Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 2

16. Januar 2003

Datum:
Do. 16. Jan. 2003
Von:
MBN

Bischöfliche Pressestelle Mainz, Leiter: Jürgen Strickstrock, Bischofsplatz 2, 55116 Mainz 
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Berichte 

  • Lehmann: Finanznot braucht schöpferische Ideen 
  • Telefonseelsorge sucht ehrenamtliche Mitarbeiter/innen 
  • Das Rezept der Bergpredigt für den Frieden 
  • Christophorus-Hospiz zog positive Bilanz nach einem Jahr 
  • Mainzer Prominente äußern sich zur Bibel 
  • „Bibelbilder – Menschenbilder" – ein Kunstwettbewerb für Behinderte 
  • Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in Vietnam 
  • „Wir brauchen eine neue Kultur der Gerechtigkeit und Liebe"

Personalien 

  • Gemeindekatechetin Maria Cabral da Costa in den Ruhestand verabschiedet

Vorschau 

  • „Die Lange Nacht der Bibel" im Mainzer Dom (25./26. Januar)

Dokumentation

  • Wort der deutschen Bischöfe zum Ökumenischen Kirchentag in Berlin, 28. Mai – 1. Juni 2003
Berichte 

Lehmann: Finanznot braucht schöpferische Ideen 

Der Kardinal würdigte beim Neujahrsempfang das Engagement der kirchlichen Mitarbeiter 

Mainz. „Wir leben in einer Zeit, in der wir vieles beklagen, auch nachdenklich werden, weil uns die Not von Einsparungen begleitet. Das tut weh", erklärte der Bischof von Mainz, Kardinal Karl Lehmann, bei seinem traditionellen Neujahrsempfang am Samstag, 11. Januar, im Erbacher Hof in Mainz. Aber Not mache erfinderisch. Deshalb hoffe er, dass viele in Kirche und Gesellschaft sich nicht entmutigen ließen, sondern schöpferisch nach Lösungen für die anstehenden Probleme suchten. Für ihn sei es eine Freude gewesen, mitzuerleben, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Erfahrung und ihre schöpferischen Ideen in den Prozess zur Sicherung der pastoralen, karitativen und wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit des Bistums Mainz im vergangenen Jahr eingebracht haben.

Der Bischof dankte den mehr als 200 haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aus allen Teilen des Bistums zum Neujahrsempfang gekommen waren, für ihr Engagement und bestärkte sie darin, sich nicht entmutigen zu lassen. Zwar sei es heute, zum Beispiel im Blick auf die im Herbst 2003 bevorstehenden Pfarrgemeinderatswahlen, schwieriger als in früheren Jahren, Ehrenamtliche zu gewinnen. Aber er habe Tausenden zu danken, die sich immer wieder zur Mitarbeit zur Verfügung stellten. Es vergehe kaum ein Tag, an dem er nicht aus der Vielfalt von Begabungen und Charismen Neues über vorbildliche Aktivitäten im Bistum erfahre, bekannte der Kardinal.

Zu würdigen sei die Treue im Alltag ebenso wie das Engagement bei besonderen Ereignissen. Dazu verwies er beispielhaft auf das inständige Gebet um Frieden, das zum kirchlichen Alltag gehöre. In der aktuellen Situation werde sichtbar, „was das bedeutet". Da lebe die Kirche und erneuere sich immer wieder in ihren Gottesdiensten. Zu dieser Treue im Alltag gehöre auch Demut, unterstrich Lehmann und meinte: „Da wird nicht jeden Tag das Mainzer Rad neu erfunden."

An außerordentlichen Ereignissen im vergangenen Jahr nannte der Kardinal an erster Stelle den Diözesankatholikentag im Mai 2002 mit der Ausstellung über den Zerfall des Erzbistums Mainz und die Neugründung des Bistums vor 200 Jahren sowie die Gedenkfeier anlässlich des 125. Todestages von Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler. Wie das bevorstehende Bonifatius-Jubiläum im Jahr 2004 seien dies „wichtige Sterne am Himmel der Kirche". Im Blick auf bevorstehende Ereignisse dieses Jahres stellte Lehmann neben den Pfarrgemeinderatswahlen und dem Ökumenischen Kirchentag in Berlin die bundesweite Eröffnung der Misereor-Aktion in Mainz am 9. März heraus, wie auch ein Treffen von Theologiestudierenden, die Priester werden wollen, im Mai 2003 ebenfalls in Mainz. Dazu würden mehr als 600 junge Männer aus ganz Deutschland erwartet, die Zeugnis von ihrer Berufung geben wollten.

Der Geschäftsführende Vorsitzende der Diözesanversammlung im Bistum Mainz, Wilhelm Schulze, Bensheim, erklärte, zu den wichtigsten Aufgaben dieses Jahres gehörten die Sorge um kirchliche Berufe und die Verbesserung der pastoralen Zusammenarbeit auf der Ebene der Pfarrverbände. Der Prozess zur Sicherung der Handlungsfähigkeit des Bistums erfordere viel Kraft, um Ideen und Konzepte zu entwickeln. Diese müssten auf ihre Alltagstauglichkeit überprüft und umgesetzt werden. Zu den bevorstehenden Pfarrgemeinderatswahlen sagte Schulze, es gebe in einigen Gemeinden Schwierigkeiten, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zu finden, die sich für diese Aufgabe zur Verfügung stellten. Die Katastrophen der letzten Zeit hätten jedoch gezeigt, dass Solidarität, Gemeinsinn und Hilfsbereitschaft den Deutschen nicht verloren gegangen seien. Offensichtlich machten sich aber die demografischen Veränderungen mit dem Anstieg der älteren Bevölkerungsschichten, die Berufstätigkeit der Frauen und vielleicht auch Reibungsverluste in der Gremienarbeit nachteilig bemerkbar.

Der Dezernent für die Pastoralen Räte, Generalvikar Prälat Dr. Werner Guballa, betonte in seiner Begrüßungsansprache, der Kirchenvater Ignatius von Antiochien habe in einem Brief an die Gemeinde von Ephesus diese mit einem großen Chor verglichen. Auch heute gelte es, „Gottes Melodie" des Glaubens im Sprechen und Handeln erklingen zu lassen. Im Rückblick auf das vergangene Jahr hob er hervor, dass das „Netzwerk Leben" einen „besonders guten Klang" habe. Ebenso würdigte er beispielhaft die „Aktion Moses" für junge Mütter und ihre Kinder in Mainz und Gießen und die Arbeit im „Haus des Lebens" in Viernheim, wo zehn Kinder zur Welt gebracht werden konnten.

Nachdrücklich und sehr herzlich dankten Kardinal Lehmann und sein Generalvikar den Sternsingern aus Darmstadt-Liebfrauen, die ihren Segenswunsch beim Neujahrsempfang in Liedern zum Ausdruck brachten. Ebenso dankten sie dem Kammerchor der Marienschule Offenbach (Leitung Brigitte Rüdin) und einer Bläserklasse der Schule (Leitung Astrid Schönborn), die den Neujahrsempfang musikalisch umrahmten. Sie machten deutlich, wie wichtig die kirchlichen Schulen im Bistum seien und was für eine hervorragende Arbeit sie zum Beispiel auch im musischen Bereich leisteten.

