In der aktuellen Ausgabe mit den Themen: Erster Pfarrei-Gründungsgottesdienst im Bistum, Bestseller-Autor im Erbacher Hof (18.1.), fünf neue Pfarreien zum Jahresbeginn, Bischof Kohlgraf predigt an Epiphanie im Dom, Treffen der Leitenden Geistlichen in Limburg, Friedenslicht in Bischofshaus und Ordinariat. Rieth würdigte Mitarbeitende der GKPM zum Abschied, Mainzer Domchöre zum Jahreswechsel in Rom, 66. Aktion Dreikönigssingen, Predigt von Generalvikar Lang zum Jahresschluss, Predigt von Bischof Kohlgraf zu Weihnachten und der Predigt von Weihbischof Bentz in der Christmette.
Erster Gründungsgottesdienst im Rahmen des Pastoralen Weges in Gau-Algesheim
Gau-Algesheim. „Wir gründen zwar große Pfarreien, aber ich bin davon überzeugt, dass hier Beheimatung, Nähe und Beziehung weiter empfunden und gelebt werden können. Es braucht Menschen vor Ort, die dem Evangelium ein Gesicht geben, die ansprechbar sind, die wissen, was vor Ort gebraucht wird.“ Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Sonntag, 7. Januar, beim Gründungsgottesdienst der neuen Pfarrei St. Maria Magdalena Ingelheim in der Pfarrkirche St. Cosmas und Damian in Gau-Algesheim. Zum 1. Januar 2024 waren die ersten fünf Pfarreien aus bisherigen Pastoralräumen im Bistum Mainz gegründet worden. Kohlgraf sprach von einem „historischen Ereignis“, da in Gau-Algesheim der erste Gottesdienst zu einer Neugründung im Bistum Mainz gefeiert wurde.
Seine Predigt beendete Bischof Kohlgraf mit Segenwünschen für die neue Pfarrei: „Ich wünsche der neuen Pfarrei St. Maria Magdalena Ingelheim und allen Mitgliedern, dass sie die positive Kraft der Veränderungen erleben können. Mögen Sie in der Vielfalt der Formen die Chance erkennen, im eigenen Glauben zu wachsen, bestehende Gemeinschaften zu festigen und neue entstehen zu lassen. Für den gemeinsamen Weg, auf den Sie sich nun begeben, erbitten wir in diesem Gottesdienst den Segen Gottes.“
Weiter sagte Kohlgraf: „Ich sehe eine Chance darin, dass wir auf dem Weg, den auch Papst Franzskus einfordert, ein synodales Miteinander über die Grenzen der Orte und Gemeinden hinweg entwickeln. Wir nehmen das gemeinsame Priestertum ernst, wir vernetzen die Vielfalt der Kirchorte, wir binden Pfarrer in Teams ein, wir entwickeln gemeinsame Beratungs- und Entscheidungsprozesse. Dabei lernen wir immer wieder dazu, wir schätzen die gemeinsamen Ressourcen und Charismen, wir ermöglichen den hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Weiterentwicklung und verteilen Leitungsaufgaben auf mehrere Schultern.“
Und weiter: „Diese Prozesse sind Ausdruck davon, unseren Glauben in Vielfalt leben und feiern zu können. Ein großer Raum mit vielen Gemeinden und Kirchorten bietet da mehr Möglichkeiten als der nur je eigene Kirchturm. Natürlich gibt es Trauer, Abschied und Besorgnis. Ich nehme aber auch wahr, wie viele Menschen sich hier in dieser neuen Pfarrei auf die Überlegungen mit Hoffnung und Engagement eingelassen haben. Ich bin Ihnen allen überaus dankbar. Ich bitte Sie, diese Prozesse mit Zuversicht weiter zu gehen. Denn vor allen Strukturfragen geht es nicht nur um eine Wahrnehmung der Wirklichkeit, sondern auch um eine Haltungsänderung. Leben ist Veränderung, vom Geist geleitet. Dabei haben die neuen Pfarreien den Auftrag, die Gesellschaft und das Evangelium im Rahmen ihrer Möglichkeiten in ein neues Gespräch zu bringen. Es wird nicht so sein wie in den 1950er Jahren, aber wir werden Sauerteig und Licht bleiben.“ Kohlgraf erinnerte an das erste Apostolische Schreiben von Papst Franziskus, in dem dieser darauf hinweise, dass die Pfarrei „keine hinfällige Struktur“ sei, und gerade wegen ihrer großen Formbarkeit ganz verschiedene Formen annehmen könne (Evangelii Gaudium 28).
Bischof Kohlgraf erläuterte auch die Schwierigkeiten der bisherigen Gemeindestruktur: „Zwischen den Pfarreien gab es wenig Verbindungen, man traf sich gelegentlich bei Dekanatsversammlungen. Gemeinsame Planungen gab es kaum. Auch die Seelsorgerinnen und Seelsorger in der Kategorialseelsorge sowie die Gemeinden anderer Muttersprachen führten ein Eigenleben, das nur dann mit den Ortsgemeinden verzahnt war, wenn zwischen den Verantwortlichen ,die Chemieʼ stimmte.“ Und weiter: „Seit mittlerweile 40 Jahren reden wir über den Priestermangel“, sagte Kohlgraf. Bereits das II. Vatikanum (1962 bis 1965) habe die priesterliche Würde aller Gläubigen hervorgehoben, aber „das Priestertum aller Gläubigen wurde nicht immer im entscheidenden Maß wahrgenommen. Eine Feier oder ein Ereignis bekam dadurch einen Wert, dass der Pfarrer vor Ort war. Andere seelsorgliche Hauptamtliche und auch Ehrenamtliche wurden nicht selten als Notstopfen gesehen.“ Oft sei nicht wahrgenommen worden, dass sich kirchliches Leben vielfach außerhalb von örtlichen Gemeindestrukturen ereignet habe.
Begrüßung durch Pfarrer Feuerstein
In seiner Begrüßung wies Pfarrer Christian Feuerstein darauf hin, dass die neue Pfarrei aus acht bisherigen Pfarreien und 18 Orten und Ortsteilen gebildet wird. Zum Jahresende habe es in allen Gemeinde Dankgottesdienste gegeben, bei denen die „Sternstunden des Gemeindelebens“ in Schatzkisten gesammelt wurden, die im Gründungsgottesdienst von Gemeindevertretern vor den Altar gebracht wurden. „Diese Schatzkisten sind eine wichtige Verbindung zwischen, was war, und dem, was kommt“, betonte Feuerstein, der deutlich machte: „Wir stehen auf einem sicheren Fundament, nämlich Christus selbst.“
Am Ende des Gottesdienstes dankte die Koordinatorin der neuen Pfarrei St. Maria Magdalena, Gemeindereferentin Christine Wüst-Rocktäschel, allen Beteiligten für ihr Engagement auf dem Weg zur Neugründung; Verwaltungsleiterin Edith Scharte und die Mitglieder der Steuerungsgruppe erhielten Blumen für ihren Einsatz. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst aus einer Spielgemeinschaft der Katholischen Kirchenmusiken und der Chöre der neuen Pfarrei sowie Diakon Franz Luckas an der Orgel. Beim anschließenden Empfang im Familienzentrum St. Nikolaus überbrachten Sternsinger ihre Segenswünsche und außerdem überreichte Bischof Kohlgraf die Ernennungsdekrete für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der neuen Pfarrei.
