Bischof Kohlgraf: „Glaube ist Friedensarbeit“

Zentraler Gottesdienst im Bistum zum Weltfriedenstag im Mainzer Dom

Mainz, 17. Januar 2021: Bischof Peter Kohlgraf bei seiner Predigt zum Weltfriedenstag im Mainzer Dom. (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
So. 17. Jan. 2021
Von:
tob (MBN)

Mainz. „Frieden kann nicht entstehen, indem jede Partei ohne Rücksicht auf die eigene Position pocht. Es funktioniert nur im gegenseitigen Hören und Verstehenwollen. Das ist keine ‚Harmoniesauce‘, sondern mühevolle Arbeit.“ Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Sonntag, 17. Januar, bei seiner Predigt im Mainzer Dom.

Mainz, 17. Januar 2021: Dr. Susanne Margraf-Epe von Pax Christi beim Gottesdienst zum Weltfriedenstag. (c) Bistum Mainz / Blum

Ausgangspunkt seiner Predigt ist das Verständnis von Frieden beim heiligen Nikolaus von Flüe (1417-1487): „Achtsamkeit als Weg zum Frieden heißt für mich zuerst: die Achtsamkeit gegenüber dem Gott, der Friede ist. Die Achtsamkeit Gott gegenüber kann Nikolaus von Flüe nicht von der Achtsamkeit gegenüber Menschen trennen. Glaube ist Friedensarbeit. Sein Rezept beschreibt er kurz und knapp: ‚Aufeinander horchen - einander gehorchen‘.“  

Der Gottesdienst mit Bischof Kohlgraf, der Präsident der deutschen Sektion der internationalen katholischen Friedensbewegung pax christi ist, war zentraler Gottesdienst im Bistum Mainz zum Weltfriedenstag. Der Gottesdienst wurde live auf der Internetseite und der Facebook-Seite des Bistums Mainz übertragen. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von Mitgliedern der Domkantorei St. Martin in Mainz, und des Mainzer Domorchesters unter der Leitung von Karsten Storck sowie Professor Daniel Beckmann an der Mainzer Domorgel.

Mainz, 17. Janaur 2021: Pfarrer Michael Baunacke, Geistlicher Beirat von Pax Christi im Bistum Mainz, beim Evangelium. (c) Bistum Mainz / Blum

Wörtlich sagte Kohlgraf: „Wir müssten gerade in der Kirche Vorbilder sein, indem wir so miteinander auf dem Weg sind. Die Realität ist oft anders. Auch das macht uns in einer Welt unglaubwürdig, in der es genügend Spaltung und Säbelrasseln gibt. Achtsamkeit bedeutet, den anderen verstehen zu wollen, ohne dass man seine Position teilen muss. Es bedeutet, auch im Gegner das Ebenbild Gottes zu sehen und seine Würde anzuerkennen. Die Einheit der Menschen untereinander ist die Grundlage für mögliche Vielfalt.“ Und weiter: „Ich vermute, dass unser Glaube für viele Menschen erheblich attraktiver wäre, wenn sie uns alle als Menschen erleben würden, die auf der Suche nach ‚dem einig Wesen‘ sind - und nicht schon alles wissen und haben. Und dass wir Menschen sind, in denen sich diese Achtsamkeit und Aufmerksamkeit in der Friedensliebe ausdrückt. Achtsamkeit als Weg zum Frieden heißt für mich zuerst: die Achtsamkeit gegenüber dem Gott, der Friede ist.“

 „Nicht der Friedensstifter ist naiv“

„Nicht der Friedensstifter ist naiv“, betonte Kohlgraf. „Vielmehr weist die christliche Tradition darauf hin: Eher ist derjenige realitätsfern, der meint, Frieden sei das Schweigen aufgerichteter und aufeinander gerichteter Waffen. Achtsamkeit bedeutete für Nikolaus von Flüe ein radikales Ernstnehmen der Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit war für ihn aber nicht nur die Realität der Kriege damals und der zerrissenen Welt, sondern auch das Wissen darum, dass Gott Frieden wirken will und wirken kann - durch jeden einzelnen Menschen. Für ihn wäre der Glaube an die Kraft des Guten Realität, die sich zutraut, die Welt zu verändern und zu gestalten.“

Mainz, 17. Januar 2021: Der Gottesdienst zum Weltfriedenstag mit Bischof Peter Kohlgraf wurde von Pax Christi mitgestaltet. (c) Bistum Mainz / Blum

Bischof Kohlgraf wies darauf hin, dass es bei der Friedensarbeit genauso wie etwa bei der Entwicklung des Klimas darum gehe, Entscheidungen nicht mehr auf die lange Bank zu schieben, um keine Chancen zum Wandel zu verpassen: „Nicht nur an die großen Waffensysteme haben wir uns gewöhnt, an neue Nationalismen, sondern auch an Lügen, Beschimpfungen und Herabsetzung von Menschen in der Öffentlichkeit zur Durchsetzung eigener Ziele.“ Am Ende seiner Predigt zitierte der Bischof einen Satz von Martin Luther King: „‚Wir müssen lernen zusammenzuleben wie Brüder und Schwestern, oder wir werden zusammen untergehen wie Idioten.‘ Ich denke, diesen Satz kann man sich gut merken. Achtsamkeit als Friedensarbeit beginnt im Kleinen und erstreckt sich ins Große der Politik.“

Die Botschaft von Papst Franziskus zum Weltfriedenstag am 1. Januar steht unter der Überschrift: „„Die Kultur der Achtsamkeit als Weg zum Frieden“. Der Weltfriedenstag wird in der Katholischen Kirche seit 1968 weltweit am 1. Januar begangen. Mitgestaltet wurde die Feier vom Pax Christi-Regionalverband Rhein-Main (Bistümer Limburg und Mainz) und der Geschäftsstelle Weltkirche/Gerechtigkeit und Frieden im Bischöflichen Ordinariat Mainz.

"Die Kultur der Achtsamkeit als Weg zum Frieden" - Gottesdienst zum Weltfriedenstag am 17. Januar um 10 Uhr aus dem Mainzer Dom mit Bischof Peter Kohlgraf

16. Jan. 2021