Bischof Kohlgraf: „Botinnen und Boten des Friedens werden“

Gedenkgottesdienst zum 80. Jahrestag der Bombardierung von Mainz

Mainz, 27. Februar 2025: Bischof Peter Kohlgraf feierte den Gottesdienst anlässlich des 80. Jahrestages der Bombardierung der Stadt Mainz im Kloster der Klarissen-Kapuzinerinnen von der Ewigen Anbetung im Mainzer Dom-Ornat, das das an die Zerstörung von Mainz durch den Luftangriff erinnert. (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
Do. 27. Feb. 2025
Von:
tob (MBN)

Mainz. „Am heutigen Gedenktag denken wir an die Schrecken der Vergangenheit, wir erinnern aber auch an den starken Glauben Vieler, und die Bereitschaft zur Versöhnung in den Jahrzehnten nach der Zerstörung. Für heute können die vielen Menschen ein gutes Beispiel und eine gute Motivation sein, selbst zu Botinnen und Boten des Friedens zu werden.“ Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Donnerstag, 27. Februar, bei einem Gedenkgottesdienst anlässlich des 80. Jahrestages der Bombardierung der Stadt Mainz im Kloster der Klarissen-Kapuzinerinnen von der Ewigen Anbetung. Und weiter: „Es fängt bei jeder Zeugin und jedem Zeugen des Friedens an. Im Kleinen und Privaten, und es möge sich im Großen bewähren.“

Mainz, 27. Februar 2025: Die Klarissen-Kapuzinerinnen hatte die zahlreichen Gottesdienstbesucher auch in ihren Bereich eingeladen, damit alle Gäste einen Platz fanden. (c) Bistum Mainz / Blum

Bei dem Luftangriff auf Mainz starben 1.200 Menschen. Auch das Kloster der Mainzer Klarissen-Kapuzinerinnen war vor 80 Jahren zerstört worden. Damals kamen 41 Klarissen-Kapuzinerinnen ums Leben. Bischof Kohlgraf zelebrierte in einem Gewand des Mainzer Dom-Ornates, das an die Zerstörung von Mainz durch den Luftangriff vom 27. Februar erinnert. Auf der Vorderseite ist das Mainzer Rad als Hauptmotiv von einem roten Flammen-Ornament durchbrochen. In seiner Begrüßung hatte Kohlgraf das Kloster der Ewigen Anbetung gewürdigt: „Ich bin dankbar, dass es dieses Kloster in Mainz gibt. Es ist ein lebendiger Glaubensort mitten in der Stadt.“

Wörtlich sagte Bischof Kohlgraf in seiner Predigt: „Wenn wir heute der Bombardierung von Mainz erinnern und der Toten gedenken, können wir nicht übersehen, dass Krieg und Gewalt auch heute Menschen in unserer Welt überziehen, in den bekannten und großen Kriegsherden in der Ukraine und im Heiligen Land, aber darüber hinaus in vielen Ländern, die wir oft gar nicht mehr wahrnehmen. Menschen tun einander Gewalt an, es geht um Macht, um Geld, um die Gier, Land und Schätze anderer besitzen zu wollen. Das Leben von Menschen zählt nicht. Die Brutalität und die Schrecken der Kriege lassen sich nur schwer in Worte fassen.“ Weiter sagte er: „Misstrauen und Angst sind die Atmosphäre, die neuen Krieg auslöst und Konflikte anheizt. Sicherheit in dieser Welt wird es nicht durch Abschreckung und Aufrüstung geben, das gilt im Persönlichen und Privaten wie auch in der großen Politik.“

Und weiter: „Auch in unserem Land müssen wir daran arbeiten, den inneren Frieden zu erhalten. Das ist auch ein Thema für unsere Kirche, dass wir bei allen unterschiedlichen Meinungen und Auffassungen nicht vergessen, dass wir unsere Kraft nur entfalten, wenn wir das Gebet für Frieden und Gerechtigkeit ernst nehmen und gleichzeitig den Frieden untereinander leben. Es bleibt kirchlicher Auftrag, die Würde eines jeden Menschen in Erinnerung zu halten.“

