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Mainz. Das Bistum Mainz beteiligt sich gemeinsam mit der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) zum zweiten Mal in Folge an der Aktion AutoFasten, die vor fünf Jahren vom Bistum Trier und der Evangelischen Kirche im Rheinland ins Leben gerufen wurde. Auch in diesem Jahr werden die Nahverkehrsverbünde Rhein-Nahe (RNN) und Rhein-Neckar (VRN) sowie weitere Kooperationspartner aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland das AutoFasten, das zwischen dem 23. Februar und dem 23. März stattfinden wird, mit erneut 700 Freikarten unterstützen. Unter der Telefonnummer 0651 – 8105333 kann sich jeder für die diesjährige Aktion anmelden.
Das Bistum Mainz und die EKHN führen das AutoFasten wie voriges Jahr im rheinland-pfälzischen Teil ihres Gebietes, das heißt in Rheinhessen, durch. Zum Gebiet des RNN gehört neben Mainz auch Wiesbaden, betonte RNN-Marketing-Referent Heiko Mario Ebert. Hinzu kommen Teile im südlichen Südhessen, soweit sie zum Gebiet des VRN gehören. Der Umweltbeauftragte des Bistums Mainz, Dr. Klaus Lenhard, bedauerte bei der Vorstellung der Aktion AutoFasten 2002 im Rahmen einer Pressekonferenz in Mainz am Dienstag, 22. Januar, dass der Rhein-Main-Verkehrsverbund mit Sitz in Frankfurt leider nicht für eine Teilnahme gewonnen werden konnte. Deshalb sei die Aktion, entgegen der Ankündigung im vergangenen Jahr noch nicht auf die hessischen Gebietsanteile der Kirchen ausgeweitet.
Das Fasten, das Christen in den Wochen vor Ostern begehen, hilft, sich frei zu machen von Überflüssigem, vom Zwang der täglichen Gewohnheiten, um sich zu fragen, was wirklich wesentlich und gut ist für das eigene Leben. "Diese Tradition übertragen wir auf unsere heutigen Lebensverhältnisse, wenn wir unseren alltäglichen Umgang mit dem Auto im Blick auf einen verantwortlichen Umgang mit Gottes Schöpfung übertragen," beschreibt Lenhard die Aktion. Dabei gehe es nicht darum, das private Auto zu verteufeln. Vielmehr sollen durch einen bewussten Gebrauch des eigenen Wagens Alternativen gesucht und ausprobiert werden. So gebe es zahlreiche Möglichkeiten des AutoFastens: das Umsteigen auf Bus oder Bahn, die Bildung von Fahrgemeinschaften, die Benutzung des Fahrrads oder der eigenen Füße.
Eine wissenschaftliche Untersuchung an der Universität Trier, belegt, dass das AutoFasten auch nachhaltig zu einem veränderten Verkehrsverhalten führt. Dazu befragte Kerstin Pfetsch für ihre Diplomarbeit in Geografie Teilnehmer aus den vergangenen Jahren. Im letzten Jahr waren es 742 AutoFaster. "Auf die Frage nach dem späteren Verkehrsverhalten antworteten knapp Zweidrittel mit Ja, es habe sich etwas verändert", teilte Kerstin Pfetsch mit. Über alle Verkehrswege hinweg habe die Nutzung des Autos als Hauptverkehrsmittel um ein Viertel abgenommen. An Stelle dessen treten zu gleichen Teilen das Fahrrad, der Öffentliche Nahverkehr sowie der Fußgängerverkehr. "Das veränderte Verkehrsverhalten fand bei allen Teilnehmern in gleicher Weise statt, unabhängig davon, ob sie auf dem Land oder in der Stadt wohnen," sagte Pfetsch.
Das AutoFasten 2002 wird mit einer eigenen Veranstaltung am Donnerstag, 14. Februar, eröffnet. Sie ist für 11.00 Uhr auf dem Mainzer Bahnhofsvorplatz geplant. Die Verlosung der 700 Freikarten, die von der ersten Benutzung an 14 Tage gültig ist, wird einen Tag später abgeschlossen. Die Anmeldung für die Verlosung beginnt bereits ab heute. Für alle AutoFaster und Interessierte steht ein kostenloses Begleitheft zur persönlichen Reflexion zur Verfügung. Als Kooperationspartner konnten in diesem Jahr gewonnen werden: neben dem RNN und dem VRN die Zweckverbände SchienenNahVerkehr in Rheinland-Pfalz und die DB-Die Bahn. "Wir wollen mit der Beteiligung an der Aktion AutoFasten gezielt Neukunden ansprechen", sagte Ebert.
Weitere Informationen über die Aktion
lob (MBN)
Ingelheim. Der Bischof von Mainz, Kardinal Karl Lehmann, hat am Donnerstag, 17. Januar, das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim, besucht, um Gespräche mit der Unternehmensleitung sowie mit Mitarbeitern in der Pharma-Herstellung zu führen. Im Mittelpunkt des Informations- und Meinungsaustauschs standen Fragen der Aus- und Weiterbildung und der Personalführung sowie Probleme der Aidsbekämpfung und der Bioethik.
