Mainz. „An der Eucharistie kann man nicht nur als Zuschauerin oder Zuschauer teilnehmen. Man kann nicht die Eucharistie empfangen und meinen, dass mich das nicht weiter berühren muss. Wer ihn empfängt, wird ebenfalls verwandelt und gesandt. Wenn wir den Leib Christi empfangen, werden wir selbst zum Leib Christi. Wir sind dann selbst Christus in unserer Welt. Deswegen warnt Paulus einmal davor, die Eucharistie gedankenlos und lieblos zu empfangen.“
Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bei seiner Predigt im Fronleichnamsgottesdienst am Donnerstag, 30. Mai, im Mainzer Dom. Kohlgraf feierte die Messe in Konzelebration mit dem Domstift, den Pfarrern der Mainzer Innenstadt und den Pfarrern der Gemeinden von Katholiken anderer Muttersprache in Mainz.
Weiter sagte Bischof Kohlgraf: „Das Fronleichnamsfest ist die Einladung, die Eucharistie noch einmal bewusst zu feiern und bewusst zu empfangen. Wir empfangen nicht etwas Brot, sondern er selbst schenkt sich uns, Christus, der uns bis zum Ende geliebt hat. Es ist nicht nur heiliges Brot, das wir empfangen, keine Erinnerung an jemand Vergangenen, sondern es ist Christus selbst, der unsere Nahrung wird. ‚Das ist mein Leib, das ist mein Blut, das für euch hingegeben wird.‘ Wenn ich werden soll, was ich esse, kann die heilige Speise nicht ohne Konsequenzen bleiben. Sie wird mich prägen müssen. Ich kann mich nur bemühen, der Lebensweise Jesu immer ähnlicher zu werden. Indem ich so wie er Menschen zugewandt bin, indem ich Frieden lebe, indem ich Gott Raum gebe, indem ich auch den Mut habe, Gutes zu tun und Böses zu unterlassen.“
Kohlgraf wies auch auf die Bedeutung des Eucharistieverständnisses für das Selbstverständnis der Kirche hin: „Das eine Brot macht uns zu einem Leib. Wir erleben auch in der Kirche Konflikte, Neid und andere Formen der fehlenden Gemeinschaft. Wenn wir Eucharistie feiern, müssen wir dies in der Bereitschaft tun, zu einer tieferen Einheit zusammen zu wachsen und gleichzeitig die Vielfalt der Kirche als Reichtum zu erfahren und zu gestalten. Das gilt für jede Gemeinde und Gemeinschaft, das gilt für das Bistum, das gilt für die Weltkirche.“
Die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes hatten der Mainzer Domchor, der Mädchenchor am Dom und St. Quintin und die Dombläser unter Leitung von Domkapellmeister Karsten Storck übernommen. An der Domorgel spielte Domorganist Professor Daniel Beckmann. Für Kinder fand vor der Prozession ein eigener Gottesdienst in der nahegelegenen Kirche St. Quintin statt.
An den Gottesdienst schloss sich die Fronleichnams-Prozession durch die Mainzer Altstadt mit feierlichem Segen an. Trotz des wechselhaften Wetters an diesem Tag hatten die Gläubigen Glück, dass die Prozession in eine Regenpause fiel und teilweise bei strahlendem Sonnenschein stattfinden konnte. In diesem Jahr fand der Abschluss nicht auf dem Liebfrauenplatz statt wie in früheren Jahren, sondern auf dem Marktplatz vor dem Dom. Auch der Prozessionsweg war leicht verändert und führte statt über die Rheinallee durch Scharngasse und Gallusgasse. Vor dem Bruder Konrad-Stift fand eine kurze Statio mit den Bewohnerinnen und –bewohnern statt, die in der Hausgemeinschaft Eucharistie gefeiert hatten. Bischof Kohlgraf spendete ihnen den Segen mit der Monstranz.
Beim Abschluss auf dem Marktplatz wurden die Fürbitten in feierlicher Form auch in den Sprachen der Gemeinden von Katholiken anderer Muttersprache vorgetragen, so dass unter anderem auch Fürbitten in Kroatisch, Polnisch, Portugiesisch und Italienisch gebetet wurden. In besonderer Weise wurde dabei auch dem am Vortag verstorbenen emeritierten Weihbischof Dr. Franziskus Eisenbach gedacht. Im Anschluss war Gelegenheit zum gemeinsamen Mittagessen in der Domstraße.
Am Nachmittag feiert Domdekan Henning Priesel im Westchor des Domes die Vesper mit „Mainzer Segen“. Dieser Segen ist eine besondere Form der eucharistischen Frömmigkeit, die für Mainz lange überliefert ist. Beim „Mainzer Segen“ wird bereits zu Beginn der Vesper der Segen mit der Monstranz gespendet und zum Abschluss ein weiteres Mal. Im Mainzer Dom wird diese Form des Segens nur einmal im Jahr praktiziert.
Zehn Tage nach Pfingsten feiern katholische Christen das Fronleichnamsfest, das „Hochfest des Leibes und Blutes Christi“. Im Mittelpunkt dieses Festes steht das eucharistische Brot, das für die Katholiken ein Realsymbol für die Gegenwart Christi ist. Diese Gegenwart wird an Fronleichnam in besonderer Weise gefeiert, indem das eucharistische Brot - eine in einem Gottesdienst konsekrierte Hostie - in einer so genannten Monstranz durch die Straßen getragen wird.
Das Wort Fronleichnam stammt aus dem Mittelhochdeutschen: „fron“ bedeutet „Herr“, „lichnam“ meint den lebendigen Leib. Die Einführung des Festes geht auf eine Vision der Augustinernonne Juliane von Lüttich (um 1191 bis 1258) zurück. Im Traum sah sie den Mond, der einen sichtbaren dunklen Fleck aufwies. Sie deutete dies als Zeichen dafür, dass der Kirche (symbolisiert durch den Mond) ein Fest zu Ehren der Eucharistie fehle. Bischof Robert von Lüttich führte das Fest für sein Bistum im Jahr 1246 ein. Im Jahr 1264 legte Papst Urban IV. fest, Fronleichnam am zweiten Donnerstag nach Pfingsten zu feiern. Fronleichnam ist heute in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, im Saarland sowie teilweise in Sachsen und Thüringen gesetzlicher Feiertag.
Die Feier des Fronleichnamsfestes besteht aus einer feierlichen Messe mit anschließender Prozession. Dabei werden entlang des Prozessionsweges Straßen und Häuser festlich geschmückt, in manchen Dörfern kennt man die Tradition großer Blumenteppiche. Während der Prozession wird die Hostie in einer Monstranz vom Priester unter einem so genannten „Himmel“ getragen, ein über vier Stäbe gespanntes, reich besticktes Tuch. Die Prozession macht Station an ebenfalls reich geschmückten Altären. Hier wird aus den Evangelien vorgelesen, Fürbitte gehalten und mit dem eucharistischen Brot der Segen erteilt. Die Prozessionen entstanden in Deutschland; 1277 gilt als das Jahr der ersten Fronleichnamsprozession, die in Köln stattfand.