Pfarreigründungen im Rahmen des Pastoralen Weges
Bis zum Jahr 2030 sollen aus den 46 Pastoralräumen im Bistum Mainz 46 neue Pfarreien entstehen. Die Gründungen sind Teil des Reformprozesses „Pastoraler Weg“, auf dem sich das Bistum Mainz befindet. Es ist ein Prozess der Entwicklung und Erneuerung der Kirche im Bistum Mainz. Die ersten fünf Pfarreien werden zu Beginn des Jahres 2024 gegründet. Es sind die Pfarreien: St. Maria Magdalena Ingelheim, Heilige Familie Langen-Egelsbach-Erzhausen, Heilige Edith Stein Lorsch-Einhausen, Sankt Franziskus Offenbach und Heiliger Johannes XXIII. Viernheim. In jeder Pfarrei wird ein Gründungsgottesdienst gefeiert, dem Bischof Peter Kohlgraf oder Generalvikar Dr. Sebastian Lang vorstehen. Die Leitung der neuen Pfarreien wird in gemeinsamer, geteilter Verantwortung erfolgen, unbeschadet der rechtlichen Stellung des Pfarrers als Leiter der Pfarrei. Es gibt drei Rollen: Pfarrer, Koordinatorin oder Koordinator, und Verwaltungsleiter oder Verwaltungsleiterin. Sie berücksichtigen Verantwortung und Rechte des Pfarreirates und des Kirchenverwaltungsrates, sowie der Mitglieder des Pastoral- und des Verwaltungsteams.
Hinweis: Weitere Informationen zum Pastoralen Weg unter bistummainz.de/pastoraler-weg
Nachricht voraus am 7.1.2024 tob (MBN)
Ewald Frie liest aus seinem Buch „Ein Hof und Elf Geschwister“
Mainz. Deutscher Sachbuch-Preis, Platz Eins der Spiegel-Bestseller-Liste, sogar die „Tagesschau“ griff das Buch auf: Der Tübinger Historiker Ewald Frie hat mit seiner Studie „Ein Hof und Elf Geschwister“ über das Verschwinden der bäuerlichen Welt, die Familiengeschichte mit übergreifenden Entwicklungen verbindet, einen Sensationserfolg gelandet und offenkundig einen Nerv getroffen. Was sind seine eigenen Erkenntnisse aus der Arbeit am Buch und der enormen Resonanz auf dessen Erscheinen? Und welche Rolle spielt in seiner Analyse der Katholizismus? Über diese und weitere Aspekte spricht der mit Spannung erwartete Autor am Donnerstag, 18. Januar, um 19.00 Uhr bei einer Autorenlesung in der Akademie des Bistums Mainz Erbacher Hof (Grebenstraße 24-26). Kostenbeitrag fünf Euro, freier Eintritt für Schüler, Studierende und Auszubildende bis 27 Jahre.
PM (MBN)
Fünf Pfarreien feiern ihren Gründungsgottesdienst im Jahr 2024
Mainz. Am Montag, 1. Januar 2024, sind im Bistum Mainz die ersten fünf Pfarreien aus bisherigen Pastoralräumen neu gegründet worden: St. Maria Magdalena Ingelheim, Heilige Familie Langen-Egelsbach-Erzhausen, Heilige Edith Stein Lorsch-Einhausen, St. Franziskus Offenbach und Hl. Johannes XXIII Viernheim. „Ich hoffe, dass Sie ihr Zusammenwirken immer mehr als entlastend, bereichernd und frohmachend erfahren können“, schreibt der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf in einem Brief an die Gemeinden.
„Ich freue mich, dass wir zum Beginn dieses Jahres die ersten fünf neuen Pfarreien gründen konnten. Und ich danke allen, die in den Pastoralräumen haupt- und ehrenamtlich daran mitgewirkt haben, herzlich für den besonderen Einsatz, der diesen Schritt erst möglich gemacht hat“, schreibt Bischof Kohlgraf in einem Brief an die Hauptamtlichen Pastoralen Mitarbeitenden des Bistums. Und weiter: „Neu ist an diesen Pfarreien die intensivere Zusammenarbeit der Gemeinden und Kirchorte, die in den Pastoralräumen bereits wachsen konnte. Ein Mehr an Vernetzung und Zusammenarbeit ist auf der einen Seite schlicht notwendig, manchmal sicher auch mühsam. Auf der anderen Seite konnte und kann hoffentlich auch immer mehr entdeckt werden, dass sie auch entlastend, bereichernd und frohmachend ist.“
Leitung in gemeinsamer Verantwortung
Die Leitung der neuen Pfarreien wird in gemeinsamer, geteilter Verantwortung erfolgen, unbeschadet der rechtlichen Stellung des Pfarrers als leitendem „Hirten der Pfarrei“, wie Kohlgraf schreibt. Es gibt drei Rollen: Pfarrer, Koordinatorin oder Koordinator, und Verwaltungsleiter oder Verwaltungsleiterin. Sie teilen Leitungsaufgaben arbeitsteilig differenziert untereinander auf. „Der (leitende) Pfarrer delegiert konkret und verbindlich Leitungsaufgaben an die Koordinatorin bzw. den Koordinator. In diesen Bereichen nimmt sie bzw. er dann die Leitungsverantwortung inhaltlich und gegenüber den beteiligten haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden wahr“, schreibt Kohlgraf. Sie berücksichtigen Verantwortung und Rechte des Pfarreirates und des Kirchenverwaltungsrates, sowie der Mitglieder des Pastoral- und des Verwaltungsteams.
Konkret umgesetzt werden kann dieses Leitungsmodell bereits in den Pfarreien Ingelheim, Offenbach und Viernheim, in denen leitender Pfarrer, Koordinatorin und Verwaltungsleiterin bzw. Verwaltungsleiter ihre aus der Leitung der jeweiligen Pastoralräume bewährte Zusammenarbeit fortsetzen werden. Damit knüpft das Bistum an das Wort der deutschen Bischöfe „Gemeinsam Kirche sein“ aus dem Jahr 2015 an, das zurecht betont, dass Leitung gemeinschaftlich wahrgenommen werden sollte. Bischof Kohlgraf schreibt: „Ich bitte Sie alle um die Unterstützung des neuen Leitungsmodells – grundsätzlich und in der konkreten Zusammenarbeit mit den Beteiligten. Und ich bitte Sie um das Gebet für diejenigen, die in der Leitung der neuen Pfarreien Verantwortung übernehmen.“
An die Mitglieder der neuen Pfarreien gewandt schreibt Kohlgraf: „Ich danke Ihnen für Ihr Engagement in der Vorbereitung dieses Schritts. Vor allem danke ich allen, die sich in der Pastoralraumkonferenz und der Steuerungsgruppe, in den Projektgruppen und den Teams des Pastoralraumes sowie in den Gremien der bisherigen Pfarreien für das Zusammengehen auf dem Pastoralen Weg eingesetzt haben.“
Neu an der jeweiligen Pfarrei sei, dass sie „als ein Netzwerk aus Gemeinden und Kirchorten zusammenwirken wird“, schreibt Kohlgraf. In seinem Schreiben an die Gemeinden nimmt Kohlgraf Bezug auf den ersten Brief Paulus an die Korinther: „Wie der eine Leib die verschiedenen Glieder braucht, so brauchen Sie einander in der neuen Pfarrei und können sich gegenseitig unterstützen und in Christus eine Einheit bilden.“ Mit Blick auf die Zukunft schreibt Kohlgraf: „So wünsche und hoffe ich, dass Sie in Ihrer neuen Pfarrei Leib Christi sind, bleiben und immer mehr werden. Und ich hoffe, dass Sie ihr Zusammenwirken immer mehr als entlastend, bereichernd und frohmachend erfahren können.“
Gründungsfeiern
In allen genannten Pfarreien wird ein Gründungsgottesdienst mit Bischof Peter Kohlgraf oder Generalvikar Dr. Sebastian Lang gefeiert.
Die Termine dieser Gründungsfeiern sind:
Stichwort: Pfarreigründungen
Bis zum Jahr 2030 sollen aus den 46 Pastoralräumen im Bistum Mainz 46 neue Pfarreien entstehen. Die Gründungen sind Teil des Reformprozesses „Pastoraler Weg“, auf dem sich das Bistum Mainz befindet. Es ist ein Prozess der Entwicklung und Erneuerung der Kirche im Bistum Mainz.
