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Mainz/Gnadenthal. Einer der bedeutendsten Vertreter religiöser Kunst der Gegenwart, Andreas Felger (61), stellt mit einer repräsentativen Auswahl von 70 Werken im Mainzer "Haus am Dom" vorn 23. Mai bis 13. Juni sein Schaffen einer größeren Öffentlichkeit vor. Veranstalter ist die Fachakademie zur Ausbildung von Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten in Mainz in Zusammenarbeit mit der Präsenz-Galerie Gnadenthal (wo Felger seit einigen Jahren sein Atelier eingerichtet hat) und dem Haus am Dom. Unter dem Motto "Weitsichten" werden Ölbilder, Aquarelle und Farbholzschnitte gezeigt, "auch solche", wie die Rektorin der Fachakademie, Dr. Gertrud Pollak erklärt, "die in heutiger Ausbildung und pastoraler Arbeit Wege zu Reflexion und Meditation eröffnen".
Felger, 1935 in Belsen (Schwäbische Alb) geboren, absolvierte eine Lehre als Musterzeichner und studierte von 1954 bis 1959 an der Kunstakademie München. Seit 1959 ist er selbständig tätig, zunächst als Designer, dann als freischaffender Künstler. in den 70er Jahren schuf er überwiegend Farbholzschnitte zu Landschaften, Zeitphänomenen und Themen der Bibel. Wichtige Anregungen empfing er in der Auseinandersetzung mit literarischen Texten, u.a. von Paul Celan und aus Musikkompositionen des 20. Jahrhunderts. Bei wachsender Reduktion der Formen und zunehmend abstrakter Gestaltung wandte sich Felger zu Beginn der 80er Jahre verstärkt der Aquarellmalerei zu und Ende der 80er Jahre der Ö1malerei. Zu den bekanntesten Werken Felgers, der neben Bildern u.a. Holzreliefs, Farbglasfenster und Bildteppiche schuf, gehört der Altartriptychon in der evangelischen Auferstehungskirche in Mainz. Thema der Holzreliefs in dieser Kirche sind die "Ich bin"-Worte Jesu aus dem Johannesevangelium.
Bei der Vernissage am Donnerstag abend, 23. Mai, um 18.00 Uhr, im Haus am Dom in Mainz, bei der Felger selbst anwesend ist, spricht zur Einführung Mathias Korn, Bad Camberg. Den musikalischen Rahmen bietet Jutta Bitsch, Mainz, am Klavier.
Mainz/Ilbenstadt. Auf die besondere Hochschätzung der Seelsorgehelferinnen (später Gemeindereferentinnen) durch den früheren Mainzer Bischof Dr. Albert Stohr, hat der Direktor des Diözesanarchivs, Dr. Hermann-Josef Braun, hingewiesen. Anläßlich des Jubiläums "50 Jahre Gemeindereferenten/innen im Bistum Mainz" erläutert Braun in einem Aufsatz für die Jubiläumsfestschrift "Eine Idee gewinnt Gestalt" unter dem Titel "...die wir immer dringender brauchen Bischof Stohr und die Seelsorgehelferinnen" aus welchen Voraussetzungen das Berufsbild der Seelsorgehelferin entstand, welche Rolle Bischof Stohr dabei spielte und wie sich der Beruf während seines Episkopates entwickelte.
Im Sommer 1946 gründete Bischof Stohr innerhalb des "Caritaswerkes St. Gottfried" in Ilbenstadt in der Wetterau die "Caritas- und Seelsorgehelferinnenschule", die 1950 in "Seminar für Seelsorgehelferinnen" umbenannt wurde und heute "Fachakademie zur Ausbildung von Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten. Bischöfliches Seminar für Gemeindepastoral und Religionspädagogik" heißt.
Unmittelbar nach Kriegsende, bereits am 12. Mai 1945, noch in der Woche der Kapitulation, berichtet Braun, richtete der Bischof ein Grundsatzhirtenwort an seinen Diözesanklerus "Zum großen Umbruch unserer Tage". Darin erklärte er: "Noch eine andere Ergänzung unserer Sorge um die Seelen sollte erwähnt werden, die nach meiner festen Überzeugung in Zukunft noch an Wert gewinnen wird: die Seelsorgehilfe durch die Frau. Auch wenn alle unsere Priester aus dem Krieg zurückgekehrt sind, wird diese Hilfe ihre volle Wichtigkeit behalten." Bischof Stohr deklarierte somit am Ende des Krieges, unterstreicht Braun, die Integration der Frau in die aktive Seelsorge. Der Frau wurde dadurch im Bereich des Bistums Mainz erstmals die Möglichkeit eröffnet, sich aktiv am pastoralen Dienst zu beteiligen. Wichtig sei auch der Hinweis, daß dieses neue Betätigungsfeld unabhängig von den äußeren Pressionen zu sehen ist. "Als Folge des Krieges war die Ausbildung des einheimischen Klerus fast zusammengebrochen. Viele Priester waren zudem zum Militär eingezogen worden, gefallen oder in Gefangenschaft. Somit fehlten viele Priester, die für eine ordnungsgemäße "Aufrechterhaltung der Seelsorge notwendig gewesen wären", faßt der Autor die Problematik des damaligen Priestermangels zusammen. Nach des Bischofs eigenen Worten seien aber diese äußeren Gründe nicht entscheidend dafür gewesen, daß Frauen die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, sich aktiv in der Seelsorge zu betätigen.
Bischof Stohr ging es in seinem Hirtenbrief von 1945 darum, auch die Erfahrungen während der Nazi-Diktatur umzusetzen. Daher könne man nicht einfach an die Jahre vor 1933 anknüpfen und die alten Positionen und Methoden unreflektiert übernehmen. Bei der Vorstellung der "Caritas- und Pfarrhelferinnenschule St. Gottfried zu Ilbenstadt" im Juni 1946 unterstrich er in einer Anzeige in der Bistumszeitung,"daß die Pfarreien Hilfskräfte brauchen". Der Bedarf ergab sich nicht nur durch die vielfältigen Notlagen bei Kriegsende, sondern vor allem auch durch den Zustrom katholischer Flüchtlinge aus dem Osten in vorwiegend protestantische Ortschaften. Zu Beginn des Episkopats von Bischof Stohr (1935) lebten im Bistum Mainz 439 000 Katholiken, am Ende des Episkopats (1961) 741 000. Durch diesen Bevölkerungszuwachs, stellt Braun fest, entstand ein regelrechter Seelsorgenotstand, dem mit den herkömmlichen Mitteln und dem Klerus allein nicht ausreichend begegnet werden konnte.
Vor diesem Hintergrund sei die Forderung Stohrs im Jahre 1946 zu sehen, daß der "Pfarrer als Vater seiner Gemeinde" neben den "ehrenamtlichen und nicht ausgebildeten Laienkräften" zusätzlich wegen der "bestehenden Massennot auch hauptberufliche und ausgebildete Helfer" benötige. Nach Abschluß des ersten Pfarrhelferinnenkurses im Juli 1947 wurde der genaue Aufgabenbereich dieser neuen kirchlichen Berufsgruppe in den Anstellungsdekreten klar faßbar. In ihnen heißt es: "Ihre Aufgabe ist es vor allem, die Abhaltung des Religionsunterrichtes ... ferner die Hilfe auf allen Gebieten der Seelsorge ... unter Anleitung des Herrn Pfarrers. In besonderer Weise ist Ihnen die Seelsorge in der Jugend und an der Frauenwelt - insbesondere an Müttern und alleinstehenden Frauen - anvertraut. Sie haben weiter die Hilfsbedürftigen und Fürsorgebedürftigen zu betreuen und in der pfarramtlichen Verwaltung Hilfe zu leisten." Zusammenfassend stellt Braun fest, daß sich im Episkopat Stohrs nach dem 2. Weltkrieg ein neues Berufsfeld für die Frau in der Seelsorge entwickelte. "Ihr wurde ein Arbeitsfeld im pastoralen Dienst eröffnet, das ihr in der Diözese Mainz bislang verschlossen geblieben war." Bischof Stohr richtete 1949 das Amt der Diözesanreferentin für Seelsorgehelferinnen ein und übertrug der Gründungsleiterin der Ausbildungsstätte in Ilbenstadt, Maria Reinartz, diese Funktion. Stohr selbst bereitete noch den Umzug des Seminars nach Mainz vor, der von seinem Nachfolger, Bischof Dr. Hermann Volk, dann auch sofort vollzogen wurde (1962).