Sk (MBN)

 

Telefonseelsorge sucht ehrenamtliche Mitarbeiter/innen 

Interessenten der Ausbildung sind zum Kennenlerntag am 22. Februar eingeladen 

Mainz/Wiesbaden. Die ökumenische Telefonseelsorge Mainz-Wiesbaden sucht noch Frauen und Männer zur ehrenamtlichen Mitarbeit. Bewerbungsschluss für die Ausbildung in der Telefonseelsorge ist der 31. Januar 2003. Bis dahin können sich Frauen und Männer melden, die Interesse haben, bei der Telefonseelsorge ehrenamtlich mitzuarbeiten und zuvor an der einjährigen Ausbildung teilzunehmen. Wie Diplom-Pädagoge Joachim Wenzel jetzt für das Leitungsteam der Hauptamtlichen mitgeteilt hat, haben sich bislang noch sehr wenige Männer gemeldet. Deshalb weist er ausdrücklich darauf hin, „dass sowohl Frauen als auch Männer zur Mitarbeit und in unserer Ausbildung gesucht werden". Nur durch das Engagement ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelinge es der Telefonseelsorge, Tag und Nacht für Gespräche zur Verfügung zu stehen.

Zurzeit arbeiten in der Telefonseelsorge Mainz-Wiesbaden etwa 70 Frauen und Männer ehrenamtlich mit. In Deutschland arbeiten insgesamt mehr als 7000 Frauen und Männer in den 106 anerkannten Telefonseelsorgestellen mit. Sie alle haben zuvor verpflichtend an einer einjährigen Ausbildung teilgenommen. Hauptinhalte dieser Ausbildung sind vor allem Selbsterfahrung und Gesprächsführung.

Vor dem bald beginnenden neuen einjährigen Ausbildungskurs, der an mehreren Abenden und zwei Wochenenden stattfinden wird, ist ein Kennenlern- und Auswahltag am Samstag, 22. Februar, in Mainz vorgesehen.

Wer Interesse an einer ehrenamtlichen Mitarbeit in der Telefonseelsorge Mainz-Wiesbaden hat, sollte sich an das Büro der Telefonseelsorge wenden: Telefon 06131 / 220511 oder im Internet weitere Informationen abrufen: http://www.telefonseelsorge-mz-wi.de/

Sk (MBN)

 

Das Rezept der Bergpredigt für den Frieden 

Generalvikar Guballa hofft auf Friedensgebete angesichts des drohenden Krieges 

Worms. Angesichts eines drohenden Konfliktes im Irak hat Dr. Werner Guballa, Generalvikar des Bistums Mainz, vor einem Krieg gewarnt und für einen gerechten Frieden plädiert. Es sei notwendig, „den Frieden durch konkrete Schritte des Aufeinanderzugehens wieder zu erlernen", sagte er am Samstag, 11. Januar, in seiner Predigt beim zentralen Friedensgottesdienst des Bistums Mainz zum Weltfriedenstag im Wormser Dom.

Die Art der Friedenssicherung, auf eine Gewaltdrohung durch die Androhung von Gegengewalt zu reagieren, sei in der Krise, sagte Guballa. Jesus lehre, dass es „nicht reicht, Konflikte nur einzudämmen". Anstatt ohnmächtig den drohenden Krieg zu erwarten, forderte er, „Mensch zu werden, damit das Leben eines jeden Menschen als Leben in einem gerechten Frieden gelingen kann". Der Weltfriedenstag wird in der katholischen Kirche am 1. Januar begangen. Das Leitwort des Tages lautete: „Pacem in terris: Eine bleibende Aufgabe".

Eine Welt ohne das Leitbild eines gerechten Friedens habe keine Zukunft, sagte Guballa. Ein gerechter Friede, wie ihn das Zweite Vatikanische Konzil vor 40 Jahren gezeichnet habe, achte darauf, dass allen Menschen Nahrung, Kleidung und eine Wohnung zur Verfügung stehen. Auch das Recht auf Arbeit, die Einhaltung der Menschenrechte und die Freiheit in religiösen Fragen gehörten dazu, erklärte er. Ein wirklicher Friede brauche die Gerechtigkeit. Wörtlich sagte der Generalvikar: „Die Menschen in der Welt haben ein Recht darauf, dass wir ihnen im Namen Christi Frieden bringen."

Guballa erinnerte daran, dass Papst Johannes XXIII. während der Kuba-Krise 1962 durch seine Friedensbotschaft die Sprachlosigkeit der Supermächte überwunden habe. Der Papst habe damals Kennedy und Chruschtschow „angefleht, den Schrei der Menschen nach Frieden zu hören und alles dafür zu tun". Zwar ließen sich Ereignisse der Weltgeschichte nicht einfach miteinander vergleichen, doch auch heute müsse die Antwort lauten: „Um der Menschen willen darf es keinen Krieg geben", sagte Guballa. Konzelebranten des Gottessdienstes waren der Geistliche Beirat von Pax Christi im Biustum Mainz, Pfarrer Kurt Sohns, Offenbach-St. Paul, und Propst Engelbert Prieß, Worms-St. Peter.

Podiumsdiskussion zum Thema „Gerechter Friede - auch für den Irak?" 

Vor dem Friedensgottesdienst war der drohende Irak-Krieg Thema einer Podiumsdiskussion im Wormser Lioba-Haus mit Generalvikar Guballa und Clemens Ronnefeldt vom Internationalen Versöhnungsbund in Krastel/Hunsrück. Ronnefeldt warnte vor Fatalismus in der aktuellen Situation und forderte dazu auf, „heute noch Gebete und Initiativen für den Frieden zu starten". Es sei Pflicht jedes Christen, sich bis zuletzt für den Frieden einzusetzen. Er verwies darauf, dass auch Deutschland die Möglichkeit hätte, den USA die Überflugrechte zu verweigern. Ronnefeldt sagte, er sei froh, dass die Kirche in der Ablehnung des Krieges „sehr, sehr klar ist" und verwies auf verschiedene Äußerungen von Kardinal Karl Lehmann zu diesem Thema.

Ein Krieg im Irak würde die ohnehin schon schlechte Situation für die irakische Bevölkerung noch weiter verschärfen, warnte Ronnefeldt. Eine militärische Bedrohung für seine Nachbarstaaten stelle der Irak heute nicht mehr dar. „Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kann man davon ausgehen, dass der Irak nicht in der Lage ist, Atomwaffen herzustellen", sagte er. Die Begründung der USA, dass ein Krieg im Irak als Präventivkrieg verstanden werden müsse, sei nur vorgeschoben. Auch habe dem Irak bisher keine Verbindung zum Terrorismus nachgewiesen werden können. Vielmehr sei es bereits vor den Anschlägen des 11. September 2001 erklärtes Ziel der amerikanischen Regierung gewesen, die irakische Führung auszuwechseln. Vor allem wirtschaftliche Ziele stünden dabei im Vordergrund.

Ein wichtiger Grund für die Attraktivität des Irak seien die großen Erdölreserven, denn von den 73 Erdölfeldern des Landes seien erst 19 erkundet. Ronnefeldt verwies darauf, dass Präsident Bush und zahlreiche Mitglieder seiner Regierung früher in der Ölindustrie tätig gewesen seien. Trotz aller Kriegsrhetorik gäbe es auch in der aktuellen Situation noch Wege den Frieden zu bewahren. So könnte Saddam Hussein beispielsweise der Weg ins russische Exil eröffnet werden, erklärte Ronnefeldt.

