Baha´i vertreten Konzept einer fortschreitenden Offenbarung

Gastvorlesung mit Professor Manfred Hutter bei Mainzer Stiftungsprofessur

LEHMANN--HUTTER--STIFTUNGSPROFESSUR (c) Bistum Mainz / Blum (Ersteller: Bistum Mainz / Blum)
Datum:
Mi. 24. Juni 2009
Von:
tob (MBN)
Mainz. Einblicke in die Baha´i-Religion ermöglichte der Vortrag von Professor Dr. Dr. Manfred Hutter am Dienstag, 23. Juni, im Rahmen der zehnten Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur an der Mainzer Universität. Er erläuterte Geschichte und zentrale Inhalte der im 19. Jahrhundert im Iran entstandenen Religion, die aktuell rund 5,2 Millionen Mitglieder weltweit zähle.
HUTTER--STIFTUNGSPROFESSUR (c) Bistum Mainz / Blum (Ersteller: Bistum Mainz / Blum)

Manfred Hutter ist seit dem Jahr 2000 Professor für Vergleichende Religionswissenschaft am Institut für Orient- und Asienwissenschaften der Universität Bonn. Er sprach zum Thema „Die Baha´i-Religion im globalen Kontext: Ihre Lehre über die ‚Fortschreitende Offenbarung' als Grundlage für ethisch-soziales Engagement in einer Welt vielfältiger Kulturen". Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, hatte als Inhaber der diesjährigen Stiftungsprofessur die Vorlesungsreihe unter die Überschrift „Weltreligionen - Verstehen, Verständigung, Verantwortung" gestellt.

Hutter erläuterte, dass die Baha´i ein „streng monotheistisches Gottesbild" haben und das Konzept einer „fortschreitenden Offenbarung" vertreten. Insgesamt habe es demnach in der Geschichte neun Offenbarungen durch Propheten gegeben und zwar in Abraham, Mose, Buddha, Zarathustra, Krishna, Jesus, Mohammed sowie den beiden Stiftergestalten des Bahaismus „Bab" und „Baha`u`llah". Diese „göttlichen Gesandten" stünden „deutlich über den Menschen, aber sie sind auch klar von Gott getrennt", sagte Hutter. In diesen verschiedenen Offenbarungen werde nach Ansicht der Baha´i die „substantiell identische Religion" vermittelt, es ändere sich dabei nur die äußerliche Form. Er betonte, dass die Baha´i eine handlungsorientierte Ethik vertreten, die sich in besonderer Weise der Bildung und dem sozialen Fortschritt verpflichtet wisse.

Die Gründung der Baha´i-Religion werde als „Zwillingsoffenbarung" bezeichnet, sagte Hutter: zum einen durch Sayyid Ali Muhammad (1819-1850), der auch „Bab" (arabisch: das Tor) genannt werde, und zum anderen durch Mirza Husayn Ali Nuri (1817-1892), genannt „Baha´u´llah" (arabisch: Herrlichkeit Gottes). In den Schriften von „Baha´u´llah" besäßen die Baha´i eine zentrale Offenbarungsquelle, die unter anderem Regeln zum Gebet, dem Ehe- und Erbrecht sowie Vorschriften zu gesellschaftlichen Fragen enthalte.

Hutter wies darauf hin, dass sich der Bahaismus unter der Führung von Shoghi Effendi in der Zeit von 1921 bis 1957 systematisch auf der ganzen Welt verbreitete. Seit 1963 werde die Religion vom so genannten „Haus der Gerechtigkeit" als kollektivem Führungsorgan geleitet. Dieses Gremium hat seinen Sitz in Haifa/Israel. Zentrum der Baha´i in Deutschland ist Hofheim-Langenhain, wo 1964  das erste europäische „Haus der Andacht" eingeweiht wurde. Die rund 5.100 Baha´i in Deutschland seien in 107 „Geistigen Räten" organisiert, sagte Hutter.

In seiner Einführung hatte Kardinal Lehmann Professor Hutter als „sehr kompetenten Fachmann" gewürdigt. Es zeichne ihn aus, dass er sich nicht nur in ein begrenztes Forschungsfeld eingearbeitet habe, „sondern dass er in einem breiteren Spektrum wirklich Vergleichende Religionswissenschaft treibt". Erst vor wenigen Wochen sei mit Hutters „Handbuch Baha´i. Geschichte - Theologie - Gesellschaftsbezug" die „erste große Gesamtdarstellung" über die Baha´i-Religion in deutscher Sprache erschienen. Beim neunten Abend der Vorlesungsreihe waren fast alle Plätze des 1.200 Zuhörer fassenden Hörsaals besetzt.

Nächster Abend mit Bischof Wolfgang Huber über Religion und Gewalt (30.6.)

Die nächste Gastvorlesung der Mainzer Stiftungsprofessur übernimmt am Dienstag, 30. Juni, Professor Dr. Dr. h.c. Wolfgang Huber. Er ist Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Sein Vortrag steht unter der Überschrift „Religion, Politik und Gewalt in der heutigen Welt". Die Vorlesung mit anschließendem Kolloquium findet von 18.15 Uhr bis etwa 20.00 Uhr im Hörsaal RW 1 (Neubau Recht und Wirtschaft) auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz statt.

Hinweis: Weitere Informationen im Internet unter http://www.stiftung-jgsp.uni-mainz.de/