Bischof Kohlgraf: „Eine Jahrhundertereignis“

Weihe des ersten beiden Teilabschnitte der Mainzer Domorgel

Mainz, 21. August 2022: Bischof Peter Kohlgraf weihte die neue Mainzer Domorgel; links der emeritierte Domdekan Heinz Heckwolf, rechts Domdekan Henning Priesel. (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
Mo. 22. Aug. 2022
Von:
tob (MBN)

Mainz. „Es ist angemessen, gerade in einer Kathedrale von der Bedeutung unseres Domes in Mainz eine Kirchenmusik und auch Orgeln von höchster Qualität zu haben. Sie dienen der Verkündigung, sie dienen den Menschen, die hierhinkommen, sie dienen der Kultur der Stadt und der Kirchengemeinden, sie dienen letztlich der Menschlichkeit, einer Sicht auf den Menschen, die ihn in allen seinen Dimensionen ernst nimmt, gerade auch in seiner religiösen Sehnsucht, die nicht nur durch den klassischen Gottesdienst und das Wort-Gebet gestillt wird.“ 

Mainz, 21. August 2022: Beim Eröffnungskonzert an der neuen Domorgel spielte Bischof Peter Kohlgraf zwei Stücke gemeinsam mit Domorgaist Daniel Beckmann (rechts). (c) Bistum Mainz / Blum

Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bei seiner Predigt zur Weihe der ersten beiden Teilabschnitte der neuen Mainzer Domorgel. Die Weihe fand am Sonntagnachmittag, 21. August, im Rahmen einer Pontifikalvesper im vollbesetzten Mainzer Dom statt. Und weiter: „Ich wünsche allen Menschen, die in den Dom kommen, in der Erfahrung der Musik, auch der Orgeln, eine Erfahrung, die sie mit Gott und seiner Gegenwart in Berührung bringt.“

Mit Blick auf die letzte Orgelweihe im Mainzer Dom im Jahr 1928 bezeichnete Kohlgraf die Weihe in seiner Begrüßung als „Jahrhundertereignis“. Es lohne sich, in die Zukunft der Kirche und ihrer Verkündigung zu investieren: „In diesem Vertrauen stehe ich hier heute vor Ihnen“, sagte der Bischof. Die neuen Domorgeln seien „ein unschätzbarer Dienst für unsere Verkündigung“. Er sei sehr berührt davon, dass im Dom Orgeln geweiht werden, „welche über die Lebenszeit von mir und vielen von uns hinaus erklingen werden“, sagte Kohlgraf. Direkt nach der Domorgelweihe erklang in der Vesper als erstes Stück auf dem neuen Instrument in einem Gottesdienst das Lied „Großer Gott, wir loben dich (Te Deum)“.

Mainz, 21. August 2022: Die Pontifikalvesper wurde von Sängerinnen und Sängern der Chöre am Dom unter der Leitung von Domkapellmeister Professor Karsten Storck mitgestaltet. (c) Bistum Mainz / Blum

Der zweite Bauabschnitt der neuen Mainzer Domorgelanlage im Ostchor war am Freitag, 5. August 2022, durch das österreichische Orgelbau-Unternehmen Rieger fertig gestellt worden. Kohlgraf dankte ausdrücklich allen, die zum Teil über Jahrzehnte hinweg sich für die Realisierung dieses Jahrhundertwerkes eingesetzt und am Bau der neuen Orgel gearbeitet haben, aber auch das Vorhaben inhaltlich und finanziell unterstützt haben. Besonders würdigte er den früheren Mainzer Domdekan, Prälat Heinz Heckwolf, „für sein herausragendes Engagement“ und den aktuellen Mainzer Domdekan Henning Priesel, „der mit ganzem Herzen hinter dem Projekt steht“.

Der erste Teilabschnitt der neuen Mainzer Orgel - über dem neu gestalteten Windfang des Eingangs am Marktportal - war am 19. September 2021 gesegnet worden. Die Renovierung der Westchor-Orgel als drittem Teilabschnitt des Mainzer Orgelprojektes wird das Mainzer Domkapitel erst in Angriff nehmen, wenn die Finanzierung gesichert ist. Ein Zeitpunkt für die Ausführung steht daher noch nicht fest.