Ökumenische Friedensgebete im Bistum Mainz 

Generalvikar Guballa sagte, dass er es begrüßen würde, wenn in der aktuellen Situation im Bistum wieder verstärkt Friedensgebete veranstaltet würden. Die Gebete könnten auf einer ökumenischen Basis das Anliegen eines gerechten Friedens wieder in das Bewusstsein der Menschen bringen. Er kritisierte die öffentlichen Äußerungen von George Bush und von Saddam Hussein: „Ich sehe in dieser Sprache eine Religiosität, die sich göttliche Attribute anmaßt". Auch Papst Johannes Paul II. habe den Mantel einer religiösen Sprache in der Politik kritisiert. Diese Sprache müsse deutlich von der Sprache der Kirche unterschieden werden.

Die Kirche habe die Aufgabe, alternative Wege zum drohenden Krieg aufzuzeigen. Sie müsse vertrauensbildend wirken. Er hoffe, dass es der Kirche gelingt, Menschen in den Krisengebieten zu erreichen. Denn wenn die Menschen in kleinen Schritten ein vertrauensvolles Miteinander erreichen, gäbe es keine Fremden mehr und auch keinen Grund für einen Krieg. Das sei das Rezept der Bergpredigt für den Frieden, sagte Guballa.

Zu der Podiumsdiskussion waren über 100 Teilnehmer in das Lioba-Haus gekommen. Geleitet wurde die Diskussion von Brigitte Trapp vom Südwestrundfunk (SWR). Die Veranstaltung war eine Kooperation der Pax Christi Bistumsstelle Mainz, der Pax Christi Basisgruppe Worms. der Wormser Dompfarrei St. Peter, und des Referates Gerechtigkeit und Frieden des Bischöflichen Ordinariates Mainz.

tob (MBN)

 

Christophorus-Hospiz zog positive Bilanz nach einem Jahr 

Kardinal Lehmann segnete Skulptur des hl Christophorus von Karlheinz Oswald 

Mainz. Genau ein Jahr nach Eröffnung des stationären Christophorus-Hospizes in Mainz-Drais hat der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, am Dienstag, 14. Januar, die Einrichtung besucht. Er führte Gespräche mit der Hausleitung, dem beratenden Arzt, Pflegekräften, Patienten, Angehörigen und ehrenamtlichen Mitarbeitern, um sich persönlich ein Bild vom Leben im Hospiz machen zu können. Im Rahmen des Besuchs segnete Lehmann eine vom Mainzer Bildhauer Karlheinz Oswald geschaffene Christophorus-Skulptur des Patrons des stationären Hospizes und der Mainzer Hospizgesellschaft Christophorus e. V., die seit mehr als zehn Jahren Schwerstkranke und Sterbende ambulant begleitet.

Christophorus, der zu den 14 Nothelfern gehöre, sei seit dem 5. Jahrhundert die Symbolgestalt eines Heiligen, der die Menschen in Not und Gefahren begleite und zu Christus führe. Der Künstler habe in der Gestik der ausgestreckten Hände Hingabe und Übergabe des Menschen an Gott sehr gut zum Ausdruck gebracht. Die Skulptur zeige einen Menschen, „der weiß, dass er nicht aus sich etwas ist, sondern bedürftige Kreatur".

In einer Pressekonferenz anlässlich des einjährigen Bestehens des stationären Christophorus-Hospizes, erklärte Kardinal Lehmann weiter, er sei froh und dankbar, dass es mit Hilfe zahlreicher Kräfte gelungen sei, dieses Haus einzurichten. In seinen Gesprächen mit Patienten und Angehörigen habe er gehört, wie dankbar diese für die Einrichtung seien. Der Bischof verwies auch auf das Beispiel eines Obdachlosen, der im Hospiz gestorben war. „Er fand hier am Ende seines Lebens ein Stück Heimat, die er ein Leben lang nicht hatte." Die Patienten erlebten hier menschliche Wärme und Zuwendung, die sie auch wieder zurückgäben, unterstrich Lehmann.

Der Leiter des Stationären Hospizes, Uwe Vilz, der beratende Arzt Dr. Martin Weber und die Pflegedienstleiterin Barbara Mutschler zogen nach einem Jahr eine positive Bilanz. Seit der Eröffnung am 14. Januar 2002 wurden im letzten Jahr 89 Gäste (Patienten) betreut. Bei weiteren 132 Anfragen war eine Aufnahme aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich oder nicht sinnvoll. Wie Dr. Weber darlegte, litten die meisten ans Krebserkrankungen im fortgeschrittenen Stadium. 25 kamen von zu Hause, 64 aus einem Krankenhaus. Die meisten von ihnen starben im Hospiz. Zehn Patienten konnten nach Stabilisierung ihrer Situation wieder in den häuslichen Bereich entlassen werden. Bernhard Franzreb, Geschäftsführer der Trägergesellschaft Caritas-Werk St. Marin, erklärte, die Zahl von acht Betten sei bewusst gewählt worden, um Überschaubarkeit und menschliche Nähe zu gewährleisten. Das Hospiz war im letzten Jahr durchschnittlich zu 76 Prozent ausgelastet.

Integraler Bestandteil des Hospiz-Teams sind die zurzeit 14 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die einen Empfangs- und Betreuungsdienst gewährleisten. Von ihnen wurde, wie die Koordinatorin der Ehrenamtlichen, Lieselotte Vaupel, berichtete, im letzten Jahr 1.656 Arbeitsstunden geleistet. In dieser Zeit nahmen sie rund 2.000 Telefonanrufe entgegen und empfingen mehr als 1.500 Besucher. Die elf Frauen und drei Männer gehören der Altersstufe zwischen 50 und 65 Jahren an. Die Geschäftsführerin der Hospizgesellschaft, Lieselotte Groh-mann, unterstrich die gute, auch vertraglich festgelegte Zusammenarbeit zwischen ambulantem und stationärem Hospizdienst. Eine Schwester prüfe bei jeder Anfrage, ob eine Aufnahme in das stationäre Hospiz sinnvoll sei. So seien 26 anfragende Familien von einer Schwester besucht worden. Von 160 ambulant betreuten Patienten seien 24 in das stationäre Hospiz vermittelt und dort auch durch einen ehrenamtlichen Betreuer weiter begleitet worden.

Franzreb legte dar, dass sich das stationäre Hospiz finanziell trägt. Die Kosten von 252 Euro pro Patient und Tag werden durch die Krankenkassen, Pflegeversicherungen und den Eigenanteil der Patienten getragen. Zehn Prozent müssen durch ehrenamtliche Leistungen und Spenden aufgebracht werden Von den Gesamtkosten in Höhe von 560.000 Euro im Jahr 2002 betrug der Anteil der Personalkosten 76 Prozent. Da die Investitionskosten überwiegend vom Bistum Mainz und vom Diözesan-Caritasverband getragen wurden, gebe es für das stationäre Hospiz keine zusätzlichen Kosten für Darlehenstilgung, betonte Franzreb.

Die Hospizgesellschaft gewährleiste den gesetzlich vorgeschriebenen Zehn-Prozent-Spendenanteil der Finanzierung. Dazu seien im vergangenen Jahr 41.000 Euro Spendengelder an den Träger überwiesen worden. Zur Sicherstellung der notwendigen Spendeneinnahmen hat die Hospizgesellschaft die Aktion „Patenschaften für das stationäre Hospiz" ins Leben gerufen. Daran beteiligen sich zur Zeit 407 Paten mit einem Jahresbeitrag von 90 Euro. Weitere Paten würden jedoch dringend benötigt.

