Über das Handeln des Einzelnen hinaus sei es jedoch notwendig, dass die Suche nach einem guten Leben „eine gemeinsame Bewegung wird, in dem wir uns alle aufmachen, unser Leben zu verändern in der Sorge um das gemeinsame Haus“, wie es Papst Franziskus in seiner Umweltenzyklika „Laudato si“ beschrieben habe. Die Eucharistiefeier war Auftakt des traditionellen „Aschermittwochs der Künstler und Publizisten“, den die Bistumsakademie Erbacher Hof veranstaltet.
Kohlgraf wies darauf hin, dass die Aussage der Schöpfungserzählung „Macht euch die Erde untertan“ bis heute missverstanden worden sei, „als würde sie dem Menschen einen Freibrief im Umgang mit den anderen Geschöpfen in die Hand geben“. Und weiter: „Das Aschenkreuz erinnert an die Tatsache, dass wir nicht Gott sind, sondern Teil der Erde, von ihr genommen, und eines Tages werden wir wieder zu Erde. Wenn der Papst eine ganzheitliche Ökologie fordert, ist dies eine spirituell-geistliche Haltung, die wir einnehmen sollen. Wir sind Geschöpfe, und wir nehmen teil an dem Auftrag, die Schöpfung zu hüten, zu bewahren, zu pflegen.“
Auch das Fasten entstehe aus dieser geistlichen Haltung, betonte der Bischof: „Der Papst lädt ein zum Ausstieg aus dem ‚Konsum-Mechanismus’. Das Streben nach immer mehr Besitz, indem der Mensch sich definiert über das Haben, zeigt seine ‚inneren Wüsten’. Dabei kann sich der Mensch bescheiden, er kann sich über das Sein beschreiben, nicht über das Haben. Ein gutes Leben kann der Mensch in der Bescheidenheit und im Verzicht finden. Das Fasten soll uns öffnen für unsere soziale Verantwortung, unsere Verantwortung gegenüber der ganzen Schöpfung. Daher ist es für das christliche Fasten nicht genug, nur zu fasten, damit es mir persönlich besser geht. Es soll sensibilisieren für den gemeinsamen Auftrag, den gemeinsamen Weg, den wir gehen. Der Mensch, der fastet, der verzichtet, setzt sich Grenzen, um der Umwelt und dem Nächsten zu helfen.“ Fasten bedeute, „einen eigenen Weg zu finden, der uns dafür sensibel macht, dass wir Menschen werden, die ihre Würde von Gott her finden und nicht über das Besitzen welcher Art auch immer“, betonte Kohlgraf.
Auch beim Thema Almosen sei die Grundhaltung hinter der sozialen Zuwendung „das Wissen darum, dass wir Brüder und Schwestern sind“, sagte Kohlgraf. „Im besten Fall entsteht dort, wo wir als glaubende Christinnen und Christen leben, aus der Menge von Menschen eine Gemeinschaft, in der die Sorge und die Nöte der anderen wahrgenommen werden.“ Und weiter sagte der Bischof: „Es genügt nicht, nur die Politik an die Verantwortung zu erinnern, sondern die Kirche selbst, und jeder und jede einzelne kann schauen, wo sie Wohnraum hat, der anderen helfen könnte. Das ist ein Beispiel, das zeigt, worum es beim Almosen geht: um die eigene Verantwortung für das Gemeinwohl. Im letzten müssen wir uns immer fragen: In welcher Welt wollen wir leben, welche Welt wollen wir hinterlassen, welche Werte treiben uns an? Und: Was kann ich tun, was darf ich nicht an den anderen abwälzen?“ Die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes hatten der Mainzer Domchor unter Leitung von Domkapellmeister Karsten Storck sowie Domorganist Professor Daniel Beckmann an der Domorgel übernommen.
Nach dem Gottesdienst führten Martina Mattich (3sat) und Sabine Fallenstein (SWR) im Ketteler-Saal des Erbacher Hofes durch einen Abend zum Thema „Bildende Kunst und Tanz in Mainz - Innovation und Identität“. Gäste waren die Leiterin der Kunsthalle Mainz, Stefanie Böttcher, und der Tanzdirektor und künstlerische Leiter des „tanzmainz-Festivals“ am Staatstheater Mainz, Honne Dohrmann. Eine Kostprobe ihres Könnes zeigte die Tänzerin Gili Govermann.
