Begegnung mit dem Judentum im Priesterseminar

Pontifikalamt mit Bischof Peter Kohlgraf / Vortrag von Rabbiner Guggenheim

Mainz, 8. Dezember 2021: Der Mainzer Rabbiner Joachanan Guggenheim bei seinem Vortrag im Priesterseminar. (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
Do. 9. Dez. 2021
Von:
tob (MBN)

Mainz. Die Begegnung mit dem Judentum stand in diesem Jahr im Mittelpunkt der akademischen Feier beim traditionellen Seminarfeiertag des Mainzer Priesterseminars. Eingeladen war der Mainzer Rabbiner Joachanan Guggenheim, der am Mittwochabend, 8. Dezember, in der Aula des Mainzer Priesterseminars zum Thema „Die jüdische Gemeinde Mainz. Tradition - Erbe - Gegenwart.“ sprach. In Episoden und Anekdoten berichtete von den Schwierigkeiten und Hindernissen, die bei der Gestaltung des religiösen Lebens von Juden in Deutschland auftreten können, wenn sie die jüdischen Regeln und Vorschriften einhalten wollen.

Mainz, 8. Dezember 2021: Die Mezzospranistin Shai Terry bereicherte den Seminarfeiertag mit hebräischen Liedern. (c) Bistum Mainz / Blum

Der Feiertag des Mainzer Priesterseminars findet traditionell am Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria statt. Die musikalische Gestaltung mit hebräischen Liedern hatten Shai Terry (Mezzosopran) und André Röll (Klavier) übernommen. Beide wurden mit großen Applaus bedacht und durften erst nach einer Zugabe von der Bühne.

Schwierig werde es für Juden außerhalb größerer Städte ein koscheres Restaurant zu finden, berichtete Guggenheim. Inzwischen gebe es auch eine App, mit der im Supermarkt Lebensmittel gescannt werden können, um anzuzeigen, ob diese koscher sind. Für Konflikte am Arbeitsplatz, wenn es um den arbeitsfreien Schabbat gehe, brächte häufig das direkte Gespräch mit Arbeitgebern pragmatische Lösungen. Guggenheim illustrierte wie Kinder in jüdischen Familien spielerisch in religiöse Traditionen eingeführt werden. Durch Corona sei natürlich auch das Gemeindeleben der jüdischen Gemeinde in Mainz stark eingeschränkt. Vor kurzem habe er erstmals einen Stammtisch für jüdische Studenten in Mainz angeboten, der gut angenommen worden sei.

Dr. Tonke Dennebaum, Regens des Mainzer Priesterseminars, moderierte die Festveranstaltung. Er machte deutlich, dass neben dem aktuellen Jubiläum „1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ die Ernennung der SchUM-Städte zum Weltkulturerbe ein doppelter Grund vorliege, „die Begegnung mit dem Judentum zum Leitmotiv des akademischen Jahres 2021/2022 zu wählen“.

Kohlgraf: Gott macht den Menschen offen für das Gute

Mainz, 8. Dezember 2021: Zum Auftakt des Seminarfeiertages feierte Bischof Peter Kohlgraf einen Gottesdienst in der Seminarkirche. (c) Bistum Mainz / Blum

Vor dem Festvortrag hatte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf ein Pontifikalamt in der Seminarkirche gefeiert. „Die Wirklichkeit des Bösen in unserer Welt können wir nicht kleinreden“, sagte Kohlgraf in seiner Predigt. „Es gibt die Neigung zum Bösen der Menschen und den Zusammenhang des Bösen in unserer Welt. Aber es gilt auch: So wie es die Erbschuld gibt, gibt es auch das ‚Erb-Gut‘. Die Neigung und die Möglichkeiten zum Guten, die unsere Welt prägen. Gutes wie Böses prägt Geschichte, Umwelt und Gesellschaft. Unser Denken und Handeln ist nie nur privat, sondern gesellschaftlich.“ Kohlgraf räumte ein, dass die Rede von Erbsünde oder Erbschuld in der christlichen Tradition ein Begriff, sei „der heute vielen zu Recht auch Schwierigkeiten bereitet“.

Weiter sagte Kohlgraf: „Dieses Kreisen um sich selbst, um die eignen Bedürfnisse, das Leben auf Kosten anderer prägen unsere Welt. Und jeder trägt seinen Teil dazu bei, ob er will oder nicht. Kein Mensch ohne solche Verwicklung in das Böse, in die Sünde. Bei der Taufe nun wird der Mensch von den Folgen dieser Erbsünde befreit, so kommt es in jedem Taufritus vor. Gerade bei Säuglingstaufen erschrecken die Eltern und Verwandten: Mein Kind hat doch keine Sünde. Das ist wahr, ein Kind ist bis rein und unschuldig. Aber es lebt in dieser Welt, die auch geprägt ist von dieser ersten Sünde. Und so schmerzlich es ist, auch in dem kleinen Kind steckt im Laufe der Entwicklung viel Gutes, aber eben auch der Hang zum Egoismus, ja, zur Sünde. Gott macht den Menschen offen für das Gute, für Beziehung, für Liebe. Das ist Erlösung. Darum geht es Jesus, als er bis ans Kreuz die Liebe lebt und uns bis heute mit seiner Liebe berührt. So wie die Sünde des Adam die Menschheit verletzt hat, so reicht die Liebe Christi bis ins Heute und prägt die Welt positiv bis heute.“