Im März 2023 wurde die Unabhängige Studie zur Aufklärung von Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Verantwortungsbereich des Bistums Mainz vorgestellt. Was hatte es damit auf sich?
Anfang März 2023 wurde die umfassende und unabhängige Studie zur Aufklärung von Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Verantwortungsbereich des Bistums Mainz von 1945 bis Anfang 2023 vorgestellt. Sie wurde unter dem Titel „EVV-Studie“ bekannt. EVV ist die Abkürzung für „Erfahren – Verstehen – Vorsorgen“. Die Begriffe machen deutlich, worum es in der Studie geht: Erfahren, was geschehen ist. Verstehen, wie es dazu kommen konnte. Auf dieser Grundlage vorsorgen, dass so etwas nicht mehr passiert. Diese Leitgedanken bestimmen weiterhin die Aufarbeitung dieses Themas im Bistum Mainz.
Vor Beauftragung der Studie gab es eine wichtige Überzeugung: Im Bistum Mainz ist bei vielen Menschen Wissen über Fälle sexualisierter Gewalt vorhanden sowie darüber, wie Verantwortungsträger damit umgingen, wenn sie davon erfuhren. Hinzu kam, dass sich die Aktenlage als sehr uneinheitlich dargestellt hat. Mit der Studie sollte verborgenes Wissen ans Licht gebracht werden. Sexualisierte Gewalt ist Teil der Geschichte des Bistums Mainz und damit eine bleibende Herausforderung. Die Studie sollte außerdem dazu beitragen, dass an allen Orten, in allen Gemeinden und Einrichtungen des Bistums Mainz dieses Thema aus der Tabu-Zone geholt und darüber gesprochen wird.
Das Bistum hatte sich bereits an der deutschlandweiten MHG-Studie beteiligt, deren Ergebnisse 2018 vorgestellt wurden. Daran schloss sich die EVV-Studie an, die spezifisch auf das Bistum Mainz schaut und tiefer geht. Ähnlich gingen auch andere Bistümer in Deutschland vor.
Die Studie ging vor allem drei Fragen nach. Erstens: Gab und gibt es Strukturen im Bistum Mainz, die die Ausübung sexualisierter Gewalt befördert bzw. nicht verhindert haben? Zweitens: Wie wurde mit Fällen sexualisierter Gewalt nach entsprechender Kenntnis im Bistum Mainz umgegangen? Drittens: Haben im Bistum Mainz von 1945 bis Anfang 2023 bisher unbekannte Fälle von sexualisierter Gewalt stattgefunden? Welche Ergänzungen und Weichenstellungen ergeben sich aus diesen Erkenntnissen für das präventive Handeln im Bistum Mainz?
An den Beratungen vor Auftragsvergabe waren neben Vertretern des Bistums auch externe Expertinnen und Experten, unter anderem eine Trauma-Medizinerin, eine Fachanwältin für Strafrecht, eine Kriminalkommissarin, der damalige Landesvorsitzende des Weißen Rings und eine Leiterin eines anerkannten freien Trägers der Jugendhilfe (MädchenHaus gGmbH) beteiligt. Die Betroffenenperspektive war dabei stets im Blick.