Der Heilige Geist ist „der Rückenwind Gottes“

Weihbischof Neymeyr hielt beim Weltjugendtag in Sydney drei Katechesen

NEYMEYR (c) Bistum Mainz / Blum (Ersteller: Bistum Mainz / Blum)
Datum:
Fr. 18. Juli 2008
Von:
tob (MBN)
Sydney. Der Mainzer Weihbischof, Dr. Ulrich Neymeyr, hat beim XXIII. Weltjugendtag in Sydney/Australien (15.-20. Juli) drei Katechesen vor deutschsprachigen Pilgergruppen gehalten. In seinen Ansprachen entfaltete er die Bedeutung des Heiligen Geistes. Als Leitwort für den Weltjugendtag hatte Papst Benedikt XVI. eine Stelle aus der Apostelgeschichte ausgewählt: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf Euch herab kommen wird und ihr werdet meine Zeugen sein. (Apg 1,8)“ Aus dem Bistum Mainz waren 110 Jugendliche und Erwachsene zum Weltjugendtag gereist.

„Gerufen, im Heiligen zu leben"

Am 16. Juli sprach Neymeyr vor den Mainzer Weltjugendtagspilgern im Stella Maris College in Manly, einem Vorort von Sydney. Sein Thema lautete: „Gerufen, im Heiligen Geist zu leben". Neymeyr räumte ein, dass „der Heilige Geist für uns eine nur schwer fassbare Größe" sei. Jesus habe seinen Jüngern den Heiligen Geist als „Beistand" versprochen. Wörtlich sagte Neymeyr: „Er ist die Kraft Gottes, die die junge christliche Gemeinde auch ohne den Beistand des Herrn Jesus Christus und ohne seine unmittelbare Lehre auf dem rechten Weg hält." Und weiter: „Der Heilige Geist durchweht auch heute die Kirche. Durch den Dienst des kirchlichen Lehramtes können wir gewiss sein, dass uns in der Katholischen Kirche der christliche Glaube im Sinne Jesu verkündet und übermittelt wird." Die Fähigkeit dazu hätten die Bischöfe und der Papst nicht allein durch ihre theologische Qualifikation, „sondern vor allen Dingen durch das Geschenk des Heiligen Geistes, das durch die Handauflegung und durch das Gebet übertragen wird". Neymeyr bezeichnete den Heiligen Geist als „das innere Lebensprinzip der Kirche".

Besondere Bedeutung habe der Heilige Geist bei der Gründung der Kirche gehabt, sagte der Weihbischof. An Pfingsten, 50 Tage nach dem Paschafest, hätten die Apostel in Jerusalem öffentlich bezeugt, dass „Jesus, der Gekreuzigte, lebt". Dazu habe es großen Mutes bedurft, „den sie nicht ihrer eigenen Entschlossenheit zuschrieben, sondern dem Wirken des Heiligen Geistes und dem Beistand, den Jesus versprochen hat". „So steht an der Geburtsstunde der Kirche ein mächtiges Erleben des Heiligen Geistes."

Neymeyr wies darauf hin, dass sich der Heilige Geist in den ersten Jahrhunderten der Kirche oft in charismatischen Phänomenen wie der Zungenrede oder bei Krankenheilungen offenbart habe. „Solche charismatischen Phänomene gehörten ganz offensichtlich zum Leben der Kirche in den ersten Generationen und machten den Glauben an den Heiligen Geist sehr anschaulich." Abschließend betonte er: „Das Bekenntnis zum Heiligen Geist als dem Geist der Wahrheit schließt für uns als Christen ein, dass es eine Wahrheit über Gott, den Menschen und die Welt gibt, und dass wir Menschen diese Wahrheit bekennen und davon unser Handeln bestimmen lassen."

„Der Heilige Geist, Seele der Kirche"

Die zweite Katechese hielt der Weihbischof am 17. Juli in der Kirche St. Oliver Plunkett im Vorort Harris Park vor Jugendlichen aus dem Bistum Limburg. Er sprach zum Thema: „Der Heilige Geist, Seele der Kirche". Neymeyr erläuterte, dass der Glaube an den Heiligen Geist im Glaubensbekenntnis der Kirche sehr schnell eine feste Form angenommen habe. Im Credo heißt es: „Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige Katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben." In der Regel werde diese Passage als eine Aneinanderreihung von Glaubenssätzen verstanden, sagte Neymeyr. „Es ist aber besser, sich nach dem Satz ‚Ich glaube an den Heiligen Geist' einen Doppelpunkt vorzustellen, denn das Folgende bedeutet eine Ausführung und Entfaltung des Glaubensbekenntnisses an den Heiligen Geist."

„Erste Frucht" des Heiligen Geistes sei die heilige Katholische Kirche. „Nicht die sittliche Rechtschaffenheit ihrer Mitglieder macht die Kirche zur heiligen Kirche, sondern ihre Erwählung durch Gott", sagte der Weihbischof. „Die Kirche ist nicht als perfekte menschliche Organisation eine heilige Kirche, sondern als Stiftung Gottes." Er betonte, dass das griechische Wort „katholisch" im Deutschen „allumfassend" bedeute und daher die Bezeichnung Katholische Kirche keine Abgrenzung von der Evangelischen Kirche darstelle.

