Mainz. „Ich lade dazu ein, das Sakrament der Versöhnung für sich neu zu entdecken.“ Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Sonntagabend, 23. März, im Mainzer Dom. Bei der Beichte gehe es nicht in erster Linie darum, „Sündenkataloge abzuarbeiten, sondern das Leben, das Denken, Handeln und Sprechen in den Blick zu nehmen und Verantwortung zu übernehmen, die Kraft zur Veränderung zu erbitten und auf Gottes Vergebung zu setzen, so dass mich meine Schuld nicht zu erdrücken braucht“, sagte Kohlgraf.
Besonders die Feste Weihnachten und Ostern seien eine ausdrückliche Einladung dazu. Das Abendlob zum dritten Fastensonntag stand unter der Überschrift „,..die Hand, die du den Sündern entgegenstreckstʼ - Buße und Versöhnung“.
Wörtlich sagte der Bischof: „Bei der sakramentalen Vergebung in der Beichte geht es nicht darum, sein überzogenes Sündenkonto auf Null setzen zu lassen, sondern selbst wieder mit seinen positiven Ressourcen wuchern zu lernen. Wer glaubt, nach der Beichte und der kirchlichen Versöhnung unverändert weitermachen zu können wie bisher, nimmt keine Frucht aus dem Vergebungsgeschehen mit.“ Weiter sagte Kohlgraf: „Es muss nicht als Anmaßung der Kirche verstanden werden, sich zur Richterin über das Leben anderer Menschen oder ihrer Mitglieder zu stellen, sondern ist vielmehr Ausdruck dafür, dass menschliches Tun immer Auswirkung auf die Gemeinschaft hat. So wie das Gute ist auch mein Versagen nie eine reine Privatangelegenheit. Indem die Kirche als Glaubensgemeinschaft Vergebung ausspricht, ermöglicht sie dem Menschen, sein Verhältnis auch zur Gemeinschaft zu klären und sich mit ihr zu versöhnen.“
Bischof Kohlgraf sprach sich außerdem für die aktuelle Praxis der Beichte in der Erstkommunionvorbereitung aus. Gewissensbildung und ein verantwortungsvoller Umgang mit den eigenen Fähigkeiten und eigener Verantwortung müsse bereits im Kindesalter beginnen. Und weiter: „Und dass es gut sein kann, auch meine Schwächen gelassen anzunehmen, gehört zu dieser Bildung des Gewissens. Daher ermutige ich, dieses zentrale Thema des christlichen Glaubens auch gegenüber den Kindern nicht zu verschweigen. Es wird in den letzten Jahrzehnten immer deutlicher, dass eine Kommunionkinderkatechese ohne Einbezug der Eltern zumindest defizitär ist. Auch Kindern sollte die Botschaft nicht vorenthalten werden: ,Liebevoll schaut Gott uns an, wenn wir traurig über uns selbst sind.ʼ Und es wäre ein starkes Zeugnis, wenn nicht nur die Kinder eingeladen wären zur Beichte, sondern auch die Eltern, die Katechtinnen und Katecheten, die Seelsorgerinnen und Seelsorger.“
Die Liturgie hatte der Mainzer Generalvikar Dr. Sebastian Lang übernommen. Musikalisch gestaltet wurde das Abendlob von Domkantorin Jutta Hörl und dem Mainzer Domorganist Professor Daniel Beckmann. Die Reihe der Fastenpredigten steht in diesem Jahr unter dem Motto: „Pilger der Hoffnung – Ostern entgegen“. Die Predigt am vierten Fastensonntag, 30. März, um 17.00 Uhr hält der Mainzer Domdekan Henning Priesel. Er spricht zum Thema „,Öffne uns den Brunnen der Taufeʼ - Das Sakrament der Christwerdung.“ Die ersten beiden Fastenpredigten hatten übernommen: Domkapitular Professor Dr. Franz-Rudolf Weinert („,Nun ist sie da die rechte Zeitʼ - Eine Einführung in die vorösterliche Bußzeit“) und Generalvikar Dr. Sebastian Lang („,Ich bin ein getreuer Hirtʼ von J.S. Bach – Eine Kantatenpredigt“).