Geduld ist eine ratsame Tugend

Kirchenfenster benötigen Zeit bis Ende 2019

Chorfensterentwurf (c) St. Elisabeth, DA
Chorfensterentwurf
Datum:
Do. 14. Juni 2018
Von:
thb

Ungeduld ist ein schlechter Ratgeber. Das mussten auch die etwa 35 Teilnehmer der öffentlichen Kuratoriumssitzung am 7. Juni 2018 in der Darmstädter Gemeinde St. Elisabeth feststellen. "Der Einbau der neuen Kirchenfenster wird wohl bis Ende 2019 dauern", so die Prognose von Glasermeister Hans Grobbauer.

Es ist verständlich, wenn alle Beteiligten des Darmstädter Kirchenfensterprojektes, die Vertreter der Projektgruppe, des Kuratoriums, der Glashütte, der Darmstädter Glasbaufirma, auch der Darmstädter Glasdesigner sowie auch wir in der Gemeinde selbst, wenn wir alle gerne den frühest möglichen Fertigstellungstermin uns wünschen, erhoffen, heraushören möchten und dann daran glauben wollen - aber die Wirklichkeit geht ihre eigenen Wege. Die schöne Terminplanung von Glasbaumeister Hans Grobbauer war schnell wertlos geworden.

Die Unwägbarkeiten traten zuerst in der Glashütte Lamberts (Bayrischer Wald) auf. Produktionsplaner Manfred Mislik erläuterte die sensible Welt der Glasbläserei.
"Zur Herstellung von Buntglas benötigt man Fingerspitzengefühl und viel Erfahrungswissen. Glasblasen ist nicht immer vorhersehbar. Buntglas reagiert unterschiedlich und reißt immer mal wieder", erklärte der Vertreter der bayrischen Glashütte Manfred Mislik.
Wir lernten, dass unterschiedliche Farbtöne verschieden reagieren. Sie benötigen in der Herstellung eine unterschiedliche Behandlung. So muss das Glasbläserteam zur Glasart, zur Glasfarbe, zur Glasgröße passen.

 

Die Glasgröße wurde zur Herausforderung.

Nomalgrößen von Scheiben liegen bei 60 - 63 cm. Diese bläst ein Glasbläser als Kolben in Akkordarbeit bis zu 90 x am Tag. Eine enorme Leistung für die Lungen. Lamberts hatte sich gerade an große Scheiben mit 75 cm Länge herangetraut und Erfolg gehabt.

Nun fragte St. Elisabeth nach einer Glasscheibengröße von bis zu 80 cm an. Eine enorme Herausforderung an die Lungen der Glasbläser. Nur groß gewachsene, erfahrene Spezialisten von Glasbläsern muten sich das zu. Und dieser Spezialist hatte nun einen Bandscheibenvorfall. Die Genesung benötigte verständlicherweise Zeit. Es kam in der Glashütte zu einer Herstellungspause für St. Elisabeth. Mittlerweile ist die Produktion unserer Scheiben wieder angelaufen. Doch noch haben  nicht alle 214 Scheiben den Weg nach Darmstadt gefunden.

Diese Verzögerung hatte nun auch in der Darmstädter Glasbaufirma "Glastechnik Rhein-Main" Folgen. Die vorgehaltenen Teams konnten nicht mehr gehalten werden, andere Projekte kamen zum Zug.

 

Feinarbeit benötigt seine Zeit

In dieser Zeit widmeten sich Designer Markus Hau und Glasermeister Hans Grobbauer schon der Feinarbeit. Bei den gelieferten farbigen Scheiben muß nun einerseits der genaue Farbton und Farbverlauf gefunden werden, andererseits müssen die vielen Farbschattierungen entstehen.
Die Schattierungen werden entweder mit Salzen o.a. weggeätzt oder als weitere Farbschichten als Schmelzglas aufgetragen. Jeweils muss dann die Feinarbeit, teils mehrfach, neu im Ofen eingebrannt und wieder abgekühlt werden.   

 

Neuer experimenteller Weg

Die Umsetzung der digitalen Welt auf die Glasscheiben ist ein neuer, experimenteller Weg.
Die Zusammenarbeit von Künstler Hau und Glasermeister Grobbauer ist bereits für beide spannend: Kunst trifft auf Handwerk, Unbekümmertheit auf Erfahrung, Design auf Glaskunst, Jung auf Alt. Der Künstler gibt die Richtung vor, der Handwerker sagt, was machbar und auch nicht möglich ist. So ergibt sich ein spannender, kreativer Prozess und ein ganz neuer Weg vom Design zu unseren neuen Kirchenfenster.

Nicht machbar war leider oft die Umsetzung vom Computer-Farbausdruck: zu wenig Farbnuancen, ein zu grobes Bild.
Nun muß, teils sehr zeitaufwendig, für viele der 214 Scheiben auf Transparentpapier das jeweile kleinteilige Farbschema händig übertragen werden. So kann eine Scheibe in einem Tag oder erst in einer Woche entstehen. Geduld ist wieder angesagt.
Erste Scheiben werden nun bald eingesetzt, doch die letzte Scheibe wird noch lange Zeit benötigen. - Doch wir freuen uns auf das Ergebnis.