Mainz. Der Mainzer Weihbischof und Generalvikar, Dr. Udo Markus Bentz, der auch Ökonom des Bistums Mainz ist, hat angesichts der durch die Corona-Krise ausgelösten wirtschaftlichen Folgen für das Bistum Mainz ab Montag, 20. April, eine Haushaltssperre angeordnet. Das bedeutet, dass alle bereits in den Haushalten bewilligten Ausgaben sowie Stellenausschreibungen zunächst ausgesetzt sind und der Zustimmung des Generalvikars bedürfen. Im Interview erläutert der Finanzdirektor des Bistums Mainz, Christof Molitor, die erforderlichen Maßnahmen:
Mainzer Bistumsnachrichten (MBN): In welcher Weise ist das Bistum Mainz von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise betroffen?
Finanzdirektor Christof Molitor: In Folge der Corona-Pandemie verzeichnen fast alle Volkswirtschaften in der ganzen Welt kräftige Konjunktureinbrüche. Es ist nicht absehbar, wann die Wirtschaftsleistung und die Beschäftigungszahlen das Niveau des Jahres 2019 wieder erreichen werden. Die Auswirkungen auf die Finanzlage des Bistums Mainz und der Kirchengemeinden sind zum jetzigen Zeitpunkte ebenfalls noch nicht vollumfänglich absehbar. In folgenden Bereichen zeichnen sich zum Teil erhebliche Belastungen ab: massiver Rückgang des Kirchensteueraufkommens, Einnahmeverluste durch Schließungen von Bildungs- und Tagungshäusern, Ausfall von Elternbeiträgen für die Betreuung in Kitas und Schulen, Zahlungsausfälle bei der Erwachsenen- und Familienbildung, zusätzliche Kosten für den kurzfristen Ausbau der digitalen Infrastruktur (Videokonferenzen, Homeoffice-Arbeitsplätze), Ausfall von Kollekten und Mieteinnahmen (Pfarr- und Gemeinderäume).
Sollte sich die Lage ab Mai normalisieren und es schnell wieder zu einer wirtschaftlichen Erholung kommen, rechnen wir bei einem geplanten Haushaltsvolumen von 357 Millionen Euro in 2020 und einem geplanten Jahresfehlbetrag von 32 Millionen Euro mit zusätzlichen Belastungen von 50 bis 60 Millionen Euro. Schätzungen besagen, dass bei einer Kontaktsperre von einem Monat mit einem Rückgang des Bruttoinlandprodukts von rund sechs Prozent zu rechnen ist. Je länger die Krise also andauert, desto größer werden die wirtschaftlichen Folgen sein.
MBN: Und wie sieht es bei der Caritas aus?
Molitor: Die Caritas im Bistum Mainz begleitet und unterstützt Menschen, setzt sich anwaltschaftlich für Benachteiligte ein und leistet auch als Trägerin von Diensten und Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Altenheimen einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag. Dafür erhält sie jährlich fast 20 Millionen Euro aus Kirchensteuermitteln des Bistums. Der überwiegende Teil der Caritas-Leistungen wird aus Sozialleistungsentgelten und Fördermitteln refinanziert. Man kann davon ausgehen, dass sich die sozialen Probleme durch die Corona-Krise verschärfen und die Caritas künftig noch stärker fordern wird. Das bedeutet, dass einerseits neue Aufgaben entstehen. Andererseits kann die Caritas einen Teil ihrer Leistungen zurzeit nicht wahrnehmen - zum Beispiel in der Tagespflege oder in Beschäftigungsförderungsprojekten - was finanzielle Einbußen zur Folge haben wird. Zu hoffen ist, dass ein Teil dieser Einbußen durch den vom Gesetzgeber gespannten Schutzschirm abgedeckt wird.
MBN: Was bedeutet die Krise konkret für die Pfarreien und Einrichtungen im Bistum Mainz?
