Das Erreichte nicht vergessen

Podium zum Thema „Warum Ökumene nicht am Ende ist“ mit Kardinal Lehmann

Kardinal Lehmann aud dem Katholikentag (c) Bistum Mainz am
Datum:
Sa. 28. Mai 2016
Von:
am (MBN)
„Wir müssen alles dafür tun, dass das in der Ökumene Erreichte nicht ein Zwischenergebnis bleibt. Deshalb brauchen wir einen Bericht über das, was alles bisher erreicht wurde, damit es nicht vergessen wird. Danach brauchen wir ein Programm, was noch alles zu machen ist – und das ist ja gar nicht so viel.“

Das sagte der emeritierte Bischof von Mainz, Kardinal Karl Lehmann, am Freitagnachmittag, 27. Mai, beim Katholikentag in Leipzig. Der Kardinal äußerte sich bei einem Podiumsgespräch zum Thema „Der Weg ist nicht das Ziel. Warum Ökumene nicht am Ende ist“.

Weiter sagte der Kardinal, dass jeder „Rippenstoß“, den er in Sachen Ökumene bekomme, für ihn ein Ansporn sei, weiterzumachen. Er erinnerte auch an das 500-jährige Reformationsgedenken im kommenden Jahr: „Davon erhoffe ich mir einen neuen Aufbruch in der Ökumene“, sagte Lehmann. In diesem Zusammenhang würdigte er auch das geplante Christusfest als eine „Chance“: „Das Christusbekenntnis ist das, was uns am tiefsten miteinander verbindet.“ Die Ökumene sei zudem eminent wichtig angesichts des gemeinsamen öffentlichen Zeugnisses der Kirchen in der Gesellschaft.

Der Präsident des deutschen Bundestages, Professor Dr. Norbert Lammert, bezeichnete die Trennung der Kirchen als „letzten großen Anachronismus unserer Zeit“. Für die Trennung habe es damals viele theologische und politische Gründe gegeben. Seiner Meinung nach existierten die Gründe, die eine Spaltung rechtfertigen, heute nicht mehr. Den fehlenden Willen nach einer Kircheneinheit führe er auch auf ein „Selbstbeharrungsbedürfnis der Institutionen“ zurück. Der evangelische Theologe Professor Dr. Michael Weinrich bezeichnete das Ziel der Ökumene als ein „nach wir vor schwieriges Thema“. Er plädierte für einen dynamischen Einheitsbegriff im Sinne der „versöhnten Verschiedenheit“, den er als ein „urchristliches, tragfähiges ökumenisches Modell“ bezeichnete. Die evangelische Theologin Elisabeth Krause-Vilmar stellte während des Gesprächs die „Ökumene der Sendung“ vor. Diese stelle sich der Frage, was die Kirchen angesichts des zu erwartenden „säkularen Tsunamis“ gemeinsam für die Menschen tun können.

ZdK-Präsident Sternberg würdigte Kardinal Lehmann

Vor Beginn des Podiumsgespräches hatte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Professor Dr. Thomas Sternberg, Kardinal Lehmann anlässlich seines 80. Geburtstages am 16. Mai gewürdigt. Lehmann sei ein „Ökumeniker mit langem Atem“, ein „glaubwürdiger Zeuge der Frohen Botschaft“ sowie ein „hoher Amtsträger, der nahe bei den Menschen geblieben ist“. Auch die Katholische Kirche habe „ihre 68er“ gehabt: „Und Sie gehörten zu den besten 68ern, die wir hatten“, sagte Sternberg. Das ZdK habe ihm „vieles zu verdanken“: „Bleiben Sie uns kritisch gewogen - so wie bislang.“ Die über 250 Teilnehmer des Podiumsgesprächs dankten Lehmann mit minutenlangem stehendem Applaus.

Gespräch mit Lehmann über die Geschichte der Katholikentage

Am Freitagabend, 27. Mai, nahm Lehmann zudem im Gemeindesaal der Propsteikirche St. Trinitatis an einem Gesprächsabend zum Thema „Katholikentage – Orte des Aufbruchs?“ teil. Der Kardinal nannte die Katholikentage wichtige und anregende Treffen, sie gehörten zur „spezifischen Geschichte der Kirche in unserem Land“, sie seien „ein Wert an sich“. „Ich kann mir die Geschichte unserer Kirche in Deutschland ohne die Katholikentage gar nicht denken“, sagte er. Hier seien „heiße Eisen“ wirklich diskutiert worden, oft genug hätten Katholikentage für Kirche und Theologie den Anreiz gegeben, sich mit bestimmten Themen näher zu beschäftigen. Lehmann erinnerte in diesem Zusammenhang an den Katholikentag in Essen 1968. Hier habe sich „Unmut und Enttäuschung Luft gemacht“ – eine Konsequenz sei aber die Würzburger Synode gewesen. Man könne es gar nicht genug würdigen, dass die Katholikentage regelmäßig stattfinden: „Das ist nicht selbstverständlich.“ Beispielsweise habe es während der NS-Zeit bis zum Jahr 1948 keine Katholikentage gegeben.

Lehmann, der seit 50 Jahren an Katholikentagen teilnimmt, sprach an dem Abend gemeinsam mit Professorin Barbara Krause, Mitglied des ZdK, die die erkrankte Schriftstellerin Ulla Hahn vertrat. Auch in Zukunft müssten die Katholikentage „tragende Antworten für die Fragen der Menschen“, geben, sagte Krause: „Was sind die Zeichen der Zeit und was ist unsere Aufgabe?“