteigende Betonwand und die beiden Doppelstützen zu beiden Seiten fangen die Bewegung der Fenster auf und schaffen eine ruhende Zone. In die fächerartig sich ausbreitende Decke wurde das indirekte Licht derart eingebaut, dass keine Pendelleuchten den Raum stören und bei Dunkelheit die Fenster nach außen hin in einem herrlichen Farbenspiel erglühen.

Die Kirche bietet einen gewaltigen Versammlungsraum für die Gemeinde, in den Eckkapellen aber auch kleine Räume für den einzelnen Beter, der dabei aber volle Sicht zum Altar hat. Bei den Fenstern der Eckkapellen wurde ein Gedanke der gotischen Kathedralen wieder aufgegriffen: Stilisierte in Stein gebrannte Dämonen müssen den Kirchenbau tragen.

Bau der Kirche

Der Bau der Kirche begann am 9. September 1963 mit den Erdarbeiten. Vier Architekten hatten sich mit sechs Entwürfen  an dem ausgeschriebenen Wettbewerb beteiligt. In Auftrag gegeben wurde der Entwurf des Oberstadtbaudirektors von Ludwigshafen a. D. Dr. Karl Lochner. Für die Planung der Detailarbeiten standen ihm die Viernheimer Architekten Joseph und Hans-Joachim Ziegler zur Seite. Als am 30. März 1964 Generalvikar Ludwig Hähnlein die feierliche Grundsteinlegung vornahm, standen bereits die Stahlkonstruktion mit Rund- und Kastenstützen und einer maximalen Spannweite von 25 Meter. Sie trägt das Dach und an ihr wurden die Fensterrippen aufgehängt. Die Firma Schmid in Baiersbronn entwarf und schuf die 600 Quadratmeter Fenster, die größte Betonglasfensterfläche Deutschlands. Da ab dem späten Vormittag das Licht von vorn in die Kirche einfällt, musste durch eine entsprechende Farbgebung eine Blendung verhindert werden. Der Einbau der Akkustikdecke nahm 8 Wochen in Anspruch. Auch bei ihr zeigte sich wieder welche Schwierigkeiten beim Kirchenbau zu überwinden waren, da der Grundriss keinen einzigen echten Winkel aufweist. Schon beim Abstecken des Grundrisses mussten alle Punkte mittels trigonometrischer Berechnung gefunden werden. In der Decke wurden neun Lichtbänder installiert, deren 7500 Volt Leuchtröhren ein warmes Licht von enormer Leuchtkraft ausstrahlen.

Der Innenanstrich der Sichtbetonwände musste vorerst aus Geldmangel zurückgestellt werden. Die Baukosten von 1,3 Millionen DM wurden zu 36%  von der Diözese Mainz, zu 50% von der Pfarrei St. Marien durch Grundstücksverkaufe und zu 14% durch Spenden Viernheimer Katholiken und des Kirchenbauvereins St. Hildegard aufgebracht. Die Stadt Viernheim hatte kostenlos den Bauplatz und einen Geldbetrag zu Verfügung gestellt.

Ausgestaltung der Kirche

Der Bischof von Mainz Dr. Hermann Volk konsekriert die Kirche am 12. März 1966.

Nach der Weihe der Kirche musste die Gemeinde erst Schulden abtragen, bauliche Nachbesserungen an der Kirche vornehmen und für die Einrichtung der Sakristeien und angebauten Gemeinderäume sorgen. Die jahrelangen Wartezeiten erlaubten aber Ideen zur weiteren Ausgestaltung der Kirche ausreifen zu lassen. Dr. Lochner und Joseph Ziegler waren inzwischen verstorben und konnten keine Anregungen mehr beitragen. Der Viernheimer Maler Ludwig Reischert hatte zur Weihe der Kirche das Altarkreuz gestaltet aus einem vorhandenen Eisenrahmen und dem Corpus eines durch Verkehrsunfall zerstörten Feldkreuzes. Er brachte dann auch noch den Vorschlag, dem Kirchenraum aus Beton, Glas und Stahl durch Kupfer Wärme zu geben und entwarf das Emporengeländer. Die Goldschmiede Ludwig Wuchsa führte 1972 diese Arbeit aus und schuf 1978 den Tabernakel aus Kupfer, Gold und Bergkristall, 1979 dann den Lesepult aus gleichen Materialien und das Kreuz über der Kirchenfassade.

Die Orgel

Glanzstück der Kirche wurde sowohl musikalisch wie optisch die 1976/77 von der Firma Gebr. Oberlinger in Windesheim gebaute Orgel mit 22 Registern und 1842 Pfeifen. Das Eichenholzgehäuse, von der Herstellerfirma selbst als ihr schönstes Werke bezeichnet, bezieht optisch geschickt den Leiter- und Rohrschacht an der Rückwand der Kirche mit ein und löste damit ein schwieriges gestalterisches Problem der Kirche. Domkapellmeister Hain gab der Orgel, am Weihetag der Kirche, dem 12.3.1977 die kirchliche Weihe. Der Verwaltungsrat der Pfarrei hatte die Orgel nur als Teilebau mit 10 Registern geplant, aber eine große Begeisterung der Gemeinde ermöglichte dann die Nachbestellung des ganzen Werkes. 1966 hatte der Pfarrer von St. Marien Dr. Nikolaus Hattemer († 1970) der von ihm erbauten Kirche zur Weihe ein kleines Orgelpositiv mit 7 Registern geschenkt.

