Frankfurt. „Ich nutze meine Möglichkeiten als Bischof, um Antisemitismus öffentlich zu benennen und zu verurteilen.“ Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Montagabend, 1. Juli, bei einer Veranstaltung in der Oper Frankfurt. Kohlgraf verwies unter anderem auf die Erklärung „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar“ der Deutschen Bischofskonferenz vom Februar 2024. Der Text sei ein Beitrag zur politischen Debatte auch in den eigenen Reihen, mit dem die Bischöfe eine Sensibilität für das Thema wecken wollten.
Kohlgraf war zu Gast bei dem Gesprächsformat „Friedman in der Oper“, wo er gemeinsam mit Michel Friedman anlässlich der kürzlich erfolgten Premiere der Oper „La Juive“ von Fromental Halévy über Christlichen Antisemitismus sprach.
Kohlgraf räumte ein, dass das Christentum wesentlichen Anteil an der Verbreitung des Narrativs von der Ermordung des Gottessohnes Jesus durch die Juden hat: „Judenhass geht vom Christentum aus. Da würde ich erstmal nicht widersprechen; Judenhass hat sicher christliche Wurzeln“, sagte der Mainzer Bischof. Er betonte, dass es das Narrativ heute weder in katholischer noch evangelischer Theologie in Deutschland gebe. „Auch im neuen Gesangbuch Gotteslob gibt es heute keine Texte und Gebete, die das befördern.“
In dem intensiven Gespräch, in dem Friedman Beispiele für christlichen Antisemitismus bis in die jüngste Gegenwart ansprach, räumte Kohlgraf ein, auch nicht auf alle berechtigten Anfragen an die Kirche eine Antwort zu haben und sich zunächst manchmal auch die eigene Ratlosigkeit eingestehen zu müssen. Das Gespräch mit Friedman nehme er als „heftigen Gedankeanstoß und Hausaufgabe dazu mit“, sagte Kohlgraf.
Die Reihe „Friedman in der Oper“ war im November 2023 gestartet und knüpft jeweils an ein Werk des Spielplans an. Die Oper Frankfurt schreibt zum Konzept der Reihe: „Im Dialog mit renommierten Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und Wissenschaft befragt Michel Friedman Opernstoffe auf ihren Bezug zu unserer Lebensrealität.“ Die bisherigen Gäste waren Armin Nassehi, Carlo Masala, Alena Buyx und Katinka Schweizer. Die Veranstaltungen der Reihe finden abwechselnd im Opernhaus und im Bockenheimer Depot statt.