Kardinal Lehmann wurde wie beim letzten Besuch bei Boehringer Ingelheim im Herbst 2000 vom Mainzer Moraltheologen Prof. Dr. Johannes Reiter begleitet. Diesmal ging es jedoch weniger um technische Entwicklungen und innovative Maschinen für die Pharma-Herstellung, sondern um die Mitarbeiter, ihre Aufgaben und Arbeitsweisen. Besonderes Interesse fanden dabei die teilautonomen Arbeitsgruppen in der Produktion, in denen der einzelne Mitarbeiter im Team mehr Eigenverantwortung übernehmen kann als früher, das "Mitarbeitergespräch" zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter, die Förderung von Nachwuchs im Hinblick auf Führungsaufgaben sowie die Beteiligung von Boehringer Ingelheim am HEBA-Projekt (Heranführung Benachteiligter an eine Berufsausbildung) für Jugendliche ohne Ausbildungsstelle. An dem Gespräch nahmen von Boehringer Ingelheim u.a. Prof. Dr. Marbod Muff, als Mitglied der Unternehmungsleitung für Finanzen und Personal zuständig, und von der Boehringer Ingelheim Pharma KG Landesleiter Ulrich Pitkamin, Dr. Dieter Jakob, Mitglied der Geschäftsführung, sowie Axel Baumann, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates, teil.
Der Sprecher der Unternehmensleitung, Prof. Dr. Rolf Krebs unterstrich, dass Boehringer Ingelheim weltweit zu den 20 führenden Pharma-Unternehmen gehöre, wobei die USA zurzeit der größte Markt seien - vor Japan und Europa mit seinem vergleichsweise geringen Wirtschaftswachstum. Im Zentrum des Besuchs stand die Information über den aktuellen Stand der Aidsforschung durch den Bereichsleiter Medizin der Boehringer Ingelheim GmbH, Dr. Manfred Haehl. Er betonte, dass das Ausmaß und die Dynamik der weltweiten Epidemie noch zu wenig im öffentlichen Bewusstsein seien. Dies untermauerte er durch erschreckende Zahlen. Zurzeit gibt es nach seinen Angaben weltweit 40 Millionen Aidskranke. Im Jahr 2000 starben drei Millionen HIV-Infizierte. Im selben Jahr gab es 5,3 Millionen neue Infektionen. Wie dramatisch die Situation ist, werde daran deutlich, dass pro Tag in Afrika 6.000 Menschen an Aids sterben. "Wenn wir an die Betroffenheit des 11. September 2001 denken, wundert man sich, wie wenig Betroffenheit diese Zahlen auslösen."
Er verwies darauf, dass es allein in Afrika, dem von Aids am stärksten heimgesuchten Kontinent, pro Tag 11.000 neue HIV-Infektionen gibt. Seit 1981 wurden weltweit mehr als 50 Millionen Aidskranke registriert, von denen bisher 22 Millionen an dieser schrecklichen Krankheit gestorben sind. Zugleich wies Haehl darauf hin, dass inzwischen eine Reihe wirksamer Medikamente entwickelt wurden, u.a. auch von Boehringer Ingelheim, welche die Lebenserwartung eutlich erhöhen und prophylaktisch die Ansteckungsrate vermindern können. Bei der chronischen Therapie könne eine Kombination aus mehreren Medikamenten die Infektionsrate senken und die Lebenserwartung der behandelten Kranken erhöhen. Besondere Erfolge seien zu verzeichnen, wenn das Medikament Müttern und Kindern während der Geburt verabreicht werde, um die Ansteckung der Neugeborenen durch ihre HIV-infizierten Mütter zu verhindern. Boehringer Ingelheim, das weltweit zu den fünf Pharmaunternehmen gehört, die Aids-Medikamente herstellen, stellt das Präparat Viramune® Entwicklungsländern kostenlos für fünf Jahre zur Verfügung. An dem Programm nehmen bisher 18 Länder Afrikas und die Ukraine teil. Mit dem besonders stark von HIV-Infektionen heimgesuchten Südafrika finden derzeit noch Gespräche statt. Haehl wies darauf hin, dass ein neues Medikament, Tipranavir, entwickelt wurde, das allerdings noch nicht zugelassen ist. Es werde große Bedeutung haben, weil dadurch auch resistent gewordene HI-Viren, die auf die bisherigen Medikamente nicht mehr reagieren, abgetötet werden könnten. Die Weiter- und Neuentwicklung von Präparaten in der Forschung sei auch deshalb notwendig, weil im Jahre 2010 mit 150 Millionen Infizierten und 44 Millionen Aidswaisen zu rechnen sei. Nachdrücklich betonten Professor Krebs und Dr. Andreas Barner, verantwortlich für den Unternehmensbereich Forschung, Entwicklung und Medizin, dass der Patentschutz für solche Medikamente gewährleistet bleiben müsse. Wenn dies nicht mehr der Fall wäre, würden sich Investitionen nicht mehr lohnen und die Aids-Forschung wäre am Ende. Für die Entwicklung eines neuen Medikamentes sind in der Regel zehn Jahre mit Kosten von ca. 500 Millionen Euro anzusetzen.
Zu den Fragen der Bioethik berichtete Professor Reiter aus der Arbeit der Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages. Er wies daraufhin, dass er vor 15 Jahren auch der Enquête-Kommission Genforschung angehört habe. Beides sei für ihn ein "Lehrstück, wie Ethik konkret werden kann". Er betonte, dass die Enquête-Kommission im Unterschied zum Nationalen Ethikrat sich zu zwei Dritteln gegen den Import von embryonalen Stammzellen und die Forschung an ihnen ausgesprochen hat. Vertreter der Unternehmensleitung von Boehringer Ingelheim, welches in diesem Forschungsbereich nicht aktiv ist, plädierten aus grundsätzlichen Erwägungen im Interesse der Forschung für eine befristete Erlaubnis der Einfuhr von Embryonen zur Grundlagenforschung. Einigkeit bestand darin, dass Embryonen nicht zu Forschungszwecken hergestellt werden dürften. Reiter räumte ein, dass auch ökonomische Gründe ethisches Gewicht haben, bekräftigte aber die strikte Ablehnung des Embryonenimports, weil er darin einen "Dammbruch" sieht, der eine ungebremste Forschung begünstigen könne. Kardinal Lehmann verwies darauf, dass das Embryonenschutzgesetz 1991 vom Bundestag einstimmig verabschiedet wurde. Heute sage man, dies sei eine katholische Sondermeinung. Der Kirche sollte man keine Forschungs- und Technikfeindlichkeit unterstellen, wenn sie sich konsequent für den Schutz des Lebens einsetzt. Er forderte in der öffentlichen Diskussion mehr Ehrlichkeit, Transparenz und Offenheit bezüglich der wirtschaftlichen Interessen, die vielfach hinter den Befürwortern einer Liberalisierung der Forschung stünden.
