Intensive Diskussion zum Rahmen-Leitbild für das Bistum Mainz

Zweitägige Sitzung der Diözesanversammlung des Bistums Mainz im Erbacher Hof

Mainz, 7. Oktober 2023: Rund drei Stunden lang haben sich die Delegierten der Diözesanversammlung mit dem neuen Rahmen-Leitbild für das Bistum Mainz auseinandergesetzt. (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
Sa. 7. Okt. 2023
Von:
tob (MBN)

Mainz. Im Rahmen einer intensiven Diskussion haben sich die Mitglieder der Diözesanversammlung am Samstag, 7. Oktober, ausführlich mit dem neuen Rahmen-Leitbild für das Bistum Mainz beschäftigt. In einem rund dreistündigen Austausch über den Text und mögliche Änderungsvorschläge ist am Samstagvormittag eine Textversion entstanden, die von den Delegierten in einem Beschluss mit großer Mehrheit der Leitungskonferenz des Bistums Mainz zur Verabschiedung vorgelegt wurde. 

Mainz, 7. Oktober 2023: Intensive Gespräche gab es bei der Diözesanversammlung auch in den Pausen wie hier mit Bischof Peter Kohlgraf. (c) Bistum Mainz / Blum

Moderiert wurde die Arbeit am Text, die den Schwerpunkt der diesjährigen Diözesanversammlung ausmachte, von Ordinariatsdirektor Michael Wagner-Erlekam, der als Leiter des Seelsorgeamtes zu AG Bistumsleitbild gehört.

Die Leitungskonferenz wird über die diskutierten Änderungsempfehlungen aus der Diözesanversammlung beraten und eine finale Fassung des Rahmen-Leitbildes verabschieden, das zu einer größeren Wahrnehmbarkeit und Wirksamkeit kirchlicher Einrichtungen im Bistum beitragen soll. Die zweitägige Sitzung der Diözesanversammlung fand von Freitagabend, 7. Oktober, bis Samstag, 8. Oktober, in der Bistumsakademie Erbacher Hof in Mainz statt. Moderiert wurde die Sitzung von der geschäftsführenden Vorsitzenden der Diözesanversammlung, Dr. Susanne Barner.

Aktueller Anlass für die Leitbild-Initiative durch die Leitungskonferenz ist die neue Grundordnung für den kirchlichen Dienst aus dem Jahr 2022. Darin werden katholische Identität und christliches Profil von Einrichtungen nicht mehr wie bisher vor allem an formalen Kriterien wie Konfessionszugehörigkeit und privater Lebensgestaltung von Mitarbeitenden festgemacht, sondern an Zielen und Werten der jeweiligen Einrichtung sowie der Identifikation von Mitarbeitenden damit. Zur Unterstützung dieses Prozesses stellt das Bistum Mainz ein Rahmen-Leitbild zur Verfügung, das Grundlage und Orientierung für die Entwicklung von Leitbildern im ganzen Bistum ist. Alle Pfarreien, kirchlichen Einrichtungen, Vereine und Verbände im Bistum Mainz sind bis zum Jahr 2026 aufgerufen, anknüpfend an das Rahmen-Leitbild eigene Leitbilder zu entwickeln. In den neuen Pfarreien sind die Leitbilder bis spätestens zwei Jahre nach deren Gründung zu entwickeln.

Rieth: Transparente Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften

Mainz, 7. Oktober 2023: Stephanie Rieth (links) gab einen Überblick zum Stand der Aufarbeitung im Bistum Mainz. (c) Bistum Mainz / Blum

Die Bevollmächtigte des Generalvikars, Ordinariatsdirektorin Stephanie Rieth, gab im Rahmen der Diözesanversammlung am Freitagabend einen Überblick zum Stand der Aufarbeitung nach der Veröffentlichung der EVV-Studie durch Rechtsanwalt Ulrich Weber im März. Rieth: „Wir sind seit Veröffentlichung der EVV-Studie beständig im Gespräch mit Pfarreien im Bistum, in denen es aufgrund von teilweise lange zurückliegenden Fällen bis heute so genannte ‚irritierte Systeme‘ gibt. Als Bistum wollen wir diesen ‚irritierten Systemen‘ die notwendige Unterstützung anbieten, um offene Fragen vor Ort aufzuarbeiten. Sehr wichtig ist uns dabei, da wo es möglich ist, die Einbindung von Betroffenen.“ Insgesamt gebe es im Bistum nach derzeitiger Einschätzung rund zwei Dutzend ‚irritierte Systeme‘. Rieth ist in der Bistumsleitung zuständig für das Thema sexualisierte Gewalt sowie Aufarbeitung, Intervention und Prävention.

Einen sehr großen Klärungsbedarf gibt es nach wie vor in kirchenrechtlicher Hinsicht, erläuterte Rieth. So werde mit Blick auf die EVV-Studie überprüft, ob nach kirchenrechtlichen Maßgaben wirklich alle notwendigen Schritte unternommen wurden, und ob gegebenenfalls kirchliche Verfahren nachgeholt werden müssen. Aufgrund der zahlreichen Prüfnotwendigkeiten werde in diesem Bereich aktuell eine neue Stelle eingerichtet, sagte die Bevollmächtigte.

