Am 30. August wird sich Dr. Karl Lehmann, Bischof von Mainz und Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, im Zusammenhang der CEBIT-home in Hannover von 14.00 bis 15.00 Uhr in einer online-Schaltung nach Mainz Fragen stellen, die ihn von verschiedenen Orten aus via Internet erreichen. Außerdem ist es möglich, Fragen über e-mail zu stellen (e-mail Anschrift des Bischöflichen Ordinariats in Mainz, Öffentlichkeitsarbeit: info@Bistum-Mainz.de), die von Bischof Lehmann und anderen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen während der folgenden Tage beantwortet und in einer FAQ-Datei allen Interessenten zur Einsicht offengelegt werden. Zu Hintergründen und Erwartungen dieses online-Angebots äußert sich Bischof Lehmann folgendermaßen:
Nichtweiß: Am 30. August stellen Sie sich in einer online-Schaltung direkt den Fragen, die von Besuchern und Besucherinnen der Computermesse CEBIT-home in Hannover bzw. Netz-Teilnehmern von überall her an Sie formuliert werden. Was erwarten Sie sich von dieser neuartigen Form der Kommunikation?
Bischof Lehmann: Menschliche Kommunikation mit ihren verschiedenen Wegen ist für die Kirche bei der Vermittlung des Glaubens ein sehr hohes Gut und eine beständige Anforderung. Deshalb kann die Kirche kein Mittel auslassen, um Menschen - gerade wenn viele sich von ihr heute entfremdet haben - auf jedem denkbaren Weg zu erreichen. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß die modernen Medien, die zunächst einmal eine gewisse Distanz erlauben wie z.B. das Telefon, besondere Chancen neuer Kontakte bieten. Dies scheint mir auch bei einer online-Schaltung via Computer der Erprobung wert zu sein. Ich bin auf das Echo gespannt.
Nichtweiß: Wie ist Ihr eigenes Verhältnis zur neuen Computerwelt? Ein Buch mit sieben Siegeln?
Bischof Lehmann: Natürlich arbeiten in meiner näheren und weiteren Umgebung viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon längere Zeit mit PCs. Ich bin dankbar für die neuen Möglichkeiten, habe mich jedoch erst in jüngster Zeit persönlich mit den Anfangsgründen der Textverarbeitung auf dem am PC beschäftigt. Es waren, ehrlich gesagt, zum Teil ziemlich abenteuerliche erste Versuche, Tastatur, Maus und Menüs unter Kontrolle zu bekommen, einige Abstürze inklusive. Ich muß hier konsequent weiterarbeiten, um das mühsam Erlernte nicht gleich wieder zu vergessen.
Nichtweiß: Welche Möglichkeiten der Computer faszinieren Sie besonders?
Bischof Lehmann: Da ich selbst manche Manuskripte im ersten Entwurf auf der Schreibmaschine vorschreibe und die einzelnen redaktionellen Fassungen längerer Texte stärker bearbeite, kommen mir die unkomplizierten Gestaltungsmöglichkeiten des PCs sehr entgegen. Die Textverbearbeitung ist im Büro-Alltag und in der Wissenschaft durch die Bildschirmarbeit erheblich erleichtert. Aber auch andere Anwendungen sparen Zeit und Mühen, wenn ich zum Beispiel an die Möglichkeiten von Bibelprogrammen denke, bestimmte Stellen und Themen in Windeseile herauszusuchen und zusammenzustellen. In meiner Studienzeit habe ich viel wertvolle Zeit dafür aufbringen müssen. Ich denke aber auch andere nützliche und praktische Anwendungen, wie e-mail elektronische Post, Fahrpläne und Zeitungsarchive auf CD-ROM.
Nichtweiß: Sind Sie in dieser Aufmerksamkeit für die Möglichkeiten der Compter ein Einzelgänger unter den Bischöfen und den Verantwortlichen der Kirche, oder sind hier auch andere aufgeschlossen?
Bischof Lehmann: Einige Kollegen im Bischofsamt und in anderen Aufgaben haben sich in viele Finessen der PC-Anwendungen schon länger eingearbeitet, übrigens meistens in den Ferien, wie ich jetzt auch. Ich bin also im Vergleich mit diesen eher ein Nachzügler. Freilich nutzen wir in unseren Behörden im Bereich der Personalverwaltung und der statistischen Datenerfassung, aber z.B. auch in der Verwaltung und Steuerung unserer Krankenhäuser schon längst professionell die Möglichkeiten der EDV. Ich denke aber auch an die reichen und kreativen Gestaltungsmöglichkeiten bei den vielen kirchlichen Publikationen.
Nichtweiß: Im Internet werden mittlerweile nicht nur Informationen über das kirchliche Leben angeboten, sondern auch seelsorgliche Beratung bis hin zu Versuchen einer Art von Beichtgesprächen. Sehen Sie hier in Zukunft Alternativen und neue Chancen zu bisherigen Formen des Umgangs im kirchlichen Leben?
Bischof Lehmann: Hier bin ich etwas skeptischer. Der PC kann uns nicht die unmittelbare seelsorgliche Begegnung abnehmen. Er kann sie gewiß vorbereiten und einleiten, Informationen vermitteln und Mißverständnisse ausräumen. Darum ist es auch ein Gebot der Stunde, daß die Diözesen und viele kirchliche Einrichtungen im Internet erreichbar sind. Aber dies ist eigentlich erst Arbeit im Vorfeld für den unersetzlichen vertieften Kontakt von Mensch zu Mensch. Die Kirche muß bei den gesteigerten Kommunikationsmöglichkeiten sogar Sorge dafür tragen, daß die Menschen sich nicht mehr und mehr in eine anonyme Scheinwelt flüchten und am Ende dann doch mit sich selbst allein bleiben. Irgendwo muß der virtuelle Zauberkreis sich wieder für die unmittelbar gelebte und erfahrene Menschenwelt und die Schöpfung öffnen. Der biblische Glaube ist durch seinen Realismus und die Ausrichtung auf das Gelingen personaler Beziehungen Mahnung und Korrektur zugleich für solche Fluchtversuche. Ich will aber wegen solcher Gefahren die positiven Möglichkeiten einer ungeheuer schnellen und weltweiten Kommunikation durch die Vernetzung von Computern nicht außer acht lassen. Diese neuen Entwicklungen darf die Kirche nicht verschlafen.
Die Fragen stellte Dr. Barbara Nichtweiß, Öffentlichkeitsarbeit Bistum Mainz.