Zum betreuenden Team des Christophorus-Hospizes gehören zwölf Pflegekräfte, unter ihnen mehrere Teilzeitkräfte, ein Zivildienstleistender, die evangelische Pfarrerin Bettina Marloth-Claß, der katholischen Seelsorger Pfarrer Johannes Chudzinski, eine Sozialarbeiterin, die Koordinatorin der Ehrenamtlichen, eine Musiktherapeutin, der beratende Hospizarzt, der durch die Deutsche Krebshilfe finanziert wird, und eine ehrenamtlich tätige Anästhesistin. Die Patienten werden in der Regel von ihren Hausärzten weiter betreut, wenn dies von der Entfernung her möglich ist sowie von einer Gruppe von Hausärzten, die sich in der Palliativ-Medizin (Schmerzbekämpfung) spezialisiert haben.

Kardinal Lehmann unterstrich im Schlusswort der Pressekonferenz, dass die Hospiz-Bewegung nach zögernden Anfängen in den 70-er Jahren des 20. Jahrhunderts sich als Bürgerbewegung in den 90-er Jahren etabliert habe. Er erinnerte daran, dass die Kirche es immer als eine ihrer zentralen Aufgaben betrachten habe, Menschen in Not- und Grenzsituation zu begleiten. So habe die Kirche im Mittelalter auch eine besondere Sterbekultur, die „Ars moriendi", entwickelt. Die kirchlichen Hospize hätten jahrhundertelang für Menschen in unterschiedlichen Notlagen zur Verfügung gestanden, für Kranke und Sterbende ebenso wie für Waisenkinder und Obdachlose. Erst im 18. Jahrhundert habe die heutige Spezialisierung im Gesundheitswesen ihren Anfang genommen.

Sk (MBN)

 

Mainzer Prominente äußern sich zur Bibel 

Christoph Böhr: „Die Bibel spielt eine entscheidende Rolle in der Politik" 

Mainz. „Das Menschenbild der Bibel ist der Schlüssel zur Lösung unserer Probleme", sagte Christoph Böhr, Landes- und Fraktionsvorsitzender der CDU Rheinland-Pfalz, am Dienstag, 14. Januar, am Bibelstand des Bistums Mainz bei Karstadt. Weiter sagte er: „Die Bibel spielt eine entscheidende Rolle in der Politik." Wie aktuell und bedeutsam das biblische Menschenbild für die Politik sei, zeige sich daran, dass sich in der Bioethik-Debatte Politiker aus allen Parteien aufgrund ihrer christlichen Überzeugung zu gemeinsamen Initiativen zusammenfänden. Das Bistum Mainz präsentiert die Heilige Schrift im ökumenischen Jahr der Bibel vom 13. bis 18. Januar im Mainzer Kaufhaus Karstadt.

Böhr beklagte, dass die Kirchen die Bibel viel zu wenig in den Mittelpunkt stellen würden: „Wir reden viel mehr über die Wahlmodalitäten des Pfarrgemeinderates als über unsere Gründungsurkunde", sagte er. Er stelle fest, dass die Bibel in den Familien kaum noch gelesen werde. Einer Entchristlichung der Gesellschaft könne jedoch nur mit der Verkündigung der frohen Botschaft entgegengewirkt werden. Was das Christentum biete sei „von unglaublichem Interesse und von unglaublicher Strahlkraft auch für die Menschen, die sich nicht als Christen bezeichnen", erklärte er. Während ihm als Kind besonders die Weihnachtsgeschichte gut gefallen habe, faszinierten ihn in der Bibel heute besonders die Auferstehungsgeschichte und das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, sagte Böhr.

Grünes Licht für weitere Veranstaltungen im Kaufhaus hat bereits am zweiten Veranstaltungstag Joachim Wollermann, Geschäftsführer der Mainzer Karstadt-Filiale, signalisiert. Für sein Haus sei eine solche Veranstaltung Neuland, „doch wenn es positiv ist, warum sollten wir so etwas nicht wiederholen? Das Angebot für eine weitere Zusammenarbeit steht", erklärte er gegenüber Rainer Stephan, Leiter des Referates Gemeindekatechese im Bischöflichen Ordinariat. Stephan war mit der Idee eines Bibelstandes auf Wollermann zugegangen. Karstadt hat dem Bistum Mainz im Erdgeschoss etwa 25 Quadratmeter Verkaufsfläche für den Bibelstand zur Verfügung gestellt.

Große Resonanz in den Gemeinden auf das Bibeljahr 

Als vollen Erfolg wertete Rainer Stephan die ersten beiden Tage des Bibelstandes. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten viele positive Rückmeldungen von den Besuchern am Stand bekommen. Das Bibeljahr habe im Bistum insgesamt eine große Resonanz hervorgerufen, berichtete Stephan. Obwohl das Bibeljahr gerade erst begonnen habe, wisse er bereits von etwa 180 verschiedenen Projekten aus den Pfarrgemeinden des Bistums Mainz. „Aus den Gemeinden können wir im Laufe des Jahres sicher noch mit vielen kreativen Projekten zum Bibeljahr rechnen", erwartet Stephan.

Moderiert wurden die Prominenten-Gespräche von Günther Gremp, Leiter der Abteilung Kirche und Medien im Bischöflichen Ordinariat. Als zweiten Gast konnte er Harald Strutz, Präsident des 1. FSV Mainz 05 begrüßen. Strutz bezeichnete sich selbst als „gläubigen Menschen". „Ich habe meine Erziehung darauf ausgerichtet, dass meine Kinder aus der Bibel vorgelesen bekommen. Ich halte das für eine Selbstverständlichkeit", sagte Strutz. Es sei „Aufgabe eines Vaters", den Kindern zu vermitteln, „dass es etwas gibt, auf das man immer zurückgreifen kann, sei es das Gebet oder die Bibel", erklärte er. Die Initiative des ökumenischen Bibeljahres begrüßte er ausdrücklich, „weil es unbedingt notwendig ist, mit solchen Akzenten das Bewusstsein junger Menschen zu schärfen".

„Als Buch mit den spannendsten und überraschendsten Geschichten, die es gibt", bezeichnete Georges Delnon, Intendant des Staatstheaters Mainz, die Bibel. „Ganz viele davon würde ich gerne inszenieren, besonders Hiob würde mich interessieren", sagte er. Im Theater müssten die biblischen Geschichten auf die heutige Zeit übertragen werden. „Ich denke, dass man diese Geschichten und die Wahrheiten in diesen Geschichten in heutigen Bildern umsetzen sollte, um sie verständlich zu machen", erklärte Delnon. Durch ihre große Bedeutung für die Festlegung der Sprache und ihre reiche Bildsprache sei die Bibel „eine Säule der abendländischen Kultur". Privat und auch bei der Arbeit „erwische ich mich immer häufiger beim Nachlesen in der Bibel", bekannte der Intendant.

