„Es muss nicht alles so weitergehen, wie bisher“

Leitungsteam der Pfarrei St. Franziskus in Offenbach (von links): Pfarrer Andreas Puckel, Koordinatorin und Gemeindereferentin Marcella Luft-Weber, Verwaltungsleiter Christian Berberich (c) Dennis Lat
Datum:
Mi. 25. Sept. 2024
Von:
hoff (MBN)

Am Samstag, 28. September, und Sonntag, 29. September, feiert die Pfarrei St. Franziskus Offenbach ihr Gründungsfest. Am Sonntag feiert der Mainzer Generalvikar Dr. Sebastian Lang um 10.30 Uhr den Gründungsgottesdienst mit der Gemeinde. Es ist die größte Pfarrei des Bistums Mainz, aus 16 Gemeinden deutscher und anderer Muttersprache mit insgesamt 27.000 Katholikinnen und Katholiken wird eine. 140.000 Einwohner aus 160 Nationen leben im Gebiet der Pfarrei, die künftig auch fünf muttersprachliche Gemeinden integriert. „Das ist schon eine Herausforderung“, sagt Andreas Puckel, leitender Pfarrer. Das Team der Hauptamtlichen in der Seelsorge besteht aus neun Personen für die deutschsprachigen Gemeinden und neun Seelsorgerinnen und Seelsorgern für die Gemeinden anderer Muttersprache.

Ein neues Format ist zum Beispiel der Gottesdienst im Wetterpark in Offenbach (c) Michael Sustelo

Wie kommt es, dass in diesem Gebiet so viele Gemeinden zu einer Pfarrei werden? „Das hat sich angeboten, die Pfarreigrenzen orientieren sich an den kommunalen Grenzen. Bereits das ehemalige Dekanat Offenbach hat die Stadt abgebildet“, erklärt Puckel. „Es ist sinnvoll, eine Einheit daraus zu machen, weil wir so als katholische Kirche geschlossen gegenüber der Stadt Offenbach auftreten können“, fügt er hinzu. Zur neuen Pfarrei gehören unter anderem sechs Kindertagesstätten, die Marienschule, das Ketteler-Krankenhaus, das Theresienzentrum, ein Hospiz, eine Unterkunft für Geflüchtete. „Wir sind eine echte Größe in dem, was wir im sozialen Bereich leisten“, sagt Pfarrer Puckel.

 

Nach seinem Amtsantritt war das damalige Dekanat Offenbach das erste, welches der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf vor rund fünf Jahren besuchte. „Damals stand die Überlegung im Raum, vier Pfarreiverbünde zu gründen“, erinnert sich Puckel. Bischof Kohlgraf bat die Gemeinden jedoch darum „noch weiter zu denken“. „Mit diesem Wunsch ist Bischof Kohlgraf bei uns auf offene Ohren gestoßen. Denn man kennt sich hier, und es bestand schon damals ein Gefühl der Zusammengehörigkeit“, sagt Puckel. „Wir Hauptamtlichen kannten uns damals auch schon, und es war gut, dass Bischof Kohlgraf uns damals dazu ermutigt hat, eine Pfarrei zu werden“, erinnert sich Marcella Luft-Weber, Koordinatorin der neuen Pfarrei.

Kontaktstellen sollen gut erreichbar sein

Gleichzeitig sei es eine Herausforderung gewesen, so viele Menschen aus unterschiedlichen Nationen dabei zu unterstützen, zu einer gemeinsamen Pfarrei zu werden, sind sich beide einig. Die muttersprachlichen Gemeinden sollen auch in Zukunft erhalten bleiben. Auch künftig wird es Seelsorgerinnen und Seelsorger in der jeweiligen Sprache geben. Gleichzeitig wird Pfarrer Puckel als leitender Pfarrer auch für diese Gemeinden zuständig sein.

