Denn die kleine Taufgemeinde, die sich an diesem kalten Freitagmorgen im Januar in der Mainzer Innenstadtkirche versammelt, heißt in Wirklichkeit gar nicht Familie Meier. Und getauft wird an diesem Tag auch kein Baby, sondern übungshalber eine Puppe. Sie, das sind die Mitglieder des Mainzer Pastoralkurses 2008: vier Priesteramtskandidaten und zwei Pastoralassistentinnen. Auf ihrem Kursplan steht Anfang Januar 2009 das Thema Taufe. Denn wer im Bistum Mainz zum Priester geweiht oder als Pastoralreferentin bzw. Pastoralreferent gesendet wird, der besucht nach seinem Theologiestudium an der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität einen zweijährigen Pastoralkurs. Neben Praktika in einem Krankenhaus, an einer Schule und in einer Pfarrei stehen für die Frauen und Männer unter anderem die Themen Gesprächsführung, Homiletik (Predigtlehre), Trauung, Beerdigung oder das Thema Taufe auf dem Stundenplan. Jetzt im April werden die Männer zu Diakonen geweiht; 2010 empfangen sie die Priesterweihe und die Pastoralassistentinnen werden als Pastoralreferentinnen gesendet.
„Grau ist alle Theorie“, sagt Weinert, der Dozent für Pastoralliturgik im Pastoralseminar ist. Daher feiert er mit den Mitgliedern des Pastoralkurses einen richtigen Taufgottesdienst am Taufbecken der St. Quintinskirche. Vier Stationen hat der Taufgottesdienst: Begrüßung der Familie an der Kirchenpforte, Wortgottesdienst und Taufe am Taufbecken sowie Abschluss am Ambo und Altar. Danach spricht Weinert mit der Gruppe über die einzelnen Stationen und vielfältigen Riten des Gottesdienstes, gibt Tipps und Hinweise, berichtet über seine Erfahrungen als Taufspender. „Wenn ich taufe, verwende ich beide Hände. Denn so kann man sehen und hören, wie das Wasser fließt“, sagt er. Natürlich komme es vor, dass er bisweilen „Alleinunterhalter“ bei einer Tauffeier sei, vor allem, wenn die Eltern kirchlich nicht stark gebunden seien. „Wenn möglich, sollten Eltern, Paten oder Familienangehörige bei der Tauffeier mitwirken“, empfiehlt Weinert. Oft seien die Eltern aufgeregt, weshalb es wichtig sei, als Liturge durch die Tauffeier zu führen. „Das nimmt die Unsicherheit.“ Aber wenn das Kind die ganze Zeit über schreie, könne es natürlich anstrengend werden. Und damit sich der Täufling bei der Taufe nicht erschrickt, hat Weinert noch einen ganz praktischen Tipp an den Pastoralkurs: „Das Taufwasser sollte angewärmt sein.“
Neben Taufliturgie, Taufpredigt und kirchenrechtlichen Aspekten der Taufe steht für die Pastoralkurs-Mitglieder am Tag zuvor die Pastoraltheologie zur Taufe auf dem Stundenplan. Dozent ist Professor Dr. Hubertus Brantzen, Leiter des Pastoralseminars. Nach der Laudes in der Kapelle des Priesterseminars spricht Brantzen mit der Gruppe darüber, wie das Thema Taufe in einer Pfarrgemeinde gestaltet werden könnte. Er macht Vorschläge zum Ablauf eines Treffens von Taufeltern oder eines Taufgespräches, gibt Tipps, wie Taufpastoral in einer Pfarrgemeinde über einen längeren Zeitraum aussehen kann. Neben der Taufkatechese und Taufe schlägt er Mutter- und Elternsegen vor, aber auch Taufgedächtnisfeiern, einen Tauffamiliennachmittag oder die Spendung des Kindersegens.
Brantzen ist es wichtig, dass sich Seelsorge am Leben der Menschen anlehnt. „Sonst ist es Pastoralbürokratie“, betont er. „Schauen Sie auf das Leben der Menschen und fragen Sie sich: Was habe ich aus meiner Schatztruhe des Glaubens zum Leben der Menschen zu sagen“, sagt Brantzen. Er empfiehlt, im Taufgespräch die Eltern erst einmal erzählen zu lassen, welche positiven oder auch negativen Erfahrungen sie bisher mit ihrem Kind gemacht haben – vielleicht bei der Geburt. Gemeinsam überlegt Brantzen mit den Mitgliedern des Pastoralkurses, welche Erfahrungen und Gefühle Eltern bewegen und welche Antworten aus dem Glauben es dafür gibt. „Es ist viel erreicht, wenn den Eltern deutlich wird, dass wir mit der Taufe das Ja der Eltern und das Ja Gottes zum Kind feiern“, unterstreicht Brantzen. Die Taufe sei eine Zusage Gottes: „Du darfst Vertrauen zu mir haben.“ Er rät den Pastoralkursmitgliedern, sich in den Taufgesprächen auszuprobieren. „Seien Sie authentisch. Wenn Sie formelhaft werden, merken das die Leute.“
Mit dem Sakrament der Taufe wird der Mensch in die Kirche aufgenommen. Die Taufe erfolgt durch die Worte: „Ich taufe Dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Dabei wird dem Täufling Wasser über den Kopf gegossen als Zeichen für die Reinigung von der Erbsünde und allen persönlichen Sünden. In verschiedenen Riten wird die Taufe anschließend gedeutet, unter anderem durch die Salbung mit Chrisam-Öl. Dabei wird deutlich, dass der Getaufte durch die Taufe zu Christus gehört. Das Wort „Christus“ bedeutet „der Gesalbte“. Während die Taufe in der Regel von einem Priester oder Diakon gespendet wird, kann bei Lebensgefahr für das Kind jeder Christ taufen, indem er die Taufformel spricht und den Kopf des Täuflings mit Wasser übergießt. Zusammen mit der Firmung und der Eucharistie gehört die Taufe zu den so genannten Einführungssakramenten.
Bereits vom zweiten Jahrhundert an gibt es Zeugnisse für die Säuglingstaufe. Bei der Taufe eines unmündigen Kindes übernehmen die Eltern und Paten die Pflicht zur religiösen Erziehung. Auf die wachsende Zahl von erwachsenen Taufbewerbern haben die deutschen Bischöfe zuletzt mit dem Text „Katechese in veränderter Zeit“ vom 22. Juni 2004 reagiert und Perspektiven einer missionarischen Weitergabe des Glaubens im Katechumenat vorgestellt.
Der Bischof von Mainz, Kardinal Karl Lehmann, hat das Thema „Taufe“ als inhaltlichen Schwerpunkt der derzeitigen Ratsperiode der 9. Diözesanversammlung im Bistum Mainz vorgeschlagen. „In dieser Hinsicht ist die Taufe als Anfang des Christwerdens und des Christseins etwas, das man nicht einfach hinter sich lässt. Es bleibt der Grund, auf dem die christliche Existenz aufbaut“, sagte Lehmann. Die Taufe sei „der entscheidende Zugang zur christlichen Kirche und die prägende Signatur des christlichen Lebens“, betonte der Kardinal bei der konstituierenden Sitzung der 9. Diözesanversammlung Ende Mai 2008 im Erbacher Hof in Mainz.