Zwischen

Pfingstnovene 1

Datum:
Fr. 27. Mai 2022
Von:
Pfarrer Ronald Givens

Pfingstnovene zur Apostelgeschichte

Es beginnt mit einer Grenzüberschreitung. Paulus und seine Gefährten wagen sich nach Europa. Die Strukturen, die ihm vertraut waren, die seinen jüdischen Glauben geprägt und getragen haben, gibt es jenseits der Grenze nicht mehr. Das Vertraute, die Synagoge, den Tempel, die Gemeinde muss er zurück- und loslassen.

Er nimmt mit eine innere Ordnung, ein seelisches Gerüst. Er nimmt mit den Sabbath. Sein Glaube, sein Leben braucht gerade jetzt die heilige Zeit, die dem Alltag entzogen ist. Wenn schon so viel Äußeres wegbricht, dann muss das Innere umso unverbrüchlicher sein. Paulus hält sich an den Bund, den er mit seiner Seele geschlossen hat, er sorgt für sie, hält den Raum und die Zeit für sie frei.

Und der braucht Gemeinschaft. Heilige Gemeinschaft. Er verlässt die Stadt, das Alltägliche, das Festgefügte, das Gebahnte, Gemauerte, Geschütze, Geordnete. Er sucht Menschen, die wie er, am und im Alltag nicht satt werden. Er geht zum Fluss, weil er vermutet, dort könnten noch andere sein, die spirituell offen sind.

Der Fluß. Fließend, sich verändern, lebensspendend und herausfordernd, weil seine Grenzen nicht festgefügt sind. Zugänge und Übergänge müssen gesucht werden, bleiben nicht auf ewig, sind nicht zu allen Zeiten vorhanden und nutzbar. Der Fluß bleibt unverfügt und doch dienend. Schon Psalm 1 verwendet den Fluß, den Wasserlauf als Zeichen für spirituelle Energie:

Psalm 1: Selig der Mensch, der nicht nach dem Rat der Frevler geht, / nicht auf dem Weg der Sünder steht, nicht im Kreis der Spötter sitzt, 2 sondern sein Gefallen hat an der Weisung des HERRN, bei Tag und bei Nacht über seine Weisung nachsinnt. 3 Er ist wie ein Baum, gepflanzt an Bächen voll Wasser, der zur rechten Zeit seine Frucht bringt und dessen Blätter nicht welken. Alles, was er tut, es wird ihm gelingen.

Keiner kann in denselben Fluß zweimal hineinsteigen. Keiner ist derselbe, wenn er zum zweiten Mal in einen Fluß steigt. Jesus weiß das, wenn er zu Johannes an den Jordan kommt und sich taufen lässt. Danach ist er ein anderer.

Paulus wird fündig. Für sich selbst. Für Jesus. Für die Kirche. Weil Paulus nicht in seinem Alten, in seinem Vertrauten, in den Grenzen seiner Welt geblieben ist, wird Europa mit Christus bekannt. Paulus findet jenseits der Steine und Mauern einen heiligen Ort. Er kommt ins Gespräch mit Andersgläubigen und erzählt von seinem Jesus. Er trifft auf Lydia, die Purpurhändlerin. Aber das gibt schon die nächste Geschichte.

Zwischen. Wie ermutigend ist das, was Paulus am Anfang unserer Kirche erlebt hat. Zwischen Altem und Neuem. Zwischen Vertrautem und Ungedachtem. Zwischen Juden und Griechen. Zwischen Männer und Frauen. Zwischen Geht nicht und Schau mal an.

 

  • Grenzen sind real und hemmend, aber sie sind menschengemacht.
  • Das Vertraute in den Rücken zu nehmen, kostet Mut und ist ein Wagnis
  • Wird das Äußere fremd, muss das Innere vertraut sein
  • Die Seele wird fündig, wenn sie unverfügten Raum und Zeit bekommt
  • Heilige Orte führen zu Gemeinschaft
  • Fließendes Wasser hilft dem Inneren sich auf Neues einzulassen

Apg 16: So durchwanderten sie Mysien und kamen nach Troas hinab. 9 Dort hatte Paulus in der Nacht eine Vision. Ein Mazedonier stand da und bat ihn: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns! 10 Auf diese Vision hin wollten wir sofort nach Mazedonien abfahren; denn wir kamen zu dem Schluss, dass uns Gott dazu berufen hatte, dort das Evangelium zu verkünden. So brachen wir von Troas auf und fuhren auf dem kürzesten Weg nach Samothrake und am folgenden Tag nach Neapolis. 12 Von dort gingen wir nach Philippi, eine führende Stadt des Bezirks von Mazedonien, eine Kolonie. In dieser Stadt hielten wir uns einige Tage auf. 13 Am Sabbat gingen wir durch das Stadttor hinaus an den Fluss, wo wir eine Gebetsstätte vermuteten. Wir setzten uns und sprachen zu den Frauen, die sich eingefunden hatten.