 

„Es ist uns wichtig, dass die Nähe zu den Menschen in der Stadt erhalten bleibt“, sagt Luft-Weber. „Deshalb wollen wir mehr als ein zentrales Pfarrbüro für die Menschen beibehalten“, unterstreicht Puckel. „Wir werden auch Pfarrbüros schließen müssen. Aber es wird auch künftig so genannte Kontaktstellen geben, an die sich die Menschen wenden können. Und zum Beispiel für die Mitglieder der Gemeinden anderer Muttersprache ist es wichtig, dass sie jemanden in ihrer Muttersprache erreichen können“, sagt Puckel. Ein Verwaltungsbüro übernimmt künftig das Ausstellen von Urkunden, Anmeldungen von Taufen oder Hochzeiten und ähnliche Aufgaben. Daneben soll es in Zukunft möglich sein, digital eine Messe zu bestellen, oder einen Saal zu reservieren. In den dezentralen Kontaktstellen soll dadurch mehr Freiraum entstehen, um als direkte Ansprechpersonen zur Verfügung zu stehen.

„Ohne Ehrenamtliche hätten wir das nicht geschafft“

Damit die Pfarreiwerdung gelingt, sei vor allem eines wichtig: „Wir werden getragen von so vielen Ehrenamtlichen, die sich engagieren“, betont Luft-Weber. „Den Menschen ist ihr eigener Kirchturm lieb und wichtig. Gleichzeitig müssen wir eine Pfarrei werden, damit Kirche auch in Zukunft mitgestalten kann“, erklärt sie. Positiv wahrgenommen haben beide, „dass es auch mal in Ordnung war, wenn Fehler gemacht wurden“, sagt Luft Weber. Es habe auch Diskussionen gegeben, wie die Zukunft der Pfarrei aussehen soll. Aber die Engagierten hätten immer Vertrauen in die Arbeit der jeweiligen Gruppen von Experten in ihren eigenen Reihen gelegt, die sich mit der jeweiligen Thematik befasst haben. Das führte auch zu einer großen Akzeptanz der Ergebnisse. Beide sind sich sicher: „Ohne Ehrenamtliche hätten wir das nicht geschafft.“

 

Im Frühling wurde ein neuer Pfarreirat gewählt. Pfarrer Puckel fragte sich, ob sich angesichts der Umbruch-Situation überhaupt genügend Leute zur Wahl stellen würden. „Wir hatten beinahe doppelt so viele Bewerber, wie zu besetzende Stellen. Und jetzt gibt es ein ganz neues Team, das etwas machen will“, freut er sich. „Es muss nicht immer alles so weitergehen, wie es immer schon war. Da ist ein Aufbruch möglich, und wir versuchen, das Beste daraus zu machen“, betont er.

 

Den Blick nach vorn richten

Die Stimmung in den vergangenen Jahren haben beide als ambivalent wahrgenommen. Einige Menschen seien von den Veränderungen überfordert gewesen, bei anderen habe das Motto gegolten: Jetzt erst recht. „Für manche war die Schlagzahl einfach zu hoch. Wir hatten Phasen, in denen alle vier Wochen eine Pastoralraumkonferenz getagt hat. Es engagieren sich ja viele ehrenamtlich, manchen wurde es zu viel“, sagt Luft-Weber. Auch den Hauptamtlichen habe der Prozess viel Energie abverlangt. „Das Jahr 2023 war aufreibend und stressig“, sagt auch Pfarrer Puckel.

 

Es sei gut gewesen, die strukturellen Fragen zu klären. „Jetzt geht es darum, das neue Konstrukt mit Leben zu füllen. Wir wollen jetzt das Gemeindeleben ordnen, aufatmen, und neu gestalten“, sagt er. Sei es ein gemeinsamer Firmkurs, ein gemeinsamer Pfarrbrief, oder auch das gemeinsam gestaltete Gründungsfest. Das Fest soll ein Zeichen der Gemeinschaft sein, auch über religiöse und kulturelle Grenzen hinweg: „In einer Zeit, in der so viele Menschen Angst voreinander haben, wollen wir zeigen, dass wir friedlich gemeinsam feiern können“, sagt Puckel.