Kardinal Lehmann sagte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, er sei "nicht nur von dem fasziniert, was Sie tun, sondern auch wie Sie es darstellen". Was die Personalführung betreffe, sei Boehringer Ingelheim dem Bistum Mainz weit voraus, räumte er ein. "Wir lernen daraus und könnten einiges direkt übernehmen", erklärte er zum Beispiel im Blick auf die teilautonomen Arbeitsgruppen und das "Mitarbeitergespräch". Der Bischof bekräftigte dies in seinem Dankwort zum Schluss noch einmal und hob hervor, dass ihn die Darstellung der Aidsforschung tief beeindruckt habe. Es verdiene höchste Anerkennung, mit welchem Engagement hier gearbeitet und geforscht wird, unterstrich er. Diese Erfahrungen könnten ihm in vielen Gesprächen nützlich sein. "Ich erlebe immer wieder bei Betriebsbesuchen, welche wichtige Aufgabe und Verantwortung Unternehmensführung und Management nicht nur für einen einzelnen Betrieb, sondern für die Gesellschaft insgesamt haben", fasste er die Bedeutung dieses Treffens zusammen.
Sk (MBN)
Mainz. Mit einem ökumenischen Gottesdienst hat die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Mainz (ACK Mainz) zur Begleitung Sterbender aufgerufen und zugleich ein klares Nein zu aktiver Sterbehilfe und Euthanasie ausgesprochen. Der Gottesdienst am Sonntagabend, 20. Januar, in der evangelischen Christuskirche in Mainz, stand unter dem Thema "Leben bis zuletzt". Wie der evangelische Stadtdekan Wolfgang Drewello bei der Begrüßung erklärte, hatte die ACK Mainz im letzten Jahr beschlossen, für die Gottesdienste der Gebetswoche für die Einheit der Christen jeweils ein aktuelles Thema zu wählen, das die Gesellschaft bewegt und demgegenüber sich christliche Einheit und Gemeinschaft bewähren muss.
Die Ansprache hielt der Vorsitzende der Mainzer Hospizgesellschaft Christophorus e.V., Dr. med. Martin Weber. Weber unterstrich, dass der Tod der "Ernstfall des Lebens ist". Eine wichtige Voraussetzung für die Sterbebegleitung sei es, das Tabu des Todes zu brechen. Nach seinen Worten denken die Menschen meistens an das Gesundwerden und die Beherrschung der Krankheit. Auch die Ärzte und Krankenpfleger seien oft vom Erfolgsdenken und der Machbarkeit der Dinge beherrscht. Dann erschienen ihnen Sterben und Tod oft als Niederlage.
Wie Weber darlegte, ist das Wichtigste bei der Sterbebegleitung, das Zuhören-Können, das Teilen der Dunkelheit mit dem Kranken und Sterbenden. Schon König Salomon habe zu Gott gebetet: "Schenke mir ein hörendes Herz." Darauf komme es im Leben immer an, erst recht aber in der Sterbebegleitung, unterstrich er. Die Sterbenden brauchten in der Verletzlichkeit ihrer Grenzsituation die Zusicherung, dass ihr Leben noch wichtig und wertvoll ist. Gerade dieser Erwartung werde die aktive Sterbehilfe jedoch nicht gerecht. Angst und Trauer könnten nicht weggebetet werden, mahnte er. Zur Spiritualität der Sterbebegleitung gehöre mehr als ein treffendes Bibelwort. Es gehe darum, die Tür für eine letzte Strecke der Versöhnung zu öffnen, die Frage nach dem Sinn des Lebens und des Sterbens zuzulassen und aus einem "hörenden Herzen" den Sterbenden Liebe spüren zu lassen.
Die Kollekte des ökumenischen Gottesdienstes war für die Mainzer Hospizgesellschaft Christophorus e.V. bestimmt. Als Liturgen wirkten bei dem Gottesdienst mit der Dekan des evangelischen Dekanates Mainz, Pfarrer Wolfgang Drewello, der Dekan des katholischen Dekanates Mainz-Stadt, Pfarrer Heinz Schmitz, Pastor Hans-Jakob Reimers von der Evangelisch-Methodistischen Kirche, der Vorsitzende der ACK Mainz, Pastor Joachim Hipfel von der Freien Evangelischen Gemeinde, Pastor Bernd Heise von der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde (Baptisten) und Prediger Walter Stingel von der Evangelischen Stadtmission. Der Chor Voces Cantantes sang unter Leitung von Jörg-Dieter Süß Motetten u.a. von Schütz und Reger. Die Orgel spielte Professor Hans-Joachim Bartsch. Der Gottesdienst schloss mit dem Aaronitischen Segen. Danach standen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hospizgesellschaft im Vorraum der Kirche zur Information und Gesprächen über die Hospizarbeit zur Verfügung.
Mainzer Hospizgesellschaft Christophorus e. V.
Sk (MBN)
Mainz. Unter dem Vorzeichen von mit Spannung erwarteten Entscheidungen in Frankreich und Deutschland stand die Fachtagung "Biomedizin auf dem Prüfstand von Recht und Ethik" der Akademie des Bistums Mainz, Erbacher Hof, und der Evangelischen Akademie der Pfalz am Freitag/Samstag, 18./19. Januar in Mainz. Am morgigen Dienstag werden die Franzosen mit der Novellierung ihrer Bioethik-Gesetze darüber entscheiden, in welchem Rahmen sie zukünftig biomedizinische Forschung zum Beispiel an embryonalen Stammzellen zulassen werden. Der Deutsche Bundestag wird darüber am 30. Januar abstimmen. Als erstes europäisches Land hat England bereits vor über einem Jahr diesbezüglich rechtliche Grundlagen geschaffen.