Dohrmann und Böttcher erläuterten dabei ihr gemeinsames Projekt „Between us“, das am 14. März 2019 in der Mainzer Kunsthalle Premiere haben wird. Dabei wird im Vorfeld eine Choreografie von Tänzern des Mainzer Staatstheaters von Professor Dr. Florian Jenett vom Fachbereich Digitale Gestaltung der Hochschule Mainz digitalisiert. Sowohl die Choreografie als auch das Datenmaterial wird daraufhin zeitgenössischen Künstlern zur Verfügung gestellt. Insgesamt wird die Choreografie in der Ausstellung dann zehnmal aufgeführt werden. Das Projekt sei für alle Beteiligten ein großes Experiment, betonte Böttcher. Dohrmann hob hervor, dass das Projekt ein Beitrag dazu sein könne, die große Offenheit der Stadt für Innovationen zu verstärken. Der Direktor der Bistumsakademie Erbacher Hof, Professor Dr. Peter Reifenberg, hatte die Gäste zu Beginn des Abends begrüßt.
Nach der Veranstaltung bestand Gelegenheit zu Begegnung und Gespräch in den Räumlichkeiten des Erbacher Hofes. Unter anderen nahmen auch der Intendant des Mainzer Staatstheaters, Markus Müller, der Mainzer Universitätspräsident, Professor Dr. Georg Krausch, die Mainzer Kulturdezernentin Marianne Grosse und die SWR-Senderdirektorin Simone Schelberg sowie Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz, Generalvikar des Bistums Mainz, und der Mainzer Domdekan, Prälat Heinz Heckwolf, an dem Abend teil.
Die Fastenzeit ist die 40-tägige Vorbereitungszeit der Kirche auf Ostern, das Fest der Auferstehung Jesu von den Toten. Die Fastenzeit wird auch österliche Bußzeit genannt. Sie beginnt mit dem Aschermittwoch und endet mit dem Karsamstag. Insgesamt umfasst sie 46 Kalendertage, allerdings sind die sechs Sonntage vom Fasten ausgenommen, da an jedem Sonntag in der Kirche die Auferstehung gefeiert wird. Charakteristisch für diese Zeit sind seit ältester Zeit Tauferinnerung bzw. -vorbereitung sowie Fasten und Buße. Neben dem Aschermittwoch ist nur noch der Karfreitag als strenger Fastentag vorgeschrieben.
Am Aschermittwoch lassen sich katholische Christen beim Gottesdienst mit Asche ein Kreuz auf die Stirn zeichnen als Symbol der Vergänglichkeit allen Lebens. Die Austeilung der Asche ist Appell zur Umkehr und zur Vorbereitung auf Ostern. Sie erfolgt mit den Worten: „Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staube zurückkehrst.“ Seit dem zwölften Jahrhundert wird die verwendete Asche aus Palmzweigen des Vorjahres gewonnen.
In der Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils „Sacrosanctum concilium“ (1964) heißt es zur Fastenzeit: „Die vierzigtägige Fastenzeit hat die doppelte Aufgabe, einerseits vor allem durch Tauferinnerung oder Taufvorbereitung, andererseits durch Buße, die Gläubigen, die in dieser Zeit mit größerem Eifer das Wort Gottes hören und dem Gebet obliegen sollen, auf die Feier des Pascha-Mysteriums vorzubereiten.“ (SC 109) Die Bischöfe schreiben jeweils zur Fastenzeit einen Hirtenbrief, der in den Gemeinden an einem der Sonntage verlesen wird. Die liturgische Farbe in den Gottesdiensten der Fastenzeit ist violett.
Bereits aus dem zweiten Jahrhundert gibt es Berichte darüber, dass sich Christen durch ein zweitägiges Trauerfasten auf das Osterfest vorbereitet haben. Im dritten Jahrhundert wurde es auf die ganze Karwoche ausgedehnt. Seit dem vierten Jahrhundert ist die 40-tägige Fastenzeit vor Ostern fester Brauch der Kirche. Der Zeitraum von 40 Tagen ist biblischen Ursprungs und leitet sich vor allem von der 40-tägigen Gebets- und Fastenzeit her, die Jesus nach seiner Taufe im Jordan auf sich nahm (Mt 4,1-11). Das Alte Testament berichtet an anderen Stellen unter anderem, dass Mose während der 40 Tage auf dem Berg Sinai nichts aß und trank (Ex 24,18). Von Elias wird erzählt, dass er 40 Tage zum Berg Horeb wanderte, ohne etwas zu essen (1 Kön 19,8).
Das durch Fasten Ersparte als Almosen zu geben, hat durch die Sammlung des Bischöflichen Hilfswerkes Misereor für die Dritte Welt eine weltweite Dimension erhalten. Eine weitere Aktion in der Fastenzeit ist im Bistum Mainz seit einigen Jahren die Aktion „Autofasten“, bei der evangelische und katholische Kirche gemeinsam zu einem überlegteren Umgang mit dem Auto aufrufen.