Wörtlich sagte er: „Gerade beim Weltjugendtag können wir erleben, dass so die Katholische Kirche als Organisation Menschen unterschiedlicher Nationen miteinander verbindet. Jeder katholische Christ auf der ganzen Welt ist einem katholischen Bischof zugeordnet und die katholischen Bischöfe bilden unter der Leitung des Papstes das weltumspannende Bischofskollegium. Die Kirche verbindet uns nicht nur im gemeinsamen Glauben und in den gemeinsamen Ideen und Überzeugungen, sondern sie verbindet uns auch in einer einzigen Organisation. Wenn wir sehen, welche Mühe dies bei anderen internationalen Organisationen bedeutet, etwa beim Internationalen Olympischen Komitee, ist es fast schon ein Beweis für das Wirken des Heiligen Geistes in der Katholischen Kirche, dass das völkerübergreifende Miteinander schon immer eine Selbstverständlichkeit ist. Erst recht ist das Alter der Organisation der Katholischen Kirche fast schon ein Beweis dafür, dass sie mit dem Heiligen Geist im Bunde ist."

Auch in der Eucharistie als „Quelle und Höhepunkt allen kirchlichen Tuns" wirke der Heilige Geist, sagte Neymeyr: „Der Heilige Geist verwandelt die Gaben Brot und Wein in Leib und Blut Jesu Christi. Der Priester, der im Sakrament der Priesterweihe ebenfalls vom Heiligen Geist zum priesterlichen Dienst beauftragt und bevollmächtigt wird, ist bei der Feier der Eucharistie Werkzeug des Heiligen Geistes. So ist der Heilige Geist nicht nur die göttliche Person, die die Kirche zum Sakrament macht, sondern er wirkt auch in allen Einzelsakramenten. Deswegen sind auch alle Sakramente mit einer Handauflegung verbunden, die von alters her der Gestus für die Geistmitteilung ist."

Der Heilige Geist begründe auch das hierarchische Prinzip der Kirche, erklärte der Weihbischof. „Aber zum Aufbau und zur Erfüllung ihrer Sendung braucht die Kirche nicht nur die hierarchischen Dienstämter, sondern sie braucht auch die Tugenden eines jeden Einzelnen, der die Botschaft Jesu Christi in seinem persönlichen Leben und Wirken verwirklicht."

„In die Welt gesandt: Der Heilige Geist, Protagonist der Mission"

Die Katechese am 18. Juli fand in der Kirche „Our Lady Help of Christians" im Vorort Epping statt. Dabei sprach der Weihbischof vor der Pilgergruppe aus dem Bistum Osnabrück. „In die Welt gesandt: Der Heilige Geist, Protagonist der Mission" lautete das Thema seiner letzten Katechese. Neymeyr kennzeichnete den Heiligen Geist als Kraft, „die uns nicht nur antreibt zu beten, sondern die unser Gebet zu einer Begegnung mit Gott werden lässt". Gott im Gebet die eigenen Gedanken und Anliegen vorzutragen, sei „eine wichtige Form des Betens", betonte er. „Es gibt aber noch eine tiefere Form des Betens. Es gibt ein Beten, bei dem wir nicht mehr etwas erreichen wollen, sondern uns hinein begeben in die Gegenwart Gottes und auf ihn hören." Und weiter: „Es ist ein zweckfreies intensives Beten, das wir nicht mehr als Beten bezeichnen, sondern als Anbetung."

Den Besuch des Sonntagsgottesdienstes bezeichnete der Weihbischof als „wichtigen Stützpunkt", der sicherstellt, einmal in der Woche genügend Zeit für Gott zu haben. Er regte die Jugendlichen dazu an, in ihrem Leben „feste Zeiten des Gebets zu verankern", damit die Gottesbeziehung das eigene Leben immer stärker präge. „Es müssen nicht alle so wie die Priester und Ordensleute das ganze Stundengebet der Kirche verrichten. Ein kurzer Wink zum Himmel im Laufe des Alltags verhindert, dass wir allzu weit von Gott wegdriften." Um dem Gebet einen festen Platz im Leben einzuräumen, warb Neymeyr für „eine Schule des Betens", zu der viele Klöster einladen würden.

Besonders im Sakrament der Firmung werde durch den Heiligen Geist jeder beauftragt und befähigt, Zeugnis von seinem Glauben zu geben, sagte er. Dies sei nicht immer einfach. „Wer andere für das Christsein gewinnen will, muss selbst überzeugend als Christ leben. Diese Voraussetzung können wir oft nicht aus eigener Kraft erfüllen. Wir sind auf Unterstützung angewiesen. Wir brauchen den Rückenwind Gottes, den er uns durch seinen Heiligen Geist in die Segel unseres Lebens bläst. Wir brauchen aber auch die Bereitschaft, ständig an uns selbst zu arbeiten und uns nicht vorschnell mit unseren Schwächen, Fehlern und Halbherzigkeiten abzufinden. Schließlich brauchen wir die Gemeinschaft der Kirche, um uns gegenseitig im Glauben zu stützen und zu stärken."