„Die Welt braucht Handwerker des Friedens“

Bischof Kohlgraf erinnerte daran, dass die Klarissen-Kapuzinerinnen zur Familie des hl. Franz von Assisi gehören, auf den der Satz von Papst Franziskus, „die Welt braucht Handwerker des Friedens“ gut passe. Franz von Assisi habe „das aberwitzige Unternehmen“ gestartet, in der Zeit der Kreuzzüge mit dem Sultan zu sprechen: „Er drang nicht durch mit seiner neuen Idee: ein Kreuzzug ohne Waffen. Aber sein Beispiel bewegt bis heute Menschen, sich für einen neuen Stil des Umgangs miteinander einzusetzen, für Toleranz und Offenheit und für ein klares Bekenntnis zu Christus, dem Gewaltlosen und Friedensstifter. Und natürlich steht dieser Heilige bis heute für die Sorge um das gemeinsame Haus der Erde, das wir mit allen gemeinsam bewohnen.“

Nach der Begrüßung der Gottesdienstbesucher fand eine Prozession in den Keller des Klosters statt, wo ein Bericht von Prälat Dr. August Schuchert über das Sterben der Schwestern vorgelesen wurde. Zu Beginn heißt es dort: „Als um 16.30 Uhr der schwere Luftangriff auf Mainz begann, trug die Oberin, wie es für solche Fälle besonders erlaubt war, das Allerheiligste in den Keller und Luftschutzraum des Klosters, wo ein Altar mit einem Tabernakel errichtet war ... In diesem wankenden Kellerraum, der vom Lärm des Krieges erfüllt wurde, um ihre das Allerheiligste haltende Oberin geschart, im Schein einiger Kerzen, hielt der Konvent seine letzte Anbetungsstunde auf Erden.“ Feuer und Rauch machten es unmöglich, dass sich irgendjemand dem brennenden Kloster nähern konnte. Der Spiritual der Schwestern und eine Überlebende der Klarissen-Kapuzinerinnen fanden die toten Schwestern am nächsten Morgen gegen 9.00 Uhr. Schuchert schreibt in seinem bereits 1945 niedergeschriebenen Bericht: „Sie fanden die Oberin und ihre vierzig Schwestern tot, die meisten noch in kniender Stellung mit im Gebet ausgespannten Armen aneinandergelehnt und zusammengesunken. Eine Kerze brannte noch auf dem Taufleuchter.“ Außer den Schwestern befanden sich auch der Küster mit seiner Frau, die beiden Pförtnerinnen des Klosters, eine Mutter mit ihrem Kind und ein 17-jähriges Mädchen unter den Toten.

Mit Genehmigung der Behörden durften die Opfer des Klosters im Klostergarten begraben werden. Am 6. März 1945 fand die Beisetzung der Schwestern statt. In einem feierlichen Requiem in der Kapuzinerkirche habe Bischof Dr. Albert Stohr die Schwestern als „die Schutzengel für die Stadt und das Bistum Mainz“ bezeichnet, überliefert Schuchert.

Gegründet wurde das Mainzer Kloster der Klarissen-Kapuzinerinnen von der Ewigen Anbetung im Jahr 1860 von dem Kapuzinerpater Bonifatius Söngen. Der kontemplative Orden lebt nach der Regel der hl. Klara von Assisi. Die Gemeinschaft bezeugt den Glauben an die eucharistische Gegenwart Jesu Christi durch ihr abwechselndes Gebet vor dem ausgesetzten Allerheiligsten. Stellvertretend für die Menschen in Mainz und der ganzen Welt bringen sie Lob, Dank und Bitten vor Gott. Die Kapelle der Gemeinschaft steht täglich allen Gläubigen zur stillen Anbetung offen.