Die Barmherzigkeit sei „das Leitwort des Pontifikats von Papst Franziskus", sagte Kasper weiter. Der Papst bezeichne die Barmherzigkeit als „Name unseres Gottes", betonte der Kardinal. Franziskus stehe damit in der Tradition der Päpste seit Johannes XXIII. Er habe „vielen Menschen ins Herz getroffen". „Barmherzigkeit ist ein höchst aktuelles Thema", sagte er. Kardinal Kasper war von 2001 bis 2010 Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen im Vatikan. Bereits im Jahr 2012 hatte er ein Buch zum Thema „Barmherzigkeit. Grundbegriff des Evangeliums - Schlüssel christlichen Lebens" veröffentlicht.
Kasper betonte, dass die Barmherzigkeit „der Ausdruck Gottes und des Spiegel seines inneren Wesens ist". Barmherzigkeit sei dabei kein Ersatz für Gerechtigkeit, sie inspiriere die Gerechtigkeit und überbiete sie. „Gott lässt niemanden fallen. Er wird nie müde, barmherzig zu sein, wenn wir nicht müde werden, ihn darum zu bitten", sagte der Kardinal. Gottes Barmherzigkeit könne man nicht beweisen, „aber bezeugen". „Wir Christen können einen Strahl von Gottes Barmherzigkeit in die Welt tragen", sagte er. Das Christentum habe über die Jahrhunderte hinweg eine „Kultur der Fürsorge" entwickelt, die mittlerweile auch „Bestand der säkularen Kultur" sei. Es sei die Leistung des Christentums, „die Idee der Barmherzigkeit, der Nächstenliebe, der Fürsorge in die Welt gebracht zu haben". Es sei Aufgabe der Kirche, von dieser Barmherzigkeit zu erzählen - insbesondere auch von Heiligen. Als Beispiel führte er die heilige Elisabeth an. „Sie ist jung verstorben, aber ihr Leben rührt noch heute Christen und Nichtchristen an", sagte er.
Zu Beginn hatte der Direktor des Erbacher Hofes, Professor Dr. Peter Reifenberg, die Gäste im vollbesetzten Ketteler-Saal des Erbacher Hofes begrüßt. „Wir begehen diesen Tag mit einem zentralen christlichen Thema", sagte er. Der 27. Januar ist der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.
Hinweis: Kardinal Walter Kasper, „Barmherzigkeit. Grundbegriff des Evangeliums - Schlüssel christlichen Lebens", Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2012, 252 Seiten, ISBN: 978-3451306426