„Der Künstler hat seine eigene Art, die Fragen des Lebens zu stellen – so wie die Religion ihre Art hat, dieselben Fragen des Lebens zu stellen: nach Leid und Glück, nach Unsinn und Sinn, nach Sehnsucht und Erfüllung, nach Schmerz und Erlösung, nach Endlichkeit und Ewigkeit. Kunst und Religion sind gewissermaßen Geschwister. Sie stellen dieselben Fragen, auch wenn die Antworten oft verschieden sind. Uns als Kirche tut die Fremdprophetie der Kunst gut“, sagte Bentz in einem Gottesdienst am Aschermittwoch, 1. März, im Mainzer Dom. Der Gottesdienst, der vom Mädchenchor am Dom und St. Quintin unter Leitung von Domkantor Michael Kaltenbach und von Domorganist Daniel Beckmann am der Orgel des Mainzer Domes musikalisch gestaltet wurde, eröffnete den diesjährigen „Aschermittwoch der Künstler und Publizisten“ der Bistumsakademie Erbacher Hof. Konzelebranten des Gottesdienstes, in dessen Rahmen auch das Aschenkreuz ausgeteilt wurde, waren Domdekan Prälat Heinz Heckwolf und Domkapitular Prälat Jürgen Nabbefeld.
Weiter rief Bentz dazu, „sich immer wieder und für bestimmte Zeiten von außen nach innen zu kehren“. „Auf nichts anderes will uns die österliche Bußzeit ,Geschmack machen‘: dass wir den Mut finden, unsere sonst üblichen Ablenkungen und Zerstreuungen, mit denen wir vieles überdecken, sein zu lassen; dass wir den Mut finden, in der Konzentration auf das Wesentliche, die Fassaden, die wir voreinander aufrichten, hinter uns zu lassen und in der Einfachheit des Daseins Gott neu zu entdecken“, sagte er. Der Mensch brauche Zeiten, um nach innen zu blicken, betonte Bentz: „Die österliche Bußzeit rückt die existentiellen Fragen in den Vordergrund, vor denen wir sonst lieber ausweichen: Die Fragen von Schuld und Versagen, von Versöhnung und Neuanfang. Die Fragen nach dem Ursprung des Lebens und dem Stachel der Endlichkeit. Die Frage nach Erlösung und Ewigkeit. Die Kunst geht ihre Wege, darauf Antworten zu finden. Die Kirche führt uns mit der Liturgie der österlichen Bußzeit, auf dem wir zu einer geistlichen Erneuerung finden können.“
Die anschließende Begegnung in den Räumen des Erbacher Hofes stand ganz im Zeichen des Komponisten Max Reger (1873-1916). Unter der Überschrift „Max Reger: Werk statt Leben. Das Reger-Jahr 2016: Rück- und Ausblick“ sprachen Professorin Dr. Susanne Popp, Direktorin des Max Reger-Instituts in Karlsruhe, und Dr. Alexander Becker, Herausgeber der Reger-Werkausgabe, über das Leben und Werk des Komponisten. So gab Becker einen Einblick in der Kompositionswerkstatt Regers, indem er ein Skizzenblatt, ein Manuskript, eine mit Anmerkungen versehene Druckfahne und eine fertige Partiturseite vorstellte. Auffallend sei zudem, dass Reger, der katholischer Christ war, sich stark dem protestantischen Choral gewidmet habe – insbesondere den von Johann Sebastian Bach vertonten. Diese Choräle fänden sich in vielen Kompositionen Regers wieder, betonte Becker. „Von Bach hat er gelernt, mit Hilfe der Musik theologische Aussagen zu machen“, sagte er.
Popp wies auf die hohe kompositorische Produktivität Regers hin, der immer das Gefühl gehabt habe, „nicht viel Zeit zu haben“. Sein Talent habe er „als ein Geschenk Gottes“ empfunden, was ihm auch eine Verpflichtung gewesen sei: „Seinem Werk musste sich alles unterordnen“, sagte Popp. Ergänzt wurden die Ausführungen durch die Aufführung der Sonate für Violoncello und Klavier in a-Moll op. 116 von Max Reger mit Professor Julius Berger (Violoncello) und Professor Bernd Glemser (Klavier). Der Direktor der Bistumsakademie Erbacher Hof, Professor Dr. Peter Reifenberg, hatte die Gäste im Ketteler-Saal des Erbacher Hofes begrüßt.