Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat am Samstag, 16. Juli, durch Handauflegung und Gebet Diakon Moritz Gerlach aus der Gemeinde St. Georg in Bensheim im Mainzer Dom zum Priester geweiht.
In seiner Predigt sagte der Bischof: „Wenn mich jemand fragt, woran ich in der Kirche leide, dann bin zunächst einmal ich selbst daran beteiligt, dass ich zu oft mich auf das Glatteis der Äußerlichkeiten führen lasse und dann dort gerne verweile. Und ich nehme wahr, dass wir es nicht schaffen, Christus in die Mitte zu holen und ihn zu Wort kommen zu lassen. Vielleicht schaffen wir es irgendwann einmal wieder, dass sich die Menschen an der Botschaft reiben und nicht am Boten. Das wäre mein großer Wunsch für die Zukunft. Denn die Botschaft ruft zur Positionierung, zur Nachfolge, ja, auch zur Ablehnung und zur Suche, sie besser zu verstehen und ins Leben zu übersetzen.“ Der Gottesdienst stand unter dem Leitwort „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens“ (Joh 6,68).
Die Texte der Bibel „beginnen dann ihre Wirkung zu entfalten, wenn sie Menschen befähigen, ihre eigene Glaubensantwort und die je eigene konkrete Form der Nachfolge zu entfalten. Die biblischen Texte wollen weniger Wissen vermitteln als Antworten provozieren“, sagte der Bischof. Und weiter: „Jeder, der sich mit Jesus beschäftigt, muss sich der Versuchung gewahr sein, sich nicht dem großen Anspruch Jesu zu unterstellen, sondern Jesus seinem eigenen Denken und Meinen gefügig zu machen. Ich werde immer stutzig, wenn mir jemand in einer Diskussion genau sagen kann, was denn Jesus an meiner Stelle gemacht hätte. In genau dieser Situation sind die Menschen, mit denen Jesus sich im Evangelium auseinandersetzen muss. Sie suchen einen Wundertäter, der ihnen Brot gibt, dass sie sich nicht mehr anzustrengen brauchen. Er soll ihnen Brot geben, aber damit soll es auch genug sein. Einen Anspruch wollen sie nicht hören, er soll für sie da sein, für ihr Interesse, nicht sie für seinen Anspruch. So hat man Jesus immer wieder kräftig verfälscht, und wir tendieren dazu bis heute. Glaube erschöpft sich nicht darin, etwas von diesem Jesus zu erwarten, und ihn in meinen Erwartungshorizont hineinzupassen.“
Vor der Weihe hatte Gerlach seine Bereitschaft erklärt, sein Amt im Sinne Christi und der Kirche auszuüben. Anschließend gelobte er dem Bischof und seinen Nachfolgern Ehrfurcht und Gehorsam. Nach der Allerheiligen-Litanei erfolgte die eigentliche Weihe, bei der Bischof Kohlgraf dem Kandidaten schweigend die Hände auflegte. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass sich Gottes Hand auf den zu Weihenden legt und ihn mit seinem Geist erfüllt. In den ausdeutenden Riten erhielt der Neupriester sein Messgewand aus den Händen seines Heimatpfarrers. Anschließend salbte der Bischof ihm die Hände, überreichte ihm Brot und Wein und zeigte ihm schließlich mit einer angedeuteten Umarmung, dass er ihn als Priester in seinen Dienst aufnimmt.
Konzelebranten im Mainzer Dom war Regens Dr. Tonke Dennebaum und Spiritual Philipp Müller; an dem Gottesdienst nahmen neben Weihbischof und Generalvikar Dr. Udo Markus Bentz auch Mitglieder des Mainzer Domkapitels teil. Die musikalische Gestaltung hatte eine Schola unter der Leitung von Domkapellmeister Karsten Storck sowie Domorganist Professor Daniel Beckmann an der Domorgel übernommen. Aufgrund der durch zahlreiche Demonstrationen verursachten Verkehrssituation in der Mainzer Innenstadt konnten die Kinder und Jugendlichen des Mainzer Domchores nicht zum Gottesdienst kommen. Am frühen Nachmittag spendete der Neupriester den Primizsegen in einer Andacht in der Seminarkirche in der Augustinerstraße. Der Neugeweihte wird am Sonntag, 17. Juli, um 11.00 Uhr seine erste Heilige Messe (Primiz) als Priester in seiner Heimatgemeinde St. Georg in Bensheim feiern.
Aufgabe eines Priesters ist es, das Evangelium zu verkünden (Lehramt), die Sakramente zu spenden (Priesteramt) und die Gläubigen zu leiten (Hirtenamt). Durch seine Weihe handelt er bei seinem Dienst nicht aufgrund eigener oder verliehener Autorität, sondern in der Person Christi und im Namen der Kirche. Dieses besondere Priestertum ist vom allgemeinen Priestertum aller getauften Gläubigen zu unterscheiden, das vom Zweiten Vatikanischen Konzil neu betont worden ist.
Die Priesterweihe erfolgt im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes durch den Bischof. Dabei wird der Heilige Geist auf den Kandidaten herabgerufen (Epiklese), was zeichenhaft in der Handauflegung durch den Bischof und die anwesenden Priester sowie das Weihegebet deutlich wird. Das Sakrament der Weihe ist in der katholischen Kirche in drei Stufen gegliedert: die Diakonenweihe, die Priesterweihe und die Bischofsweihe. Die erste Heilige Messe eines neu geweihten Priesters wird Primiz genannt. Sie wird in der Regel in dessen Heimatgemeinde gefeiert.
Nach dem katholischen Kirchenrecht kann nur ein getaufter Mann zum Priester geweiht werden. Er muss unverheiratet sein und das 25. Lebensjahr vollendet haben. Das Versprechen der Ehelosigkeit (Zölibat) legt der Kandidat bereits bei seiner Diakonenweihe ab, in der Regel ein Jahr vor der Priesterweihe. Die Ausbildung der Priesteramtskandidaten erfolgt in einem Priesterseminar, in dem die Seminaristen während ihres Theologiestudiums wohnen. Nach dem Studium schließt sich eine praktische Seelsorgsausbildung an.
Umgangssprachlich werden die Bezeichnungen „Priester“ und „Pfarrer“ oft gleichbedeutend gebraucht. Ein Priester trägt den Titel „Pfarrer“ allerdings nur, wenn er von seinem Bischof mit der Leitung einer Pfarrgemeinde beauftragt worden ist. Darüber hinaus sind Priester auch in der Seelsorge für bestimmte Personengruppen (Kategorialseelsorge) oder in der Verwaltung tätig. Neu geweihte Priester werden in der Regel in der Pfarrseelsorge als Kapläne zur Unterstützung und Vertretung eines Ortspfarrers eingesetzt.
Im Beschluss „Die pastoralen Dienste in der Gemeinde“ der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland (1975) heißt es über das Priesteramt: „Die Sendung des Priesters lässt sich nicht mit Hilfe von einigen nur ihm vorbehaltenen Funktionen umschreiben. Vielmehr übt der Priester den der ganzen Kirche aufgegebenen Dienst im Auftrag Jesu Christi amtlich und öffentlich aus. Durch Verkündigung, Spendung der Sakramente, Bruderdienst, Auferbauung und Leitung der Gemeinde und nicht zuletzt durch sein persönliches Zeugnis soll der Priester die anderen zu ihrem eigenen Dienst bereit und fähig machen.“ (Kapitel 5.1.1.)