Das liturgische Regiebuch des Mainzer Doms

Liber Ordinarius der Mainzer Domkirche an Kardinal Lehmann übergeben

LEHMANN--WEINERT (c) Bistum Mainz / Blum (Ersteller: Bistum Mainz / Blum)
Datum:
Fr. 12. Sept. 2008
Von:
tob (MBN)
Mainz. Der Mainzer Dompfarrer, Dompräbendat Dr. Franz-Rudolf Weinert, hat das erste Exemplar des historischen Liber Ordinarius der Mainzer Domkirche an den Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, übergeben. Ein Liber Ordinarius ist ein liturgisches Ordnungsbuch, in dem alle konkreten gottesdienstlichen Vollzüge verzeichnet sind.

Bei der Präsentation am Freitag, 12. September, im Ostchor des Mainzer Domes stellte Weinert den von ihm in einer wissenschaftlichen Edition im A. Francke-Verlag, Tübingen/Basel, herausgegeben Liber Ordinarius in einem Vortrag vor. Außerdem enthält das Buch einen Kommentar von Weinert zu diesem Quellentext, der Einblicke in das gottesdienstliche Leben am Mainzer Dom Anfang des 16. Jahrhunderts gibt.

Kardinal Lehmann dankte Weinert für die Herausgabe des Buches. Der Band sei „ein wunderbares Vorspiel auf das Jubiläum 1.000 Jahre Willigis-Dom im kommenden Jahr". Weiter sagte Lehmann: „Ich bin dankbar dafür, dass nach vielen Erkenntnissen über die Baugeschichte und die politische Geschichte des Domes jetzt die zentrale Rolle des Gottesdienstes im Mainzer Dom wieder in Erinnerung gebracht wird."

In seinem Vortrag „Die Mainzer Domliturgie zu Beginn des 16. Jahrhunderts - Der Liber Ordinarius der Mainzer Domkirche" bezeichnete Dompfarrer Weinert den Liber Ordinarius „als bedeutende Quelle". „Die Handschrift aus der Martinus-Bibliothek ist eines der wenigen erhaltenen Bücher aus der Ende des 18. Jahrhunderts zerstörten Dombibliothek im Obergeschoss des Kreuzgangs." Er wies darauf hin, dass bei der Restaurierung der Handschrift im Jahr 2007 Fragmente eines spätmittelalterlichen Schulheftes aus der Mainzer Domschule gefunden wurden, die Bibliotheksdirektor Dr. Helmut Hinkel Anfang September der Öffentlichkeit vorgestellt hatte.

Weiter sagte Weinert: „Der Liber Ordinarius gehört nicht zu den liturgischen Büchern im engeren Sinn, die im Gottesdienst gebraucht wurden; er regelte vielmehr die Abläufe bei den Gottesdiensten im Kirchenjahr. Es war eine Art schriftliche Gedächtnisstütze, ein liturgisches Regiebuch." Das Buch habe seinen Platz in der Sakristei gehabt und werde deshalb auch oft als Sakristeibuch bezeichnet. Geschrieben wurde der Liber Ordinarius während der Amtszeit von Kardinal Albrecht von Brandenburg (1514-1545). Als ältester Teil werde jedoch auch der Ablauf der Mainzer Fronleichnamsprozession aus dem Jahr 1390 überliefert. Das Liber Ordinarius sei in Mainz bis zum Jahr 1720 in Gebrauch gewesen.

Insgesamt habe er zehn Jahre an der Edition gearbeitet, sagte Weinert. Er hat das Buch dem am 25. März 2008 im Alter von 80 Jahren verstorbenen Mainzer Weihbischof Wolfgang Rolly gewidmet. „Ich habe es ihm vor seinem Tod noch selbst sagen und ihm damit eine kleine Freude machen können", berichtete Weinert. Das Buch enthält auf einer CD-Rom den Liber Ordinarius als Faksimile.

Der Mainzer Generalvikar, Prälat Dietmar Giebelmann, hatte in seiner Begrüßung betont, dass die Erforschung der Liturgiegeschichte des Mainzer Doms gerade im Hinblick auf das im kommenden Jahr anstehende Jubiläum „1.000 Jahre Mainzer Willigis-Dom" ein wichtiger Dienst sei. Musikalisch gestaltet wurde die Vorstellung von Domkapellmeister Mathias Breitschaft und Domkantor Karsten Storck (beide Gesang) und Domorganist Albert Schönberger an der Orgel.

Hinweis: Franz-Rudolf Weinert, Mainzer Domliturgie zu Beginn des 16. Jahrhunderts - Der liber ordinarius der Mainzer Domkirche, (Band 20 der Reihe Pietas Liturgica Studien) A. Francke-Verlag, Tübingen/Basel 2008, 220 Seiten, 58 Euro. ISBN 978-3-7720-8294-8.