Der Kardinal hatte zu diesem Gespräch eingeladen, da er die zahlreichen Interviewanfragen, die ihn zu seinem Geburtstag erreicht hatten, nicht alle erfüllen konnte. Zu dem Pressegespräch im Ketteler-Saal des Erbacher Hofes waren über 50 Journalistinnen und Journalisten gekommen.
Lehmann unterstrich die enge Bindung seines bischöflichen Dienstes an die Theologie. „Die Theologie blieb in vieler Hinsicht eine erste Aufgabe, aus der vieles im kirchlichen Alltag hervorging, und auf jeden Fall meine bleibende Leidenschaft. Die Theologie hat mich bei meinem Leitungsamt in Wort und Tat unterstützt, und der Bischofsdienst stellte auch viele alte und neue Fragen an den Theologen“, sagte der Kardinal. Aber nun werde es Zeit, „im Verlauf der langen Wahrnehmung des Bischofsamtes auf Bundesebene und besonders in Mainz die Stafette an den nächsten Läufer weiterzugeben“, betonte er.
In seinem Statement ließ Lehmann auch die Stationen seines Lebens Revue passieren. Er betonte unter anderem, wie sehr sein Leben durch die Erfahrung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) geprägt worden sei. „Ich wollte zwar auch schon vor dem Konzil Priester werden, aber die Ausrufung des Konzils am 25. Januar 1959 durch Papst Johannes XXIII., die intensive Vorbereitung, das Erleben der vier Konzilsperioden (vor allem an der Seite Karl Rahners) und die nachkonziliaren Reformen haben über viele Jahre mein Leben als Theologe und Priester bestimmt“, sagte er. Das Konzil bezeichnete der Kardinal als einen „Aufbruch, auf den ich mit vielen jungen Menschen meiner Generation gewartet habe, und der mir durch viele Erfahrungen hindurch die Überzeugung festigte, ich sei mit meiner Berufswahl auf dem richtigen Weg“.
Im Rahmen des Pressegespräches wurden auch drei Buchneuerscheinungen vorgestellt, die anlässlich des 80. Geburtstages des Kardinals im Herder-Verlag erschienen sind. Es sind die Publikationen „Auslotungen. Lebensgestaltung aus dem Glauben heute“, „Was im Wandel bleibt. Christsein in der Kirche heute“ sowie der Gesprächsband „Mit langem Atem. Wege – Erfahrungen – Einsichten“.
Der Band „Auslotungen“ ist ein Sammelband mit verschiedenen, zu unterschiedlichen Gelegenheiten entstandenen Texten von Kardinal Lehmann. Er ist der vierte Sammelband dieser Art seit 1974 und enthält unter anderem die Grundsatzreferate, die Lehmann als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz seit 2006 gehalten hat. Damit vollendet dieses Buch auch den 2006 erschienenen Band „Zuversicht aus dem Glauben“, der die Grundsatzreferate Lehmanns aus den Jahren 1988 bis 2005 als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz versammelt. Lehmann war von 1987 bis 2008 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. In dem Buch „Was im Wandel bleibt“ finden sich die Hirtenworte des Mainzer Bischofs aus den vergangenen dreizehn Jahren. Dieser Band ist die Fortsetzung des Buches „Frei vor Gott. Glauben in öffentlicher Verantwortung“ aus dem Jahr 2003. In dieser, ebenfalls bei Herder erschienenen Publikation, die anlässlich des 20-jährigen Bischofsjubiläums von Kardinal Lehmann heraus kam, sind 21 Hirtenworte Lehmanns veröffentlicht.
Die Leiterin der Abteilung Publikationen im Bischöflichen Ordinariat Mainz, Dr. Barbara Nichtweiß, sagte, dass es eine Besonderheit Lehmanns sei, beinahe alle seine Texte selbst zu verfassen. Der Kardinal stehe „in der Tradition des Professors, der eigene Ausarbeitungen und Erkenntnisse vorträgt und daran auch Spaß hat“. „Kardinal Lehmann lässt gerne das Lot seiner Neugier in die Tiefen seiner Bibliothek und seiner persönlichen Erfahrungen herab“, sagte sie. Nicht umsonst trage der Band den Titel „Auslotungen“, da Lehmann einen Sachverhalt gerne tiefer auslote: „Er hat dabei keine Angst vor den ganz großen Themen – im Gegenteil, gerade Begriffe, die vollmundig überall und oft gebraucht werden, nicht selten auch schlagwortartig, reizen ihn besonders zu begriffsgeschichtlichen Auslotungen ihres tatsächlichen Gehalts und ihrer Verwendbarkeit.“
Auch der Band mit den Hirtenworten sei „eine ausgezeichnete Quelle, um jenseits von manchen Schlagworten einen tieferen Eindruck von Gestalt und Wirken Karl Lehmanns als Bischof von Mainz zu gewinnen“. Das Buch sei ein „ein nützliches, ja notwendiges Instrument, wenn man einen verlässlichen Überblick über die Herausforderungen und Nöte wie auch manche festliche Höhepunkte seiner Amtszeit gewinnen will“, sagte Nichtweiß.
Das dritte Buch – „Mit langem Atem“ – ist ein Gespräch mit dem ehemaligen Intendanten des ZDF, Professor Markus Schächter, das bei mehreren Treffen Anfang 2016 entstand. In seinem Statement würdigte Schächter Lehmann als einen Menschen, „der über Jahrzehnte hinweg das Gesicht einer weltoffenen und menschenfreundlichen Kirche“ gewesen sei. „Mit einem stets offenen Visier und seiner couragierten Freude an Dialog und Kommunikation ist er für uns Journalisten immer ein herausragender Gesprächspartner gewesen“, betonte Schächter.
Das Gesprächsbuch wolle eine „biographisch akzentuierte Bilanz der vergangenen Jahrzehnte erzählen, in denen Karl Lehmann die Kirche im Umbruch mitgeprägt, mitgestaltet und mitbestimmt hat“. Aus den Fragen und Antworten des Gespräches sei eine „Auflistung der Perspektiven, Probleme, Entwicklungen und Veränderungen einer Kirche geworden, die sich in den letzten Jahrzehnten fundamental gewandelt hat und hineingestellt ist in den Umbruch einer globalisierten Welt“, sagte Schächter.
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