Der Gottesdienst fand am Pfingstmontag, 21. Mai, im Mainzer Dom statt; zu den Jubiläumsfeierlichkeiten waren über 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach Mainz gekommen.
Kohlgraf, der auch Dezernent für die Pastoralen Räte im Bistum Mainz ist, betonte, dass die Gremien nicht das Parlament der Gemeinde seien, sondern aus Menschen bestehen, „die sich verbindlich darum bemühen, andere an ihre priesterliche Berufung zu erinnern und sie zu einer eigenen Nachfolge zu ermutigen“. „Wenn Menschen in den Gremien heute ihre priesterliche Berufung leben, dann werden sie stärker als früher lernen müssen, dass es nicht darum gehen kann, hinter verschlossenen Türen binnenkirchliche oder gemeindliche Themen zu besprechen und es dabei zu belassen“, sagte er. Die pastoralen Räte müssten dazu dienen, „das zu unterstützen, was Christus vorgelebt hat: ein Leben in der persönlichen Nachfolge, die Zuwendung zu den suchenden und fragenden Menschen, das Hinterhergehen hinter denen, die der Kirche und Christus den Rücken kehren, die Suche nach denen, die Christus noch nicht kennen, das Gespräch mit allen, als deren Dienerin sich heute die Kirche verstehen muss, und in diesem Bemühen alle in der Gemeinde zu motivieren, sich an dieser Bewegung zu beteiligen.“ Der Bischof betonte: „Wenn die Räte unseres Bistums wirklich pastorale Räte sind, gestalten sie aktiv die Hirtensorge Jesu mit. Sie nehmen an der der Hirtensorge teil.“
Weiter sagte Kohlgraf: „Wie Jesus auch sollen alle Getauften Priesterinnen und Priester sein im Lob Gottes, in der Verkündigung und in der tätigen Liebe, Priesterinnen und Priester in der Hingabe an Gott und die Menschen. Das ist der eigentliche Sinn christlichen Lebens, das Zentrum christlicher Berufung.“ Er betonte: „Getaufte Menschen sind nicht Empfänger einer Dienstleistung, sondern selbst im Dienst dessen, der sie sendet. Jeder und jede trägt auf eigene Weise Verantwortung für den Auftrag der Kirche. Heute sind wir in der Situation, in der wir neu bedenken müssen, dass der priesterliche Dienst eines jeden Getauften kein Notnagel in der schwierigen kirchlichen Situation heute ist, sondern eine theologische Notwendigkeit aus unserem Selbstverständnis als Kirche in dieser Welt.“
Kohlgraf dankte allen, die in den vergangenen 50 Jahren in den Räten „so viel bewirkt haben“. „Für die Zukunft müssen wir uns Christus und seinem Geist überlassen. Welche Wege Kirche auch immer gehen wird, welche Formen die Zusammenarbeit auch immer annehmen wird: Es wird dann ein guter Weg werden, wenn wir als gemeinsame Trägerinnen und Träger des Priestertums Christi unterwegs sein werden, ihn in dieser Welt gegenwärtig setzen und unseren gemeinsamen Dienst entdecken, den Dienst als Priester, Könige und Propheten, den Dienst im Lob Gottes, der Verkündigung und Nächstenliebe“, sagte er.
Der Tag hatte am Vormittag mit einer Sternwallfahrt nach Mainz begonnen: Von sechs verschiedenen Kirchen in und um Mainz aus gingen die Teilnehmer zu Fuß einen drei bis fünf Kilometer langen Weg in die Mainzer Innenstadt; zuvor hatten sie an der jeweiligen Pfarrkirche eine Statio gefeiert. Nach dem gemeinsamen Mittagessen auf dem Liebfrauenplatz und dem Festgottesdienst im Mainzer Dom gab es verschiedene spirituelle und kulturelle Angebote in den Mainzer Innenstadtkirchen, wie eine Führung zu den Chagall-Fenstern in St. Stephan oder zu den Ausgrabungen der evangelischen Johanniskirche sowie eine Orgelmeditation in der Augustinerkirche oder eine Gebetszeit für junge Menschen in der Karmeliterkirche. Der Tag endete mit einem Schlusssegen im Mainzer Dom, wo den Teilnehmern eine Kerze mit der Aufschrift „Gib der Kirche (d)ein Gesicht – Pastorale Räte im Bistum Mainz“ überreicht wurde. Veranstaltet wurde der Jubiläumstag vom Dezernat Pastorale Räte im Bischöflichen Ordinariat.