Höhepunkt des Jubiläumsjahres und eigentlicher Jubiläumstag ist der Mittwoch nach Pfingsten, 29. Mai. Am Vormittag (11.00 Uhr) hält Prof. Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, München/Dresden den Festvortrag zum Thema "Im Fadenkreuz der Gegenwart, Gemeindereferent/in - ein kirchlicher Beruf in kirchenflüchtiger Zeit". Der Tag schließt mit einer Eucharistiefeier mit Bischof Dr. Karl Lehmann in der Seminarkirche (16.30 Uhr). Am Vortag kommen fast 300 Gemeindereferentinnen und -referenten aus sieben Diözesen, die im Mainzer Seminar bzw. der Fachakademie ausgebildet wurden, zu einem "Ehemaligentag" zusammen unter dem Motto "Weil sich unsere Wege kreuzten..." Nach einem vielfältigen Programm der Begegnung (ab 11.00 Uhr) schließt sich nach dem Gottesdienst (Beginn 18.00 Uhr) das "Fest der Begegnung" in einem eigens errichteten Festzelt der Fachakademie am Römerwall an. Dabei wird auch die Festschrift zum Jubiläum vorgestellt. Sie trägt den Titel "Eine Idee gewinnt Gestalt - 50 Jahre Gemeindereferenten/innen im Bistum Mainz" und erscheint in der von der Öffentlichkeitsarbeit im Bistum Mainz herausgegebenen Schriftenreihe "Mainzer Perspek- tiven".
Kamp-Bornhofen. Zu einer neuen Gebetskultur hat der Mainzer Bischof Dr. Karl Lehmann aufgerufen. In der frühen Christenheit habe es die "unbrechbare Überzeugung" gegeben, daß das Gebet von Gott erhört wird. Heute sei dagegen vielfach zu beobachten, daß die Macht des Gebetes in Frage gestellt werde. "Was sind wir eigentlich kleingläubig geworden. Wir glauben nicht mehr an die Macht des Gebetes", sagte Lehmann am Freitag, 18. Mai, bei einem Gottesdienst anläßlich des diesjährigen Diözesantages der Ordensfrauen und Ordensmänner des Bistums Mainz im Marienwallfahrtsort Kamp-Bornhofen.
Viele Menschen seien heute im Beten "Bettler vor Gott". Es müsse aber berücksichtigt werden, daß es keinen "Automatismus" gebe, nach dem Gott den Menschen ihre Wünsche erfülle. Gerade die heutigen Menschen müssten lernen, nicht für sich, sondern für andere zu beten. Dann sei er überzeugt, daß "Gott unser anständiges Beten erhört und handelt", betonte Lehmann in seiner Predigt. Den Gottesdienst konzelebrierte Lehmann mit dem Abt der Benediktinerabtei Grüssau in Bad Wimpfen, P. Laurentius Hoheisel OSB, dem Ordensreferenten der Diözese Mainz, Ordinariatsrat Pfarrer Werner Krimm, und dem stellvertretenden Vorsitzenden des Ordensrates, P. Cletus Wingen OP, Mainz.
Lehmann betonte, daß in einer solchen "Ecclesia orans" ("betende Kirche") auch die evangelischen Räte (Armut, Ehelosigkeit, Gehorsam)ihre Bedeutung hätten.Wichtig sei auch für die Kirche und die einzelnen Christen, sich ganz Gott zu öffnen. "Die Kirche ist immer zuerst eine von oben empfangende Kirche, die nicht von sich aus ihr Fundament gelegt hat". Dies bedeute aber, daß Kirche kein in sich geschlossener Apparat oder eine Institution sei. Vielmehr sei sie wie die Gottesmutter Maria zuerst Magd des Herrn.
Die Vorsitzende des Ordensrates im Bistum Mainz, Sr. M. Brigitta Buchler, dankte Bischof Lehmann für die Teilnahme an dem Ordenstag einen Tag nach seinem 60. Geburtstag und überreichte ihm im Namen der Ordensleute ein Geschenk. An dem Ordenstag nahmen rund 170 Ordensleute aus dem Bistum Mainz teil. Derzeit gibt es im Bi stum rund 550 Ordensfrauen und ca. 120 Ordensmänner. Außerdem haben die Säkularinstitute 30 Mitglieder.
Nach einem Mittagessen hatten die Ordensleute Gelegenheit zur Entspannung bei einem Konzert der "Mainzer Klostermusikanten". Bischof Lehmann nahm hierbei auch selbst den Taktstock in die Hand und dirigierte die Kapelle bei einem Lied. Das Orchester, das zünftige Volksmusik vortrug, hat derzeit 16 Mitglieder, von denen elf dem Orden der Oblaten in Mainz angehören. Die restlichen fünf Mitglieder sind Theologiestudenten/innen. Außerdem stellte Sr. Veronika ihre Künste als Jodlerin unter Beweis. Mit einer Vesper endete der Ordenstag.
Bendorf/Heppenheim. Das Thema "Medien und Politik in Deutschland" stand im Mittelpunkt einer Tagung unter dem Titel "Deutsch-bulgarische Werkstatt Schülerzeitung", an der 20 deutsche und bulgarische Jugendliche von Freitag, 3. Mai, bis Montag, 13. Mai, teilnahmen. Das Seminar wurde gemeinsam von der Bildungsstätte der Diözese Mainz "Haus am Maiberg" in Heppenheim/Bergstraße mit dem Verein für Jugendbildung und Medienpädagogik Phare in Burgas/Bulgarien organisiert und fand im Hedwig-Dransfeld-Haus in Bendorf statt. Die Tagungsleitung lag bei dem Jugendbildungsreferenten im Haus am Maiberg, Benedikt Widmaier, und der Vorsitzenden des Vereins Phare, Violetta Kösseva. Der Besuch war der Gegenbesuch zu einer Reise einer deutschen Gruppe nach Bulgarien im September des vergangenen Jahres.
Während des Seminars erstellten die Jugendlichen u.a. drei zwölf-seitige Schülerzeitungen an einem Computer. Daneben standen Fragen der ethischen Dimension des Journalismus und der Strukturen der deutschen Medienlandschaft auf dem Tagungsprogramm. Außerdem besuchten die Tagungsteilnehmer den Südwestfunk (SWF) in Mainz und den Deutschen Bundestag. Dort hatten sie Gelegenheit, mit dem Vorsitzenden der deutsch-bulgarischen Parlamentariergruppe im Bundestag, Gernot Erler, zu diskutieren.
Wie Widmaier nach Beendigung der Tagung erklärte, diskutierten die Teilnehmer vor allen Dingen Fragen des Know-How-Transfers in Sachen Demokratie von West nach Ost. Nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes im dem ehemaligen Ostblock-Land sei man von demokratischen Strukturen in der Gesellschaft noch weit entfernt. Vielmehr liege die Macht noch immer stark in Händen der alten Seilschaften, und auch die Kirche spiele in der Öffentlichkeit nach jahrzehntelanger Unterdrückung so gut wie keine Rolle. Vielfach werde sie in eine Schublade mit Sekten gesteckt, erklärte Widmaier. Die bulgarischen Teilnehmer habe insbesondere die Tatsache bewegt, daß ein Zusammentreffen mit einem jungenBulgaren immer noch erst möglich sei, wenn der Betreffende ein Visum in der Tasche habe.
Die Schülerzeitungsarbeit ist einer der Schwerpunkte der Jugendbildungsarbeit Widmaiers. In den vergangenen Jahren hat er sie systematisch ausgebaut und mittlerweile 100 Schülerzeitungsredaktionen und 300 Schulen in seinem Verteiler.
Mainz. Beim Ökumenischen Gottesdienst am Tag der Eröffnung der 13. Wahlperiode des Landtags Rheinland-Pfalz, am Montag vormittag, 20. Mai, in der St. Peterskirche in Mainz, haben der Bischof von Trier, Dr. Hermann Josef Spital, und der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EHN), Dr. Peter Steinacker, die Politikerinnen und Politiker an ihre Verantwortung vor Gott für das Wohl der Mitmenschen erinnert. Bischof Spital wandelte ein Wort aus dem 33. Psalm ab, in dem es heißt:"Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist", und erklärte: "Wohl dem Volk, das sich selbst nicht eindimensional versteht, sondern sich bewußt ist, daß es Maßstäbe gibt, die anderswo herkommen, und unserem Leben vorgegeben sind."
Durch den Glauben, unterstrich Spital, verfüge das Volk, und verfügten die Politiker in einer Zeit der Orientierungslosigkeit über "Fixsterne, die der Navigation dienen können". Angesichts der gegenwärtigen wirtschaftlichen und finanziellen Probleme sei es besonders wichtig, solche Fixsterne zu haben, um sich zu orientieren. Die notwendige Neuorientierung in Politik und Gesellschaft bedarf nach den Worten Spitals der Mitarbeit aller, die sich um das Wohl des Volkes bemühen, damit sie wirtschaftlich vernünftig und sozial gerecht erfolgen könne. Deshalb rief er dazu auf, im Gottesdienst um das Miteinander aller gesellschaftlichen Gruppen zu bitten.
