„Wenn wir heute das Jubiläum der Katholischen Hochschule feiern, dann stehen wir vor der Herausforderung, zu beschreiben, was genau katholisches Profil ausmacht“, sagte Bischof Kohlgraf in seiner Predigt anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Katholischen Hochschule Mainz (KH) am Mittwoch, 7. Dezember, in der Hochschulkirche St. Albertus in Mainz. Die KH Mainz bildet seit 1972 Fachkräfte für das Gesundheits- und Sozialwesen sowie für die pastorale Arbeit aus.
In seiner Predigt schilderte Kohlgraf seine Eindrücke von einem internationalen Treffen in Rom, an dem er als Pax-Christi-Präsident der deutschen Sektion teilgenommen hatte. „Lassen Sie uns auch mit Blick auf die Weltkirche einordnen, was wir für die wichtigsten Themen halten“, sagte er. „Manchmal werden wir von der Weltkirche gebremst. Aber das liegt auch daran, dass die drängenden Fragen in vielen Teilen der Erde ganz andere sind, als hier bei uns. Da geht es oft um Leben und Tod und Kirche ist manchmal der einzige Ort der Freiheit“, sagte er. Und ergänzte: „Ich befürworte Reformen. Gleichzeitig ist es wichtig, sie einzuordnen in diese weltweite Perspektive.“
In Bezug auf Deutschland verwies er auf die Reform der Grundordnung, welche die Bischöfe kürzlich verabschiedet hatten. Manche Gruppen hätten klare Antworten auf die Frage, was Katholisch-Sein ausmache. Sie machten den Glauben etwa allein daran fest, ob jemand in einer heterosexuellen Beziehung lebe, Weihe von Frauen ablehne, oder als Amtsträger die klare Grenzziehung zwischen Klerikern und Laien vornehme, zählte Kohlgraf auf. Und sagte: „Ich gestehe, dass mich diese Positionen mittlerweile nicht nur ermüden, sondern geradezu wütend machen. Ich habe nicht die Lösungen für alle Fragen, aber was ist denn katholische Identität? In all den polemischen und kritischen Kommentaren auch zu den Themen des Synodalen Weges kommt Christus als Freund, als Lehrer, als Vorbild auch nicht vor. Das kann nicht katholisch sein. Katholische Hochschule heißt doch nicht: Wir schreiben klassische Geschlechterrollen fest, wir teilen Kirche und Welt in Oben und Unten, in Richtig und Falsch, in Schafe und Hirten. Katholisch muss wieder zum Qualitätsmerkmal werden.“
Kohlgraf stellte klar: „Die katholische Identität einer Institution wird nicht mehr der Lebensform und schon gar nicht mehr dem Beziehungsstatus eines einzelnen Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin aufgebürdet, vielmehr muss sich die Einrichtung inhaltlich darüber Rechenschaft geben, was sie katholisch macht, welche Identität sie in der Bezeugung des Evangeliums leben will, welche Anforderungen dann an die Mitarbeitenden gestellt werden können und sollen.“ Er lud die Katholische Hochschule dazu ein, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, was „in gutem Sinne“ katholisch sei. Kohlgraf sagte: „Natürlich gehören dazu der gemeinsame Glaube, die Einladung zur Feier der Sakramente, die Solidarität mit der Weltkirche und ihren Erfahrungen, ein gemeinsames Wertefundament, die Gottesfrage und das Interesse an Jesus Christus und seinem Lebensmodell.“
Zur Jubiläumsfeier überbrachte Dr. Denis Alt, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz, seine Grußworte. In seinem Festvortrag griff Rektor Ulrich Papenkort die Entwicklung von Akademisierungsprozessen auf und ging damit auf das Thema des zum Jubiläum erschienenen Band 10 der Schriftenreihe der KH Mainz ein. Eine anschließende Talkrunde zum Thema „SAGEnhafte Fächer?!“ unter Beteiligung von Professor Dr. Martin Klose (KH Mainz), Professor Dr. Ulrich Mergner (ehemals Technische Hochschule Köln) und Professorin Dr. Marianne Friese (Universität Gießen) beleuchtete die Wahrnehmung und Bedeutung der Berufe und Fächer des Gesundheits-, Sozial- und Erziehungswesens in Politik und Öffentlichkeit.
Die Katholische Hochschule Mainz wird seit ihrer Gründung 1972 als von den (Erz-) Bistümern Köln, Limburg, Mainz, Speyer und Trier getragen und zählt damit zu den 13 kirchlichen Hochschulen in Deutschland, deren Studienangebote überwiegend für Berufe im Sozial-, Gesundheits- und Erziehungswesen sowie für kirchlich relevante Berufe qualifizieren. Sie ist eine kirchliche Hochschule und zugleich staatlich anerkannt und refinanziert. Zum Start des Lehrbetriebs im Herbst 1972 waren rund 100 Studierende in den Fachbereichen Praktische Theologie, Sozialarbeit und Sozialpädagogik eingeschrieben. Heute studieren an der KH Mainz rund 1600 Männer und Frauen in den Bachelor- und Masterstudiengängen der Fachbereiche Soziale Arbeit und Sozialwissenschaften, Praktische Theologie sowie Gesundheit und Pflege.