Mainz, 21. August 2022: Eine Einführung in die neue Orgel gaben vor dem Konzert die Orgelbauer Simon Hebeisen (links) und Wendelin Eberle (rechts) gemeinsam mit Domdekan Henning Priesel. (c) Bistum Mainz / Blum

Weiter sagte Kohlgraf in seiner Predigt über den „Verkündigungsdienst der Musik in der Kirche: Sie ist Predigt, öffentlich, vernehmbar, rühmend und preisend. Sie berührt Herz und Verstand, sie ergreift den Menschen mit allen Sinnen. So wie eine Predigt durch das Wort nicht nur das Wohlbefinden steigern will, ist die Musik in der Lage, alle Dimensionen des Betens auszudrücken: Lob, Preis, Festlichkeit, Klage, Ratlosigkeit, Staunen und auch die Brüche des Lebens, die sich nicht automatisch in Harmonie auflösen. Die Größe und Schönheit Gottes und gleichzeitig seine Größe und Rätselhaftigkeit zu umschreiben ist der Predigtdienst der Musik in der Kirche, nicht nur in der Liturgie.“

„Wir haben diese Orgeln bauen lassen in einer Zeit, in der nach dem Sinn der Kirche und ihrer Verkündigung aus unterschiedlichen Gründen gefragt wird“, sagte der Bischof. Und weiter: „Gerne verweisen wir auf die karitative Arbeit der Kirchen. Und diese soll nicht kleingeredet werden. Aber Kirche hat auch den Dienst, daran zu erinnern, dass der Mensch nicht nur Zwecken anderer dient. Besonders auch der Dom wie alle Kirchen verweisen auf diese Dimension des Menschseins, die sonst niemand so gut ausdrückt wie Kunst und Kultur als Sprachen von Verstand und Herz. Manchmal gibt es Zeitpunkte im Leben, die einmal als Chance verpasst, nicht wiederkehren. Man nennt einen solchen entscheidenden Punkt Kairos, den einmaligen Augenblick. Es war tatsächlich jetzt ein solcher Kairos, die beiden Orgeln bauen zu lassen, deren Planung schon viele Jahre zurückreicht. Nachdem die Orgel im Westchor nicht mehr spielbar ist, hätten wir ohne diese Orgeln im Hohen Dom zu Mainz keine spielbare Orgel mehr. Was wir hier feiern, ist also kein Luxus, sondern eine Chance und eine Notwendigkeit in vielerlei Hinsicht.“

Mainz, 21. August 2022: Gang zum Ostchor während der Domorgelweihe im vollbesetzten Mainzer Dom. (c) Bistum Mainz / Blum

Die Pontifikalvesper wurde durch Domorganist Professor Daniel Beckmann, die Mainzer Dombläser und Sängerinnen und Sänger der Chöre am Dom unter der Leitung von Domkapellmeister Professor Karsten Storck sowie Jutta Hörl und Michael Kaltenbach als Kantoren musikalisch gestaltet. Nach einem anschließenden Empfang im Kreuzgang waren alle Teilnehmenden zum ersten Orgelkonzert eingeladen, das der Mainzer Domorganist gab. Beckmann spielte Werke von Johann Sebastian Bach, Guy Bovet und Julius Reubke. Gemeinsam mit Bischof Peter Kohlgraf trug der Domorganist auch zwei Stücke von Robert Cundick und Maurice Ravel vierhändig vor. Das Publikum bedachte das Orgelkonzert mit großem und lang anhaltendendem Beifall.

Eine Einführung in die neue Orgel gaben vor dem Konzert in einem Dreiergespräch die Orgelbauer Simon Hebeisen von der Orgelbau-Firma Goll, Schweiz, und Wendelin Eberle, Inhaber des österreichischen Orgelbau-Unternehmens Rieger, gemeinsam mit Domdekan Henning Priesel. Hebeisen verwies darauf, dass die Mainzer Domorgel in ihren beiden fertig gestellten Teilabschnitten 9.756 Orgelpfeifen hat. Mit rund 550 Kubikmetern umfasse die neue Orgel im Ostchor etwa das Volumen eines Einfamilienhauses erläuterte Eberle. Die größte Orgelpfeife im Ostchor sei aus Holz und bei einem Gewicht von etwa 400 Kilogramm knapp elf Meter lang. Der Bau der Ostchor-Orgel habe rund 32.000 Arbeitsstunden gebraucht.

Pressegespräch

Bei einem Pressegespräch am Montagvormittag, 22. August, brachte der Mainzer Domdekan Henning Priesel seine Freude über die neue Domorgel zum Ausdruck: „Wir haben jetzt wieder eine spielbare Domorgel.“ Bei der Weihe und dem anschließenden Konzert habe er es so empfunden, „dass die Orgel mit ihrem Klang einhüllt wie ein Mantel“. Domorganist Beckmann machte deutlich, dass mit der Orgelweihe für ihn „ein großer Traum in Erfüllung gegangen ist“. Und weiter: „Für die Kulturlandschaft in Mainz und im Land ist damit ein wirklicher Meilenstein erreicht worden.“ Die ausführenden Orgelbaufirmen hätten seine Erwartungen „weit übertroffen. Die Orgel hat einen Klang, der seinesgleichen sucht.“ Beckmann verwies auch auf die technischen Innovationen der Orgel. So sei mit der Mainzer Domorgel weltweit erstmals eine mehrteilige Anlage gebaut worden, die synchron im Raum erklinge - auf Höhe der Kanzel im Mittelschiff sei dies am besten wahrnehmbar.