Dr. Anton Maria Keim, ehemaliger Kulturdezernent der Stadt Mainz, nannte die Bibel „das erste Buch meines Lebens". Als Kind sei er mit den biblischen Geschichten im Kirchenjahr aufgewachsen. Aus dem Alten Testament habe er immer besonders das Buch Rut geschätzt. Seine Lieblingstexte seien das Hohelied und die Psalmen. Aus dem Neuen Testament habe die Bergpredigt ihn „immer als politisches Programm begleitet". Da er in seiner Jugend oft in einem Weinberg gearbeitet habe, hätten ihn die Weinberg-Gleichnisse Jesu sehr angesprochen, „weil das für mich eine nachvollziehbare Arbeitswelt war". Auch beim „größten Abenteuer meines Lebens" ging es um die Bibel, sagte Keim. Vor rund 25 Jahren war er maßgeblich daran beteiligt, dass eine Gutenberg-Bibel, die in New York zum Verkauf angeboten worden war, zurück nach Mainz kam. Der Kaufpreis lag damals bei 3,8 Millionen Mark.

Klaus Beck, Chefredakteur der Allgemeinen Zeitung, hatte sein persönliches Bibel-Exemplar in der Hosentasche mitgebracht. Er könne sich zwar keiner „permanenten Bibellektüre rühmen", aber es sei ihm wichtig, „sie immer in Reichweite zu haben". Er empfehle immer mal wieder für ein paar Minuten in der Bibel zu lesen und den Text auf sich wirken zu lassen. Interessant sei die Bibel auch für junge Leute. So wie eine Zeitung sich Jugendlichen nicht sprachlich anbiedern dürfe, um für diese lesenswert zu sein, müsse man sich auch der Stärken der Bibel bewusst sein. Junge Leute erwarteten eine ernsthafte Sprache, ob sie selbst untereinander eine andere Sprache benutzen, sei eine ganz andere Frage. Grundsätzlich sollten sich die Kirchen „um den Zauber sorgen, den die Menschen brauchen", sagte Beck. Er habe wenig Sinn dafür, wenn sich seine Kirche gegen Handy-Smog oder für gleichgeschlechtliche Partnerschaften engagiere. Aufgabe der Kirche sei „die Vermittlung von Inhalten und die Vermittlung von dem, was ich dort als Kind hatte: ein inneres Zuhause, das mir Halt und Lebenshilfe bot", erklärte Beck.

tob (MBN)

 

„Bibelbilder – Menschenbilder" – ein Kunstwettbewerb für Behinderte 

Kardinal Lehmann, Bischof Kamphaus und Kirchenpräsident Steinacker sind Schirmherren 

Mainz. Mit einem Kunstwettbewerb für Behinderte zum Bibeljahr soll „dem Trend entgegengewirkt werden, Menschen, die nicht perfekt sind an Leib, Seele und Geist, an den Rand zu drängen und ihnen die Würde abzusprechen". Das sagte Professor Peter Steinacker, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), am Freitag, 10. Januar, bei der Eröffnung der Aktion „Bibelbilder – Menschenbilder" vor Journalisten in der St. Johanniskirche in Mainz. Steinacker hat zusammen mit den Bischöfen von Limburg und Mainz, Dr. Franz Kamphaus und Kardinal Karl Lehmann die Schirmherrschaft für den Wettbewerb übernommen. Menschen mit einer Behinderung seien ebenso Bilder Gottes wie gesunde Menschen und dienten „genauso zum Lob des Schöpfers", betonte Steinacker. Er wies darauf hin, dass er bei diesem Wettbewerb zum ersten Mal gemeinsam mit Kardinal Lehmann und Bischof Kamphaus eine Schirmherrschaft übernommen habe. Das Jahr 2003 wird sowohl als das „Ökumenische Jahr der Bibel" als auch als das „Europäische Jahr für Menschen mit Behinderung" begangen.

Jede Bibelstelle kann von den Teilnehmern gemalt, gezeichnet oder auf andere Weise künstlerisch gestaltet werden. Die Beurteilung der Einsendungen erfolgt in drei Alterstufen: Kinder bis zwölf Jahre, Jugendliche bis 27 Jahre und Erwachsene ab 27 Jahren, erklärte Pfarrer Peter Diekmann, Referent für Seelsorge für Menschen mit Behinderung im evangelischen Dekanat Mainz. Zu gewinnen gibt es unter anderem zwei Wochen Urlaub in Südtirol mit einer Begleitperson, Wochenenden in einer der hessischen Jugendherbergen oder Familientage im Opel-Zoo in Kronberg oder im Taunus-Wunderland. Einsendeschluss für die Arbeiten ist der 15. April. Die maximale Größe für Einsendungen liegt beim Format DIN A3. Teilnehmen können alle Menschen mit Behinderung aus dem Bereich der EKHN und den Bistümern Limburg und Mainz.

Die Gewinner werden im Mai von einer fachkundigen Jury ermittelt, sagte Pfarrer Helmut Bellinger, Behinderten- und Blindenseelsorger im Bistum Mainz. Der Jury gehören an: die Wiesbadener Künstlerin Anne Esser, der Direktor des Mainzer Dom- und Diözesanmuseums und Dom- und Diözesankonservator Dr. Hans-Jürgen Kotzur und der Frankfurter Künstler Wolf Spemann. Von Anfang an sei klar gewesen, dass die Bewertung der Bilder nur von Fachleuten vorgenommen werden solle, sagte Bellinger.

Die Preisverleihung findet am 13. Juli nach einem Gottesdienst in der katholischen Gemeinde St. Bonifatius in Wiesbaden statt. Anschließend wird im Wiesbadener Roncalli-Haus eine Ausstellung mit einer Auswahl der eingesandten Bilder gezeigt, sagte Pfarrer Armin Gissel, Gießen, Sprecher des Konvents für Behindertenseelsorge in der EKHN. Danach werde die Ausstellung „auf Reisen" gehen. Die Bilder sollen für jeweils vier Wochen in den größeren Orten der Region ausgestellt werden. Dabei würde darauf geachtet, dass nicht in Kirchen ausgestellt werde, „sondern in einem in der jeweiligen Stadt üblichen Ausstellungsraum", sagte Gissel.

Hinweis: Alle Einsendungen sind an folgende Adresse zu richten: Behindertenseelsorge, Bistum Mainz, Alfred-Delp-Straße 64, 55122 Mainz. Weitere Informationen gibt es unter den Internetadressen http://www.bistumlimburg.de/ und www.kath.de/bistum/mainz/bhs oder unter Telefon 06431/295-298.

tob (MBN)

 

Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in Vietnam 

Bischöfe starten neue Initiative, um konkrete Notsituationen sichtbar zu machen 

Mainz. Die Deutsche Bischofskonferenz startet in wenigen Tagen eine neue Initiative zur „Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen". Wie der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, am Donnerstag, 09. Januar, vor der Presse in Mainz betonte, wollen die Bischöfe damit die Aufmerksamkeit von Kirchengemeinden und Öffentlichkeit stärker auf die Situation der Christen lenken, „deren Recht auf Religionsfreiheit eingeschränkt und missachtet wird". Zu Beginn dieser Initiative steht für das Jahr 2003 Vietnam im Mittelpunkt.

Vietnam sei bewusst an erster Stelle gewählt worden, weil die Freiheit der Kirche dort besonders stark eingeschränkt sei, betonte Lehmann und fügte hinzu, dass die schwierige Situation der Christen in dem kommunistischen Land im Fernen Osten in der deutschen Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werde. Der Kardinal stellte klar, dass die Initiative nicht in erster Linie unmittelbar aktionsorientiert sei. Es gehe der Bischofskonferenz nicht zuerst um Unterschriftenkampagnen, politische Interventionen oder konkrete Hilfsmaßnahmen zugunsten bedrohter Christen. All dies sei notwendig und werde auch realisiert. Viele Hilfswerke und die Deutsche Kommission Justitia et Pax (Gerechtigkeit und Frieden) leisteten hier einen wichtigen Dienst, ebenso säkulare Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder die Internationale Gesellschaft zur Förderung der Menschenrechte.