Hinweis: Weitere Informationen zum Pastoralen Weg unter bistummainz.de/pastoraler-weg
Nachricht voraus am 2.1.2024 hoff (MBN)
Pontifikalamt am Hochfest Erscheinung des Herrn mit Bischof Peter Kohlgraf im Dom
Mainz. „Die Kirche bleibt eine starke Gemeinschaft, die Menschen motivieren und zusammenführen kann.“ Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Samstag, 6. Januar, beim Pontifikalamt am Hochfest Erscheinung des Herrn im Mainzer Dom. Besonders würdigte er das Engagement der Sternsinger in diesen Tagen. „Ohne die Kirche gäbe es die vielen Jugendlichen nicht, die sich derart engagieren. In Schulen, in Kommunion- und Firmkatechese, in Jugendgruppen und vielen anderen Orten lassen sich junge Menschen für den Einsatz für die Welt begeistern. Ich kenne keine andere Organisation, die das leistet. Neben dem Einsatz für die große, weite Welt bringen die Kinder und Jugendlichen auch viel Freude in die Häuser, die oft von einsamen Menschen bewohnt werden und die so eingebunden sind in die Gemeinschaft aller.“
Bischof würdigte Sternsingeraktion
Weiter sagte Kohlgraf: „Die Sternsingeraktion in diesem Jahr schärft das Bewusstsein für die gemeinsame Verantwortung aller Menschen für die eine Erde und stößt sie nicht vor den Kopf. Sie nimmt Menschen mit und versucht, für das Engagement einzuladen. Damit leisten gerade die jungen Sternsingerinnen und Sternsinger einen Dienst an allen Menschen. Sie zeigen: man kann etwas bewegen, wenn man sich zusammenschließt und Menschen motiviert, indem man sie segnet und sie daran erinnert, dass von allen Menschen Segen ausgehen kann.“ Und weiter: „Die Sternsingeraktion will uns nicht nur an die eigene Verantwortung erinnern, sondern auch demütig machen. Niemand ist der letzte Maßstab, außer Gott allein, jeder und jede ist eingebunden in ein großes Netz, das in trägt und das er mitgestalten muss, um die Erde bewohnbar zu erhalten.“
Wörtlich sagte der Bischof: „,Christus segne dieses Hausʼ – so schreiben die Sternsingerinnen und Sternsinger auch in diesem Jahr an unsere Türen. Sie segnen alle Wohnungen, gleich, welche Menschen dort wohnen, ob sie fromm sind, ob sie zur Kirche gehören oder ob sie sich auch nur annähernd dem christlichen Anspruch verpflichtet wissen. Seit dem 16. Jahrhundert schon werden durch die Sternsinger alle gesegnet, allen wird die liebende Zuwendung Gottes zugesprochen.“ Gemeinsam für unsere Erde – in Amazonien und weltweit“ lautet das Motto der 66. Aktion Dreikönigssingen in diesem Jahr.
Bischof Kohlgraf sagte, dass sich viele sich daran gewöhnt hätten, „die Kirche als Problemfall zu sehen“: „Wir können zu Recht Kritik an der Kirche äußern, und wir werden uns auch 2024 im Bistum Mainz den drängenden Fragen und Themen stellen. Neben den genannten Gruppen sind so viele bereit, sich in den Dienst des Kindes von Bethlehem zu stellen, um der anderen Menschen und der Schöpfung willen. Wer kritisiert, sollte sich durch sie auch fragen lassen, was er oder sie selbst tut.“ Und weiter: „Die jüngst erschienene Kirchenbindungsstudie zeigt auf, dass bei aller wachsenden Distanz zur Kirche das ehrenamtliche Engagement im Zusammenhang der kirchlichen Bindung signifikant höher ist als in anderen Bereichen. Die Sternsinger sind ein Beispiel dafür. Wir sollten auch diese Seite der Kirche öffentlich stark machen. Wir müssen Übel bekämpfen auch in der Kirche, aber wir müssen das viele Gute nicht kleinreden.“
Kohlgraf verwies auch darauf, dass in diesem Jahr wieder die 72-Stunden-Aktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) stattfinden wird (18.-21. April). An der letzten Auflage im Jahr 2019 hatten sich über 160.000 Kinder und Jugendliche beteiligt. Weitere Beispiele für das große Engagement von Jugendlichen in der Kirche sei außerdem die Ministrantenwallfahrt (27. Juli-3. August). Zur gerade abgeschlossenen Romfahrt der Chöre am Mainzer Dom zum internationalen Chorfestival sagte der Bischof: „Den Einsatz, die Begeisterung, die Gestaltung von Gemeinschaft und Miteinander muss ihnen erst einmal jemand nachmachen.“ Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst zu Epiphanie vom Ferienchor der Chöre am Mainzer Dom unter Leitung von Domkapellmeister Professor Karsten Storck, Domkantorin Jutta Hörl sowie Domorganist Professor Daniel Beckmann an der Mainzer Domorgel.
Nachricht voraus am 6.1.2024 tob (MBN)
Kirchenleitungen aus Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland trafen sich
Limburg. Hoher Besuch in Limburg: Die leitenden Geistlichen der evangelischen und katholischen Kirche aus Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland haben sich zum Jahresende im Limburger Bischofshaus getroffen.
Bei dem informellen Austausch am Mittwoch, 20. Dezember, ging es in diesem Jahr um aktuelle Fragen des kirchlichen Lebens und um gesellschaftliche Herausforderungen für die Kirchen. Bei dem Treffen waren in diesem Jahr dabei: Bischöfin Beate Hofmann (EKKW), Präses Thorsten Latzel (EKiR, Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst (Evangelische Kirche in der Pfalz) und Kirchenpräsident Volker Jung (EKHN) sowie die Bischöfe Stephan Ackermann (Trier), Karl-Heinz Wiesemann (Speyer), Michael Gerber (Fulda), Georg Bätzing (Limburg) und Diözesanadministrator Michael Bredeck (Paderborn). Die Treffen der Leitenden Geistlichen haben eine lange Tradition. Auch dort wird ein vertrauensvoller Austausch in geschwisterlich ökumenischer Runde gepflegt.
PM (MBN)
Pfadfinderinnen und Pfadfinder brachten Friedenssymbol zur Bistumsleitung
Mainz. Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus dem Bistum haben dem Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Donnerstag, 21. Dezember, das Friedenslicht aus Bethlehem ins Mainzer Bischofshaus gebracht. Zuvor waren sie auch im Bischöflichen Ordinariat bei Generalvikar Dr. Sebastian Lang und der Bevollmächtigten des Generalvikars, Ordinariatsdirektorin Stephanie Rieth, zu Gast. Bischof Kohlgraf, Generalvikar Lang und die Bevollmächtigte Rieth dankten den Pfadfinderinnen und Pfadfindern für ihren Einsatz für Frieden. Begleitet wurde die Gruppe von Diözesankurat Simon Krost, BDKJ-Vorstand, Pfarrer Daniel Kretsch, und Verena Storch von der PSG. Das Motto der Aktion lautet in diesem Jahr: „Auf der Suche nach Frieden“. Im Anschluss an die Besuche bei der Mainzer Bistumsleitung brachte die Gruppe das Friedenslicht zur rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer in der Mainzer Staatskanzlei.
Am dritten Adventssonntag hatte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf mit Pfadfinderinnen und Pfadfindern aus dem Bistum Mainz die Aussendungsfeier des Friedenslichtes im Mainzer Dom gefeiert. Das Friedenslicht wird seit 1986 verteilt. Seit 1994 tragen auch die deutschen Pfadfinderverbände im Advent das Licht aus der Geburtsgrotte in Bethlehem als Zeichen des Friedens in Gemeinden, Familien und zu Prominenten. Getragen wird die Aktion Friedenslicht unter anderem von der DPSG, der PSG und dem BDKJ.