Auf Einladung von Akademiedirektor Dr. habil. Peter Reifenberg kamen zahlreiche namhafte Wissenschaftler aus Frankreich, Österreich und der gesamten Bundesrepublik nach Mainz, um über die Grenzen der Biomedizin zu diskutieren. Die Vertreter der Fachbereiche Medizin, Recht und Theologie waren sich darüber einig, dass das Leben zu jeder Zeit geschützt werden muss. Uneinigkeit herrschte jedoch bei der Frage, wann das menschliche Leben beginnt (vergleiche MBN Nr. 2 vom 16. Januar "Stammzellenforschung: Unüberbrückbare Meinungsgegensätze").
Zwei gegensätzliche Konzepte zogen die Tagungsteilnehmer für ihre unterschiedlichen Definitionen, wann menschliches Leben beginnt, heran: Das konservative Konzept der absoluten Schutzwürdigkeit des frühen Lebens sieht den Beginn mit der Befruchtung. Dieser Ansatz argumentiert damit, dass in der befruchteten Einzelle die genetische Identität und damit das gesamte Potenzial für den späteren Menschen vorhanden ist. Auf der anderen Seite steht die liberale Position der relativen Schutzwürdigkeit des Lebens. Sie geht von Entwicklungsstufen aus, nach denen dem Embryo erst zu einem späteren Zeitpunkt Personenstatus zugesprochen wird. Einen qualitativen Sprung erfahre ein Embryo dieser Auffassung zufolge erstmals nach dem vierten Tag. Dann werde das Genom, die Summe aller menschlichen Gene, ausgebildet. Die zweite Stufe erreiche ein Embryo nach dem 14. Tag. Zu diesem Zeitpunkt erfolgt die Einnistung, die Nidation; eine Zwillingsbildung ist nicht mehr möglich. An dieser Entwicklungsstufe orientieren sich die Engländer. Sie sprechen dem Embryo erst mit diesem Zeitpunkt menschliches Leben zu. Weitere qualitative Sprünge werden festgemacht am 51. Tag, an dem die Hirnanlage ausgebildet ist (analog zum Hirntod), sowie mit der Geburt. Einzelmeinungen gehen noch einen Schritt weiter und sagen, der Mensch besitze erst ein Jahr nach der Geburt Selbstbewusstsein und erst dann könne von einem schützenswerten Lebewesen gesprochen werden.
An der Fachtagung nahmen teil: die Mediziner Prof. Dr. Hermann Hepp, Gynäkologe und Geburtshelfer an der Universität München, der Präsident der Universität Mainz, Prof. Dr. Jörg Michaelis, die Juristen Prof. Dr. Wolfgang Höfling, Direktor des Institutes für Staatsrecht an der Universität Köln, Prof. Dr. Erwin Bernat, Institut für Bürgerliches Recht an der Universität Graz, aus Metz Prof. Dr. Eva Wenner vom Europainstitut Saarbrücken, sowie Prof. Dr. Stephan Ernst, Moraltheologe an der Universität Würzburg, und der evangelische Theologe Prof. Dr. Klaus Tanner, Universität Halle-Wittenberg, Mitglied der Enquête-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin" des Deutschen Bundestages, sowie aus Speyer Dr. Katrin Platzer von der Evangelischen Akademie der Pfalz, die Kooperationspartner der Veranstaltung war.
Programm der Akademie Erbacher Hof
lob (MBN)
Mainz. Die Neugestaltung des "Gotteslobes" sowie die Ausbildung der Kirchenmusiker standen im Mittelpunkt der Jahrestagungen der Ämter für Kirchenmusik der deutschen Diözesen und der Kirchenmusikalischen Ausbildungsstätten Deutschlands, die vom 20. bis 23. Januar 2002 in Mainz stattfanden.
Im vergangenen September hat die Deutsche Bischofskonferenz beschlossen, ein neues Gesang- und Gebetbuch für den Gottesdienst und für die Familie zuhause zu gestalten. Es soll spätestens in zehn Jahren fertiggestellt sein. "Bei unseren ersten Überlegungen für das neue Gotteslob geht es vor allem darum, wie wir die Gemeinde, speziell die Kinder, zum Mitsingen motivieren können", beschreibt der neu gewählte Vorsitzende der Ämter für Kirchenmusik, der Referatsleiter der Kirchenmusik im Bistum Trier und Leiter der Bischöflichen Kirchenmusikschule Trier, Matthias Balzer, die anstehende Aufgabe. Balzer übernahm bei der zehnten Jahrestagung in Mainz die Aufgabe von Richard Mailänder, Köln.
Als weiterer Schwerpunkt stand bei der Tagung der Kirchenmusikreferenten die Förderung der Kirchenmusiker nach ihrer Ausbildung auf dem Programm. Ab Herbst bietet die Kirchenmusikalische Hochschule in Rottenburg bei Stuttgart einen einwöchigen Intensivkurs an, der die Kirchenmusiker gezielt auf die Praxis in den Gemeinden vorbereiten soll. Dabei geht es um Fragen der Zusammenarbeit mit den Gemeindegremien, der Öffentlichkeitsarbeit oder auch juristische Probleme. Die beiden anderen Kirchenmusikalischen Hochschulen in Aachen und in Regensburg werden Rottenburg folgen. Auch soll den Absolventen in den Bistümern ein Mentorat angeboten werden. Berufsbegleitend wird den Jungkirchenmusikern ein erfahrener Kollege zugesprochen, der ihnen in ihrer Anfangsphase mit Rat und Tat zur Seite steht.