Michaelskirche

Auf Initiative des damaligen Pfarrers von St. Aposteln, Anton Darmstadt, wurde für das aufstrebende und sich schnell entwickelnde Neubaugebiet -die Nordweststadt- 1953 mit dem Bau eines Kindergartens mit Kapellenfunktionsbereich begonnen.

Dieser Bau war dann auch nach seiner Fertigstellung und Bestimmungsübergabe, am 11. April 1955, Grundstock für die Errichtung der dritten katholischen Pfarrei Viernheims. Die Leitung der Pfarrei wurde dem damaligen Kaplan von St. Aposteln, Paul Volk, zum 1. April 1955 übertragen.

Bereits 1955 wurde dem Mainzer Architekten, Hugo Becker, der Planungsauftrag für die Errichtung eines Gotteshauses gegeben. Am 29. April 1956 erfolgte die Grundsteinlegung und bereits am 17. November 1956 konnte der Richtkranz des Kirchenneubaus aufgezogen werden. Die Konsekration der Kirche erfolgte am 8. September 1957 durch den damaligen Bischof Dr. Albert Stohr.

Ausgestaltung der Kirche

Das Gotteshaus ist in einem modernen Baustil mit ovalem Grundriss und freistehendem Glockenturm errichtet. Der Eingang der Kirche ist Vorhalle und nicht sehr hell, da die Dämpfung des Lichts zum Schweigen mahnen soll. In dieser kurzen Zone des Übergangs soll sich der Mensch von der Welt abwenden und sich sammeln. Auf den schweren Türen in Glasbeton ist die Schöpfungsgeschichte festgehalten: Sündenfall und Vertreibung aus dem Paradies.

Das aus Beton gefertigte Gebäude ist nach außen mit hellen Klinkern verblendet und im Inneren mit einem hellen Rauputz versehen. Die sich nach Süden öffnende Fensterfront ist in ein vertikal angeordnetes lamellenartiges Betongerippe eingelassen. Dem Motiv der aus farbig verbleitem Glas bestehenden Fenster liegt die „geheime Offenbarung“ über das „himmlische Jerusalem“ zugrunde. Die Grundsteine der Stadt sind geschmückt mit allerlei Edelsteinen. Vom Irdischen zur himmlischen Stadt steigt ein Regenbogen auf, Zeichen des Bundes zwischen Gott und Mensch.

Die Gestaltung der Fenster sowie die Ausgestaltung des Innenraumes mit der Darstellung des Leidensweges Jesu und dem über dem Chor befindlichen Engelsmosaiken lag in den Händen des in Grötzingen lebenden Viernheimer Kunstmalers Franz Dewald. Die Engel stellen die „7 Geister vor Gottes Thron“ dar - St. Michael mit Rauchfass, St. Gabriel mit der Lilie, St. Raphael mit dem Stab. Es folgen in einer Linie nach oben der Engel mit der Sonne, Engel mit Posaune, Engel mit der Zornesschale und der Engel mit dem Buche der Geheimnisse Gottes.

Der Tabernakel im Chorraum ist mit Symbolen der hl. Eucharistie, dem Manna, Fischen, Kelch, Trauben und Ähren geschmückt. Das Kreuz wurde passend zum Tabernakel gefertigt. Am 18. Februar 1961 konnte der Turm mit vier in Heidelberg gegossenen Glocken bestückt werden.

Vier Jahre später am 17. Oktober 1965 erhielt die Kirche eine große Orgel. Die von der Orgelbaufirma Emanuel Kemper und Sohn aus Lübeck gebaute Orgel hat eine elektropneumatische Spieltraktur und 23 Register mit insgesamt 1782 Pfeifen.

Zum Feiertag Christi Himmelfahrt 1983 wurde hoch über dem Altar ein weiteres Mosaik des Künstlers Franz Dewald fertiggestellt. Es zeigt Jesus Christus als Herrscher des Weltalls auf dem Gottesthron sitzend mit der Weltenkugel und der Siegesfahne in den Händen, umringt mit den Sternkreiszeichen.

Renovierung

Wegen Sicherheitsmängel wurde am 31. Oktober 2011 die Michaelskirche durch das Bistum Mainz geschlossen und ab 3. März 2012 renoviert. Erneuert werden musste die elektrische Beleuchtung und das Geländer auf der Empore. Zu den weiteren Sicherheitsmängeln gehörte auch der Zugang zum Kirchenspeicher, der nur unter schwierigen Bedingungen erreichbar war. Durch die neu abgesetzte Decke wurde die Kirche nicht nur durch sparsame LED-Leuchten ausgestattet, sondern auch verschiedene Strahler "versteckt" eingebaut. Es besteht nun so die Möglichkeit das "Christus-Mosaik", die Engel oder den Tabernakel bunt anzuleuchten, was zeitweise tagsüber durch die Sonneneinstrahlung der Glasfenster passiert.

Auf die unschönen Betonringe, die sich an der Wand im Chorraum befinden, wurde ein Michaelsgebet gestaltet, das von der Form und Farbe den Mosaiken im Chorraum angepasst wurde. Feierliche Wiedereröffung der Michaelskirche durch Generalvikar Dietmar Giebelmann war am 7. Oktober 2012.

Bereits am 12. Januar 2015 wurde mit der Totalsanierung der Kemperorgel in der Kirche durch die Firma Hugo Mayer begonnen. Verschönert durch Farben, wurde durch das Künstlerehepaar Wurmdobler die Orgel dem Innenraum der Kirche angepasst. Die Orgel bildet nun mit den Kirchenfenstern eine farbliche Einheit.