Hinweis: Weitere Informationen: www.friedenslicht.de und unter www.dpsg-mainz.de
Nachricht voraus am 21.12.2023 tob (MBN)
Stephanie Rieth würdigte Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Mainz. Mit einem Gottesdienst und einem Empfang am Mittwoch, 20. Dezember, im Erbacher Hof sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesellschaft für kirchliche Publizistik Mainz (GKPM) verabschiedet worden. 2019 hatten die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz mitgeteilt, dass die GKPM aus wirtschaftlichen Gründen zum 31. Dezember dieses Jahres ihr operatives Geschäft einstellen wird. Die GKPM hat bis dahin die Kirchenzeitungen der Bistümer herausgegeben: „Bonifatiusbote“, „Der Sonntag“ und „Glaube und Leben“. Ab 2024 übernimmt die Verlagsgruppe Bistumspresse (VBP) aus Osnabrück die Bistumszeitungen der Diözesen Fulda, Mainz und Limburg.
Ordinariatsdirektorin Stephanie Rieth, Bevollmächtige des Generalvikars, dankte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ihrer Ansprache im Gottesdienst für ihr großes Engagement: „Mit viel Herzblut haben Sie auf je eigene Weise für drei tolle Kirchenzeitungen gearbeitet.“ Rieth würdigte auch die Treue der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den vergangenen vier Jahren: „Sie haben alle in dieser Übergangsphase das aufgefangen, was weggebrochen ist, und dennoch für Ihre Bistümer, für Ihre Gesellschafter, jede Woche treu Ihre Zeitung gemacht. Das ist eine ganz beachtliche Leistung; ein Einsatz, für den ich Ihnen ganz ausdrücklich – auch im Namen der Bistumsleitungen der drei Bistümer – danken möchte.“ Im Gottesdienst wurde auch der verstorbenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der GKPM gedacht. Beim anschließenden Empfang zeigte Rieth eine Präsentation, die die vergangenen Jahre der Kirchenzeitungen Revue passieren ließ.
Auch Thomas Hagenhoff, der gemeinsam mit Ulrich Waschki die Geschäftsführung der GKPM in den vergangenen Jahren wahrgenommen hatte, dankte in seiner Ansprache den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dass die GKPM nun an das Ende ihrer Geschichte gekommen sei, entwerte nicht das, „was Sie in den vergangenen Jahren für die Kirchenzeitungen geleistet haben“, sagte er. „Sie haben erfolgreiche Verkündigungsarbeit gemacht und Abertausende von Leserinnen und Leser über Jahrzehnte über Kirche und kirchliches Leben informiert. Wir wünschen Ihnen, dass Sie mit Stolz auf das zurückblicken können, was Sie für die katholische Kirche in Ihren Bistümern geleistet haben“, sagte Hagenhoff.
Nachricht voraus am 21.12.23 am (MBN)
Musica Sacra des Mainzer Doms nimmt an internationalem Chortreffen teil
Mainz/Rom. Am Mittwoch, 27. Dezember, fahren rund 135 Sängerinnen und Sänger des Mädchenchors am Dom und St. Quintin und des Mainzer Domchores gemeinsam mit knapp 200 Begleitpersonen mit dem Bus nach Rom. Dort werden sie am internationalen Chorfestival des Deutschen Chorverbandes Pueri Cantores teilnehmen. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf wird die Gruppe begleiten. Unter dem Motto „Et in terra pax“ werden dort etwa 5.000 Jugendliche bis Dienstag, 2. Januar 2024, zusammenkommen, um gemeinsam zu singen, sich zu begegnen und mit Papst Franziskus Gottesdienst zu feiern.
Los geht es am Morgen des 27. Dezember um 5.00 Uhr in Mainz. „Auf der Hinfahrt und auf der Rückfahrt ist je eine Übernachtung in Mailand geplant“, erklärt Domkapellmeister Professor Karsten Storck. „Auf dem Hinweg werden wir sogar ein Konzert im Mailänder Dom geben“, sagt er. Es wird das erste Mal sein, dass der Mainzer Domchor gemeinsam mit dem Mädchenchor am Dom und St. Quintin auftreten wird. „Wir haben gemeinsam geprobt und werden auch gemeinsam an der Papstaudienz teilnehmen“, erklärt Storck.
Mit dabei sein werden auch Bischof Peter Kohlgraf, Generalvikar Dr. Sebastian Lang, Domdekan Geistlicher Rat Henning Priesel und Diözesankirchenmusikdirektor Lutz Brenner. Bischof Kohlgraf wird am Freitag, 29. Dezember, um 10.00 Uhr, als Hauptzelebrant den Eröffnungsgottesdienst in der Lateranbasilika feiern. Um 15.00 Uhr steht ein Friedensgebet mit Einzelsegnung durch den Bischof in Santa Maria in Trastevere auf dem Programm, am selben Tag wird Bischof Kohlgraf um 21.00 Uhr am Weihnachtskonzert in der Kirche San Ignazio teilnehmen. Am Samstag, 30. Dezember, wird die Gruppe um 11.00 Uhr an einer privaten Papstaudienz der Chöre teilnehmen. Ebenfalls am Samstag wird Bischof Kohlgraf um 15.00 Uhr einen Privatgottesdienst am Hauptaltar des Petersdoms feiern, Domdekan Priesel wird konzelebrieren. Am Sonntag, 31. Dezember, wird Bischof Kohlgraf um 10.00 Uhr der Heiligen Messe der deutschen Knabenchöre und des Mädchenchors in der Kirche San Giovanni Bosco vorstehen. Am Montag, 1. Januar 2024, wird der Bischof in der Papstmesse konzelebrieren. Kurzfristige Programmänderungen sind möglich.
Hinweis: Weitere Informationen unter www.domchor-mainz.de und unter www.pueri-cantores.de
Nachricht voraus am 21.12.2023 hoff (MBN)
Sternsinger aus dem Bistum Mainz zu Gast in Kanzleramt und Staatskanzleien
Aachen. Unter dem Motto „Gemeinsam für unsere Erde – in Amazonien und weltweit“ stehen die Bewahrung der Schöpfung und der respektvolle Umgang mit Mensch und Natur im Fokus der Aktion Dreikönigssingen 2024. Rund um den Jahreswechsel machen sich Kinder und Jugendliche königlich verkleidet auf den Weg zu den Menschen, um Spenden für benachteiligte Kinder weltweit zu sammeln und den Segen an die Haus- und Wohnungstüren zu schreiben. Sternsingerinnen und Sternsinger aus dem Bistum Mainz werden das Kanzleramt in Berlin besuchen, die Staatskanzleien in Hessen und Rheinland-Pfalz, und den hessischen Landtag. Bundesweit eröffnet wird die Aktion am Freitag, 29. Dezember, in Kempten im Allgäu, mit einem Gottesdienst mit dem Augsburger Bischof Dr. Bertram Meier.
Am Samstag, 6. Januar 2024, wird eine Gruppe aus St. Marien in Großen-Buseck um 12.00 Uhr das Kanzleramt in Berlin besuchen und Bundeskanzler Olaf Scholz treffen. Am Montag, 9. Januar, um 14.00 Uhr wird eine Sternsinger-Gruppe aus St. Peter, Pastoralraum Heppenheim, von Landtagspräsidentin Astrid Wallmann im Hessischen Landtag empfangen. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer wird am Mittwoch, 10. Januar, um 15.00 Uhr eine Sternsinger-Gruppe aus der Pfarrgruppe Rheinhessische Schweiz in der Staatskanzlei in Mainz empfangen. In der hessischen Staatskanzlei in Wiesbaden werden am Montag, 15. Januar, um 10.00 Uhr Sternsingerinnen und Sternsinger aus St. Walburga in Groß-Gerau und aus Büttelborn (Heiliger Nikolaus von der Flüe) von Ministerpräsident Boris Rhein empfangen.