Bei der Jahrestagung der Vertreter der Ausbildungsstätten standen die neuen Rahmenordnungen für die Ausbildung der Kirchenmusiker im Zentrum der Beratungen. "Zum einen müssen wir das neue Hochschulrahmengesetz umsetzten, das eine zeitliche Erweiterung des Diplomstudienganges von acht auf neun Semester vorsieht. Zum anderen sind wir weiter daran, unsere Ausbildung im Sinne der ökumenischen Annäherung auszurichten," sagte der in seinem Amt bestätigte Vorsitzende der Konferenz, der Leiter der Aachener Hochschule, Matthias Kreuels, bei der 35. Jahrestagung.
Mit dem Gesamtverlauf der beiden Tagungen, die seit Sonntag im Bildungszentrum Erbacher Hof durchgeführt wurden, zeigte sich auch der Gastgeber, der Diözesan-Kirchenmusik-direktor und Leiter des Bischöflichen Instituts für Kirchenmusik in Mainz, Thomas Drescher, zufrieden. Anlässlich der Jahrestagungen feierte der Mainzer Generalvikar Dr. Werner Guballa am Montag, 21. Januar, einen Vesper-Gottesdienst mit den Teilnehmern. Der Generalvikar betonte hierbei, dass die Musik ein besonderes Heimatrecht in der Kirche genieße. Aus den kirchlichen Gemäuern heraus verkünde sie den Glauben: "Worte können nicht alles ausdrücken. Und jenseits aller Worte steht die Musik."
lob (MBN)
St. Goar/Mainz . Die Kirchengemeinden am Mittelrhein zwischen Bingen/Rüdesheim und Koblenz haben ihre zentrale Rolle bei der Bewahrung und Weiterentwicklung ihrer Kulturlandschaft bekräftigt. Rund 40 Haupt- und Ehrenamtliche der evangelischen und der katholischen Kirche entwickelten bei ihren Beratungen am 15. Januar in St. Goar gemeinsam Vorschläge und Ideen, wie die religiöse Dimension in die gegenwärtigen Überlegungen über das Weltkulturerbe Mittelrhein eingebracht werden kann.
Zu dem Treffen hatten der Leiter des Katholischen Büros Mainz, Ordinariatsdirektor Bernhard Nacke, und der Leiter des Büros der Evangelischen Landeskirchen am Sitz der Landesregierung in Mainz, Dr. Jochen Buchter, eingeladen.
Mit großer Mehrheit sprachen sich die Kirchenvertreter für eine Aktualisierung des Pilgerweges entlang der Wallfahrtsorte von Rüdesheim bis Koblenz aus. Vorgeschlagen wurde zum Beispiel die Organisation von "Ökumenischen Pilgerfahrten zu Fuß oder mit dem Schiff". Ebenso groß war das Interesse an einem "Kirchenführer Mittelrhein".
Das Buch sollte etwa unter dem Motto "Steine erzählen vom Glauben" über die Besonderheiten der zum Teil Jahrhunderte alten Kirchen berichten und zu ihrem Besuch einladen. Auch auf das Jahr verteilte ökumenische Kirchenfeste und Kirchenforen bieten nach Ansicht der Kirchenvertreter die Möglichkeit, die Lebendigkeit des Glaubens zu erfahren. In diesem Zusammenhang wurden auch so genannte "Jugendkirchen" angeregt, die von Jugendlichen nach deren Geschmack für junge Leute gestaltet werden sollten.
Auf reges Interesse stieß auch der Vorschlag, die jährliche autofreie Aktion "Tal total" zum Anlass zu nehmen, die Radfahrer zum Verweilen und Ausruhen in die Kirchen einzuladen. Überhaupt sollten die Kirchen und Klöster als "Orte der Stille und der Kultur" in der Öffentlichkeit durch geistliche und kunstgeschichtliche Führungen bekannter gemacht werden. Hilfreich sei ein Gesamtprospekt über die Öffnungszeiten der religiösen Orte und geistlichen Zentren links und rechts des Rheins.
Ausstellungen zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler in den Kirchen gehören ebenso zur Vorschlagsliste wie die Vorstellung bedeutsamer Orgeln im Rahmen von Kirchenkonzerten. Die Kirchenvertreter treffen sich am 9. April erneut, um über die konkrete Umsetzung ihrer Ideen und die Vernetzung mit anderen Kooperationspartnern zu beraten.
Die Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und Hessen hatten Ende 2000 beim Sekretariat der UNESCO in Paris beantragt, dass das Mittelrheintal das Gütesiegel dieser UN-Organisation als Welterbe erhalten solle. Zur Unterstützung dieses Antrages gab es im vergangenen Jahr Anhörverfahren, öffentliche Bürgerdiskussionen sowie auch ein erstes informelles Treffen von Vertretern der Kirchengemeinden am Mittelrhein in Bingen.
A.W. (MBN)
Mainz. Am Vorabend des Treffens von Papst Johannes Paul II. mit Vertretern der Weltreligionen zum Friedensgebet in Assisi lädt das Mainzer Domkapitel am Mittwochabend, 23. Januar, um 18.00 Uhr zu einer Vigilfeier für den Frieden in den Dom ein. Die liturgische Leitung hat der Dezernent für Seelsorge im Bischöflichen Ordinariat, Domkapitular Prälat Heinz Heckwolf. Kardinal Karl Lehmann hatte bereits im Dezember in einem Brief an die Dekane und Pfarrer im Bistum Mainz dazu aufgerufen, diese Friedensinitiative des Papstes durch Gottesdienste und Gebete zu fördern.