Steinacker verwies in der Predigt auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Glauben und Politik. Anknüpfend an das Gleichnis vom Sämann erklärte er, der "normale" Erfolg des Reiches Gottes bzw. der Kirchen sei der "Mißerfolg". In der Politik sei dies ähnlich, da vieles nicht aufgehe, das gesät werde. Vor den Politikern, meinte der Kirchenpräsident, stehe die vielleicht härteste Legislaturperiode von Rheinland-Pfalz. Durch die finanziellen Verhältnisse und die vielen Arbeitslosen laste eine besondere Verantwortung auf den Politikerinnen und Politikern. Für die Kirchen wie für die Politik sei es angesichts dieser Situation wichtig, dem Volk die Wahrheit nicht vorzuenthalten: "Halten Sie die Menschen, die Ihnen vertraut haben, der Wahrheit für würdig!" Steinacker appellierte an Regierung und Opposition und verwies insbesondere auf Fragen der Finanzen, der Zukunft der Jugend, der Belastbarkeit der Schöpfung und der Belastbarkeit des einzelnen Menschen. Kirche wie Politik handelten aus dem Glauben, daß die Welt "eine gute Zukunft hat" und daß es "Sinn macht, sich zu engagieren" und aus dem Glauben, daß die Menschen "aus dem Versinken in Gottes Güte leben".
Die Politiker müßten aus dem Vertrauen handeln: "Es lohnt sich, für andere da zu sein und sich für Gleichheit, Freiheit und Geschwisterlichkeit einzusetzen." Im Bewußtsein von Gottes Güte werde der Feind zum politischen Gegner, denn Gottes Güte versöhne die Menschen ohne die bleibenden Kontroversen, "aus denen die Demokratie lebt", zuzudecken. Im Blick auf die Zukunft – "Was dürfen wir hoffen?" – unterstrich Steinacker die drei Optionen aus dem Konsultationsprozeß zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland: Die Option für die Schwachen, die Option für eine soziale Friedensordnung und die Option für eine soziale Gestaltung der Zukunft in der einen Welt. Für diese drei Optionen seien die Kirchen auch bereit, mit den Politikern zu streiten, betonte Steinacker.
Als Liturgen wirkten in dem Gottesdienst neben Spital und Steinacker der Pfarrer von St. Peter, Pater Pankraz Ribbert 0.Carm., und der Beauftragte der Evangelischen Kirchen am Sitz der Landesregierung, Kirchenrat Dr. Jochen Buchter mit, der den Gottesdienst zusammen mit dem Katholischen Büro Mainz vorbereitet hatte. Ribbert erklärte, die Wahlperiode mit einem Gottesdienst zu beginnen bedeute, "daß Sie der Überzeugung sind, bei Ihren politischen Bemühungen und Anstrengungen zum Wohl der Menschen nicht auf die Hilfe Gottes und seinen Beistand verzichten zu können". Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst durch Andreas Leuck an der Orgel und die Sopranistin Katharina Heubach.
Mainz. Zahlreiche Gratulanten, Prominente aus Kirche, Politik und Gesellschaft sowie Gäste aus allen Dekanaten des Bistums, überbrachten Bischof Dr. Karl Lehmann am Fest Christi Himmelfahrt, 16. Mai, Glück- und Segenswünsche zum 60. Geburtstag. Sie dankten ihm für seinen Dienst als Seelsorger, Bischof..und theologischer Lehrer und würdigten insbesondere seine Verdienste um die Ökumene, um den gesellschaftlichen und gesellschaftlichen Dialog und um die internationale Verständigung im Rahmen seiner weltkirchlichen Aktivitäten als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und Vizepräsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE).
Beim feierlichen Wortgottesdienst im Dom bezeichnete Staatsminister a.D., Prof. Dr. Hans Maier, München, Karl Lehmann als einen "Glücksfall für die deutschen Katholiken – und nicht nur für sie". In seiner Festansprache, die wegen einer plötzlichen Erkrankung von Domkapitular Msgr. Heinz Heckwolf verlesen wurde, bezeichnete Maier den Jubilar als "radikale Mitte des deutschen Katholizismus" und als einen "Mann von unerbittlicher Friedfertigkeit". "Geduldig spricht er mit allen Menschen, mit Gegnern und Freunden der Kirche, mit Neugierigen und solchen, die schon alles wissen, mit freundlich Verstehenden und skeptisch Ablehnenden, mit Neutralen, Lauen, Eifernden, Militanten – und mit den vielen Normalen dazu, die – leider oft schweigende! – Mehrheit der Kirche bilden." Manchmal sei in einer großen und pluralistischen Gemeinschaft wie der Kirche schon viel erreicht, wenn möglichst viele aufeinander hören und sich in Geduld ertragen und annehmen, erklärte Maier, wenn dann noch die Wirkung von Vorbildern hinzukomme, entwickle sich Bewegung auf die Zukunft hin, "eine Dynamik, die über den Alltag hinausweist".
In seiner Festansprache zum Thema "Die Zukunft der Kirche" analysierte Maier die religiöse Sozialisation und die religiös-kirchlichen Verhaltensmuster in der heutigen Gesellschaft vor dem Hintergrund der fast 2000jährigen Geschiehte des Christentums und der Kirche in Europa. Maier verwies darauf, daß die Tradierungskrise des Glaubens sich besonders scharf im Verhältnis von Eltern und Kindern in der Bundesrepublik ausdrücke. Die Generationen streben nach seinen Worten "wesentlich stärker auseinander als in den USA und treffen sich nicht mehr in zentralen Wertvorstellungen". Damit stimme auch die Beobachtung überein, daß in vielen deutschen Familien Konflikte, auch religiöse "nicht mehr ausgetragen werden". Im zentralen Teil seiner Rede erläuterte Maier die untrennbare Einheit von Kirche und Jesus Christus. "Die Kirche ist nicht zu trennen von Christus. Und die Kirche ist nicht zu trennen von den Zeugen", unterstrich Maier und nannte beispielhaft die Blutzeugen Karl Leisner, Bernhard Lichtenberg und Dietrich Bonhoeffer und schloß mit dem Satz: "Solange es diese Zeugen gibt – wie könnten wir bangen um die Zukunft der Kirche?"
Domdekan Weihbischof Rolly, der die rund 1500 Teilnehmer des Festgottesdienstes willkommen hieß, begrüßte namentlich die hohen Repräsentanten aus Politik und Kirche, unter ihnen Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl, die Ministerpräsidenten von Hessen und Rheinland-Pfalz, Hans Eichel und Kurt Beck, den Mainzer Oberbürgermeister Herman-Hartmut Weyel, den Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Dr. Klaus Engelhardt, und die Bischöfe der Oberrheinischen Kirchenprovinz, Erzbischof Dr. Oskar Saier, Freiburg, und Bischof Dr. Helmut Kasper, Rottenburg-Stuttgart. Er hob besonders den Erzbischof von Prag und Vorsitzenden der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) Kardinal Miloslav Vlk, hervor, der überraschend gekommen war, und den aus dem Bistum Mainz stammenden Apostolischen Nuntius in der Schweiz und in Liechtenstein, Erzbischof Karl Josef Rauber. In einem kurzen Grußwort verwies Vlk auf den Briefwechsel zwischen den Bischöfen der beiden Länder. Er erinnerte daran, daß Prag vor langer Zeit einmal Suffraganbistum von Mainz war, und daß sein Land jetzt jahrzehntelang hinter dem Eisernen Vorhang verschlossen war. Er dankte Bischof Lehmann dafür, daß dieser nach der Wende zu den Ersten gehört habe, "die uns mit offenem Herzen und brüderlicher Liebe empfangen haben".
Bei der anschließenden Feierstunde im Erbacher Hof eröffnete Generalvikar Prälat Martin Luley die Reihe der Gruß- und Glückwunschreden mit einer humorvoll-launigen Ansprache und meinte, die Gäste sollten wenigsten so lange feiern, wie sie im Dom gebetet hatten. Die namentliche Begrüßung ersparte er sich mit dem Hinweis, es sei "in der Kirche auch nicht üblich, daß man zweimal die Allerheiligen-Litanei betet". Wichtig für ihn sei, daß gottesdienstliche Feier und Begegnung zusammen gehören: "Wer gut betet – kann auch gut feiern". In seinem Glückwunsch im Namen des Bistums erklärte Luley: "Wir sind froh, dankbar und nicht weniger stolz, daß wir Sie zum Bischof haben." Manche bedauerten zwar, daß Bischof Lehmann wegen der Vielfalt seiner Aufgaben in der deutschen und in der Weltkirche oft außerhalb des Bistums sei. Aber die Beziehung des Bischofs zu seinem Bistum sei "von großem Vertrauen und einem unermüdlichen Einsatz geprägt". So sei Dankbarkeit "das vorherrschende Gefühl, das uns heute bestimmt, wenn wir Ihnen zu ihrem 60. Geburtstag gratulieren". Sein besonderer Dank galt noch der Mutter des Bischofs, Margarete Lehmann, "die uns diesen Sohn geschenkt hat".