Molitor: Auch Kirchengemeinden haben Einnahmeausfälle. Zur wirtschaftlichen Konsolidierung wurde im letzten Jahr beschlossen, dass die Haushaltszuweisungen an die Kirchengemeinden über einen Zeitraum von fünf Jahren um zwei Prozent pro Jahr gekürzt werden, also zehn Prozent über fünf Jahre. Steigende Personal- und Sachkostenaufwendungen gehen dabei zu Lasten der Kirchengemeinden. Durch die zusätzlichen Belastungen der Corona-Krise geraten nun vermehrt Kirchengemeinden in eine finanziell schwierige Situation, die im Einzelfall genau analysiert werden muss. Einsparpotentiale ergeben sich insbesondere durch eine Reduzierung des Immobilienbestands und damit verbundenen geringeren Betriebs- und Instandhaltungsaufwendungen. Dieser Prozess kann aber erst nach der Definition der neuen pastoralen Räume in einigen Jahren richtig starten. Pastoral nicht benötigte Liegenschaften können bereits heute reduziert werden. Zudem können durch Kooperationsmöglichkeiten Räume gemeinsam genutzt werden. Durch die Zusammenlegung von Sekretariatsstellen und den Ausbau der Digitalisierung können Synergieeffekte genutzt und damit Kosten gespart werden.
Im Hinblick auf die Einrichtungen des Bistums Mainz (Schulen, Kindertagesstätten, Tagungs- und Bildungshäuser) wird man sich auch an den rückläufigen finanziellen Rahmen anpassen müssen bzw. versuchen, Kosten weiter zu optimieren und Drittmittel zu steigern. Hierzu gibt es Arbeitsgruppen, die Entscheidungen für die Gremien vorbereiten.
MBN: Welche Änderungen ergeben sich für das Bischöfliche Ordinariat in Mainz?
Molitor: Die Jahresergebnisse des Bistums sind nun schon einige Jahre negativ und strukturelle Konsolidierungsmaßnahmen notwendig. Diese Maßnahmen müssen nun zeitlich schneller beraten und umgesetzt werden. Ziel ist es, auch dauerhaft wirtschaftlich handlungsfähig zu bleiben und die definierten pastoralen Schwerpunkte nachhaltig finanziell auszustatten. Die Haushaltssperre dient dazu, in den einzelnen Abteilungen und Einrichtungen nochmals genau alle größeren Ausgaben und Investitionen unter dem Gesichtspunkt des Umfangs und der Notwendigkeit in den Blick zu nehmen.
MBN: Gibt es auch Bereiche, die von der Haushaltssperre ausgenommen sind?
Molitor: Die Haushaltssperre bezieht sich auf den gesamten Rechtsträger „Bistum Mainz“. Dazu gehört auch, dass Stellenausschreibungen bis auf weiteres ausgesetzt werden und Ausnahmen der schriftlichen Zustimmung des Generalvikars bedürfen. Sonderzuschüsse für Baumaßnahmen der Kirchengemeinden, die von unseren Aufsichtsgremien vorab genehmigt werden müssen, werden bis auf weiteres noch restriktiver gehandhabt. Von den Restriktionen der haushaltswirtschaftlichen Sperre sind die Lohn-, Gehalts- und Pensionsverpflichtungen gegenüber den Mitarbeitenden, sowie Aufwendungen, die sich aus bestehenden, vertraglichen Verpflichtungen für die Körperschaft Bistum Mainz ergeben, ausgenommen. Hierbei handelt es sich insbesondere um Strom, Wasser, Heizung, Telefon, Versicherungen, Miete und Leasing.
MBN: Wie sehen Ihre Prognosen aus? Wie lange werden diese Maßnahmen notwendig sein?
Molitor: Das ist abhängig vom Verlauf der Krise und den wirtschaftlichen Folgen. Schließt sich an die Corona-Krise eine Rezession über mehrere Monate oder gar Jahre an, wird auch die Haushaltssperre länger aufrechterhalten werden müssen. Dies ist mit Sicherheit auch für die Verwaltung kein angenehmer Zustand, da alle Anträge einzeln beraten und beschieden werden müssen. Hoffen wir daher für alle, dass diese Phase nicht zu lange andauert.