Dazu gehört auch eine Spendenaktion zur Unterstützung der Armen, die unter den Folgen von Krieg und Gewalt am schlimmsten zu leiden haben. Das Bistum hat dazu ein Konto angegeben, auf das Spenden überwiesen werden können. In Rom wurde ein Sonderkonto eingerichtet, wohin die Spenden aus aller Welt als Sammelbeträge weitergeleitet werden.
Die Pfarrgemeinden sind aufgerufen, die Initiative durch Gottesdienste und Gebete zu fördern. Dazu hat das Liturgiereferat des Bistums eine pastoralliturgische Arbeitshilfe erstellt mit Anregungen und Text- und Musikbausteinen zur Gestaltung von Friedensgebeten und Friedensgottesdiensten sowie einen kompletten Vorschlag für die Gebetsvigil am 23. Januar 2002.
Generalvikar Prälat Dr. Werner Guballa schreibt im Vorwort der Arbeitshilfe: "Am 23. Januar, am Vorabend des großen Friedensgebetes in Assisi, soll in möglichst vielen Gemeinden eine Gebetsvigil stattfinden und Christus als die einzige wahre Quelle des Friedens angerufen werden." Die furchtbaren Attentate vom 11. September in Amerika, der Krieg in Afghanistan und die Bilder von den Terroranschlägen in Nahost führten in diesen Tagen auf schreckliche Weise vor Augen, "dass die Welt den Frieden nicht aus eigener Kraft herzustellen vermag", unterstreicht Guballa.
Um ein konkretes Zeichen der Solidarität und der Nächstenliebe zu setzen habe der Päpstliche Rat "COR UNUM" ein außerordentliches Konto eröffnet. Mit den Spenden soll den Opfern der Folgen des Terrorismus und des Krieges geholfen und der Gefahr entgegengewirkt werden, "dass man sie nach Beendigung des größten Notstands vergisst".
Das Bistum Mainz bittet um Spenden auf folgendes Konto: PAX-BANK KÖLN, Filiale Mainz, Kto.-Nr. 4000 1000 19, BLZ 370 601 93 versehen mit dem Kennwort "Friedensgebet 21006".
Pastoralliturgische Arbeitshilfe für Friedensgebete zur Vorbereitung (pdf-Datei)
Sk (MBN)
Mainz. Das Bischöfliche Willigis-Gymnasium Mainz feiert am Samstag, 26. Januar, sein 150-jähriges Bestehen. Die frühere St. Marienschule wurde am 2. Februar 1852 durch die Ordensgemeinschaft der Brüder der Gesellschaft Mariens (Frères de la Societé de Marie), in Mainz kurz "Schulbrüder" genannt, eröffnet. Die Jubiläumsfeier beginnt um 10.00 Uhr mit einem Festgottesdienst mit Kardinal Karl Lehmann im Dom St. Martin.
Die Akademische Feier, die um 11.30 Uhr in der Aula der Schule stattfindet, wird nach der Begrüßung durch den Leiter des Willigis-Schulverbundes (Gymnasium und Realschule), Oberstudiendirektor Dr. Norbert Hämmerer, mit einer Multimedia-Präsentation der beiden Schulen eröffnet. Den Festvortrag hält die Dezernentin für Schulen und Hochschulen im Bischöflichen Ordinariat Mainz, Ordinariatsdirektorin Dr. Gertrud Pollak, zur Zukunftsfähigkeit katholischer Schulen. Als Überschrift hat sie ein Zitat von Reiner Kunze gewählt: "je tiefer die wurzeln, desto sicherer der grund."
Grußworte werden erwartet u.a. vom Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel, dem Kulturdezernenten der Stadt, Peter Krawietz und dem Dekan des Evangelischen Dekanates Mainz-Stadt, Wolfgang Drewello Als Vertreter des Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend spricht Ltd. Ministerialrat Wolfgang Serfas. Musikalisch umrahmt wird die Feier durch das Symphonie-Orchester des Willigis-Gymnasiums unter Leitung von Hannelore Swartmann und der Barbershop Harmony Group unter Leitung von Stefan Moos. Highlight des Musikprogramms ist die Uraufführung der "Willigis-Hymne" von Volker Funk. Den Text schrieb Rudolf Müller.
Nach der Gründung der Schule 1852 eröffneten die Schulbrüder 1865 auch ein Internat. Schule und Internat führten seither die Bezeichnung St. Marien-Institut. 1899 trat die Ordensgemeinschaft von der Leitung zurück. Schule und Internat wurden von da an von Diözesangeistlichen geleitet. Der Name St. Marien-Anstalt wurde ersetzt durch St. Marienschule. 1901 wurde der Neubau der Schule eingeweiht. Während des 1. Weltkrieges wurde das Schulgebäude beschlagnahmt und ein Lazarett eingerichtet.
Erstmals war die Schule in ihrem Bestand 1874 durch das Hessische Ordensgesetz gefährdet gewesen, weil den Ordensniederlassungen damals die Aufnahme neuer Mitglieder verboten wurde. Dieses Ordensgesetz wurde 1919 offiziell aufgehoben. 1921 gab es die erstmalige Neueinstellung eines Schulbruders seit 1874. 1929 wurde mit dem Beginn des Aufbaus einer Oberstufe begonnen und erstmals fand 1932 eine Reifeprüfung (Abitur) an der St. Marienschule statt. 1938 wurde die Marienschule auf Druck der Nationalsozialisten geschlossen. Bischof Dr. Albert Stohr protestierte dagegen mit einem Hirtenwort.
Wieder eröffnet wurde die St. Marienschule als Neusprachlich-Naturwissenschaftliches Gymnasium im Jahre 1955. Es folgten umfangreiche Umbau- und Erweiterungsarbeiten. Dazu gehörten u.a. die Neuerrichtung einer Pausenhalle und einer Hauskapelle. 1964 wurde die Marienschule umbenannt in Willigis-Gymnasium. Eine gemeinsame Orientierungsstufe für Gymnasium und Realschule wurde 1970/71 eingeführt. Ein Jahr später nahm die eigenständige Willigis-Realschule ihren Betrieb auf.
