Hinduistisch-christlicher Dialog ist im Bereich der Spiritualität am fruchtbarsten

Gastvorlesung mit Professorin Bettina Bäumer aus Indien bei Mainzer Stiftungsprofessur

BÄUMER--LEHMANN--STIFTUNGSPROFESSUR (c) Bistum Mainz / Blum (Ersteller: Bistum Mainz / Blum)
Datum:
Mi. 10. Juni 2009
Von:
tob (MBN)
Mainz. Ein Dialog zwischen Hinduismus und Christentum solle nie nur auf die theologische oder institutionelle Ebene beschränkt bleiben. Das sagte Professorin Bettina Bäumer am Dienstag, 9. Juni, bei ihrer Gastvorlesung im Rahmen der zehnten Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur an der Mainzer Universität. Sie habe selbst erfahren, dass „ein authentischer Dialog am fruchtbarsten im Bereich der Spiritualität ist“. Zwar bleibe die Wirkung oft unsichtbar, doch ein solcher Dialog „hinterlässt tiefere Spuren als man annimmt“.
BÄUMER--STIFTUNGSPROFESSUR (c) Bistum Mainz / Blum (Ersteller: Bistum Mainz / Blum)

Die westliche Welt könne vom Hinduismus unter anderem „die positive Annahme eines religiösen Pluralismus" lernen und außerdem „die Entdeckung der weiblichen Dimension des Göttlichen, allerdings nicht im Sinne eines westlichen Feminismus".

Professorin Dr. Dr. h.c. Bettina Bäumer ist derzeit als Direktorin der „Samvidalaya - Abhinavagupta Research Library" in Varanasi/Indien tätig.  Die Vorlesung der österreichischen Religionswissenschaftlerin stand unter der Überschrift „Vielfalt und Nicht-Dualität: Zugänge zum Hinduismus". Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, hatte als Inhaber der diesjährigen Stiftungsprofessur die Vorlesungsreihe unter die Überschrift „Weltreligionen - Verstehen, Verständigung, Verantwortung" gestellt.

In seiner Vielgestaltigkeit sei der Hinduismus zunächst einmal „eine Sammlung unterschiedlicher religiöser Traditionen", doch durch verbindende Elemente wie etwa die Lehre der Brahmanen, Askese und Mönchtum oder die Pilgerschaften der Volksreligion sei es berechtigt, beim Hinduismus von einer Religion zu sprechen. Bäumer betonte, dass es im Hinduismus trotz der zahlreichen Götter „letztlich nur ein Göttliches ohne Form" gebe, das in verschiedenen Formen erfahren werde. Gerade für Europäer sei „die Tendenz zur Vervielfältigung von Manifestationen des Göttlichen" verwirrend. Die Frage für den Hindu laute jedoch: „Wie kann ich dem Göttlichen darin Grenzen setzen, wie und wo es sich manifestiert?" Maßgebend für das religiöse Leben sei die spirituelle Praxis, die letztlich zum Ziel der Befreiung führe.

Bäumer wies darauf hin, dass die Bezeichnung Hinduismus „eine simplifizierende Fremdbezeichnung" sei, die von den Engländern im 19. Jahrhundert geprägt worden sei. Die Ausbreitung des Hinduismus über Indien hinaus sei nicht durch Missionierung erfolgt, die dem Hinduismus fremd sei, noch durch kriegerische Auseinandersetzungen, sondern allein durch den kulturell-religiösen Einfluss des Hinduismus. Es gebe keine zentrale Institution, die Autorität für alle Hindus habe. Die Tradition werde in Veda-Schulen weitergegeben. Anhand von Fotos erläuterte Bäumer bei ihrer Vorlesung verschiedene Rituale des Hinduismus.

Kardinal Lehmann hatte Bäumer in seiner Einführung als „leibhaftiges Beispiel für einen unvoreingenommenen interreligiösen Dialog" bezeichnet. In ihrer umfangreichen Arbeit habe sie sich stets „um eine sachgerechte Übersetzung hinduistischen Denkens" bemüht, sagte Lehmann. Sie habe unter anderem zahlreiche hinduistische Texte erstmals ediert und meist ins Englische übersetzt. Beim siebten Abend der Vorlesungsreihe waren fast alle Plätze des 1.200 Zuhörer fassenden Hörsaals besetzt.

Nächster Abend mit Professor Schmidt-Glintzer über die Religion Chinas (16.6.)

Die nächste Gastvorlesung der Mainzer Stiftungsprofessur übernimmt am Dienstag, 16. Juni, Professor Dr. Helwig Schmidt-Glintzer. Er ist Direktor der Herzog August-Bibliothek in Wolfenbüttel. Sein Vortrag steht unter der Überschrift „Kosmische Ordnung und die Rückkehr ins Diesseits - Himmelskult, Geisterglauben und soziale Bindung in China". Die Vorlesung mit anschließendem Kolloquium findet von 18.15 Uhr bis etwa 20.00 Uhr im Hörsaal RW 1 (Neubau Recht und Wirtschaft) auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz statt.

Hinweis: Weitere Informationen im Internet unter http://www.stiftung-jgsp.uni-mainz.de/