Die Vorsitzende des Mainzer Dombauvereins, Sabine Flegel, machte deutlich, dass der Dombauverein den dritten Teilabschnitt der Orgel unterstützen werde. „Wir erleben, dass im Dombauverein eine große Euphorie da ist, das Projekt weiter zu unterstützen.“ Unter anderem werde der Dombauverein eine Reise zur Orgelbaufirma Rieger in Österreich anbieten, nachdem es bereits einen Besuch bei der Firma Goll gegeben hat. Der Vorsitzende der Stiftung Hoher Dom zu Mainz, Professor Markus Schächter hob hervor, dass die Spieltische der Domorgel in der Fachwelt „als die besten ihrer Art“ gelobt würden. Nachdem die Stiftung die Spieltische für die ersten beiden Teilabschnitte finanziert habe, sagte er zu, dass die Stiftung auch die Finanzierung für den mobilen Spieltisch und den Spieltisch für den dritten Teilabschnitt im Westchor übernehmen werde.

Mehrere Konzerte auf der neuen Domorgel

Mainz, 21. August 2022: Nach der Domorgelweihe fang im Kreuzgang des Domes ein Empfang statt. (c) Bistum Mainz / Blum

Die Öffentlichkeit hat noch bei zwei weiteren Konzerten - bei freiem Eintritt - Gelegenheit, das neue Instrument zu erleben:

Montag, 22. August:

20.05 Uhr: Orgelkonzert mit Domorganist Daniel Beckmann und zwei Organisten repräsentativer Goll- und Rieger-Orgeln: Ulfert Smidt (Marktkirche Hannover, Goll-Orgel) und Sebastian Küchler-Blessing (Domorganist in Essen, Rieger-Orgel). Eintritt frei; es wird um Anmeldung gebeten unter Telefon: 06131/253-412 oder per E-Mail: dominformation@bistum-mainz.de

Dienstag, 23. August:

20.05 Uhr: Orgelkonzert mit dem Titularorganisten der Kathedrale Notre Dame de Paris, Olivier Latry. Eintritt frei; es wird um Anmeldung gebeten unter Telefon: 06131/253-412 oder per E-Mail: dominformation@bistum-mainz.de

Drei weitere Konzerte an der neuen Domorgel werden über das Programm der Bistumsakademie Erbacher Hof im November angeboten. Domorganist Professor Daniel Beckmann stellt bei den kleinen Konzerten Bandbreite und Klangfarben des neuen Instrumentes vor. Termine sind (jeweils um 18.00 Uhr): Donnerstag, 3. November; Mittwoch, 9. November; und Dienstag, 22. November.

Kosten der beiden bisherigen Teilabschnitte der Mainzer Domorgel

Mainz, 21. August 2022: Stehende Ovationen für die beiden Organisten des ersten Konzertes an der neuen Mainzer Domorgel. Daniel Beckmann und Bischof Peter Kohlgraf. (c) Bistum Mainz / Blum

Die Gesamtkosten des ersten Teilabschnittes (Marienkapelle) lagen bei rund 1,81 Millionen Euro. Finanziert wurden die Kosten durch den Mainzer Dombauverein (mit 500.000 Euro), Pfeifenpatenschaften des Dombauvereins, das Bischöfliche Domkapitel Mainz und die Stiftung Hoher Dom zu Mainz, die den Spieltisch finanziert hat (rund 162.000 Euro). Hinzu kommen Baunebenkosten in Höhe von 251.000 Euro. Diese sind zum Beispiel Planungskosten, die komplette Neugestaltung des Windfangs, die notwendige Stahlunterkonstruktion sowie die Fensterisolierung und Gerüstkosten.

Die Gesamtkosten für den zweiten Teilabschnitt im Ostchor liegen bei 3,17 Millionen Euro. Davon entfallen 3,12 Millionen Euro auf die Orgel und rund 48.000 Euro auf die Baunebenkosten. Die Nebenkosten sind hauptsächlich die neue und verstärkte Verlegung der Elektrokabel sowie deren Planung und die Anbindung der Orgel an die Medienanlage. Finanziert wurde der zweite Teilabschnitt durch den Mainzer Dombauverein mit einer Million Euro - besonders durch die Pfeifenpatenschaften, das Bischöfliche Domkapitel Mainz und die Stiftung Hoher Dom zu Mainz, die den Spieltisch finanziert hat (rund 162.000 Euro).

Hinweis: www.domorgel-mainz.de