Die Bischöfe hofften, dass all diese Aktivitäten durch die Initiative einen „neuen Schub bekommen und intensiviert werden", unterstrich Lehmann. Das unmittelbare Ziel sei jedoch, Öffentlichkeit herzustellen und Bewusstsein und Wahrnehmung der Verfolgungssituationen zu verändern. Schließlich solle damit auch ein Impuls für das Glaubensleben in den Kirchengemeinden gegeben werden.

Es sei auch heute noch an vielen Orten gefährlich und mit einem hohen Preis verbunden, sich zum Christentum zu bekennen und als Christen zu leben, stellte Lehmann fest. Nach wie vor gebe es eine Reihe spätkommunistischer Staaten, in denen der christliche Glaube als Form eines falschen oder überholten Bewusstseins angesehen werde, Gläubige würden dort gesellschaftlich diskriminiert, oft in ihren bürgerlichen Rechten beschnitten, manchmal sogar offen verfolgt. Die Kirche, die sich dem totalitären Staats- und Gesellschaftsverständnis widersetze, werde in ihrer Freiheit so weit wie möglich eingeschränkt, beklagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und unterstrich: „Die Zeit systematischer Behinderung und Verfolgung der Kirche durch militant-atheistische Systeme ist noch keineswegs vorüber; man denke nur an die bedrückende Situation in China, Nordkorea und Vietnam."

Darüber hinaus verwies Lehmann auf die in den letzten Jahren noch angewachsene Bedrohung von Kirchen und Christen in islamisch geprägten Ländern. Hier mache sich ein erstarkender religiös motivierter Fundamentalismus bemerkbar. Im Sudan und im Iran drohe beispielsweise Muslimen, die zum Christentum konvertieren, gemäß den Strafgesetzbüchern, die auf der Scharia basierten,, die Todesstrafe. In Saudi-Arabien existiere überhaupt keine Religionsfreiheit. Bei einer Bestandsaufnahme dürften auch die Länder nicht übersehen werden, in denen das religiöse Bekenntnis zwar grundsätzlich geachtet, Christen jedoch, die sich für die Menschenrechte und für die Armen einsetzten, an Leib und Leben bedroht würden, wie in einigen lateinamerikanischen Ländern. An Kolumbien beispielsweise sei eine andere Tendenz ablesbar, fügte Lehmann hinzu, die Entstaatlichung von Gewalt.

Auch in der Türkei könne der Staat die verfolgte Minderheit aramäischer Christen nicht schützen. Auch dies müsse bei der Frage nach dem Beitritt der Türkei zur Europäischen Union geprüft werden, sei sozusagen eine „Probe aufs Exempel". In vielen Ländern gehe die Gefährdung der Christen von frei flottierenden, keiner staatlichen Einflussnahme ausgesetzten Gruppen aus. Die erst vor wenigen Wochen in Pakistan verübten Mordanschläge auf Besucher christlicher Kirchen seien dafür ein grausamer Beleg. Dies zeige auch, dass vor allem in den muslimisch geprägten Gesellschaften Christen als Angehörige einer als aggressiv und imperialistisch gedeuteten Welt verstanden würden. Der Hass gegen den Westen entlade sich manchmal in Gewalttaten gegen christliche Minderheiten. Man müsse deshalb befürchten, dass ein möglicher Krieg im Irak zu einer verschärften Gefährdung für Christen in muslimischen Staaten führen würde.

Als konkrete Schritte der neuen Initiative für Religionsfreiheit nannte Kardinal Lehmann ein für den zweiten Weihnachtstag, das Fest des hl. Stephanus, des ersten christlichen Märtyrers, formuliertes Fürbittgebet und Informationen zur Lage verfolgter und diskriminierter Christen. Die erste Informationsbroschüre, die der Presse in Mainz vorgestellt wurde, befasst sich mit der Situation in der Sozialistischen Republik Vietnam. Als weiterer Schritt werde – vierteljährlich wechselnd - eine Gebetsmeinung auf die Internet-Homepage der Deutschen Bischofskonferenz gestellt. Unter dem Stichwort „verfolgte Christen" werde das aktuelle Beispiel des vietnamesischen Pfarrers Tadeo Nguyen Van Ly vorgestellt, der zehn Jahre in Isolationshaft verbrachte, nach seiner Freilassung zahllosen Repressalien ausgesetzt war und im Mai 2001 erneut verhaftet wurde.

Die Situation der Katholiken in Vietnam, die sieben Prozent der Bevölkerung ausmachen, beleuchtete der Sprecher der Katholischen Vietnamesischen Gemeinden (Missionen) in Deutschland, Pfarrer Dr. A. Van Long Huynh, Karlsruhe, der - 1968 zum Priester geweiht – seit 1976 in Deutschland lebt. Er legte dar, dass die Verfassung der Sozialistischen Republik Vietnam zwar Glaubensfreiheit garantiere, aber Religionsfreiheit sei nicht gegeben, da der Staat alles kontrolliere. Zwar habe die direkte Verfolgung von Christen nachgelassen, aber Repressionen durch den Staat seien insbesondere bei der Ernennung von Bischöfen, der Priesterausbildung und im Verbot christlicher Krankenhäuser oder Schulen zu spüren.

Nachdrücklich dankte der Sprecher der rund 17.000 katholischen Vietnamesen in Deutschland Kardinal Lehmann, der Deutschen Bischofskonferenz und allen Katholiken für ihren Einsatz für die Kirche in Vietnam. Hermann-Josef Grossimlinghaus vom Sekretariat der Bischofskonferenz wies darauf hin, dass in Vietnam das Staatmonopol in manchen Nischen des sozial-karitativen Bereichs in den letzten Jahren gelockert worden sei, z. B. in der Hilfe für Lepra- oder Aids-kranke. So könnten die Caritas und Hilfswerke wie Missio oder Misereor in einem Netzwerk persönlicher Kontakte aktiv sein und Not leidenden Menschen helfen.

Sk (MBN)

 

„Wir brauchen eine neue Kultur der Gerechtigkeit und Liebe" 

Bischöfe rufen zur Beteiligung am Ökumenischen Kirchentag Berlin 2003 auf 

Mainz/Bonn. Die deutschen Bischöfe hoffen, dass durch den Ökumenischen Kirchentag in Berlin (28.5. bis 1.6.2003) die Einheit der Christen gefördert wird. In einem gemeinsamen Hirtenwort, das am Samstag/Sonntag, 18./19. Januar, in allen Gottesdiensten im Bistum Mainz verlesen wird (in anderen Diözesen bereits am vergangenen Sonntag verlesen wurde), erklären die Bischöfe: „Der Ökumenische Kirchentag bringt die Chance, dass durch unsere Herzen ein großer Ruck der Umkehr hin zum Evangelium, hin zu Jesus Christus gehen kann. Er will, dass alle eins sind, ‚damit die Welt glaubt‘ (Joh 17,21)." Deutschland brauche entschiedene und bekehrte Christen mindestens so dringlich wie Investoren, die die Wirtschaft ankurbeln. „Wir brauchen eine neue Kultur der Gerechtigkeit und Liebe, die dem Egoismus und der gesellschaftlichen Kälte Paroli bietet", bekräftigen sie, und fordern zur Beteiligung auf: „Wer sich dafür stark machen will, auch unter den Nichtchristen, sollte unser Partner sein. Berlin könnte dafür ein unüberhörbares Signal geben."