Bundeskanzler Helmut Kohl knüpfte an die Rede von Generalvikar Luley an und stellte unter dem Gelächter der im Ketteler-Saal dicht gedrängten Gäste klar: "Mit mir beginnt nicht die Allerheiligen-Litanei", auch wenn die Ministerpräsidenten das vielleicht auch anders sähen. Der Generalvikar habe eine "Mainzer Theologie" entfaltet, die ihm sehr gut gefallen habe. Der Bundeskanzler ging auf die Biographie des Jubilars ein und meinte, während seines Studiums im Germanikum sei Lehmann "Spezialist für Rom geworden". Nachdrücklich verwies er darauf, daß Lehmann Assistent bei Karl Rahner war. Er wolle dies "rühmend erwähnen", weil es heute in der Kirche manchen gäbe, der den Konzilstheologen heute nicht mehr rühmt. Anknüpfend an den Festvortrag Hans Maiers sagte Kohl: "Was für ein Glück, daß wir Karl Lehmann als Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz haben!" Er gehöre nicht zu denen, die sich in den Elfenbeinturm theologischen Wissens zurückgezogen haben.
Der Titel seiner Aufsatzsammlung "Glauben bezeugen – Gesellschaft gestalten" sei symptomatisch für Lehmanns Wirken. So habe er sich einen großen Namen gemacht in Kirche und Ökumene, Staat und Gesellschaft und sei nie die Stimme des Zeitgeistes gewesen. Lehmann zeichne sich aus durch Offenheit für die Menschen, ihre Sorgen und Nöte. Das habe auch zum Miteinander in der Ökumene geführt, in der Lehmann als Vorsitzender des Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen eine führende Rolle habe. Lehmann sei ein "Mann des Dialogs" in der Kirche und in der Welt. Beides gehöre zusammen, denn nach Auffassung Lehmanns sei "Christenpflicht auch Bürgerpflicht" und nicht voneinander zu trennen. Er helfe der Versuchung zur Weltflucht genauso zu widerstehen wie der Versuchung zur Vergötzung irdischer Macht. Christliche Hoffnung wehre jegliche totalitäre Versuchung ab, unterstrich der Bundeskanzler. Er würdigte auch Lehmanns Einsatz für die deutsche Einheit. Es sei kein Zufall, daß der Vorsitzende des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen, Kardinal Vlk, am Ende dieses Jahrhunderts aus dem Geist europäischer Brüderlichkeit an diesem Tag in Mainz gesprochen habe. Lehmann rufe deutlich genug dazu auf, "das Haus Europa" zu bauen. Der Bischof stehe dafür, daß es trotz Schwierigkeiten inder heutigen Situation keinen Grund zur Resignation gebe.
Erzbischof Saier würdigte den wachsamen Blick und das Verwurzeltsein Karl Lehmanns im Glauben. Sein aufmerksamer, wohlwollender und geduldiger Umgang mit anderen habe dem Jubilar die hohe Wertschätzung der Freunde und Mitarbeiter und den großen Respekt von Menschen, die einen anderen Standpunkt vertreten, eingebracht. Er verstehe zu differenzieren, abzuwägen und zu argumentieren. "Aus echter Liebe heraus versucht er jedem Menschen zu begegnen, ihn in seiner Eigenart zu respektieren und ihm zugetan zu sein", lobte Saier. Besonders lobte Saier die Verdienste Lehmanns als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, seinen "Spürsinn", sein Geschick im Verhandeln und vor allem die unerschöpfliche Geduld, mit der Lehmann es erreiche, "daß die Konferenz sich einigt und zu Beschlüssen kommt – und dies zuallermeist in einer mitbrüderlichen und friedlichen Atmosphäre".
Der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Engelhardt, würdigte besonders Lehmanns Dienst um die Ökumene, seine "ökumenische Aufgeschlossenheit". "Es geht nicht nur um Überwindung der Zerrissenheit in der Kirche, sondern auch um Heilung der Zerrissenheit in der Welt", stellte er fest und dankte Bischof Lehmann dafür, "daß Ihnen das gemeinsame christliche Zeugnis unserer Kirchen in unserer Gesellschaft so am Herzen liegt, damit der Grundkonsens, auf den wir alle mehr denn je angewiesen sind, nicht verloren geht."
Ministerpräsident Beck, der auch im Namen seines hessischen Kollegen Eichel sprach, erinnerte an den Treueeid von Bischof Lehmann am 29. September 1983 in der Mainzer Staatskanzlei, wenige Tage vor seiner Bischofsweihe. Damals habe er betont, daß das Verhältnis zwischen Kirche und Staat von den beiden Säulen Freiheit und Zusammenarbeit geprägt sei. Die von Lehmann damals angesprochene partnerschaftliche Zusammenarbeit in Dienst an den gleichen Menschen sei immer wieder sichtbar geworden. Die Partnerschaft zwischen Kirche und Staat bringe auch für die Landesregierungen Pflichten mit sich, erklärte Beck. Diese reichten weit über die materielle Unterstützung der Kirchen hinaus und beinhalteten die Auffassung, nicht alle öffentlichen Aufgaben selbst übernehmen zu wollen. "Wir ermutigen die Kirchen und andere freie Träger besonders im Bereich der Jugend und im Sozialbereich Verantwortung zu übernehmen und sich zu engagieren. Wir bejahen und verteidigen das bewährte Prinzip der Subsidiarität", bekräftigte Beck. Die Regierungen der beiden Länder setzten auch in Zukunft große Hoffnungen und Erwartungen in die Zusammenarbeit von Kirche und Staat wie sie Bischof Lehmann vertrete. Dazu gehöre auch das mahnende und richtungweisende Wort des Bischofs.
Oberbürgermeister Weyel dankte dem Bischof für die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen der Stadt und der Kirche. Die Beziehungen zwischen Kirche und Bürgerschaft seien bestimmt durch das enge und verständnisvolle Verhältnis zwischen dem Bischof und den Gläubigen. Als Vertreter der Bürgerschaft habe er es immer als befruchtendes und freundschaftliches Mit- und Nebeneinander angesehen, sagte Weyel. Die gegenseitige Respektierung entspeche dem Charakter der Mainzer, "die Liberalität und Toleranz von ihrer wechselvollen Geschichte her als 'Leben und Leben lassen' auf ihre Fahne geschrieben haben". Die Mainzer seien stolz darauf, "wenn wir in den Medien bei der Erörterung politischer und weltanschaulicher Probleme auf den Namen unseres Bischofs stoßen". Dann seien sie an einen anderen berühmten Bischof von Mainz, Wilhelm Emmanuel von Ketteler erinnert, der im kirchlichen und im sozialpolitischen Bereich segensreich gewirkt habe über die Grenzen des Bistums hinaus. Im Blick auf die Zukunft unterstrich Weyel, daß die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Kirche in nächster Zeit in Zusammenhang mit dem bevorstehenden Katholikenstag 1998 noch enger werde. "Wir freuen uns, bald eine solche wichtige Jubiläumsveranstaltung in unseren Mauern zu haben und die Stimme unseres Bischofs, auch bei unterschiedlicher konfessioneller, religiöser oder politischer Meinung zu vernehmen."
Im Namen der Diözesanräte gratulierte die Vorsitzende der Diözesanversammlung, Hannelore Hage. Sie meinte, die Kinderjahre Karl Lehmanns in der Nazizeit und im Krieg hätten dazu beigetragen, daß sich der Bischof heute leidenschaftlich dafür einsetze, daß die Menschen in Deutschland und in der Welt "in Würde miteinander umgehen und leben können". Viele freuten sich, "daß ein solcher Mann unser Bischof ist... aus Erfahrung wohl wissend, daß Solidarität und Dialog" für ihn keine leeren Formeln seien.