Sk (MBN)
Mainz. Am nationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, 27. Januar, veranstalten das Bischöfliche Ordinariat und das Stadtdekanat Mainz eine besondere Gedenkfeier im Dom. Unter dem Titel "Memoria Magenzae. Der tausendjährige Dom erinnert das Schicksal der Mainzer Juden" wird in Musik, Texten und Bildern an die Geschichte der Mainzer Juden erinnert. Die Gedenkfeier beginnt um 18.00 Uhr. Vorbereitet wurde die Feier von der Arbeitsgruppe "Gedenktag" des Bischöflichen Ordinariats Mainz und des Katholischen Dekanats Mainz-Stadt.
Der Generalvikar des Bistums Mainz, Prälat Dr. Werner Guballa, der auch Mitglied der Arbeitsgruppe "Gedenktag" ist, erklärte am Montag, 21. Januar, vor der Presse in Mainz, er sei dankbar, dass die Gedenkfeier im Dom in dieser Form möglich sei und damit ein deutlicheres Profil des Gedenkens sichtbar werde. In den kommenden Jahren werde dieses "Gedenken gegen das Vergessen" noch größere Anstrengungen erfordern. Er sehe dies als wichtige Aufgabe für die Zukunft.
Domorganist Albert Schönberger und die Klarinettistin Irith Gabriely haben für diese Gedenkfeier eigens musikalische Kompositionen erarbeitet, die sie in der Gedenkstunde darbieten werden. Weitere Mitwirkende sind Hans-Joachim Dumeier, Orgel, und der Mädchenchor am Dom und St. Quintin unter Leitung von Domkantor Christoph Klemm. Als Sprecher wirken bei der Feier mit der Schauspieler Oskar-E. Cenar als Chronist und Erzähler, Dr. Karl-Josef Ludwig und Dekan Heinz Schmitz. Der Eintritt zur Feier ist frei. Es wird ein freiwilliger Beitrag erbeten zugunsten des neu eingerichteten Spendenkontos des Katholischen Dekanates Mainz-Stadt für den Wiederaufbau der Jüdischen Synagoge in Mainz.
Der Initiator der Arbeitsgruppe, Dr. Peter-Otto Ullrich, erklärte vor der Presse, dass das Bischöfliche Ordinariat seit 1996, als Bundespräsident Roman Herzog den Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus einführte, in jedem Jahr eine bestimmte Opfergruppe in den Blick nahm, zum Beispiel 1998 die Frauen in den Konzentrationslagern, im Jahr 2000 die Behinderten und 2001 die getauften Nichtarier. In diesem Jahr gehe es darum, nicht nur des Holocausts durch die Nationalsozialisten zu gedenken, sondern sich mit dem Mainzer Dom St. Martin als steinernen Zeugen die tausendjährige Geschichte der Juden in Mainz bewusst zu machen.
Zur Vertiefung wird im Dom ein 45 Seiten umfassendes Textheft im DIN A 4-Format ausliegen, in dem die Geschichte der Jüdischen Gemeinde Mainz beschrieben wird. Sie gehört zu den ältesten jüdischen Gemeinden in Deutschland. Die Mainzer Juden hatten immer einen Bevölkerungsanteil von zwei bis zehn Prozent. Daneben gab es aber Zeiten der Verfolgung, in denen die Juden meist vollständig aus Mainz vertrieben wurden. Der zweite Teil des Heftes enthält reflektierende Texte aus der Literatur und von Zeitzeugen sowie aktuelle kirchliche Äußerungen aus den letzten Jahren, zum Beispiel des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, der Deutschen Bischofskonferenz, der französischen Bischöfe und der Polnischen Bischofskonferenz. Es wurde allen Gemeinden im Bistum als Anregung für eigene Gedenkfeiern zur Verfügung gestellt.
Während der Gedenkfeier im Mainzer Dom werden zu den Worten und der Musik Dias auf einer Großleinwand gezeigt mit Motiven aus dem Mainzer Dom, Fotos des Doms, der zerstörten Mainzer Synagoge und der evangelischen Christuskirche, außerdem Bilder, die diese Gotteshäuser brennend zeigen. Vor der Presse zitierte Ullrich ein Wort des Schriftstellers Franz Werfel, das auch beim Gedenken im Dom laut werden wird: "Ich bin überzeugt davon, dass, solange die Kirche besteht, Israel bestehen wird, doch auch, dass die Kirche fallen muss, wenn Israel fällt," aus seiner Novelle "Die wahre Geschichte vom wieder hergestellten Kreuz" aus dem Jahr 1942.
Wie Ullrich berichtete, hatte die Jüdische Gemeinde Mainz darum gebeten, jüdische Gebete nicht zu verwenden, d.h. das Gebetseigentum der Juden nicht zu vereinnahmen. Deshalb habe der Text des verstorbenen Aachener Bischofs, Dr. Klaus Hemmerle, besonderes Gewicht, in dem es heißt: "Man hat meinem Gott das Haus angezündet – und die Meinen haben es getan. Man hat es denen weggenommen, die mir den Namen meines Gottes schenkten – und die Meinen haben es getan. Man hat ihnen das Leben weggenommen – und die Meinen haben es getan. Die den Namen desselben Gottes angerufen, haben dazu geschwiegen – ja, die Meinen haben es getan."