Oberhessischer Sternsingertag
Der oberhessische Sternsingertag wird am Freitag, 29. Dezember, von 10.00 Uhr bis 15.00 Uhr im Pfarrzentrum und in der Kirche Christ-König in Alsfeld stattfinden. Zu dem Tag mit Workshops und einem Gottesdienst um 13.30 Uhr wird der Mainzer Generalvikar Dr. Sebastian Lang erwartet, sowie Pfarrer Daniel Kretsch, Diözesanjugendseelsorger und Diözesanpräses des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), und Anna Mersch, Referentin für Religiöse Bildung im Bischöflichen Jugendamt Mainz.
Aktion Dreikönigssingen
Die Aktion Dreikönigssingen 2024 bringt den Sternsingern nahe, vor welchen Herausforderungen Kinder und Jugendliche in Amazonien stehen. Sie zeigt ihnen, wie die Projektpartner der Sternsinger die jungen Menschen dabei unterstützen, ihre Umwelt und ihre Kultur zu schützen. Zugleich macht die Aktion deutlich, dass Mensch und Natur am Amazonas, aber auch hier bei uns eine Einheit bilden. Sie ermutigt die Sternsinger, sich gemeinsam mit Gleichaltrigen aller Kontinente für ihr Recht auf eine gesunde Umwelt einzusetzen.
Rund 1,31 Milliarden Euro seit Beginn der Aktion gesammelt
Im Jahr 1959 wurde die Aktion erstmals gestartet. Inzwischen ist das Dreikönigssingen die weltweit größte Solidaritätsaktion, bei der sich Kinder für Kinder engagieren. Rund 1,31 Milliarden Euro haben die Sternsinger seit dem Aktionsstart gesammelt. Mit den Spenden werden Projektmaßnahmen für benachteiligte und Not leidende Kinder in Afrika, Lateinamerika, Asien, Ozeanien und Osteuropa unterstützt. Gefördert werden Programme in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Pastoral, Ernährung und soziale Integration. Die Aktion wird getragen vom Kindermissionswerk ‚Die Sternsinger‘ und vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ).
Hinweis: Weitere Informationen unter www.sternsinger.de, Ansprechpartnerin im Bistum Mainz: Anna Mersch, E-Mail: sternsinger@bistum-mainz.de
Nachricht voraus am 20.12.2023 hoff (MBN)
Predigt von Generalvikar Dr. Sebastian Lang zum Jahresschluss im Mainzer Dom
Mainz. Der Mainzer Generalvikar Dr. Sebastian Lang hat an Silvester, 31. Dezember, den Jahresschlussgottesdeinst im Mainzer Dom gefeiert. Im Folgenden dokumentieren wir den Wortlaut seiner Predigt:
Was, liebe Schwestern und Brüder, antwortet man am besten auf die Frage „Wie geht es dir“? Selbst, wenn diese Frage nicht als Floskel gemeint ist, sondern jemand sich ernsthaft nach meinem Befinden erkundigt, weiß ich oft nicht, wie ich antworten soll. Einerseits will ich mein Gegenüber vielleicht nicht mit meinen Sorgen und Befindlichkeiten belasten; nicht immer habe ich auch das Gefühl, dass diese jemand anderes etwas angehen. Andererseits geht es mir selten einfach gut oder schlecht. Meist gibt es doch gleichzeitig Dinge, die mich freuen, und Dinge, die mich belasten. Vielleicht eine Binsenweisheit, aber eine, die einen Sachverhalt beschreibt, der mein Leben sehr prägt.
Wir stehen vor dem Beginn eines neuen Jahres. „Ein gutes Neues Jahr!“, werden wir uns wieder wünschen. Meint das, dass es uns immer gut gehen soll? Wäre das nicht vermessen und am Ende auch gar nicht so wünschenswert?
Die eine oder der andere werden vielleicht auch noch „Ein gesegnetes Jahr!“ wünschen. Mal abgesehen davon, dass das für viele etwas altmodisch klingen mag: Die Frage, was wir einander da eigentlich wünschen, wird wohl kaum leichter durch diese Variante. Das Gute, das Glück, der Segen – Konzepte, Ideen, Begriffe für das Gelingen menschlichen Lebens, die durchaus mit sehr unterschiedlichem Inhalt befüllt werden können.
Es ist erst noch keine zwei Wochen her, dass ‚Rom‘ – wie wir gerne sagen –, also die Römische Kurie uns das Thema ‚Segen‘ neu auf die Tagesordnung gesetzt hat: am 18. Dezember hat das Dikasterium für die Glaubenslehre die „Erklärung Fiducia supplicans über die pastorale Sinngebung von Segnungen“ veröffentlicht.[1] Im Hinblick auf die Debatten rund um die Frage nach Segnungen von wiederverheiratet Geschiedenen und gleichgeschlechtlichen Paaren denkt dieser Text über die theologische Bedeutung von Segen nach. Der sogenannte Aaronitische Segen, den wir gerade als Lesung aus dem Buch Numeri gehört haben,[2] dient der Erklärung als Ausgangspunkt ihres theologischen Nachdenkens.[3]
Im biblischen Sprachgebrauch ist mit dem Segen sowohl der Lobpreis der Gottheit durch den Menschen als auch die besondere Begünstigung eines Menschen durch Gott gemeint.[4] Es gibt also einen aufsteigenden und einen absteigenden Sinn des Segens. Segen ist dann keine Einbahnstraße. Es geht um Beziehung – um die Beziehung zwischen dem Geschöpf und seinem Schöpfer. Sowie die schöpfende Macht Gottes dem Menschen Segen mitteilt, so beantwortet der Mensch dieses göttliche Tun mit seinem Lobpreis.
Dabei kann der Segen Gottes aus sehr konkreten Gaben an den Menschen bestehen kann, wie etwa langes Leben oder sogar Reichtum. So heißt es etwa im Kapitel 28 des Buches Deuteronomium:
„Alle diese Segnungen werden über dich kommen und dich erreichen, wenn du auf die Stimme des HERRN, deines Gottes, hörst: Gesegnet bist du in der Stadt, gesegnet bist du auf dem Land. Gesegnet ist die Frucht deines Leibes, die Frucht deines Ackers und die Frucht deines Viehs, der Wurf deiner Rinder und der Zuwachs an Lämmern und Zicklein. Gesegnet ist dein Korb und dein Backtrog.“[5]
Der Mensch hört auf Gottes Stimme und Gott belohnt ihn dafür. Der Gedanke, dass der Segen Gottes ein Lohn für gute Taten sei und aus innerweltlichem Wohl bestehen könnte, wird mit der Zeit fraglich. Denn ganz offenbar gibt es Menschen, die Gutes tun, denen es aber nicht gut ergeht. Genauso wie der sogenannte Tun-Ergehen-Zusammenhang aufgebrochen wird, wird auch der Inhalt des Segens weiter gefasst.
Im Aaronitischen Segen werden noch der Schutz („Behüte dich“) und der Frieden als innerweltliche Werte genannt. Wenn es dann heißt: „Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig.“[6], wird deutlich, dass es im Segnen in erster Linie nicht um fassbare Güter, sondern um die Gegenwart Gottes geht; bildlich ausgedrückt im Leuchten des Angesichts. Diese Gegenwart selbst ist das Geschenk, das der Schöpfer seinen Geschöpfen macht.
Ob wir das meinen, liebe Schwestern und Brüder, wenn wir einander ein „gesegnetes Neues Jahr“ wünschen? Dass wir Gottes Gegenwart in den Höhen und Tiefen des Jahres spüren können?