Schüler des früheren Theologieprofessors Karl Lehmann überreichten dem Jubilar eine Festschrift mit dem Titel "Aus der Hitze des Tages". Die Herausgeber, Regens Dr. Karl Hillenbrand, Würzburg und die Leiterin der Offentlichkeitsarbeit im Bistum Mainz, Dr. Barbara Nichtweiß, hatten die Vorbereitung der Festschrift mit Erfolg geheimgehalten, so daß sie für den Jubilar eine echte Überraschung war. Hillenbrand erklärte, daß das Buch Beiträge von Frauen und Männern enthält, die während ihrer Studien- und Ausbildungszeit in Mainz und Freiburg durch ihren damaligen Professor Karl Lehmann hilfreiche, vielfach prägende Impulse erhielten und heute in den unterschiedlichsten Bereichen des kirchlichen Lebens "Theorie und Praxis miteinander vermitteln". Lehmann sei es stets um eine auch in der Praxis anwendbare Theologie gegangen. Nicht wenige hätten sich durch ihn motiviert, für den pastoralen Dienst entschieden "in dem Weite des Denkens und Bindung an die Kirche keine Gegensätze sind, sondern sich gegenseitig durchdringen und sinnvoll ergänzen". Dr. Nichtweiß erläuterte den Inhalt der insgesamt 22 Beiträge, die in drei große Arbeitsfelder gegliedert sind: "Berufe der Kirche in Ausbildung und Praxis", "Das Leben in kirchlicher Gemeinschaft" und "Schnittfelder von Kirche und Gesellschaft".
In seinem Dankeswort sagte Bischof Lehmann, er freue sich, daß sein Geburtstag für viele ein Anlaß war, nach Mainz zu kommen. Mit dem Dank an den Bundeskanzler verband er den Hinweis auf die Mitsorge für das Wohl der Menschen und auf das Gebet "für alle Menschen, für die Herrscher und für alle, die Macht ausüben". Beim Blick in die Zeitung am 16. Mai 1936, die ihm das Domkapitel geschenkt hat, werde ihm deutlich, bekannte der Bischof, "daß wir Grund haben zu danken, in Frieden, Freiheit und in einer Demokratie leben und wirken zu können". Den Ministerpräsidenten Beck und Eichel dankte er für den "freundlichen, konstruktiven Umgang, den wir in den beiden Ländern haben, in denen das Bistum Mainz liegt". Zum Mainzer Oberbürgermeister sagte er, er gehöre zu dieser Stadt nicht nur als Bischof, sondern auch als Mensch und fühle sich hier wirklich zu Hause. "Solange war ich in meinem Leben noch nie an einem Ort", unterstrich er. Sein anderes Zuhause sei die Kirche. Erzbischof Saier und Bischof Kasper dankte er für die "freundschaftliche Solidarität", die er durch die Mitbischöfe immer wieder erfahre und bekannte: "Ich arbeite gerne für die Bischofskonferenz." Sie sei als ganze auch viel besser als ihr Ruf.
Zeugnis für den christlichen Glauben abzugeben, gerade auch öffentlich, sei heute nicht mehr allein möglich, betonte der Bischof. Er freue sich deshalb besonders, daß der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Klaus Engelhardt zusammen mit Kirchenpräsident Peter Steinacker, Darmstadt, gekommen sei. "Wie mit Ihren Vorgängern haben wir zu einer immer intensiveren, fruchtbareren Zusammenarbeit gefunden, die mir ausgesprochen Freude macht", erklärt Lehmann. Dies gelte besonders für den ökumenischen Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen, "dem ich über 25 Jahre verbunden bin, heute zusammen mit dem ehemaligen Ratsvorsitzenden Landesbischof Professor Eduard Lohse. Auch mit Bischof Hartmut Löwe verbinde ihn gerade darin eine lange freundschaftliche Beziehung.
Besondere Freude und Dankbarkeit äußerte Bischof Lehmann über die Anwesenheit des Prager Erzbischofs Kardinals VIk. "Das ist der Mann, der zehn Jahre Fenster geputzt und im Geheimen seine Aufgabe in der Untergrundkirche erfüllt hat." Zum 1. Januar 1989 habe der Staat seine neunjährige Verbotszeit aufgehoben. Nun sein VIk der Vorsitzende von 35 Bischofskonferenzen in Europa. Besonders dankte Bischof Lehmann auch dem aus dem Bistum Mainz stammenden Nuntius in der Schweiz, Erzbischof Karl Josef Rauber. Der Geschäftsführenden Vorsitzenden der Diözesanversammlung, Hannelore Hage, und allen katholischen Mitchristen dankte der Bischof, die ihm durch ihren "hohen Einsatz – nicht zuletzt in den Räten – Schwung geben". Darüber hinaus dankte Bischof Lehmann allen, die ihm durch die Arbeit in verschiedenen Bereichen verbunden sind, auch seiner Familie, insbesondere seiner Mutter, und schloß sein Dankeswort mit einer Betrachtung über das Altwerden und zitierte dazu seinen philosophischen Lehrer Martin Heidegger, Romano Guardini und aus dem Buch "Kohelet". Schließlich dankte er auch dem Domchor und Domkapellmeister Mathias Breitschaft, die den Wortgottesdienst und die Dankfeier musikalisch gestalteten.
Mainz. Die zwingend notwendigen Personaleinsparungen an den theologischen Fakultäten und Hochschuleinrichtungen des deutschen Sprachraums können nur aus der Zusammenarbeit aller beteiligten Instanzen und nicht aus einem Gegeneinander zu vertretbaren Lösungen führen. In dieser Forderung waren sich die Teilnehmer des 14. "Mainzer Gesprächs" zwischen Bischöfen und Theologen einig, das am Montag, 13. Mai, in Mainz stattfand. Die Theologischen Fakultäten seien an erster Stelle gefordert, selbst Vorschläge in ihrem Bereich zu erarbeiten und darüber mit dem zuständigen Kultusministerium, dem jeweiligen Senat der Universität und dem Ortsbischof Verhandlungen führen. Die Qualität von Wissenschaft und Lehre müsse in jedem Fall gewährleistet bleiben.
Sollte es in Einzelfällen eines Tages zur Schließung von Fakultäten kommen, betonten die Teilnehmer, müßte auf jeden Fall die Ausbildung der Religionslehrer/-innen und damit die Präsenz der Theologie an den Hochschulen gesichert bleiben. Sie habe im interdisziplinären Gespräch im Blick auf die gesellschaftspolitischen Entwicklungen eine unverzichtbare Bedeutung. Insgesamt müßten bei allen Fakultäten über die Mindestausstattung mit zehn Professuren hinaus bewährte fachliche Schwerpunkte erhalten bleiben. So könnten z. B. auch die Reduzierung der Kirchengeschichte auf eine Professur oder der christlichen Gesellschaftslehre als selbständige Disziplin neben der Moraltheologie nicht hingenommen werden.
Weitere Themen des Treffens waren u.a. die Habilitation von Laien (Männer und Frauen) für ein Fach der katholischen Theologie und die kirchliche Mitwirkung bei der Berufung von Theologieprofessoren an den staatlichen Universitäten, die nicht ohne kirchliche Zustimmung ("Nihil obstat") erfolgen kann.
Beim 14. "Mainzer Gespräch" wurde der bisherige Sprecher der Theologen, der Münchener Kirchenrechtler Prof. Dr. Heribert Schmitz verabschiedet. Wegen seiner bevorstehenden Emeritierung hatte er nicht mehr für den Vorsitz unter den Sprechern der theologischen Arbeitsgemeinschaften kandidiert. Sein Nachfolger ist Prof. Dr. Klaus Ganzer, Professor für die Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit in Würzburg.
Bischof Dr. Karl Lehmann würdigte in einer Laudatio nicht nur die Verdienste von Schmitz um die "Mainzer Gespräche" sondern auch die unzähligen Dienste, die er als offener, kritischer und sachorientierter Berater der Deutschen Bischofskonferenz geleistet habe. Ihm sei es wesentlich mit zu verdanken, daß die Mainzer Gespräche sich bewährt und nun zu einer dauerhaften Einrichtung geworden seien. Schmitz dankte seinerseits dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz dafür, daß er in der schwierigen Situation nach der "Kölner Erklärung" vor sieben Jahren die Initiative ergriffen und in einem offenen Gesprächskreis die Begegnung zwischen kirchlichem und akademischen bzw. hierarchischem und theologischem Lehramt, wie es sie zuvor nicht..gegeben hatte, ermöglicht habe. Seit 1989 kommen Vertreter der Deutschen, der Osterreichischen und der Schweizer Bischofskonferenz sowie die Vorsitzenden der theologischen Arbeitsgemeinschaften und des Katholisch-Theologischen Fakultätentages sowie der Österreichischen Dekanekonferenz zweimal im Jahr zu Gesprächen zusammen, um aktuelle Fragen von Lehramt und Theologie zu erörtern. Schmitz war seit Beginn Ko-Moderator der Gespräche.