Domorganist Schönberger erklärte vor der Presse, die Sprachlosigkeit vor den schrecklichen Ereignissen könne durch Kunst und Musik wenigstens teilweise überwunden werden. Sein Anliegen in der Arbeitsgruppe sei es gewesen, mit Hilfe der Musik die Schrecken der Judenverfolgung zu hinterfragen und zu erinnern. Wie es in der Musik Zwischentöne gebe, so habe er versucht, in die Zwischenräume des Gedenkens in Wort und Bild eine spezielle Musik zu schreiben. Er begleitet den Chronisten, der von der Ausgrenzung der Juden berichtet.
Die Bibel komme zu Wort und die Klarinette habe eine besondere Funktion, indem sie den entsetzlichen Pogromen Einhalt gebiete. Im Kontrast zu diesem "aussichtslosen Weg" stehe die musikalische Gestalt von Psalm 84, in dem es heißt "Wie liebenswert ist deine Wohnung, Herr der Heerscharen." Die Qualen werden beendet und als Dank für die Rettung zitiert Schönberger, "während das Klagen noch im Raum ist", das "Te Deum", das "Großer Gott, wir loben Dich". Die hohen Mädchenstimmen der Kantorei am Dom und St. Quintin seien besonders geeignet, um bildhaft auf Gottes Himmel "über den Wolken" zu verweisen.
Ablauf, Textheft, liturgische Handreichung und weitere Veranstaltungen
Sk (MBN)
Mainz. Das für Samstagabend, 26. Januar angekündigte Konzert "Cantate Domino" im Mainzer Dom mit allen Chören der Musica Sacra am Hohen Dom zu Mainz, musste aus terminlichen Gründen verschoben werden. Das Konzert war anlässlich des 65. Geburtstags von Kardinal Karl Lehmann (16.5.2001) als Geschenk der Chöre an ihren Bischof zugunsten der Bistumsinitiative "Netzwerk Leben" geplant worden. Als neuer Konzert-Termin wurde Samstag, 2. März 2002, um 19.30 im Mainzer Dom festgelegt.
Sk (MBN)
Mainz. Mit Anton Bruckner als Kristallisationspunkt hat der Mainzer Musikwissenschaftler Prof. Dr. Wilhelm Riedel einen Sammelband über die Kirchenmusik des 19. Jahrhunderts herausgegeben. In einer interdisziplinären Zusammenschau lassen 17 Autorinnen und Autoren den liturgie- und musikgeschichtlichen sowie kirchen- und kunstgeschichtlichen Kontext von Bruckners Wirken als Komponist geistlicher Vokalmusik und weltberühmter Symphonien sichtbar werden. Acht der Autoren waren bei der festlichen Präsentation der Neuerscheinung am Donnerstagabend, 17. Januar, in der Martinus-Bibliothek in Mainz anwesend.
Wie Riedel am selben Tag vor der Presse in Mainz erklärte, entwickelte er die Idee zu einem interdisziplinären Bruckner-Symposion im Jahr 1996 in Mainz zusammen mit dem Mainzer Domkapellmeister Mathias Breitschaft. Das Symposion wurde im Bildungszentrum Erbacher Hof in Mainz unter dem Titel "Anton Bruckner. Tradition und Fortschritt in der Kirchenmusik des 19. Jahrhunderts" durchgeführt. Der Titel wurde für die jetzige Buchveröffentlichung beibehalten. Zielsetzung des Buches, die von unterschiedlichen Disziplinen erarbeiteten Forschungsergebnisse zu einem Gesamtbild zu vereinen und somit das kirchenmusikalische Schaffen der Epoche zwischen dem Wiener Kongress und 1. Weltkrieg zu beleuchten, entspricht einem Kernanliegen der Fachgruppe Kirchenmusik der Gesellschaft für Musikforschung, unterstrich Riedel. Er leitet diese Fachgruppe seit 1982. Das Symposion wie auch das Buch wurden durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanziell gefördert, berichtete der Herausgeber.
Riedel wies darauf hin, dass durch die Säkularisation und die Enteignung des Kirchenbesitzes zu Beginn des 19. Jahrhunderts auch die kirchenmusikalischen Zentren weithin verschwanden. Dies habe der Kirchenmusik zunächst großen Abbruch getan, bis sie wieder zu neuer Blüte gelangen konnte. Riedel betonte, dass mit den Beiträgen des Sammelbandes ein weiterer Schritt getan wurde, um die lange brachliegende Erforschung der Kirchenmusik des 19. Jahrhunderts voranzutreiben. Insbesondere sei durch die politische Wende des Jahres 1989 ein Qualitätssprung in diese Richtung erfolgt. Zwar seien schon zu Zeiten der kommunistischen Diktatur Einzelforschungen möglich gewesen und viele Werke hatten auch die kommunistische Zeit überdauert. Aber erst nach der Wende seien alle Quellen wieder allgemein zugänglich geworden.
Die Leiterin des Sinziger Studio-Verlags, in dem das Buch erschienen ist, Dr. Gisela Schewe, betonte, dass noch viele kirchenmusikalische Schätze des 19. Jahrhunderts auf ihre Neuentdeckung warteten. Nicht alle vergessenen Werke seien von hohem Wert, aber eine ganze Reihe seien auch zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Deshalb sei es Aufgabe der musikwissenschaftlichen Quellenforschung, auf den Spuren der Vergangenheit Werke wieder erstehen und lebendig werden zu lassen. Dazu verwies sie beispielhaft auf eine Veröffentlichung der Binger Musikwissenschaftlerin Ute Ringhardt über das "Weinen in der Musik".
Hinweis: Anton Bruckner. Tradition und Fortschritt in der Kirchenmusik des 19. Jahrhunderts. Band 7 der Kirchenmusikalischen Studien. Hrsg. Friedrich Wilhelm Riedel, Studio-Verlag Sinzig 2001, 400 Seiten mit zahlreichen Notenbeispielen und einer Reihe von Kirchen-Abbildungen, 50 €.
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