Die Geschichte meines Lebens bekommt mit dem Jahr 2024 ein neues Kapitel. So sehr ich plane und vorausschauend handele, so sehr bleibt es doch eine Überraschung. Das gilt auch für die Frage, wie es mir damit geht. Immerhin könnte es doch sein, dass Situationen, die ich heute fürchte, am Ende gute Erfahrungen mit sich bringen. Wobei natürlich auch das Umgekehrte gilt.
Als glaubender Mensch verstehe ich diese Unverfügbarkeit meines eigenen Lebens als Teil meines Geschaffen-Seins. Ich empfange jeden Tag aus der Hand Gottes. Nur wenn ich darin auch seine Gegenwart spüren darf, kann ich die Herausforderungen, die in diesen Geschenken der göttlichen Vorsehung stecken, meistern. Umgekehrt hängt das Gelingen meines Lebens aber gerade nicht daran, ob ich erfolgreich bin oder nicht. Gottes Gegenwart mag mich motivieren, ermutigen und stärken – am Ende ist sie selbst das Ziel meines Lebens.
Wenn wir über das Segnen nachdenken, dann steckt die große Aufgabe vielleicht weniger in der Frage, wer, wann und wie gesegnet wird – ohne dass diese Frage gänzlich nebensächlich wäre. Segen zu erbitten und Segen zu spenden, bedeutet immer, die eigene Abhängigkeit von Gott anzuerkennen. Die Erklärung Fiducia supplicans sagt: „Wer um den Segen bittet, zeigt, dass er der heilbringenden Gegenwart Gottes in seiner Geschichte bedarf, und wer die Kirche um den Segen bittet, erkennt die Kirche als ein Sakrament jenes Heils, das Gott darbietet. Das Verlangen nach einem Segen seitens der Kirche bedeutet anzuerkennen, dass das kirchliche Leben dem Schoß der Barmherzigkeit Gottes entspringt und uns hilft, vorwärts zu gehen, besser zu leben, und um dem Willen des Herrn zu entsprechen.“[7]
Ich weiß noch nicht, wie es mir 2024 gehen wird. Wenn wir gleich in der Anbetung das alte Jahr vor Jesus Christus in der Gestalt des eucharistischen Brotes bringen und dann in festlicher Weise um seinen Segen bitten, dann glaube ich, dass mein Leben von der Gegenwart Gottes abhängt, und hoffe, dass sie durch alle Höhen und Tiefen hindurch mir Stärkung und Orientierung geben wird.
(MBN)
[1] Dikasterium für die Glaubenslehre, Fiducia supplicans. Erklärung über die pastorale Sinngebung von Segnungen, 18.12.2023 – https://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/
rc_ddf_doc_20231218_fiducia-supplicans_ge.html# (27.12.2023).
[2] Vgl. Num 6,22-27.
[3] Vgl. ebd., Nr. 15.
[4] Vgl. ebd.
[5] Dtn 28,2-5.
[6] Num 6,25.
[7] Fiducia supplicans, Nr. 20.
Predigt von Bischof Peter Kohlgraf am ersten Weihnachtsfeiertag im Mainzer Dom
Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat am ersten Weihnachtsfeiertag, 25. Dezember, den Weihnachtsgottesdienst im Mainzer Dom gefeiert. Im Folgenden dokumentieren wir den Wortlaut seiner Predigt:
Das Christkind, Maria und Josef, die Engel, die Hirten, die Schafe, Ochs und Esel – sie gehören zum Grundbestand jeder Krippendarstellung in unseren Kirchen. Wer zuhause eine Krippe aufgebaut hat, hat zumindest das Kind mit Maria und Josef aufgestellt. Hier wird die Szene auf den Feldern von Bethlehem nachgestellt, wie sie das Lukasevangelium berichtet. Krippen dienen nicht nur der verklärten Erinnerung an eine Geburt vor 2000 Jahren. Sie laden dazu ein, die Geburt des Sohnes Gottes ins eigene Leben zu holen, im Gebet und in der Betrachtung. Denn die Tatsache, dass Gott in unsere Welt kommt, hat auch Relevanz für Heute. Das Johannesevangelium macht es deutlich: Es lädt ein, Gott aufzunehmen, um selbst ein Kind Gottes werden zu können. Manche eine Krippendarstellung setzt daher die Geburt Jesu in unsere Zeit, in unser Leben und auch in unsere ganz persönliche Situation. In meiner Geburtsstadt etwa gibt es eine berühmte Krippe, die das Weihnachtsgeschehen jedes Jahr neu aktualisiert. Sie überträgt es in das Stadtviertel und in das Milieu der dort lebenden Menschen. Es handelt sich um die Krippe in der romanischen Kirche Maria Lyskirchen. Als ich in Köln lebte, bin ich jedes Jahr dort gewesen. Jedes Jahr verändert sich die Krippe in Maria Lyskirchen und greift aktuelle Themen auf. Die Krippe ist weder verniedlichend noch beschönigend, manche finden sie anstößig und provozierend. An der Krippe stehen keine frommen Menschen. Da steht ein Arbeiter, eine normale Bürgerin und es bewegen sich Personen um die Krippe, die benachteiligt sind aufgrund ihrer Herkunft, ihrer sozialen Stellung, ihres Alters oder einer Behinderung, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder ihrer sexuellen Orientierung. Prostituierte und Rocker leben in dem Viertel, in dem Gott zur Welt kommt. An der Krippe gibt es Menschen wie du und ich. Nicht alle beachten das Geschehen der Geburt, aber Jesus kommt genau in diese bunte Welt, die sich kaum für Gottes Gegenwart begeistert. Ich musste in diesem Jahr der Kriege, des zunehmenden religiösen Desinteresses, der vielen Krisen und Themen in Kirche und Gesellschaft und auch mit Blick auf das eigene Umfeld an diese Krippe denken.
Wen würde ich an die Krippe stellen in diesem Jahr, ohne den Anspruch der Vollständigkeit zu erheben? Als Bischof würde ich die vielen Menschen an die Krippe stellen, die kirchlich engagiert sind und sich für ihren Glauben einsetzen. Ich hoffe, dass sie Stärkung und Ermutigung durch das Kind in der Krippe erfahren. Unsere Kirche und unsere Gesellschaft leben von diesen Menschen, die aus ihrem Glauben heraus ihr Leben gestalten und unendlich viel Gutes bewirken. Sie nehmen Maß an Jesus, der das Reich Gottes in Tat und Wort verwirklicht hat. Sie folgen ihm nach. Ich weiß, dass sie nicht immer die Wertschätzung erfahren, die ihnen gebührt. Auch als Bischof werde ich ihnen nicht immer gerecht. Aber sie machen Christus berührbar und erfahrbar. Eine Welt ohne diese Menschen wäre kalt und lieblos.
Es gibt auch fromme Menschen, die sich selbst für gerecht halten, und die lernen müssen, dass Gott anders ist als alle ihre Vorstellungen von ihm. Das Kind in der Krippe stellt doch wahrlich alle selbstgemachten Gottesbilder in Frage. Eine derartige Geschichte von einer Menschwerdung Gottes in unserer Welt kann man nicht erfinden. Man kann sie nur annehmen und das eigene Denken korrigieren lassen. Manchmal erschrecke ich als Bischof über die Selbstherrlichkeit manches frommen Menschen, die Jesus selbst abgelegt hat. Er hat seine Herrlichkeit eben nicht als Besitz begriffen, sondern als Aufgabe, anderen zu helfen. Wie viele Kommentare muss ich lesen über Menschen, die nicht mehr katholisch sind, die Sünder sind, die sich bekehren müssen, die unmoralisch leben und nicht richtig glauben. Das Kind in der Krippe umarmt genau diese Menschen. Die ganz Frommen fehlen interessanterweise bereits in den Evangelien. Pharisäer und Schriftgelehrte finden sich nicht in der Gebetsgemeinschaft an der Krippe. Das sollte einige auch heute zum Nachdenken anregen.