Auf seiten der Bischöfe nahmen am 14. "Mainzer Gespräch" neben Bischof Lehmann Kardinal Friedrich Wetter, München, Erzbischof Dr. Ludwig Averkamp, Hamburg, der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Johann Weber, Graz, und erstmals der Bischof von Basel, Dr. Kurt Koch, teil.
Dieburg. Die Teilnahme an der Christophorus-Weihefahrt ist für Alfred Fischer und seine Frau Maria in den letzten Jahrzehnten zu einer Gewohnheit geworden. "l964 waren wir zum ersten Mal dabei", erzählt der 76jährige Darmstädter. Stolz zeigt er die Plakette, die ihm damals überreicht wurde und seit dieser Zeit am Armaturenbrett seines Autos befestigt ist. Damals hatten auf dem Dieburger Marktplatz rund hundert Autofahrer mit ihren Wagen teilgenommen. "Der ganze Marktplatz war voll. Die Leute kamen aus Heidelberg und manchmal sogar aus Bayern", berichtet seine Frau.
An diesem Sonntag (19. Mai) sind dagegen nur 15 Autos und 20 Fahrräder zur Segnung an die Wallfahrtskirche "Zur Schmerzhaften Mutter Gottes" in Dieburg gekommen. Pfarrer Lorenz Eckstein ist daher auch etwas enttäuscht über die Resonanz bei der insgesamt 43. Weihefahrt. Den geringen Besuch schiebt er auf das regnerische Wetter. Normalerweise sei die Teilnahme höher, da die Weihefahrt über Dieburg hinaus einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht habe.
Alfred und Maria Fischer sind davon überzeugt, daß der heilige Christophorus als Schutzpatron der Autofahrer auf sie aufpasst. "Wir haben noch vor kurzem erlebt, wie uns geholfen wurde", berichtet die Frau. Auf der Autobahn sei ein Fahrer mit seinem Wagen einfach von der Standspur auf die Fahrbahn gesteuert. Sekundenbruchteile, in denen es um Leben und Tod ging – mit einer Vollbremsung konnte ihr Mann den Zusammenstoß vermeiden. "Da war der Schutzpatron im Spiel", sagt sie.
An ein derartig direktes Eingreifen kann Rita Scholz aus Neumarkt/Bayern nicht so leicht glauben. "Für mich ist die Weihe mehr ein Zeichen. Ich hoffe, beim Autofahren von Gott behütet zu sein, damit die Wege, die ich gehe, hoffentlich gut enden", sagt die 33jährige, die vor kurzem einen schweren Verkehrsunfall hatte. Pfarrer Eckstein ist es daher auch wichtig klarzustellen, daß der "hl. Christophorus nicht in das Lenkrad greift oder auf die Bremse tritt". Er appelliert stärker an die Verantwortung der Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr.
Der hl. Christophorus, der früher als Schutzpatron der Pi1ger und Reisenden galt und in jüngerer Zeit auch als Schutzpatron der Autofahrer gilt, soll nach einer Legende lange auf der Suche nach einem Herrn gewesen sein, für den es wirklich lohnt, zu dienen. Nach Enttäuschungen wandte er sich vom König und danach vom Teufel ab. Schließlich landete er bei einem Eremiten. Dieser erteilte ihm die Aufgabe, auf seinen Schultern ein Kind, das immer schwerer wurde, durch einen reißenden Fluß zu tragen. Nach großen Mühen erreichte der hl. Christophorus das andere Ufer, wo sich ihm das Kind als Christus offenbarte. Christophorus wird in der christlichen Frömmigkeit daher als "Christusträger" verehrt.
Für Pfarrer Eckstein ist denn auch klar, daß die Weihe in erster Linie ein "Zeichen dafür ist, daß wir im Straßenverkehr unter dem Schutz Gottes stehen". Damit sei aber keine Aufforderung zur Sorglosigkeit, sondern. zur Sorgfalt verbunden. An die Teilnehmer der Weihefahrt appellierte er daher, im Straßenverkehr freundlich, hilfsbereit und rücksichtsvoll zu sein. "Wenn wir das sind, sitzt auch ein Christusträger in unserem Auto- nämlich wir selbst."
Mainz. Etwa jede dritte Ehe wird in Deutschland geschieden – in Ballungszentren wie dem Rhein-Main-Gebiet ist es rund jede zweite. Alarmierend sind diese Zahlen vor allen Dingen deshalb, weil eine Trennung der Eltern oft genug auf dem Rücken der schwächsten Familienmitglieder ausgetragen wird. Bisweilen spüren die Kinder ein Leben lang einen Riß durch die eigene Seele, wenn die Ehe der Eltern Schiffbruch erlitten hat. Gehörte es früher zur gesellschaftlichen Konvention, eventuelle Gründe für eine Trennung "unter den Tisch zu kehren", so ist heute eine Trennung scheinbar problemlos und rasch zu bewerkstelligen. Die dramatische Zunahme von Ehescheidungen und die große Angst vieler Menschen vor dem Mißlingen einer Partnerschaft war für Bischof Dr. Karl Lehmann schon kurz nach der Übernahme des Bischofsamtes Anlaß, das Thema Ehe und Familie zu einem der "Schwerpunkte der gegenwärtigen Pastoral" zu machen. Die Diözesanversammlung hat sich daraufhin lange mit der Thematik befaßt und einer Arbeitsgruppe unter Federführung des Bildungswerkes der Diözese Mainz den Auftrag erteilt, sich vertieft mit der Problematik zu befassen. Das wichtigste Ergebnis ist das Heft Nr. 7 der "Pastoralen Richtlinien" unter dem Titel "Ehevorbereitung". Diese Richtlinien wurden vom Diözesanpastoralrat verabschiedet und von Bischof Lehmann in Kraft gesetzt.
Gerade in einer guten Ehevorbereitung liegen auch nach Einschätzung der Diözesanreferentin für Ehe- und Familienbildung im Bildungswerk der Diözese Mainz, Inge Rupprecht, gute Chancen für eine gelingende Ehe. Aus ihrer langjährigen Erfahrung in der Arbeit mit Ehepaaren aller Altersstufen weiß sie, daß es zwei kritische Phasen in einem bundesdeutschen "Durchschnittseheleben" gibt. Eine übergroße Zahl der Scheidungen ereignet sich zwischen dem dritten und fünften Jahr nach der Eheschließung. "Die ersten großen Gefühle sind dahin. Die Ehepartner kommen häufig mit den Konflikten und unterschiedlichen Interessen im Ehealltag nicht zurecht. Aus scheinbar nichtigen Anlässen heraus spitzt sich die Situation in der Ehe dann so zu, daß einer der beiden Partner einen Schlußstrich zieht." Einen zweiten Spitzenwert von Ehescheidungen gibt es nach ihren Erfahungen nach einer Ehedauer von knapp zwanzig Jahren, dann nämlich, wenn die Kinder groß sind und sich langsam auf eigene Füße stellen.
Für Inge Rupprecht, die Leiterin der diözesanen Arbeitsgruppe war, stellt daher das Erkennen und Lösen von Konfikten einen ganz wichtigen Bestandteil der Ehevorbereitungsseminare dar. "Wir haben natürlich kein Patentrezept für eine gelingende Ehe, wollen aber zum Beispiel zeigen, daß Konflikte ganz normal sind, wenn sie nicht destruktiv ausgetragen werden", betont Rupprecht. "Zwei Menschen treten sich als Partner gegenüber. Jeder hat seine eigene Biographie. Sie beginnen ein gemeinsames Leben auszuhandeln. Dies verlangt ein hohes Maß an Ich-Stärke, Selbstsicherheit und Abgrenzungsvermögen", erläutert die Diözesanfamilienreferentin. Zugleich würden aber genau entgegengesetzte Werte wie Toleranz, Verzicht und Einfühlungsvermögen verlangt. Ein zentrales Anliegen ist es für sie daher, daß die Partner zuallererst die Ursachen von Konflikten erkennen. "Wenn beispielsweise die Partner aus zwei sehr unterschiedlich geprägten Elternhäusern kommen, ist es völlig klar, daß es immer wieder zu Auseinandersetzungen kommt", erläutert die Diözesanreferentin für Ehe- und Familienbildung. "Hat die Frau gelernt, ihren Ärger zu verschlucken, und der Mann, ihn zu zeigen, kommt es immer wieder zu unnötigen Reibereien." Ohne daß es die Absicht eines der beiden Ehepartner sei, werde somit ein Entfremdungsprozeß eingeleitet. Ein anderes Thema, das nach ihren Erfahrungen in vielen Ehen Konfliktstoff bieten kann, ist die richtige Ausbalancierung zwischen Nähe und Distanz in der Partnerschaft. Für Inge Rupprecht ist es daher enttäuschend, daß sich gerade in den letzten Jahren immer weniger Paare für den Besuch eines solchen Ehevorbereitungsseminars entscheiden. Viele angehenden Ehepaare hätten offensichtlich große Angst davor, nur mit kirchlichen Normen konfrontiert zu werden. Daher liegt ihr sehr am Herzen, daß das Ehevorbereitungsseminar nicht nur eine "Glaubensunterweisung in Sachen christlicher Eheführung" ist. "Natürlich werden bei uns die Themen Glauben und Moral thematisiert.. Wir respektieren aber auch zum Beispiel junges Paar, sich nicht oder noch nicht für eine kirchliche Eheschließung entscheiden will, betont die Diözesanreferentin.
