Mainz. Mit Plänen zur Neustrukturierung des Bildungs- und Tagungsbereiches reagiert das Bistum Mainz auf die Umbruchsituation der Katholischen Kirche in Deutschland und die eigenen sinkenden finanziellen Möglichkeiten. Bei einem Pressegespräch am Mittwoch, 30. September, im Erbacher Hof in Mainz hat der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf gemeinsam mit Weihbischof und Generalvikar, Dr. Udo Markus Bentz, sowie Bildungsdezernent Gereon Geissler und Seelsorgedezernent Hans Jürgen Dörr die von der Bistumsleitung getroffenen Entscheidungen mitgeteilt.
Im Rahmen der beschlossenen Neustrukturierung des Bildungs- und Tagungsbereiches beabsichtigt das Bistum Mainz, dass bei insgesamt fünf der 18 katholischen Schulen in Trägerschaft des Bistums Mainz die Trägerschaft nicht fortgeführt wird und die Konzeption einer Schule verändert wird, sowie drei Tagungshäuser des Bistums geschlossen werden, bei gleichzeitiger Stärkung der übrigen Tagungshäuser. Mit der Veröffentlichung dieser Pläne tritt das Bistum nach bereits erfolgten ersten Gesprächen jetzt in Verhandlungen mit den politisch Verantwortlichen über die Übernahme der Trägerschaften der Schulen ein.
„Es sind schmerzhafte Einschnitte, die wir auf verschiedenen Ebenen des Bistums vornehmen müssen“, betont Bischof Kohlgraf. „Dieser Abschied von bisher Gewohntem und Selbstverständlichem wird schwer werden. Aber gleichzeitig gehen wir mit dieser Neustrukturierung einen Weg, der unvermeidlich ist, und gerade mit Blick auf die mittel- und langfristige Entwicklung ist dies ein verantwortungsvoller Weg: Wir gestalten den Wandel unserer Kirche. Wir gestalten die Zukunft unseres Bildungs- und Tagungsbereiches zu einer Zeit, in der wir noch gestalten können. Und nicht erst dann, wenn uns fehlende finanzielle Mittel dazu zwingen. Mit der Neustrukturierung schaffen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten eine gute und tragfähige Zukunft für die verbleibenden Schulen und durch Konzentrationsprozesse im Tagungsbereich erreichen wir eine stabile Perspektive.“
Weiter hebt Bischof Kohlgraf hervor: „Heute geht es konkret um Schulen und Tagungshäuser, aber der Wandel, den wir im Rahmen des Pastoralen Weges gestalten, betrifft alle Bereiche. Mit der Zusammenführung der 134 Pastoralen Einheiten auf 50 Pfarreien oder auch der Einführung eines Zweckverbandes für unsere Kindertagesstätten wird es natürlich weitere Veränderungen geben. Einsparungen gibt es bereits etwa bei den Zuweisungen für Caritas und Pfarreien, ebenso durch den Wegfall der Verbeamtungen im Bistum Mainz. Die Institution Kirche wird kleiner - an Mitgliedern, an finanziellen Mitteln und auch an Menschen, die sich für ein christliches Profil engagieren wollen. Es ist jetzt unsere Aufgabe, der Kirche im Rahmen des Pastoralen Weges ein Gesicht zu geben, das in diese veränderte Zeit passt. Und eines ist mir am heutigen Tag besonders wichtig: Die angestrebten Trägerveränderungen bei den Schulen bedeuten keinen Abschied von Kindern und Jugendlichen. Die Schulpastoral und der Religionsunterricht bleiben wichtige Begegnungsorte der Kirche mit Kindern und Jugendlichen. Das Bistum ist bestrebt, die verbleibenden Schulen als lebendige Kirchorte noch stärker zu profilieren und in die allgemeine Seelsorge zu vernetzen. Ebenso bedeutet der Abschied von Tagungshäusern nicht den Abschied aus diesen pastoralen Feldern. Wir führen sie an anderen Orten mit neuer und geeigneterer Struktur weiter.“
Konkret geht es um folgende Einrichtungen:
Schulen
Aktuell finden für folgende vier Schulen Gespräche zur Übernahme der Trägerschaft statt:
Für das Theresianum in Mainz soll eine eigene Trägerkonstruktion geschaffen werden, wie sie beispielhaft bereits für die Maria Ward-Schule in Mainz oder die Edith Stein-Schule in Darmstadt besteht.
Veränderung der Konzeption:
Bei der Grund- und Realschule plus, Weißliliengasse Mainz, ist geplant, den Realschulzweig ausbauen und von einer zweizügigen zur dreizügigen Schule zu erweitern. Der Grundschulzweig der organisatorisch verbundenen Schule wird sukzessive verkleinert und ab dem Schuljahr 2022/23 keine neuen Schülerinnen und Schüler mehr aufnehmen.
Tagungshäuser
Für den Bildungs- und Tagungsbereich erwartet das Bistum mit der Umsetzung der Maßnahmen jährliche Einsparungen in Höhe von rund 15 Millionen Euro sowie zusätzlich nicht getätigte Investitionskosten etwa für den Gebäudeerhalt oder Erweiterungen im Ganztagsschulbereich und nicht mehr benötigte Pensionsrückstellungen.