An die Krippe stelle ich die Menschen, die nicht glauben, die letzte Studie über Kirchenbindung zeigt deutlich, dass nicht nur die Kirchenbindung nachlässt, sondern ebenso der Glaube an Gott. Beides hängt offenbar mehr zusammen als zunächst angenommen. Vielen Menschen in unserer Gesellschaft fehlt nichts, sie sind zufrieden, ohne Gott, ohne Kirche und ohne irgendeinen religiösen Glauben. Sie sind auch keine schlechteren Menschen. Auch für sie wird Christus geboren. In der Krippendarstellung leben sie in den Straßen dieser Welt, sie beachten das Kind in der Krippe nicht, aber Jesus kommt auch in ihre Welt. Ich lebe in der Hoffnung, dass auch sie das Heil finden werden, an das sie nicht glauben. Und ich stelle mich neben sie. Ich bin als Bischof nicht der Besitzende und ich will sie nicht betrachten als Menschen mit einem religiösen Mangel. Ich „besitze“ Gott ja auch nicht. Wie oft zweifle ich an seiner Gegenwart, seiner Macht und seiner Liebe. Ich bleibe auch als Christ ein Suchender, ein Fragender. Als Glaubender kann ich von Nichtglaubenden in vielen Fragen und Themen lernen. Wenn auch sie nicht aufhören zu fragen, kann uns das zu Weggefährtinnen und Weggefährten machen. Als Glaubender lade ich alle ein: Gebt die Frage nach Gott nicht auf. An mich kann der Appell zurückgegeben werden: Verwechsle dein Bild von Gott nicht zu schnell mit der Wirklichkeit Gottes, sei dir nicht zu sicher, flüchte dich nicht in fromme Floskeln, die am Ende nicht helfen und tragen. Glaubende und Nichtglaubende sind vielleicht mehr Weggenossen, als ihnen bewusst ist.
An die Krippe stelle ich die Armen, die zu unserem Alltag gehören, die Sichtbaren und die Versteckten. Sie bleiben für mich auch persönlich ein Stachel im Fleisch. Bischöfe gerade der frühen Kirche haben sich immer auch als Vater der Armen verstanden. Das Kirchenvermögen war der Besitz der Armen, sie galten als Schatz der Kirche. Wie sehr hat sich das auch in unserem Bistum verändert. Ich habe keine Lösung, aber der Gedanke plagt mich. Kann es nur um Bestandserhalt gehen? Müssten wir nicht alle die Perspektive auf unsere Ressourcen verändern?
Ich stelle die Frage angesichts des Kindes in der Krippe ohne eine realpolitische Lösung. In der diesjährigen Krippe in der Kölner Kirche finden sich auch Jüdinnen und Juden mit der Fahne Israels. Sie sind unsere Geschwister. Sie haben nach dem 7. Oktober unsere uneingeschränkte Solidarität. Sie erkennen Jesus nicht als ihren Messias an, aber ihr Glaube ist die Wurzel, die auch uns als Christinnen und Christen trägt. Ohne ihren Glauben gibt es keine Kirche, sie dagegen brauchen unseren Glauben nicht. Wir wollen ihnen nahe sein. Genauso sind wir allen Leidenden nahe, auch sie stehen an der Krippe. Die Situation in Gaza ist unerträglich, wenn zu lesen ist, dass dort eine unüberschaubare Hungerkatastrophe droht. Krieg bringt nie Segen. Gerade in den Weihnachtstagen bringt die Liturgie die Friedensvisionen der Propheten zur Sprache. „Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht.“ Diese Hoffnung will ich den Menschen in der Ukraine zurufen, aber auch den vielen Leidenden in so vielen teils vergessenen Kriegs- und Krisenregionen der Erde. Gerne würde ich die Diktatoren und Kriegstreiber dieser Welt an die Krippe stellen: Wie könnt ihr die Brüder und Schwestern dieses Kindes ins Elend stürzen aus Machtgier und Gewissenlosigkeit – und sogar den Glauben noch zu euren eigenen Zwecken missbrauchen? Opfer von Gewalt, auch in der Kirche, gehören an die Krippe. Ich stelle mich neben sie und werde mich nicht an ihr Leid gewöhnen dürfen oder es einfach bürokratisch abhandeln dürfen. Ich weiß, dass das leichter gesagt als getan ist. So viele Menschen gehören an die Krippe, sie dürfen sich ermutigt, gestärkt, ermahnt und angefragt fühlen – je nachdem, wofür sie eintreten.
Auch ich stelle mich an die Krippe. Meine Sprache verstummt. Ich muss das Kind selbst sprechen lassen. Es sieht mich, wie ich bin. Ich kann und muss mich nicht verstellen. Es erhellt meine Dunkelheit, es lädt mich zu Freundschaft ein, es will mich in seine Nachfolge rufen. Ich muss lernen, dass die Begegnung mit diesem Kind nicht unbedeutend ist. Ich als Bischof bin nicht der Maßstab, sondern ich setze Jesus und seine Botschaft ins Zentrum. Weder ich noch wir als Kirche besitzen ihn. Wir können nur Kirche sein, indem wir an ihm Maß nehmen. In der Betrachtung seiner Hingabe komme ich an kein Ende. Jedes Thema, das uns in der Kirche besonders umtreibt, kann nur eine Lösung finden, indem wir ihn zu Wort kommen lassen. Lassen wir uns von ihm einladen, ins Gespräch zu kommen. Lassen wir uns den Mut finden, seine Zeuginnen und Zeugen zu werden.
(MBN)
Predigt von Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz in der Christmette im Mainzer Dom
Mainz. Der Mainzer Weihbischof und ernannte Erzbischof von Paderborn, Dr. Udo Markus Bentz, hat in der Christmette am Sonntag, 24. Dezember, im Mainzer Dom gepredigt. Im Folgenden dokumentieren wir den Wortlaut seiner Predigt.
Schwestern und Brüder,
es sind zwei Bilder, die mich die letzten Tage bewegten:
In der evangelisch-lutherischen Kirche in Bethlehem gibt es in diesem Jahr eine Krippe aus Schutt, darin das Christkind mit dem typisch schwarz-weißen Stoff der Kyfia, eines traditionellen, aber mit politischer Bedeutung aufgeladenes Stoffmusters Palästinas. Eine sehr ambivalente Provokation. Aber: Es ist Weihnacht in Bethlehem, im Heiligen Land. Und es herrscht Krieg: Folge eines bestialischen Terroraktes der Hamas gegen Israel. Und die Folge davon sind unzählige zivile Opfer auf allen Seiten: in Israel, im Westjordanland, in Gaza. Eine humanitäre Katastrophe sondergleichen. Es ist Weihnacht in Bethlehem. Die öffentlichen Weihnachtsfeierlichkeiten sind abgesagt. Es werden stille Gottesdienste geführt mit dem flehentlichen Bitten um Frieden.
Ein zweites Bild: Ein hell erleuchteter Weihnachtsbaum in der Nacht in Kiew, während die Drohnenangriffe und der Raketenbeschuss weitergehen. Es ist Weihnacht in der Ukraine, schon das zweite Weihnachtsfest im Krieg. Auch das dürfen wir nicht vergessen. In diesem Jahr wird in der Ukraine das Weihnachtsfest das erste Mal mit den Christen des Westens am 25. Dezember gefeiert, nicht mehr – wie es bisher Brauch war – nach dem alten julianischen Kalender am 6. Januar gemeinsam mit der orthodoxen Kirche. Eine Entscheidung der Christen in der Ukraine, um sich deutlich abzugrenzen von der orthodoxen Kirche in Russland.