Andererseits sehe es oft auf den ersten Blick so aus, als ob zahlreiche Paare die kirchliche Eheschließung weniger als ein Sakrament-, sondern mehr als festliches Ritual ohne tieferen Hintergrund betrachteten. "Kommen die Leute aber in ein Ehevorbereitungssewinar, stellt man vielfach fest, daß die verschütteten religiösen Aspekte irgendwann doch zur Sprache kommen." Die Teilnahme an einem Seminar ist vor einer kirchlichen Trauung im Bistum Mainz nicht zwingend vorgeschrieben.
Die Ehevorbereitungsseminare werden im Bistum Mainz auf Geineinde-, Pfarrverbands- und Dekanatsebene angeboten. Bewußt wurde dabei auf eine Vielfalt der jeweiligen Interessenlagen der Paare geachtet. So gibt. es etwa ein Modell der Katholischen Hochschulgemeinde Mainz (KHG) St- Albertus, bei dem die Paare sich über einen langen Zeitraum (ein Jahr) monatllich treffen, um ihre Wünsche und Ideale mit der Alltagswirklichkeit zu konfrontieren und sich dabei gegenseitig kritisch zu unterstützen. In mehreren Gemeinden und Pfarrverbänden gibt es Angebote von vier bis acht Abenden im Wochenrhythmus, an denen Themen wie Partnerschaft und Rollenverteilung, Kommunikation und Konflikt, Sexualität, Glaube und Ehe als Sakrament Gesprächsinhalte sind. Die Paare haben die Möglichkeit durch eigene Fragestellungen die 'Themenauswahl mitzugestalten. Ausgebildete Seminarleiter/-innen begleiten sie dabei. Auf Dekanatsebene werden meist kürzere Seminare angeboten, die im Wechsel von Gruppen- und Paargesprächen und Impulsreferaten den Themenbereich "Partnerschaft" (u.a. Herkunftsfami1ie, faires Streiten, G1auben und Sexualität) ansprechen.
Als zusätzliches Angebot des Bildungswerkes gibt es für Brautleute, die die Gestaltung ihres Traugottesdienstes selbst in die Hand nehmen möchten, eine sog. "Werkstatt Traugottesdienst". Da der Traugottesdienst eines der tiefsten Erlebnisse für einen Menschen ist, sollen die Paare Gelegenheit haben, ihren Gottesdienst selbst zu gestalten. Dabei werden eine Fülle von Anregungen, Hilfen und Materialien geboten.
Ideal ist es für Inge Rupprecht, wenn sich ausgehend von den Ehevorbereitungskursen, Kreise bilden, in denen die jungen Ehepaare die Möglichkeit zum Austausch erhalten und ihnen bei Bedarf erfahrene Berater zur Seite stehen. Kritisch wird es für eine Paarbeziehung häufig auch dann, wenn das erste Kind zur Welt kommt. In der vergrößerten Familie stehen sich nun auf einmal ganz neue Probleme ein, wie etwa die Frage, wie sich die Elternrolle auf die Partnerschaft auswirkt. Ein großes Problem ist nach Angaben von Inge Rupprecht auch immer wieder die Frage, wie es zu einer guten Balance zwischen Kontakt und Abgrenzung zu Eltern bzw. Schwiegereltern kommen kann. Außerdem bietet das Bildungswerk auch ein Seminar für Paare an, die ihre Silberhochzeit gerade feiern oder in Kürze feiern werden und eine Verlebendigung und Vertiefung ihrer Beziehung anstreben. Ein in den letzten Jahren zunehmendes Problem sind die Paare, bei denen ein Partner oder beide schon eine gescheiterte Ehe hinter sich haben. Wichtig ist, daß diese Menschen sich nicht aus der Kirche ausgeschlossen fühlen, sondern ihren selbstverständlichen Platz finden. In diesem Seminar kommen viele Verletzungen zur Sprache – vom Partner, von der Umgebung, auch von der Kirche. Aber auch eigenes Fehlverhalten und Mißlingen wird nicht verschwiegen. Sehr oft geht es auch darum, die erste Partnerschaft in ihrem Scheitern genauer anzuschauen, um nicht alte Muster in der neuen Partnerschaft zu wiederholen.
Mainz. Verunsicherungen und "erstaunliche Erschütterungen" im Glaubensbewußtsein vieler Kirchenmitglieder haben nach den Beobachtungen des Bischofs von Mainz und Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Dr. Karl Lehmann, so zugenommen, daß ihm Maßnahmen der Vertiefung grundlegender Glaubenserfahrungen und des Glaubenswissens dringend erforderlich erscheinen. Vor der Mainzer Diözesanversammlung, die nach den Neuwahlen der Diözesanen Räte am Samstag, 11. Mai ihre neue vierjährige Amtsperiode eröffnete, betonte Lehmann, diese dringliche Aufgabe müsse Schwerpunkt der Arbeit der kommenden Jahre sein.
Die Defizite im Glaubenswissen und in der Glaubenserfahrung zeigten deutlich, erklärte der Bischof, daß die Probleme einer Weitergabe des Glaubens sehr grundlegend mit einem kulturellen Wandel, einem vielfachen Traditionsabbruch und dem Übergang zu einer anders geprägten Epoche verbunden seien. "Wer heute im Sog vieler Tendenzen und Trends, die oft dem Glauben nicht freundlich gesonnen sind, unverkrampft und intellektuell aufrichtig ein Glaubender sein will, muß sich mit neuen Verstehensmöglichkeiten des Glaubens vertraut machen und sich auseinandersetzen", forderte er. Dazu verwies Lehmann auf "manchmal unseriöse Enthüllungen" aus der Kirchengeschichte, Erkenntnisse der biblischen Exegese oder anderer theologischer Disziplinen und stellte fest: "Wenn die Magazine an Weihnachten und Ostern ihre Pfeile abschießen, sind viele Christen verunsichert, weil sie nicht mit den wirklichen Erkenntnissen vertraut worden sind." Die diözesanen Räte, räumte er ein, könnten diesen Mißstand nicht beheben. Aber man könne exemplarisch und an einigen überzeugenden Beispielen aufzeigen, wie man heute den Glauben verstehen muß, ohne die überkommenen Uberzeugungen preisgeben zu müssen.
Nachdrücklich betonte der Bischof, so wichtig die Reform der kirchlichen Strukturen und Institutionen auch sei, dürfe darüber die Bedeutung des einzelnen und seiner Lebenskreise nicht vernachlässigt werden. Er verwies auf das gemeinsame Priestertum aller Glaubenden, auf ihre Berufung und Sendung und mahnte: "Die Kirche braucht gerade heute lebensnotwendig den lebendigen Zeugen des Glaubens vor Ort. "Das Lebens- und Wortzeugnis der Christen in Ehe und Familie, in der Welt der Arbeit und in den Freundeskreisen, in den Vereinen und in vielen Bereichen der Öffentlichkeit lasse sich durch nichts ersetzen. Die Kirche erscheine sonst wie eine der üblichen Großorganisationen mit ihren typischen Gesetzen der Bürokratie und des Leerlaufs, des Schreis nach immer mehr Profis und einer wachsenden Zahl von Gesetzen und Verordnungen.
An dieser Stelle müsse das Steuer kräftig herumgeworfen werden, forderte Lehmann, allerdings nicht, um in einer blinden Illusion auf Strukturen und Dienste zu verzichten, sondern um zuerst einmal mehr Ausstrahlungskraft und Ansteckung des Glaubens zu erzeugen. Deshalb gehöre die Ertüchtigung zu Widerstandskraft und Selbständigkeit zu den vordringlichsten Aufgaben. Darin liege auch eine Chance für die Weltverantwortung des Christen und der Kirche, fügte er hinzu. Sie liege in sehr vieler Hinsicht im argen. "Wir tun uns immer noch entsetzlich schwer, wenn es um unseren Beitrag z. B. zur Friedensethik, zum Umweltbewußtsein, zur wirtschaftlichen und sozialen Lage usw. geht", mahnte er. Es sei dem Christen nicht erlaubt, diese wichtigen Themen Minderheiten zu überlassen.