Der Ökumenische Kirchentag Berlin 2003 steht unter dem Leitwort: „Ihr sollt ein Segen sein." Wenn getrennte Kirchen „den Segen Gottes nicht nur wünschen sondern in Vollmacht zusprechen, komme die wichtigste Zielsetzung kirchlichen Handelns zum Tragen: die Menschen mit Gott und der Fülle seines Segens, den er uns in Jesus Christus geschenkt hat, in Berührung zu bringen". Alle sollten Segen erfahren und ein Segen werden. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die kostbare Gabe der Eucharistie. Im Vorfeld des Ökumenischen Kirchentages sei die Erwartung laut geworden, in Berlin die eucharistische Gastfreundschaft zu praktizieren, stellen die Bischöfe fest. Es schmerze, „dass wir derzeit hierzu nicht in der Lage sind". So lange die ökumenischen Partner sich in Grundüberzeugungen widersprächen, sei eine Einheit am Tisch des Herrn unwahrhaftig. Die Eucharistie bezeichne ja, was noch fehlt: die sichtbare und volle Einheit der Kirche Jesu Christi. Deshalb appellieren die Bischöfe an die Gläubigen: „Wir müssen alles tun, um diese Einheit zu erreichen. Dabei kann uns ermutigen, was auf dem Ökumenischen Weg bereits erreicht worden ist."

Sk (MBN)

 

Personalien 

Gemeindekatechetin Maria Cabral da Costa in den Ruhestand verabschiedet 

Pionierarbeit im Bereich der Katholiken anderer Muttersprache für das Bistum Mainz 

Mainz. Am Sonntag, 12. Januar, wurde Maria Cabral da Costa von der Portugiesischen Katholischen Gemeinde Mainz offiziell in den Ruhestand verabschiedet. Cabral da Costa nahm ihren Dienst am 1. November 1973 in der erst wenige Jahre zuvor errichteten Gemeinde auf. Die Gemeindekatechetin hatte von Anfang an mitgewirkt am Aufbau der portugiesischen Gemeinde und damit Pionierarbeit geleistet, überwiegend gemeinsam mit ihrem Bruder, dem damaligen Pfarrer Pater Antonio Cabral. Kinder- und Jugendkatechese waren Schwerpunkte ihrer pastoralen Tätigkeit. Später kam die pastorale Arbeit mit Erwachsenen als weiterer Schwerpunkt hinzu. Großes Engagement zeigte sie auch beim „Portugiesischen Liederfestival", das jährlich in der Rheingoldhalle in Mainz veranstaltet wurde und bundesweite Anerkennung fand durch die Teilnehme verschiedener Musikgruppen portugiesischer Nationalität und Besucher aus ganz Deutschland. Für ihre langjährige Tätigkeit in der pastoralen Arbeit wurde ihr als Zeichen des Dankes und der Anerkennung eine Dankurkunde des Bischofs, Kardinal Karl Lehmann, durch Ordinariatsrat Bernd Krämer überreicht.

B.K. (MBN)

 

Vorschau 

„Die Lange Nacht der Bibel" im Mainzer Dom (25./26. Januar) 

Bistumsweite Eröffnung des ökumenischen Jahres der Bibel am Bibelsonntag 

Mainz. Mit einer „Langen Nacht der Bibel" im Mainzer Dom eröffnet das Bistum Mainz von Samstag, 25. Januar, bis Sonntag, 26. Januar, diözesanweit das ökumenische Jahr der Bibel. Die Auftaktveranstaltung lädt dazu ein, den Mainzer Dom als Haus Gottes zu erleben, in dem die Bibel in Worten, Farben und Klängen einmal eine ganze Nacht lang von Menschen wach und lebendig gehalten wird.

Eröffnet wird die „Lange Nacht" von Domorganist Albert Schönberger, der zu Beginn mit einer musikalischen Zeitreise in die Heilige Schrift einstimmt. Danach findet die liturgische Eröffnung unter der Überschrift „Mit dem Evangelisten Johannes in die Lange Nacht der Bibel" durch Generalvikar Dr. Werner Guballa statt. Den musikalischen Rahmen steuern die Gruppe „Rückenwind" und die Gesangs- und Instrumentalgruppe der Gemeindereferentinnen und Gemeindereferenten im Bistum Mainz bei. „Die Lange Nacht der Bibel" endet am Sonntagmorgen um 6.30 Uhr mit einer Abschlussveranstaltung, die Generalvikar Guballa unter dem Motto „Seht, alles wird neu!" mit den Teilnehmern feiert.

Ab 19.30 Uhr besteht sowohl die Möglichkeit, an der „Chat-Night" teilzunehmen, als auch sich in den „Raum der Stille" zurückzuziehen. Die „Chat-Night" möchte mit einem lokalen Netzwerk Gelegenheit bieten, am Computer über die Heilige Schrift ins Gespräch zu kommen. Es besteht auch die Möglichkeit, die Bibel im Internet zu entdecken oder mit einer Multimedia-Bibel die Welt des Alten und Neuen Testamentes kennen zu lernen. Im „Raum der Stille" soll für die Besucher Gelegenheit bestehen, sich zur persönlichen Auseinandersetzung mit der Bibel zurückzuziehen. Während der gesamten Bibelnacht ist die „Hechtsheimer Bibelabschrift" ausgestellt, die während des letzten Bibeljahres 1992 gestaltet wurde.

Um 19.30 Uhr beginnt eine zweistündige Lesung aus dem Buch Rut durch Frauen und Männer aus dem Dekanat Mainz-Stadt. Um 21.30 Uhr eröffnet Dr. Ralf Omlor, Kustos des Botanischen Gartens der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, eine Ausstellung zu den Pflanzen der Bibel. Ab 22.15 Uhr stellt der Künstler Dr. Alois Ewen seinen Bilderzyklus „12 Farben der Bibel" vor und steht zum Gespräch zur Verfügung. Um 23.00 Uhr bieten Domorganist Schönberger und Winfried Späth (Panflöte) musikalische Impressionen der Bibel.

In der Nacht finden drei große Lesungen statt. Ab 23.30 wird das Markusevangelium gelesen. Um 1.45 Uhr kommen die Psalmen an die Reihe und ab 4.30 Uhr bildet der Galaterbrief den Abschluss der Lesungen. Die erste Sonntagsmesse findet um 7.00 Uhr im Dom statt. Außerdem wird ab 7.00 Uhr in „Nr.10 – Kirche am Markt" ein gemeinsames Frühstück angeboten.

Hinweis:Weitere Informationen zu den verschiedenen Aktionen und Veranstaltungen des Bistums Mainz zum Bibeljahr 2003 erteilen Rainer Stephan, Tel.: 06131/253-241 und Elisabeth Eicher-Dröge, Tel.: 06131/253-285, Internet: http://www.bibeljahr2003-mainz.de/

Informationen zu den bundesweiten Veranstaltungen zum Jahr der Bibel gibt es im Internet unter http://www.2003dasjahrderbibel.de/

tob (MBN)

 

Dokumentation 

Gemeinsam zum Segen werden 

Wort der deutschen Bischöfe zum Ökumenischen Kirchentag in Berlin
28. Mai – 1. Juni 2003

Liebe Brüder und Schwestern!

