Mitteilungen aus dem Pastoralraum, 19.07.-16.08.2025: 2025_KB9_Mitteilungen
"Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen….
An manche Reisen denke ich lange zurück, Zum Beispiel an die nach Syrien im Jahr 2008. Ein faszinierendes Land- voller Geschichte und Kultur. Unvergessen bleibt mir der Sonnenuntergang leicht oberhalb der Wüstenstadt Palmyra. Einige Jahre später brach in Syrien der Bürgerkrieg aus. Die Horden des IS zerstörten große Teile dieser antiken Stadt. Bis heute verfolge ich die Nachrichten aus Syrien – und die Eindrücke und Erfahrungen der damaligen Reise sind immer dabei.
Meine Reise in den Iran war kurz – Zwei Tage in Schiras, einer Millionenstadt südlich von Teheran. Eine Stadt mit wunderschönen Gärten und vielen Erinnerungsorten an Hafis, den bekanntesten persischen Dichter und Mystiker. Kurz war die Reise, weil mich eine Blinddarmentzündung in das dortige Krankenhaus und zur Operation brachte. Auch eine außergewöhnliche Erfahrung. Und trotzdem bleibt der Eindruck von einem Land, das viel mehr ist als die „Herrschaft der Mullahs“.
Mehrmals war ich in Israel. Für mich besteht eine besondere Verbindung durch einen Freund und Kurskollegen, der seit vielen Jahren dort bei den deutschen Benediktinern lebt und arbeitet. Mit ihm und einigen Mitbrüdern besuchten wir vor sechs Jahren das Westjordanland. Kein touristisches Programm. Es liegt jenseits der unfassbar hohen Mauer, die das Gebiet der Palästinenser von Israel trennt. Auf dem Weg passieren wir viele Checkpoints. Das Westjordanland ist zusätzlich durchzogen von immer mehr israelischen Siedlungen.
Was wir manchmal vergessen: Es leben dort „normale“ Menschen. Die meisten davon sind Muslime, es gibt aber auch christliche Palästinenser. Wir übernachteten damals in einem christlichen Dorf, in Taybeh. Die meisten Menschen im Nahen Osten kennen diesen Ort mit seinen 2100 Einwohnern wegen seiner Brauerei. Das Taybeh Bier hat weit über die Grenzen des Westjordanlandes einen guten Ruf. Wir hatten damals Kontakte zu vielen Menschen – Muslimen und Christen – die nur eines wollen: In Frieden leben, arbeiten, sich eine Existenz aufbauen. Aber die Umstände sind bedrückend. Die Mauer, die oft geschlossenen Checkpoints und – die Siedlungen.
Taybeh wurde vor einigen Tagen von radikalen Siedlern angegriffen. Umso trauriger als gerade die Christen dort dem bewaffneten Widerstand gegen die Besatzung entsagt haben. Nicht wenige der Siedler vertreten eine Ideologie, das Westjordanland von Christen und Muslimen „zu reinigen“ und das ganze Land in Besitz zu nehmen. Die Erinnerung an die damalige Reise prägt bis heute meine Betrachtungsweise von vielem, was wir heute an schrecklichen Dingen durch die Medien mitbekommen.
„Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen“: Es dürfen durchaus auch andere Ziele sein. Jedes Herausgehen aus dem Gewohnten bietet Neues, andere Perspektiven, bereichernde Erfahrungen. Was es aber immer braucht: Offene Augen, offene Ohren, ein offenes Herz.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen schöne Ferien!
Martin Weber, Pfr."