Das 23. Internationale Bischofstreffen im Heiligen Land ist heute (19. Januar 2023) zu Ende gegangen. Fünf Tage lang haben sich Vertreter von 15 Bischofskonferenzen, darunter 13 Bischöfe, über die Situation der Kirche und der Christen in Jordanien informiert. Als Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz nahm Weihbischof Dr. Udo Bentz (Mainz), Vorsitzender der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten der Kommission Weltkirche, an der Begegnung teil.
Weihbischof Bentz zeigte sich beeindruckt von der positiven Lebenseinstellung vieler jordanischer Christen. „Wir haben erleben dürfen, wie die Christen voller Energie die Kirche und ihr Land mitprägen“, so Weihbischof Bentz. „In Begegnungen mit Jugendlichen, aber auch mit anderen Gemeindemitgliedern, haben wir uns auch über die schwierige wirtschaftliche Lage ausgetauscht. Trotz aller Probleme wie hohe Jugendarbeitslosigkeit und steigende Lebenshaltungskosten, blicken unsere Gesprächspartner grundsätzlich optimistisch auf ihre Lebenswelt. Viele sehen ihre Zukunft in der Heimat. Allerdings gibt es auch manche, die vor allem aus wirtschaftlichen Gründen in westliche Länder abwandern.“
„Immer wieder habe ich von unseren Gesprächspartnern gehört, wie wichtig die Heiligen Stätten in Jordanien für ihre christliche Identität sind“, so Weihbischof Bentz weiter. „Die Christen Jordaniens sind stolz darauf, mit dem Berg Nebo oder der Taufstelle Jesu am Ostufer des Jordans markante biblische Orte in ihrem Land zu wissen. Und nicht nur die Christen blicken mit Stolz auf dieses bedeutende religiöse und kulturelle Erbe. Uns wurde versichert, dass diese Stätten in Jordanien von großen Teilen der Bevölkerung als gemeinsamer Schatz anerkannt werden.“
Die politische Stabilität des Landes wird von der großen Mehrheit auf das kluge Agieren des Königs und der königlichen Familie zurückgeführt. Angesicht der politischen Krisen und Bürgerkriege in den Nachbarländern werde dies als eine herausragende Leistung verstanden, wie Weihbischof Bentz berichtet. Besonders für die Christen (ca. drei Prozent der Bevölkerung) seien politische und gesellschaftliche Stabilität von höchster Bedeutung. „Der Status der Christen hierzulande ist nicht prekär. Sie können weitgehend ihr Leben als anerkannte Staatsbürger gestalten. Christen wollen und können ihren Beitrag zum Aufbau der Gesellschaft leisten. Sie sind unverzichtbarer Bestandteil Jordaniens“, so der Weihbischof. „Darüber hinaus haben Staat und Kirche ein gemeinsames Interesse: Man will mehr christliche Pilger im Land begrüßen.“ Im Gespräch mit der Delegation formulierte der in Amman lebende Patriarchalvikar Weihbischof Jamal Daibes (Lateinisches Patriarchat) das Selbstbild der jordanischen Christen prägnant: „Die Christen in Jordanien sind Zeugen des Glaubens, Hüter der Heiligen Stätten und Gastgeber der christlichen Pilger.“
Im sozialen Bereich engagiert sich die Kirche vor allem in der Flüchtlingsarbeit. Aus den Nachbarländern Irak und Syrien ist der Zustrom in den vergangenen Jahren, vor allem seit 2012, enorm gewesen. Die jordanische Regierung schätzt, dass sich ca. 1,4 Millionen syrische Flüchtlinge im Land aufhalten, davon sind ca. 650.000 beim Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) registriert. Außerdem geht man von 200.000 bis 300.000 Irakern im Land aus, deren Zahl vor allem mit dem Vordringen des „Islamischen Staats“ seit 2014 angestiegen ist. Je nach Herkunft und der Zeit ihrer Ankunft haben die Geflüchteten einen unterschiedlichen Rechtsstatus. Vor allem die irregulär im Land lebenden Iraker sind auf Unterstützung angewiesen. Oft befinden sie sich über lange Jahre hinweg in prekären Situationen und hoffen auf die Ausreise nach Europa, in die USA oder nach Australien.
„Beim Besuch von Projekten der Caritas Jordanien und im Gespräch mit dem UNHCR konnten wir erfahren, welchen wichtigen Beitrag die katholische Ortskirche mit ihren Organisationen dafür leistet, dass die Menschen in Würde leben können. Sie gliedert die Kinder in ihre Schulen ein, bietet kostenlose Gesundheitsversorgung für die Bedürftigsten an, sorgt sich um die Ausbildung der Jugendlichen und verhilft den Menschen zu Arbeit, damit sie selbst ihren Lebensunterhalt verdienen können“, fasst Weihbischof Bentz die Begegnungen zusammen. Die Kirche leiste einen unverzichtbaren Beitrag für die Versorgung dieser Menschen. Aber: „Auch die internationale Gemeinschaft darf in der Sorge für die Geflüchteten in Jordanien nicht nachlassen.“
Auch wenn das diesjährige Bischofstreffen im Heiligen Land erstmals seit 2016 wieder in Jordanien stattfand, kamen ausführlich die Befürchtungen zur Sprache, die mit der Bildung der neuen Regierung in Israel einhergehen. Die Beziehungen zum Nachbarland sind für Jordanien von größter Bedeutung. „Die neue israelische Regierung steht politisch weiter rechts als alle Vorgängerregierungen. In ihr sind teilweise beunruhigende nationalistische Tendenzen wahrnehmbar, sogar rassistische Anklänge. Offenbar will das Kabinett ausschließlich im Sinne israelisch-jüdischer Interessen handeln. Das gefährdet ein gutes Zusammenleben auch dort, wo es bisher noch möglich war. Eine Friedenslösung ist weiter entfernt denn je. Die wiederkehrenden Provokationen sind ein Spiel mit dem Feuer. Das könnte zu neuen Ausbrüchen von Gewalt führen“, so Weihbischof Bentz, der – auf der Linie von Papst Franziskus und der vatikanischen Diplomatie – forderte, „dass der Respekt vor den Heiligen Stätten aller Religionen auch durch diese Regierung garantiert werden muss. Der Besuch von Minister Itamar Ben-Gvir auf dem Tempelberg zielte darauf ab, den Status quo infrage zu stellen. Das darf nicht passieren“.