Sehr positive Rückmeldungen erhalte das Bistum Mainz von den Generalstaatsanwaltschaften in Hessen und Rheinland-Pfalz für die mittlerweile institutionalisierte Zusammenarbeit, betonte Rieth. „Hier hat sich wirklich eine transparente und anerkannte Zusammenarbeit entwickelt.“ Seit 2019 werden den Generalstaatsanwaltschaften vom Bistum zweimal pro Jahr aktualisierte Listen mit allen bekannten Sachverhalten übergeben.

Rieth kündigte außerdem an, dass die Einrichtung des Betroffenenbeirates für das Bistum Mainz auf einem guten Weg sei. „Ich gehe davon aus, dass wir Anfang 2024 zu einer Neugründung des Betroffenenbeirates für das Bistum Mainz kommen. Der Beirat werde von einem Auswahlgremium unter Koordination des Regensburger Rechtsanwalts Ulrich Weber zusammengestellt, an dem Betroffene, interne sowie externe Sachverständige beteiligt sind, kündigte Rieth an. Der im Jahr 2021 gegründete gemeinsame Betroffenenbeirat für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz hatte nach einem Jahr mitgeteilt, dass er als Gremium nicht arbeitsfähig sei und nicht fortgeführt werden könne. Der Antrag auf Trennung des Gremiums war von einer Mehrheit innerhalb des gemeinsame Betroffenenbeirates gestellt worden.

Kohlgraf: Handlungsaufträge des Synodalen Weges

Mainz, 7. Oktober 2023: Michael Wagner-Erlekam moderierte die Textarbeit am Rahmen-Leitbild, links: Martina Reißfelder, Geschäftsführerin der Diözesanen Räte. (c) Bistum Mainz / Blum

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf gab außerdem einen Überblick zu den Handlungsaufträgen des Synodalen Weges, der mit dem ersten Treffen des Synodalen Ausschusses im November in Essen eine Fortsetzung findet. „Es passiert gerade sehr viel auf verschiedenen Ebenen“, betonte Kohlgraf. „Keiner der Texte des Synodalen Weges ist hinten runtergefallen.“ Bei der weiteren Beschäftigung mit Fragen etwa nach Synodalität, einer lehramtlichen Neubewertung von Homosexualität oder der Einbeziehung von Gläubigen bei der Bestellung von Bischöfen gehe es vor allem „um theologische Gründlichkeit und nicht um Tempo“, sagte der Mainzer Bischof. Er bekräftigte, dass er die Themen nicht auszusitzen werde. Auch wenn viele Fragestellungen bereits seit Jahrzehnten in der Diskussion seien, „so gibt es bereits große Unterschiede zur weltkirchlichen Debattenkultur von früher“, hob Kohlgraf hervor: „Ja, die Kirche bewegt sich langsam, aber es gibt Bewegung.“

Grußwort von Präses Birgit Pfeiffer

 Am Samstagmorgen stellte sich außerdem die neue Präses der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Dr. Birgit Pfeiffer, persönlich mit einem Grußwort vor. Sie berichtete von den anstehenden Veränderungen in der EKHN, die bei der Kirchensynode Ende November in Frankfurt Thema sein werden: „Intensiv beschäftigen wir uns mit der zukünftigen Ausgestaltung und Struktur unserer Kirche, da wir den Verlust an Mitgliedern sehen und damit auch den Verlust an Finanzkraft und Möglich­keiten. Das ist einerseits ein schmerzlicher Einsparprozess, andererseits ein großer Transformationsprozess im Hinblick auf die Aufgaben von Kirche im 21. Jahrhundert.“ Und weiter: „Diese Herausforde­rungen kennen Sie auch, nicht wahr?“ Pfeiffer warb darum „hier gemeinsam zu denken, damit wenigstens ‚eine Kirche im Dorf‘ bleibt. Bitte nehmen Sie Kontakt auf mit den evangelischen Geschwistern vor Ort, da gibt es bestimmt gute Möglichkeiten.“

Stichwort: Diözesanversammlung

Die Diözesanversammlung des Bistums Mainz tritt in der Regel einmal im Jahr zusammen. Sie gilt als „kleine Synode des Bistums“ mit seinen rund 640.000 Katholiken. Ihr gehören derzeit rund 110 Mitglieder an. Sie setzt sich unter dem Vorsitz des Bischofs aus den diözesanen Räten (Priesterrat, Katholikenrat und Delegierten der Konferenz der Leiter der Pastoralräume) und den Vertretern der Bistumsleitung zusammen. Hinzu kommen Vertreter der Orden, der Ständigen Diakone, der Pastoralreferentinnen und -referenten, der Gemeindereferentinnen und -referenten sowie des Diözesan-Caritasverbandes und des Beirates von Katholiken anderer Muttersprache. Außerdem können bis zu sieben Persönlichkeiten hinzugewählt werden. Die Organe der Diözesanversammlung sind der Vorstand mit dem Bischof als Vorsitzendem, der Diözesan-Pastoralrat (eine Art Hauptausschuss) und sieben Sachausschüsse. Geschäftsführende Vorsitzende der Diözesanversammlung ist seit 2020 Dr. Susanne Barner.