In seiner Grundsatzrede "Gegen alle Hoffnung voll Hoffnung. Das Bistum Mainz auf dem Weg zum Jahr 2000" ging Bischof Lehmann auch auf eine "Fülle sehr wichtiger Gedenktage und Feiern auf dem Weg zum Beginn des dritten Jahrtausends" ein und nannte vor allem den bevorstehenden Papstbesuch in Deutschland, die Vorbereitung der Zweiten Europäischen Ökumenischen Versammlung 1997 in Graz, den Eucharistischen Weltkongreß 1997 in Breslau und den Jubiläumskatholikenta 1998 in Mainz.
Bei den Wahlen am Samstag vormittag wurde die bisherige Stellvertretende Vorsitzende der Diözesanversammlung, Hannelore Hage, Budenheim, zum zweiten Mal für weitere vier Jahre wiedergewählt. Dafür war die Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Hage dankte für das Vertrauen, das ihr entgegengebracht wurde und erklärte, sie habe schon eine ehrenamtliche Tätigkeit in der Kirche ausgeübt, als es noch keine Pfarrgemeinderäte gab. Sie war Mitglied im Pfarrgemeinderat ihrer Heimatpfarrei, gehörte seit 1980 zum Katholikenrat und wurde 1988 erstmals Stellvertretende Vorsitzende der Diözesanversammlung. Abgesehen davon, daß sie als Lehrerin im Ruhestand viel Zeit habe, gebe es vor allem zwei Gründe, die sie zu einer erneuten Kandidatur bewogen hätte: Der Beratungsprozeß "Damit Gemeinde lebt" sei noch nicht zu Ende. Die jetzt verabschiedeten "Leitlinien" dazu müßten noch umgesetzt werden. Dazu wolle sie ihren Teil beitragen, vor allem im Bereich "Ehrenamtliche", und nicht vorher weggehen. Ebenso sei sie bereits in den Vorbereitungen des Katholikentags 1998 in Mainz eingebunden.
Frau Hage, die auch dem Vorstand des Katholikenrates angehört, wurde zusammen mit dem Vorsitzenden des Katholikenrates, Manfred Römermann, Mainz, und Amtsgerichtsdirektor Adolf Tausch, Schwalmtal, von der Diözesanversammlung als Delegierte in das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gewählt. Aus zwölf Kandidatinnen und Kandidaten wählte das höchste Beratungsgremium der Diözese unter Vorsitz von Bischof Lehmann auch sieben Frauen und Männer als Einzelpersönlichkeiten hinzu: den Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Heinhard Steiger, Linden, Professor für Europarecht an der Gießener Universität, die Erzieherin Marlene Humm, Mainz-Kastel, die der Pfadfinderinnenschaft St. Georg angehört, die Rektorin der Katholischen Fachhochschule Mainz, Prof. Dr. Hanneliese Steichele, den Religionslehrer Dipl. Theol. Thomas Lelle, Sörgenloch, Regierungsschuldirektor Friedrich Ruckel, Mainz, die Gemeindereferentin Beate Glania, Mainz, und die Diplom-Pädagogin und Familientherapeutin Brigitte Wulf, Mainz. Zugleich konstituierte die Vollversammlung insgesamt 15 Sachausschüsse, in denen die Hauptarbeit der Diözesanversammlung geleistet wird. Etwa die Hälfte der Mitglieder gehören dem Gremium erstmals an.
Am Freitag abend verabschiedete Bischof Lehmann die ausscheidenden Mitglieder mit herzlichem Dank. Zuvor überreichte er die erstmals verliehenen Preise des Bistums für "Frieden und Gerechtigkeit". Den ersten Preis erhielten das Mainzer Frauenbündnis gegen Kriegsverbrechen an Frauen mit ihrer Arbeitsgruppe "Psychosoziale Hilfe für Flüchtlinge" und der Darmstädter Verein "Hand in Hand", der Hilfe zur Selbsthilfe in Indien leistet. Weitere Preise erhielten Asylgruppen aus Heppenheim, Lampertheim, Viernheim und Offenbach, die Tschernobyl-Hilfe aus Schaafheim bei Dieburg und die KJG St. Michael-Viernheim.
Mainz. Der erstmals verliehene "Preis für Gerechtigkeit und Frieden" (1995) wurde zu Beginn der diesjährigen Diözesanversammlung am Freitag abend, 10. Mai, im "Erbacher Hof" in Mainz durch Bischof Dr. Karl Lehmann überreicht. Lehmann dankte den insgesamt acht Preisträgern (sieben Gruppen und einer Einzelpersönlichkeit) für ihr Engagement. Der Leiter des Seelsorgeamtes, Domkapitular Heinz Heckwolf, würdigte die konkrete Friedensarbeit vor Ort. Durch die Preisverleihung solle der Gedanke des "Konziliaren Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung" bewußt gemacht werden. Der Friedenspreis wird im Wechsel mit dem 1992 erstmals verliehenen Umweltpreis des Bistums vergeben.
Den ersten Preis teilen sich die Gruppe "Hand in Hand" aus Darmstadt und das "Mainzer Frauenbündnis gegen Kriegsverbrechen an Frauen". Die Preisträger erhalten jeweils DM 1000,-. "Hand in Hand" initiiert verschiedene Projekte in Indien, die den dort Lebenden Hilfe zur Selbsthilfe in den Bereichen Familie, Gesundheit, Bildung, Beruf und schlicht zum Überleben geben sollen. Elmar Jung, Pfarrer an der Edith-Stein-Schule in Darmstadt, gründete den Verein 1992, nachdem er mehrere Reisen auf den indischen Subkontinent unternommen und sich ein Bild von der Lage vieler Menschen dort gemacht hatte. "Wir wollen durch eine eindeutige option für die Armen, unabhängig von Rasse oder Religion dazu beitragen, die Güter dieser Erde gerechter unter allen Menschen zu teilen", erklärte Jung vor den rund 400 Teilnehmern der Diözesanversammlung.
Das besondere Interesse des "Mainzer Frauenbündnisses" gilt den vielen Flüchtlingsfrauen und deren Angehörigen in Deutschland. Berichte über Greueltaten an Frauen hatten die Familientherapeutinnen und Psychologinnen 1993 veranlaßt, in ihrer Freizeit diesen Frauen und den Familien psychosoziale Hilfe zur Bewältigung der erlittenen Traumata, aber auch des schwierigen Alltags in den deutschen Flüchtlingsunterkünften zu geben. Neben der fachlichen Betreuung bietet das "Frauenbündnis" auch Mal-, Näh- oder Kochkurse an. Auf Anfrage erklärte die Sprecherin des Bündnisses, Hildegard Rauschmayr, die Hilfs- oder Spendenbereitschaft sei in den letzten Jahren sehr dürftig geworden.
Mit dem zweiten Preis wurden zu gleichen Teilen die Arbeitsgruppe Asyl der Christuskirche in Heppenheim/Bergstraße, der Asylkreis an der Martin-Luther-Kirche Lampertheim und der Arbeitskreis Asyl der Gemeinde St.Aposteln in Viernheim ausgezeichnet. Ihre Aufgabe, Asylbewerberinnen und -bewerbern in ihrer Umgebung so gut es geht zu helfen, sehen sie als etwas an, "was selbstverständlich sein sollte". Jede der drei Gruppen erhält DM 500,-.
"Obwohl ich mein Preisgeld von DM 500,- erst noch erhalte, habe ich es schon für Verbandszeug ausgegeben", erklärte Herbert Schroth aus Schaafheim, ausgezeichnet mit dem dritten Preis. Seit vielen Jahren organisiert er Hilfstransporte für Opfer der Tschernobyl-Katastrophe vor zehn Jahren. In der ukrainischen Stadt Slavgorod versorgt er das Krankenhaus (320 Betten), vier Kindergärten und zwei Schulen mit Medikamenten, Nahrung und Kleidung.
Den vierten Platz, verbunden mit einem Sachpreis, belegte die Katholische Junge Gemeinde (KJG) St. Michael in Viernheim für ihre "Aktionswoche für eine gerechtere Welt". Einen großen Erfolg hatte dabei der 24-Stunden-Lauf: Spender erklärten sich bereit, für jeden gelaufenen Kilometer einen bestimmten Betrag zu spenden. Die fast 300 Läufer legten 3027 Kilometer zurück und hatten letztlich DM 18.000.- gesammelt, die für Hilfsprojekte in Burkina Faso und Sumatra/Indonesien gespendet wurden. Den fünften Preis erhielt der ökumenische Arbeitskreis "Asyl" in Offenbach.