Weihbischof Bentz, der auch Ökonom des Bistums Mainz ist, macht deutlich, dass der Haushalt des Bistums Mainz bereits seit mehreren Jahren defizitär ist: „Im aktuellen Haushaltsjahr 2020 rechnen wir mit einem negativen Ergebnis von rund 32 Millionen Euro (bei einem Gesamtvolumen von 357 Millionen Euro). Hinzu kommen die Risiken der Corona-Krise, die den ersten Berechnungen zufolge die Einnahmesituation noch einmal um zehn bis 15 Prozent verschlechtern wird. Zudem befindet sich Deutschland in einer Rezession. Das bedeutet, dass die Kirchensteuerprognosen für die kommenden Jahre weiter nach unten korrigiert werden müssen.“ Und weiter: „Um dauerhaft eine solide und verantwortungsvolle Haushaltsplanung vorlegen zu können, muss das Bistum schrittweise 20 bis 25 Prozent seiner Ausgaben einsparen. Bis zum Jahr 2030 bedeutet das ein Einsparvolumen von mehr als 50 Millionen Euro pro Jahr.“ Bentz macht deutlich, dass insbesondere der Schulbereich zu den größten Posten im Bistumshaushalt gehört: „Von den erwarteten Kirchensteuereinnahmen in Höhe von 232,6 Millionen Euro gehen im laufenden Wirtschaftsplan für das Jahr 2020 insgesamt 68,2 Millionen Euro in den Bereich Schulen, Hochschulen und Religionsunterricht.“
„Das Bistum Mainz steht zu pluraler Bildung und es steht zu hochwertiger Bildung. Wir können dies aber langfristig nicht mehr in dem Umfang wie bisher ermöglichen“, betont Bentz. „Um den Bereich unserer Schulen und Tagungshäuser in gewohnt stabiler und professioneller Weise führen zu können, müssen wir unser Engagement auf ein Maß beschränken, das wir uns auch in Zukunft noch leisten können. Besonders schmerzhaft ist es, dass das Bistum sich in dieser Umbruchsituation auch von gut laufenden Einrichtungen trennen muss. In den Schulen und Häusern, die auf Zukunft hin nicht mehr vom Bistum verantwortet werden, wird eine sehr gute Arbeit von engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geleistet. Deshalb bleibt es unser erklärtes Ziel, diese Arbeit in einem neuen Rahmen zu sichern und eine dauerhafte Kontinuität unter veränderten Bedingungen zu schaffen.“
„In den Gesprächen, die vor uns liegen, ist es uns ein dringendes Anliegen, gute Lösungen für alle betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Schülerinnen und Schüler, Familien und für alle vor Ort Engagierten zu finden“, hebt Gereon Geissler, der Bildungsdezernent des Bistums Mainz ist, hervor. „Dafür werden wir uns mit aller Kraft einsetzen.“ Denn man wisse um den hohen Wert der geleisteten Arbeit der Schulgemeinschaften und der Tagungshäuser. Es sei dem Bistum wichtig, diese Arbeit unter veränderten Vorzeichen auch auf Zukunft hin abzusichern. Mit der Veröffentlichung der Neustrukturierungspläne stehen nun Gespräche mit den Bundesländern Hessen und Rheinland-Pfalz, den jeweiligen kommunalen Gebietskörperschaften und anderen freien Trägern an: „Wir haben sie über unsere Pläne in Kenntnis gesetzt und sind in guten Gesprächen. Die Verhandlungen beginnen nun transparent mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung. Ich denke, wir können an dieser Stelle an gute Gesprächsfäden anknüpfen.“ Als Bildungsdezernent ist Geissler für den Bereich der Schulen sowie das Haus am Maiberg in Heppenheim zuständig.
Mit dem Abschied von zwei Einrichtungen wollen wir ganz bewusst eine Stärkung und teilweise Neuaufstellung der verbleibenden Tagungshäuser verbinden“, betont der Seelsorgedezernent des Bistums Mainz, Hans Jürgen Dörr. „Es ist jetzt unser wesentliches Anliegen, dem Jugendhaus Maria Einsiedel in Gernsheim, dem Jugendhaus Don Bosco in Mainz, dem Kloster Jakobsberg in Ockenheim und dem Kloster Engelthal bei Altenstadt eine zukunftsfähige Perspektive zu geben.“ Und weiter: „Das Kloster Jakobsberg spielt in unseren Zukunftsüberlegungen eine wichtige Rolle. Wir wollen in Zusammenarbeit mit den Missionsbenediktinern von St. Ottilien den Jakobsberg als geistliches Zentrum für die Diözese Mainz entwickeln. Zielperspektive ist ein Tages- und Gästehaus für wichtige pastorale Aufgaben: Spiritualität und Glaubensvertiefung, Exerzitienarbeit, kirchenmusikalische Bildungsarbeit, Angebote der Jugend- und Erwachsenenseelsorge und mit Blick auf die Herausforderungen des Pastoralen Wegs: unterstützende Kursangebote für Pfarreigremien und Pastoralteams in den neuen Pfarreien. Wesentliche Teile der bisherigen Arbeit in Bingen und Ilbenstadt können so auf den Jakobsberg verlagert und dort fortgeführt werden.“ Als Seelsorgedezernent ist Dörr für das Haus St. Gottfried in Ilbenstadt und das Kardinal Volk-Haus in Bingen zuständig.