Es sei notwendig, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um Armut zu verhindern. Konkret sprach sich Nahles dafür aus, Leiharbeit „wieder auf den Ausgleich von Auftragsspitzen zu beschränken". Tatsächlich sei „Leiharbeit heute Lohndumping auf breiter Front", sagte Nahles. Veranstalter waren das Referat Berufs- und Arbeitswelt des Bischöflichen Ordinariates, die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) und das Kolpingwerk.
Sie habe das Gefühl, „dass Armut in Deutschland bagatellisiert wird", sagte die SPD-Politikerin. „Das Bild von Armut hat sich verändert und deshalb denken viele, es gibt keine mehr." Natürlich sei Armut immer auch relativ, „aber man darf sie nicht wegdiskutieren. Sie ist mitten unter uns." Inzwischen würden „immer mehr Menschen in der Gesellschaft links liegen gelassen", sagte Nahles. „Wir haben neue Verkastungen in unserer Gesellschaft." Und weiter: „Politik und Kirchen sind aber für den Zusammenhalt in der Gesellschaft verantwortlich. Wenn aber beide zulassen, dass sich Menschen abkoppeln, dann schwächt das das Vertrauen in Politik und Kirchen", sagte die SPD-Generalsekretärin.
„Meine Quelle für Gerechtigkeit ist der Glaube", sagte Nahles abschließend. Als Kurzfassung des Glaubens zitierte sie ein Wort des Limburger Altbischofs Franz Kamphaus: „Mach es wie Jesus: werde Mensch." Und weiter sagte Nahles: „So wie Jesus Christus die Menschen ansieht, so will ich die Menschen ansehen."
Die anschließende Podiumsdiskussion, an der auch Nahles teilnahm, wurde von Gottlob Schober vom Südwestrundfunk (SWR) moderiert. Ingrid Reidt, Leiterin der Regionalstelle Rüsselsheim für Arbeitnehmer/innen- und Betriebsseelsorge Rüsselheim/Bergstraße, machte auf „einen enormen Druck" aufmerksam, der vielfach in der Arbeitswelt herrsche. Oft hätten nicht einmal mehr junge Leute mit einer guten Ausbildung, die Möglichkeit eine gute Arbeit zu bekommen. Günther Salz, ehemaliger Geschäftsführer der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz und Diözesanvorsitzender der KAB Trier, wies unter anderem auf das wachsende Phänomen der Altersarmut hin. Hans-Georg Orthlauf-Blooß, Leiter der Mainzer Regionalstelle der Betriebsseelsorge, hatte in seiner Begrüßung im Ketteler-Saal des Erbacher Hofes rund 200 Teilnehmer willkommen geheißen.
Für besonderes Engagement im Bereich der Ausbildung verlieh der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, am Ende des Abends den Preis der „Pfarrer Röper-Stiftung". Ausgezeichnet wurde Bernd Saal, ein Teilnehmer der Aktion „Sympaten" des Referates Berufs- und Arbeitswelt, bei der Jugendliche in der Zeit zwischen Schule und Ausbildung von Paten begleitet werden. Mit der Preisverleihung wurde „der große Einsatz und das pädagogische Geschick" des 72-jährigen Mainzers in der Unterstützung von Jugendlichen gewürdigt. Fast ein ganzes Jahr begleitete er regelmäßig einen angehenden Fliesenleger bis zu seiner Abschlussprüfung. Er verstand sich als dessen Coach und motivierte den 18-Jährigen zum Durchhalten und zum disziplinierten regelmäßigen Lernen.
Die Preise der „Pfarrer Röper-Stiftung" werden seit 2003 bei der Begegnung zum „Tag der Arbeit" verliehen. Die Preisträger, die sich für die Ausbildung von benachteiligten Jugendlichen besonders einsetzen, werden mit einer vom Mainzer Bildhauer Karlheinz Oswald gestalteten kleinen „Caritas"-Bronzefigur geehrt.
Zum Auftakt des Treffens hatte Kardinal Lehmann bei einem Gottesdienst im Mainzer Dom Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler (1811-1877) gewürdigt, dessen 200. Geburtstag in diesem Jahr begangen wird. Wörtlich sagte er: „Dass es notwendig ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen, wenn wir eine soziale Kirche sein wollen, dies können wir immer von ihm lernen." Als Begründer der Katholischen Soziallehre habe Ketteler „Vieles geleistet, was bis heute Bestand hat", sagte Lehmann. Der Kardinal hatte zu Beginn der Feier darauf hingewiesen, dass „wir diesen Gottesdienst auch im Gedenken an Papst Johannes Paul II. begehen, der morgen selig gesprochen wird". Er verwies darauf, dass Johannes Paul II. bereits vor seiner Wahl zum Papst und dann auch bei seinem Deutschlandbesuch im Jahr 1980 an Kettelers Grab im Mainzer Dom gebetet habe.
Konzelebranten waren Domdekan Prälat Heinz Heckwolf, KAB-Präses Dr. Friedrich Röper und Kolping-Präses Harald Röper. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst vom Chor St. Sebastian aus Eppertshausen unter Leitung von Dieter Müller, dem Lehrerkollegium der Bischof Ketteler-Schule in Klein-Zimmern unter Leitung von Ulrike Leifels und Domorganist Daniel Beckmann. Die Kollekte des Gottesdienstes ist für das neue Ketteler-Haus der Pfarrer Röper-Stiftung in der Nähe des Mainzer Hildegardis-Krankenhauses bestimmt. Seit Februar haben in dem ehemaligen Gebäude der „Schwestern der göttlichen Vorsehung" zwölf Jugendliche einen Platz in einer Jugendwohngruppe gefunden.