In einem Interview mit der Kirchenzeitung „Glaube und Leben“ bezeichnete Ulrich Janson, Referent für Pfarrgemeinde-, Seelsorge- und Dekanatsräte im Bistum Mainz, die Einführung der Pfarrgemeinderäte als „revolutionären Schritt“: „Damit war die Möglichkeit geschaffen, dass Laien als Mandatsträger in der Kirche mitdenken, mitreden und mitentscheiden. Es bleibt also nicht dem guten Willen der Beteiligten überlassen, ob Laien und Amtsträger der Kirche im Gespräch sind“, sagte er. Martina Reißfelder, Geschäftsführerin der Diözesanen Räte im Bistum Mainz, hob in dem Interview die Bedeutung der Räte als „Denkstuben, in denen Menschen miteinander Perspektiven entwickeln“, hervor. „Als wesentlich sehe ich auch die Verantwortung der Mitglieder, als Multiplikatoren zu wirken und die verschiedenen Ebenen im Bistum Mainz zu vernetzen“, sagte sie.
Als Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) wurden 1968 im Bistum Mainz die ersten Pfarrgemeinderäte gewählt. Damit entstand in der Diözese, ebenso wie in vielen anderen deutschen Bistümern, ein synodales System der Mitsprache und Mitbestimmung durch Laien. Es gibt synodale Gremien auf Pfarrei-, Dekanats- und Bistumsebene, in denen rund 3.000 Ehrenamtliche mitarbeiten. Zu den synodalen Gremien zählen die Pfarrgemeinde-, Seelsorge- und Dekanatsräte, der Katholikenrat und der Beirat von Katholiken anderer Muttersprachen sowie die Diözesanversammlung mit dem Diözesanpastoralrat.
Der Pfarrgemeinderat ist ein Laiengremium, das in jeder katholischen Pfarrgemeinde von allen Gemeindemitgliedern für vier Jahre gewählt wird. Leitidee des Gremiums ist die Mitverantwortung aller Gemeindemitglieder für die Sendung der Kirche. Der Seelsorgerat ist ein Gremium von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Ebene einer Pfarrgruppe oder eines Pfarreienverbundes, das im Rahmen der Strukturreform „Lebendige Gemeinden in erneuerten pastoralen Einheiten“ im Bistum Mainz eingeführt worden ist. Er koordiniert die Zusammenarbeit der zusammengeschlossenen Pfarreien. Aufgabe des Dekanatsrates ist es, Bindeglied zwischen der Ebene der Diözese und den Pfarreien zu sein; zudem unterstützt er unter anderem die Pfarreien und Seelsorgeräte, veranstaltet Dekanatstage und wirkt bei der Wahl des Dekans mit. Der Beirat von Katholiken anderer Muttersprache vertritt die Anliegen der 25 Gemeinden anderer Muttersprachen im Bistum Mainz.
Der Katholikenrat ist das höchste Laiengremium in der Diözese Mainz. Der Rat versteht sich als „das Organ des Laienapostolates im Sinne des Konzilsdekretes über das Apostolat der Laien“, wie es in der Präambel seines Statutes heißt. Mitglieder des Gremiums sind Laienvertreter aus den 20 Dekanaten, den katholischen Verbänden und aus dem Beirat von Katholiken anderer Muttersprache im Bistum Mainz. Das Gremium tagt in der Regel zweimal im Jahr und hat derzeit rund 70 Mitglieder.
Die Diözesanversammlung des Bistums Mainz tritt in der Regel einmal im Jahr zusammen. Sie ist so etwas wie eine „kleine Synode des Bistums“ mit seinen rund 740.000 Katholiken. Ihr gehören 122 Mitglieder an. Sie setzt sich unter dem Vorsitz des Bischofs aus den diözesanen Räten (Priesterrat, Katholikenrat und Konferenz der Dekane) und den Vertretern der Bistumsleitung zusammen. Hinzu kommen Vertreter der Orden, der Ständigen Diakone, der Pastoral- und Gemeindereferenten sowie des Diözesancaritasverbandes. Außerdem können bis zu sieben Persönlichkeiten hinzugewählt werden. Die Organe der Diözesanversammlung sind der Vorstand mit dem Bischof als Vorsitzendem, der Diözesanpastoralrat (eine Art Hauptausschuss) und neun Sachausschüsse, die bei der konstituierenden Sitzung gebildet wurden.
Hinweis: Weitere Informationen auch unter https://mitgestalten.bistummainz.de