Ende Mai wird in Berlin ein Ökumenischer Kirchentag stattfinden. Ein solches großes gemeinsames Treffen katholischer und evangelischer Christen, an dem sich auch viele Christen aus anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften beteiligen werden, ist ein herausragendes Ereignis im ökumenischen Leben Deutschlands.

Wir Bischöfe danken allen, die sich für das Gelingen des Ökumenischen Kirchentages einsetzen. Vielen ist bewusst, dass der Versuch eines Ökumenischen Kirchentages auf nationaler Ebene ein Wagnis ist. Es gibt für ein Treffen dieser Größenordnung noch keine Erfahrungen. Wir kennen zwar Katholikentage und Kirchentage, doch sind diese in mancher Hinsicht von unterschiedlichen Traditionen und Gepflogenheiten geprägt.

Umso mehr ist anzuerkennen, dass 2003 in Berlin ein so eindrückliches ökumenisches Zeichen gesetzt werden soll. Wir Christen in Deutschland haben eine gemeinsame Sendung für unsere Welt, unbeschadet der Zugehörigkeit zu verschiedenen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften. Wir sind uns in den letzten Jahrzehnten theologisch und im praktischen Leben in den Gemeinden vor Ort erheblich näher gekommen. Das gegenseitige Vertrauen ist gewachsen. Gemeinsame Aktivitäten haben eine gute Tradition.

In unserer Gesellschaft werden wir mit vielen Herausforderungen konfrontiert, denen wir uns gemeinsam zu stellen haben. Die bioethische Debatte in unserem Land zeigt dies. Gemeinsam können wir uns für Menschenwürde und innergesellschaftliche sowie weltweite Gerechtigkeit einsetzen. Unser gemeinsamer Beitrag aus dem Geist des Evangeliums für ein zukunftsfähiges Deutschland und ein friedfertiges Europa im Konzert der Weltmächte wird immer wichtiger.

Nicht zuletzt bedrängt uns alle die Sorge, was aus dem Christentum in Deutschland insgesamt wird. Vielerorts ist das Gespür dafür gewachsen, dass wir der steigenden Zahl nichtchristlicher Zeitgenossen in Deutschland das Evangelium Jesu Christi gemeinsam bezeugen müssen. Der Ökumenische Kirchentag bringt die Chance, dass durch unsere Herzen ein großer Ruck der Umkehr hin zum Evangelium, hin zu Jesus Christus gehen kann. Er will, dass alle eins sind, "damit die Welt glaubt" (Joh 17,21). Unser Land braucht entschiedene und bekehrte Christen mindestens so dringlich wie Investoren, die die Wirtschaft ankurbeln. Wir brauchen in Deutschland ein neue Kultur der Gerechtigkeit und Liebe, die dem Egoismus und der gesellschaftlichen Kälte Paroli bietet. Wer sich dafür stark machen will, auch unter den Nichtchristen, sollte unser Partner sein. Berlin 2003 könnte dafür ein unüberhörbares Signal geben.

Wir Bischöfe wünschen und hoffen, dass der Ökumenische Kirchentag Berlin 2003 gelingt. In diesen Tagen möge sich erfüllen, was das Leitwort sagt: Ihr sollt ein Segen sein. Die Kirche soll und darf die Menschen segnen. Sie darf den Segen Gottes nicht nur wünschen, sondern in Vollmacht zusprechen. Wenn getrennte Kirchen dies gemeinsam tun, kommt die wichtigste Zielsetzung kirchlichen Handelns zum Tragen: die Menschen mit Gott und der Fülle seines Segens, den er uns in Jesus Christus geschenkt hat, in Berührung zu bringen. Alle sollen Segen erfahren und ein Segen werden.

Damit dies wahr wird, bedarf es als erstes der Treue zu Gottes Wort und der apostolischen Überlieferung. Diese Treue ist heute in Gefahr. Hier und da ist der Ratschlag zu hören: "Möge jeder etwas nachgeben, dann trefft ihr euch in der Mitte!" Ökumenische Erfolge wird es jedoch nicht durch Abschleifung der Profile geben. Der Glaube der Apostel ist keine Handelsware, die beliebig zur Verfügung steht.

Das gilt insbesondere im Hinblick auf die kostbare Gabe der Eucharistie, die der Herr seiner Kirche anvertraut hat. Im Vorfeld des Ökumenischen Kirchentages ist die Erwartung laut geworden, in Berlin die eucharistische Gastfreundschaft zu praktizieren. Es schmerzt uns, dass wir derzeit hierzu nicht in der Lage sind. Solange die ökumenischen Partner sich in Grundüberzeugungen widersprechen, ist eine Einheit am Tisch des Herrn unwahrhaftig.

Die Eucharistie bezeichnet ja, was uns noch fehlt: die sichtbare und volle Einheit der Kirche Jesu Christi. Zu dieser gehört nach unserer Überzeugung die Einheit im Glauben, in der Feier aller Sakramente und im apostolischen Amt, im Leben und im Dienst. Wir müssen alles tun, um diese Einheit zu erreichen. Dabei kann uns ermutigen, was auf dem ökumenischen Weg bereits erreicht worden ist. Gehen wir zielstrebig weiter, ohne vorschnell den Weg selbst zum Ziel zu erklären. Nehmen wir alle Chancen wahr, die uns heute schon gegeben sind!

Ökumene verlangt weiterhin nach einem geschwisterlichen Umgang mit dem ökumenischen Partner. Dazu gehört die Ehrfurcht vor dem, was dem anderen heilig ist. Wahre ökumenische Gesinnung versucht zu verstehen, ehe sie beurteilt oder gar verurteilt. Fragen wir einander: „Was bedeutet dir das, was du tust?" „Warum hältst du daran fest?" „Aus welchen Quellen lebt dein Glaube?" „Was bringt dich täglich neu mit Gott in Berührung?" „Was hilft dir, gute Früchte zu bringen, die auch andere auf Gott aufmerksam machen?"

Es kann helfen, wenn wir uns beim Ökumenischen Kirchentag und schon bei seiner Vorbereitung solche und ähnliche Fragen stellen. Wir müssen lernen, vertrauensvoll gegenseitig unsere geistlichen und kirchlichen Erfahrungen auszutauschen. Kennen wir einander wirklich schon hinreichend, vor allem in dem, was uns gemeinsam am Herzen liegen muss: Wie das Evangelium Jesu Christi in unsere Biographien eingreift und die Welt verändert? Unsere Gesellschaft wird nicht durch spektakuläre Aktionen für das Evangelium interessiert, sondern allein durch Menschen, die „anders" sind - eben, weil sie Jesus Christus und seine Verheißung kennen und aus ihr leben.

Aus solchen Überlegungen erwächst die Grundaufgabe der eigenen Umkehr zum Herrn. Das ist die beste Vorbereitung für Berlin. Das Bemühen, sich selbst immer tiefer mit Jesus Christus zu verbinden, die Bekehrung zum Evangelium in der eigenen Kirche als Aufgabe anzupacken, fördert die Einheit im Glauben.

Mit Ihnen allen schauen wir dem kommenden Ökumenischen Kirchentag Berlin 2003 mit großen Erwartungen entgegen. Wir wünschen ihm einen segensreichen Verlauf und hoffen, dass viele mit dabei sind.

Für das Bistum Mainz
Karl Kardinal Lehmann

(MBN)