Es ist Weihnacht und es herrscht Krieg – hier wie dort und andernorts. Weihnachten steht im Kalender - unberührt davon, was gerade tatsächlich in der Welt geschieht. Weihnachten steht im Kalender und wird gefeiert und nicht verschoben, obwohl wir uns in immer neuen Anläufen Jahr für Jahr und auch dieses Jahr immer noch im Krisenmodus wiederfinden. Das war die zurückliegenden Jahre auch so. Ich habe in meinen Predigten zur Christmette der letzten Jahre geblättert. Es war immer Weihnacht. Es war aber vor allen Dingen in irgendeiner Form immer Nacht.
Da klafft eine Wunde: die Wunde zwischen dem, was Weihnacht sein könnte, und dem, was tatsächlich ist. Die Wunde zwischen dem, was wir uns erhoffen von diesem Fest – Friede auf Erden – und dem, was uns tatsächlich zugemutet wird an diesem Fest – Krieg und Leid unter den Menschen. Für uns Christen, für all diejenigen, die glauben wollen und suchen und Ausschau halten, ob und wie dieser christliche Glaube auch heute noch tragfähig sein kann, ist das ein Stachel im Fleisch, eine Zumutung für unsere Sehnsucht und Hoffnung, eine harte Erprobung des Glaubens. Aber – um mit Robert Musil in seinem Roman „Mann ohne Eigenschaften“ zu sprechen: Wir haben als Christen nicht nur einen Wirklichkeitssinn für das, was ist. Der glaubende Mensch hat vor allem einen Möglichkeitssinn für das, was sein könnte und sein sollte. Wir sind nicht der Überzeugung, die Welt ist nun einmal so, wie sie ist. Wir sind der Überzeugung, in dieser Welt, wie sie nun mal ist, steckt mehr! In dieser Welt ist mehr möglich: mehr Gerechtigkeit, mehr Liebe. Mehr Frieden ist möglich!
Deshalb ist Weihnacht. Es ist und bleibt dieselbe Botschaft – Jahr für Jahr und unabhängig von dem, was dem Menschen gerade zugemutet wird: Ein Kind wird geboren. Begleitet von den prophetischen Worten: wunderbarer Ratgeber, Starker Gott … Fürst des Friedens – wie wir eben in der Lesung gehört haben. Ein Kind wird geboren. Begleitet von den Worten des Engels: Fürchtet euch nicht … heute ist euch der Retter geboren. Ein Kind wird geboren. Begleitet vom Gesang der himmlischen Scharen: Ehre Gott – Frieden auf Erden!
Die Kraft dieser Botschaft liegt nicht zuerst darin, dass sich die Zustände der Welt ändern. Damals auf den Feldern von Bethlehem für die Hirten nicht. Heute für uns nicht. Die Dynamik ist eine andere: Es geht darum, dass den Menschen von Gott her ein Wort erreicht, das auf seine Sehnsucht und seine Hoffnung trifft. Und was ist die Sehnsucht des Menschen? Frieden ist der Dreh- und Angelpunkt der Sehnsucht des Menschen. Shalom heißt „Frieden“: ein Ende kriegerischer Gewalt, ein Schweigen der Waffen. Ja – vor allem und zuerst einmal das. Shalom ist aber viel umfassender als die Abwesenheit von Krieg. Shalom meint einen alles umfassenden Frieden, der in versöhnten Beziehungen unter uns, in versöhnten Beziehungen zur Schöpfung und in versöhnter Beziehung mit Gott, dem Ursprung der Schöpfung wurzelt. Shalom meint deshalb auch ein Ende der oft so subtilen, aber nicht weniger toxischen Gewalt, von dem unser gesellschaftliches Miteinander und unsere Beziehungen untereinander geprägt sind: Wie viel subtile Gewalt verbirgt sich in der Art und Weise, wie man übereinander spricht? Wie viel subtile Gewalt verbirgt sich in der Art und Weise, wie man alltäglich ausgrenzt und brandmarkt? Wie viel subtile Gewalt verbirgt sich in der Art und Weise, wie derzeit Ressentiments geschürt, Menschen klein gemacht, bewusst übersehen und übergangen oder schlicht und einfach allein gelassen werden? Wie viel subtile Gewalt verbirgt sich in der Art und Weise, wie man meint andere bevormunden zu können über das, was geht und was anscheinend nicht geht? Wie viel subtile Gewalt verbirgt sich in der Art und Weise, wie man einander instrumentalisiert für eigene Zwecke? Shalom – Frieden auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens ist mehr als ein Schweigen der Waffen. Die Sehnsucht des Menschen nach Frieden reicht tiefer. Sie ist weiter und viel umfassender. Wie unheilvoll, wie verletzlich, wie verwundbar ist der Mensch, wenn diese Tiefendimension des Friedens aus dem Blick gerät? Und darin erkennen wir auch, welche gewaltige Aufgabe es ist, über das Schweigen der Waffen und friedensethische Strategien hinaus Frieden in uns und in unserem Miteinander vor unserer eigenen Haustür zu erwirken.
Und hier setzt die Botschaft der Weihnacht an: Gott weiß um die unstillbare Sehnsucht des Menschen nach einem Frieden, der von innen her reift und seine Wirkung entfalten will. Weihnachten rührt an unsere Friedenssehnsucht. Und deswegen ist es gut, dass Jahr für Jahr Weihnachten im Kalender steht, gerade und trotz all dessen, was tatsächlich in der Welt geschieht. Weihnachten ist nicht die fromme Wohlfühlblase für vierundzwanzig Stunden jenseits der harten Realitäten der Welt. Weihnachten ist eine heilsame Erinnerung und Vergegenwärtigung, was von Gott her möglich wäre, würden wir uns seine Menschlichkeit in Jesus Christus zum Maßstab nehmen. Ein Maßstab, mit dem wir nicht nur auf die Welt schauen, sondern uns selbst als Kirche messen lassen müssen, wollen wir ein Werkzeug des Friedens in der Welt sein.
Weihnachten heißt deshalb nicht: Schwelgen in einer Friedensutopie. Sondern Weihnachten heißt: Die gestaltende und verändernde Kraft einer Hoffnung neu wahrnehmen, die von diesem Friedensfürsten ausgeht, der auf den Feldern von Bethlehem geboren wird. Weihnachten heißt deshalb auch: sich selbst zu einem Werkzeug des Friedens machen zu lassen. Das ist der Anspruch, der sich mit Weihnachten verbindet. Alles andere wäre nichts als Lametta…
Vor allem Anspruch steht aber zuerst der Zuspruch. Und deswegen bedeutet Weihnachten feiern in diesem Jahr für mich: Ich will die Verheißungen dieser Heiligen Nacht neu hören, sie mir neu zusprechen und meine Hoffnung wieder neu stark werden lassen – trotz und gerade all der Zumutungen - trotz all der persönlichen Zumutungen, die ich gerade verspüre, trotz all der beängstigenden Dynamiken, die in unserem „Land im Krisenmodus“ wieder hervorbrechen, trotz der Hilflosigkeit, die mich angesichts des unsäglichen Leids der Menschen in mancher Hinsicht lähmt.
Ich will dem Wort der Engel auf den Feldern von Bethlehem neu vertrauen und diesem Wort auch eine solche Kraft zutrauen, von der der Prophet Jesaja spricht: „So ist es mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehr nicht leer zu mir zurück … und erreicht alles, wozu ich es ausgesandt habe…“ (Jesu 55,11) Wenn uns dieses Wort erreicht, kommen wir in Bewegung wie die Hirten, die sich auf den Weg machen. Dieses Fest hat das Potential, dass wir uns tatsächlich zu einem Werkzeug des Friedens machen lassen.
(MBN)